LdN 256 Hängt die Grünen

Doch, natürlich. Bei Gegenständen, die nur einem Menschen gehören, macht den Imperativ Plural natürlich semantisch keinen Sinn, aber grammatisch gibt es ihn durchaus - und Wahlplakate werden meistens von 2er-Teams aufgehängt.

Ich habe das Gefühl, wir reden aneinander vorbei, Singular und Plural waren hier nicht der Punkt. Man kann mit dem Imperativ „Hängt x!“ auch nicht mehrere Menschen zum Auf-/Ab-/Um-/Anhängen mehrerer Gegenstände aufrufen. Das Verb hängen benötigt in diesem Fall eine Präposition, etwa „Hängt die Plakate auf/ab/um/an“. „Hängt die Plakate“, „Hängt die Mäntel“, „Hängt die Hüte“ usw. ist grammatikalisch nicht korrekt und deshalb kommt der Betrachterin die angebliche zweite Bedeutung auch nicht in den Sinn. Man „kann“ es natürlich genauso sagen, wie man „Mach die Augen!“ sagen kann, es ergibt aber erst Sinn, wenn es heißt „Mach die Augen zu/auf“.
Grüße von einer Lektorin.

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Es gab in der Sache übrigens neue Entwicklungen, dieses Mal aus der zivilrechtlichen Richtung.

Die GRÜNEN haben vor dem Landgericht München I auf Unterlassung geklagt und Recht bekommen. Theoretisch ist das Urteil bundesweit gültig und verbietet der Partei „Der III. Weg“ das Aufhängen der Plakate - und gibt vor allem der Polizei die Befugnis, die Plakate zu entfernen.

Ich finde es juristisch betrachtet spannend, dass hier nun auf zwei Wegen gegen die Plakate vorgegangen wird - verwaltungsrechtlich seitens bestimmter Kommunen und zivilrechtlich seitens der Grünen. Da es hier um ein verfassungsrechtlich ausgesprochen heikles Thema geht ist das schon eine sehr interessante Konstellation und ich frage mich, ob das Urteil des Landgerichts in den Berufungsinstanzen Bestand haben wird oder gar eventuell letztinstanzlich das BVerfG beschäftigen wird.

Und weitere neue Entwicklungen:

Die Beschwerde der Stadt Chemnitz gegen das Urteil des VG Chemnitz hatte vor dem OVG Bautzen Erfolg. Damit ist das unsägliche Urteil des VG Chemnitz erwartungsgemäß kassiert worden.

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Interessant ist ja, dass überall über Plakate „Hängt die Grünen!“ berichtet wird. Tatsächlich steht ja auf den Plakaten „HÄNGT DIE GRÜNEN“.
Nun haben manche ja die neue [Rechtschreibung] verschlafen, aber wenn ich mich recht erinnere, gibt es einen Unterschied zwischen „Hängt die Grünen!“ und „Hängt die grünen [Wahlplakate]!“.
So ekelhat man also solche Plakate finden kann, so schwierig mag es doch für ein Gericht angesichts von Entscheidungen der BVerfG sein, das einfach zu verbieten. In dem Zusammenhang ist „Nazis töten.“ zwar richtig, aber eben doch auch interpretationsfähig.

Und manche haben einfach den ganzen Deutschunterricht und alle vorangegangenen Beiträge verschlafen … Auch wenn tatsächlich die Wahlplakate gemeint wären, müsste man „Grünen“ großschreiben, weil es ein substantiviertes Adjektiv ist. Dass aber aufgrund der Satzkonstruktion (fehlende Präposition) logisch keine Plakate gemeint sein können, habe ich drei Beiträge weiter oben schon ausgeführt.

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Ihr Lieben,
ich möchte gerne bei der ganzen inhaltlichen Diskussion auf das Ziel der rechten Kampagne hinweisen.

Um nicht auf einer schmutzigen, rechten Bühne zu tanzen und der Verbreitung von deren Gedankengut entgegenzuwirken, ist es ratsam möglichst nichts auszusprechen was ihnen dienlich ist. Hinweise auf deren Namen und wo sie zu finden sind, spielt ihnen nur noch mehr in die Hände.
Wir machen uns zu deren Werkzeug, wenn rechtsradikale Themen noch mehr Klicks und Verbreitung durch deren Benennung bekommen. Andere rechte Gruppen werden unnötigerweise dadurch noch gestärkt.

Als sehr positives Beispiel ist die Verödung der Informationen des Attentäters von Christchurch zu erwähnen. Es wurden, seitens der dortigen Regierung, ausschließlich die Opfer benannt. Der Täter, dessen Namen ich bis heute nicht kenne und auch nicht gegoogelt habe, ist zuerst in ein tiefes Loch der Unbedeutung gefallen und hoffentlich anschließend in ein dunkles Gefängnis verschwunden. Werde ich auch nicht weiter recherchieren.

Als negatives Beispiel: Die Tagesthemen mussten den Namen dieser rechtsradikalen Gruppe, welche die „Grünen hängen„ wollen, unbedingt bis zu fünf mal in ihrer Berichtserstattung nennen und deren Plakate vollständig im Fernsehen präsentieren.

Ich finde eine Umschreibung und Ausblendung solcher Inhalte völlig in Ordnung, um sich nicht vor einen braunen Karren spannen zu lassen.

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Ich kann diesem Argument nicht folgen.
Auf den Plakaten ist „HÄNGT DIE GRÜNEN“ exakt so geschrieben - komplett in Großbuchstaben. Eine Aussage in Großbuchstaben richtet sich offensichtlich nicht nach dem Duden oder sonstigen Groß- und Kleinschreibungsregeln, daher macht es wenig Sinn, hier etwas hinein zu interpretieren. Rein sprachlich liegt gerade wegen der Benutzung der vollständigen Großschreibung tatsächlich eine Mehrdeutigkeit vor, die bei Nutzung der regulären Groß-/Kleinschreibung nicht vorliegen würde, was vermutlich einer der Gründe ist, warum man sich für die Großschreibung entschieden hat.

Das ist immer ein Wandeln auf einem schmalen Grat.
Einerseits macht es Sinn, der Bevölkerung zu zeigen, wie extrem diese Parteien drauf sind. Andererseits ist jede Berichterstattung natürlich Werbung.

Im vorliegenden Fall fällt mir die Abwägung aber relativ leicht, da „Der Dritte Weg“ mit seinem Slogan „Hängt die Grünen“ so extrem ist, dass ich nicht die Gefahr sehe, dass hier Menschen, die nicht ohnehin ähnlich extreme Standpunkte bereits teilen, beeinflusst werden könnten.

Daher: Die häufige Nennung durch die PR wird höchstens dazu führen, dass die Partei „Der Dritte Weg“ ein paar Stimmen aus dem NPD, DVU oder rechten AfD-Umfeld bekommt, die dann bei diesen Parteien fehlen. Da die NPD 2017 kurz davor war, die 0,5% für die Wahlkostenerstattung zu bekommen (sie landete bei 0,4%) ist es vielleicht sogar hilfreich, wenn „Der Dritte Weg“ hier ein paar Promille an Stimmen durch diese Aktion stehlen kann :wink: Dass „Der Dritte Weg“ auch nur annähernd an die 0,5% kommen wird, ist unwahrscheinlich - und desto mehr sich die rechtsextreme Szene zwischen NPD, DVU, REPs, AfD und DDW zersplittert, desto besser, weil unwahrscheinlicher, dass eine der Parteien Wahlkostenerstattung bekommt…

Oder anders gesagt:
Ich glaube nicht, dass Forderungen wie „Hängt die Grünen“ durch die mediale Berichterstattung über diese Plakate mehr Akzeptanz in der Bevölkerung bekommen werden.

Der Vergleich mit dem Christchurch-Attentäter und generell mit Amokläufern geht dabei etwas fehl, denn in diesen Fällen findet halt eine Idolisierung der Täter statt, die zu Nachahmern führen kann - deshalb ist es hier absolut konsequent und wünschenswert, in Zukunft die Namen der Täter grundsätzlich nicht zu nennen und den Pressekodex entsprechend abzuändern, um einer „Heldenbildung“ entgegenzuwirken.

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@Mariella: Tut mir leid, hatte den vorherigen Beitrag nicht gesehen, lag vielleicht am Schlafmangel. Ehrlich gesagt, ging es mir auch weniger um die Frage, ob das transitive Verb der Präposition bedarf oder nicht. Ich fand es interessant, dass alle Medien den Plakattext in Groß- und Kleinschreibung umgewandelt haben.
Die korrekte Kleinschreibung des Adjektivs ergibt sich auch nach einem Artikel immer dann, wenn mühelos ein Substantiv nachgestellt kann. Dies kann man eben bei durchgehender Großschreibung nicht beurteilen. Deutschunterricht verschlafen? Ich glaube nicht…
Egal, jetzt sind diese Hetzplakate ja Gott sei Dank verboten!

@AKr Nein, sie ergibt sich nicht. Das Adjektiv muss und darf lediglich dann kleingeschrieben werden, wenn das Substantiv, auf das es sich bezieht, bereits genannt wurde oder folgt, etwa in „Ich möchte nicht die blauen Schuhe, sondern die roten“, weil es dann eine Auslassung ist. Sonst gäbe es überhaupt keine substantivierten Adjektive, weil man immer „mühelos ein Substantiv“ nachstellen kann - „Sie ist die Schönste [Frau], Du bist die Beste [Freundin].“ Macht man halt aber manchmal nicht, und dann muss man das Adjektiv großschreiben. Das Wort Plakate, was angeblich gemeint ist, folgt nicht einmal in dem nachgestellten, kleineren Satz.

@Daniel_K Es geht hier nicht um den Duden oder Wahrig, sondern um etablierten Sprachgebrauch. Dass auf Plakaten Großbuchstaben verwendet werden, ist völlig normal und macht keinen Unterschied. Ob man „G/grünen“ groß- oder fälschlicherweise kleinschreibt, macht keinen Unterschied, weil kein Substantiv folgt, auf das sich „grünen“ beziehen könnte, und weil, wie ich versucht habe zu erklären, „Hängt die grünen Plakate!“ kein etablierter deutscher Sprachgebrauch ist. Die Assoziation mit diesem Satz ist nicht „Ah, ich soll Plakate aufhängen“, sondern „Warum soll ich die armen Plakate umbringen?“. Es liegt keine Mehrdeutigkeit vor, weil das Verb im Imperativ eine Präposition verlangt. Das heißt natürlich nicht, dass man das nicht sagen dürfte oder so etwas Lächerliches, aber wenn man ein juristisch heikles Wortspiel machen möchte, muss es auch korrekt und verständlich sein, damit es durchgeht. Um ein anderes aktuelles Beispiel aufzugreifen, wenn ich jemanden als „1 Pimmel“ bezeichne, kann ich mich danach leider nicht damit rausreden, dass das doch im deutschen Sprachgebrauch ein genauso etabliertes Kompliment sei wie „bester Mann“ und so meiner Geldstrafe entgehen. Hat nichts mit dem Duden zu tun.

Der Einspruch-Podcast von der FAZ hat das übrigens auch angesprochen, also die durch falsche Grammatik nicht gegebene Mehrdeutigkeit.

So, Leute, ich bin fertig mit diesem Thread, ich dachte nicht, dass ich mal so froh sein würde, dass ich in meinem Beruf Fehler einfach korrigieren und nicht auch noch erklären muss.

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Erstmal möchte ich festhalten, dass wir in der Sache einer Meinung sind, nämlich, dass keine valide Mehrdeutigkeit vorliegt. Der Unterschied ist nur, dass du es auf der sprachlichen Ebene begründen möchtest, während ich mit meiner Argumentation eher auf die inhaltliche Ebene gehe (dh. es ist offenkundig sinnlos, den Leser des Plakates aufzufordern, Plakate aufzuhängen).

Ich denke einfach, dass die grammatische Argumentation einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten würde, wenn es wirklich nur das wäre. „Die Grünen“ kann eben auch - durchaus auch im allgemeinen Sprachgebrauch - als Platzhalter für „die grünen Plakate“ verwendet werden. Beispiel aus meiner Zeit im Rettungsdienst: Die Kanülen unterschiedlicher Dicke sind farblich gekennzeichnet, dafür gibt’s sogar eine ISO. Wenn der Notarzt mir nun sagt: „Gib mir 'ne Weiße!“ weiß ich, dass er keine weiße Frau will, sondern eine 1,6mm Kanüle. Die Farbe kann als Nomen durchaus als Stellvertreter für etwas anderes, auch etwas sehr spezielles, stehen. Auch kann der Elektriker sagen: „Trenn das Braune!“ wenn es um die Frage geht, welches Kabel sein Azubi lösen soll.

Kurzum: Die Farbe als Stellvertreter für ein Objekt zu nutzen ist durchaus eine relativ gebräuchliche Sache. Und Wahlplakate dürfen natürlich auch „umgangssprachlich“ gehalten werden.

Wie gesagt, inhaltlich sind wir uns einig - ich finde es nur kritisch, die inhaltliche Frage rein auf der sprachlichen Ebene lösen zu wollen.

Eigentlich schreibe ich nur, damit nicht untergeht, dass Mariella schon alles gesagt hat. „Hängt die Grünen!“ ist weder syntaktisch, noch semantisch, noch pragmatisch mehrdeutig. Sprachwissenschaftlich gibt es hier nichts zu diskutieren.

Zu „hängen“ mit und ohne Präposition hat Mariella nun wirklich schon alles völlig richtig erläutert. „Die Grünen“ kann sich nicht auf irgendwelche Gegenstände beziehen, da man diese nicht durch Erhängen töten kann. Es handelt sich um eine schriftliche, wohlüberlegte Äußerung, so dass ein Flüchtigkeitsfehler ausgeschlossen werden kann. Wer nur zum Aufhängen grüner Plakate auffordern will, wird spätestens dann, wenn das Plakat aus der Druckerei ausgeliefert wird, bemerken, dass die Präposition vergessen wurde.

Wer sind „die Grünen“? Die richtige Analogie wäre: Im Krankenwagen wurde „eine Weiße“ immer abkürzend für „eine weiße Kanüle“ verwendet. Plötzlich sagt der Notarzt „natürlich meinte ich keine Kanüle, sondern eine Angehörige der Weißen Armee, zu deren sofortiger Aushändigung ich hiermit erneut auffordere“. Im politischen Kontext ist „die Grünen“ eine mindestens ebenso etablierte Bezeichnung wie „eine Weiße“ in diesem Krankenwagen. Der Kontext gibt es nicht her, dass ein Fanclub von Green Day (der zufällig ebenfalls „die Grünen“ heißt) oder irgendwelche Gegenstände, die zufällig grün sind, gemeint sein könnten.

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Der winzige Verein „Der III. Weg“ hat deutschlandweit etwa 600 Mitglieder. Jeder minutenlange Radio-Beitrag, jede Exklusiv-Recherche und jede Ambivalenz-Es-ist-so-gemeint-es-ist-nicht-so-gemeint-Diskussion dürfte pures PR-Gold sein. PR muss ja nicht darauf abzielen, neue Mitglieder anzuwerben, sondern kann ja ebenso nach innen zielen, um die Selbstaffirmation der Mitglieder zu betreiben und den Namen der eigenen Organisation medial im Spiel zu halten. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass es niemanden im Umfeld des „III. Wegs“ gibt, der oder die die Aktion nicht für gelungen hält.

Meine Grundirritation besteht vor allem darin, dass es keinen Konsens zu geben scheint, dass es bei einem durch wirklich alle relevanten Stellen als rechtsextremistisch eingeschätzten und sich offensiv in der Tradition des NS verortenden Verein vollkommen irrelevant ist, welches Motiv auf den Plakten zu sehen oder was dort zu lesen ist. Abhgehängt werden sollte alles was diese Organisation aufhängt, ganz egal was sich auf dem Plakat befindet.

Das bestreitet doch auch niemand. Das ganze hier ist eine Phantom-Diskussion. Dass „Der Dritte Weg“ natürlich mit „die Grünen“ die Parteimitglieder der Grünen meint, ist uns alles (und auch den Nazis vom dritten Weg) völlig klar. Es geht juristisch eben nur darum, ob eine Mehrdeutigkeit denkbar ist.

Und hier sage ich nochmals: Die rein sprachwissenschaftliche Argumentation würde vor Gericht höchstwahrscheinlich nicht ausreichen, um eine Mehrdeutigkeit auszuschließen. Denn die Macher des Plakates sind keine Sprachwissenschaftler, korrekte Rechtschreibung ist auch keine Voraussetzung für ein Wahlplakat. Das Argument, dass sprachwissenschaftlich nach professioneller Meinung keine Mehrdeutigkeit vorliegt wäre zu dünn, um einen Eingriff in ein so hohes Gut wie die Wahlwerbung zu rechtfertigen.

Die sprachwissenschaftliche Argumentation kann daher vielleicht als Hilfsargumentation dienen, aber nie und nimmer als primäre Argumentationslinie. Die primäre Argumentationslinie ist
a) die mangelnde interne Logik der angeblichen Mehrdeutigkeit (es macht keinen Sinn, unbeteiligte Bürger zum Aufhängen von Plakaten aufzurufen)
b) das allgemeine Verständnis des Bürgers (der trotz des Nebensatzes, nach dem sich „die Grünen“ auf Plakate bezieht, in größter Mehrheit hier eher einen Aufruf zu Gewalttaten lesen wird)

Wir reden hier über ein juristisches Thema, dass nun schon mehrfach die Gerichte beschäftigt hat. In keinem der Gerichtsprozesse wurde dem sprachwissenschaftlichen Argument ein hohes Gewicht beigemessen, weder vor dem VG Chemnitz, noch vor dem OVG Bautzen oder dem LG München I. Das sprachwissenschaftliche Argument ist für die juristische Betrachtung relativ unbedeutend, weshalb das Beharren von @Mariella darauf, dass sie sprachwissenschaftlich betrachtet Recht hat, eher vom Thema ablenkt. Mag absolut sein, dass @Mariella Recht hat, aber es ist schlicht für die juristische Betrachtung nicht so relevant, wie sie zu meinen scheint.

Moralisch stimme ich dir zu, juristisch aber eben nicht. Daher: Im Rahmen von zivilen Ungehorsam werde ich niemanden verurteilen, der Plakate dieser Nazi-Partei abhängt, aber der Staat muss genau das tun.

So lange dieser parteigewordene Ex-Verein unter dem Namen „Der Dritte Weg“ nicht offiziell vom BVerfG verboten wird, müssen bei der juristischen Bewertung nun einmal die Maßstäbe des Rechtsstaates angelegt werden, was eben bedeutet, dass deren Plakate wegen der Gesinnung der Partei nicht anders bewertet werden dürfen als die Plakate aller anderen Parteien.

Die Demokratie abzulehnen ist in einer Demokratie ein legaler Standpunkt. Diese Offenheit unterscheidet die Demokratie von sonstigen gesellschaftlichen Organisationsformen und unterstreicht ihren freiheitsbasierten Charakter. Die Grenze ist erst dort, wo tatsächliche Gewalt real eingesetzt oder dies konkret vorbereitet wird, sowie in Deutschland (anders als in vielen anderen Demokratien!) bei bestimmten inhaltlichen Aspekten (Volksverhetzung, NS-Verherrlichung). Das BVerfG hat solche Grenzen bewusst sehr sparsam gesetzt, denn letztendlich ergibt sich das Problem, wer denn andernfalls für eine entsprechende Bewertung zuständig wäre. Die Demokratie gibt diese Verantwortung an die Gesellschaft, bzw. das Wahlvolk, Gefahren durch Gegenrede (das wäre der US-Ansatz - „the remedy for bad speech is more speech“) und Abstrafung an der Wahlurne zu ahnden.

Da wäre wahrscheinlich der erfolgversprechendste Ansatzpunkt, um §130 StGB zu triggern. Wobei ich nicht überrascht wäre, wenn ein Gericht den Wahlkampfkontext womöglich besonders berücksichtigen würde.

Ich finde diese Abgrenzung von einer angeblich „sprachwissenschaftliche Argumentation“ haarspalterisch und ehrlich gesagt etwas anstrengend. @Mariella hat mehrmals deutlich gemacht, dass es weder um „korrekte Rechtschreibung“, noch um Wissenschaft geht, wie Du nun wiederholt behauptest, sondern um den praktischen Sprachgebrauch. Inwiefern sich das, was Du „interne Logik“ und „das allgemeine Verständnis“ nennst, davon unterscheidet, wird mir auch nach diesem Post nicht klar.

Das ist in jedem Fall so, das hat das BVerfG letztlich schon entschieden. Deshalb diskutieren wir ja, ob eine valide Mehrdeutigkeit vorliegt, denn wenn dies der Fall wäre, wäre das Plakat nach der Rechtsprechung des BVerfG zulässig.

Lies dir nochmal den Beitrag von mucvis durch:

Alles, was ich sage, ist, dass das für die juristische Bewertung nicht ausreicht.
Nochmal: Inhaltlich kommen wir absolut zum gleichen Ergebnis - aber eben nicht über die Frage, ob es nun wichtig ist, inwieweit es in der Sprache üblich ist, Gegenstände (aufzu)hängen. Das ist einfach ein absoluter Nebenschauplatz.

Joar, bei einer Partei, deren zentrales politisches Konzept NS-Verherrlichung und Anschluss an den historischen Nationalsozialismus ist und deren politische Performance einzig auf das Zum-Ausdruck-Bringen dieses Kernanliegens zielt, hielte ich es jetzt auch nicht für allzu weit hergeholt, politische Äußerungen dieser Partei - etwa in Form von Wahlplakaten - auch diesem Anliegen zuzurechnen.

Wie gesagt, moralisch stimme ich dir in diesem Fall völlig zu, aber aus Sicht des Rechtsstaates muss es halt klare Regeln dafür geben, wie mit Parteien während einer Wahl umgegangen wird. Das Problem ist halt auch hier immer das Dammbruch-Argument. Bei „Der III. Weg“, der NPD oder der DVU mag das Ganze noch deutlich sein, aber wenn man eine Benachteiligung dieser Parteien ohne Überprüfung durch das BVerfG zulässt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Konservativen fordern, die MLPD, die DKP und sogar die LINKE ebenso zu benachteiligen, weil diese Parteien aus der (verblendeten) Sicht der Konservativen genau so schlimm sind.

Das Verfahren ist daher klar: Eine Benachteiligung solcher Parteien darf nur über ein Verbotsurteil des BVerfG geschehen. Und nun kann man halt diskutieren, ob man solche Verbote leichter gestalten will (was wie gesagt auch nach hinten losgehen kann, das damalige Verbot der KPD ist so ein Beispiel - hier sagen bis heute viele Verfassungsrechtler, dass dieses Verbot fragwürdig war…) oder ob die Politik solche Verbote freizügiger einleiten sollte (was voraussetzt, dass die juristischen Schwellen gesenkt werden, sonst will keine Partei das Risiko eines gescheiterten Verbotsverfahrens tragen…).

Ich kann absolut nachvollziehen, dass diese Situation im Hinblick auf klare Faschisten wie „Der Dritte Weg“ oder die NPD unbefriedigend ist, aber wir müssen in einem Rechtsstaat aushalten können, dass es winzige, politisch irrelevante Kleinparteien gibt, die menschenverachtenden Unsinn verbreiten - die Alternative, zu freizügig mit Verboten umzugehen, ist jedenfalls nicht wirklich besser…

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