Hallo zusammen,
um vielleicht noch eine andere Perspektive einzubringen: Ich lebe momentan in einem Land, in dem es völlig normal ist, sich beim Betreten eines Restaurants, Geschäfts, o.ä. per QR-Code einzuchecken. Für Leute, die keine App auf dem Handy installieren möchten oder die kein Handy haben, gibt es auch eine physische Version in Form eines Tokens.
Es besteht kein formaler Zwang, hieran teilzunehmen (und man könnte natürlich theoretisch auch online einkaufen und zu Hause essen), aber de facto wäre die reale Einschränkung natürlich groß. Auch wenn in der Praxis nicht übermäßig kontrolliert wird und man sich meistens auch ohne Einchecken ins Geschäft mogeln könnte - die Leute halten sich einfach daran. Es geht um schnelle, effektive, digitale Kontaktverfolgung und das verstehen die Leute.
Generell sind einige wenige Maßnahmen in Kraft, die das Alltagsleben nicht übermäßig behindern: Maske tragen außer Haus (dem eigenen, also auch z.B. im Büro oder Geschäft), Contact Tracing App (oder Token), keine größeren Gruppen (nicht mehr als 8 Personen, ohne Unterscheidung der Verwandschaftsverhältnisse, damit man auch klar sehen kann, ob es eben 8 oder 9 sind). Es gibt eine Maßnahme, die das Alltagsleben stark behindert: kein Reisen (ohne strikt umgesetzter und überprüfter Quarantäne bei der Rückkehr). Ansonsten ist das Alltagsleben relativ normal. Schulen sind offen, Geschäfte sind offen, Restaurants sind voll, und es gibt kaum Covid-19-Fälle im Land.
Ich stimme einem Argument aus dem ersten Kommentar dieser Diskussion absolut zu: In der Tat sollten nur Daten erhoben werden, die dann auch tatsächlich verwendet werden.
Hier im Land ist die App personalisiert, also die Personendaten werden den Behörden bei der Registrierung übermittelt und im Positiv-Falle (im Sinne der Kontaktnachverfolgung) ausgelesen und Quarantänemaßnahmen umgesetzt.
Und so sehr ich meine Daten ungern freiwillig teile (keinen Facebook-Account habe, sichere Messenger-Dienste präferiere, etc.) - wie soll denn ein effektives Contact Tracing funktionieren, dass nur darauf setzt, Kontaktpersonen zu informieren und auf das Beste zu hoffen? Da würde mir jetzt zumindest auf die Schnelle kein Land einfallen, in dem das effektiv funktioniert.
Eine offene Diskussion über die Datenverwendung der App gab es hier durchaus auch und mittlerweile wurde der Code offengelegt und ist Open Source. Aber in der Summe überwiegt m.E. nach einfach die Akzeptanz dieser Maßnahme, weil dadurch insgesamt einfach die Einschränkungen viel geringer gehalten werden. Dieser Zusammenhang wird übrigens auch durchaus klar gemacht: Die Anhebung der erlaubten Gruppengröße von 5 auf 8 Personen erfolgte zum Beispiel erst, nachdem 70 Prozent der Bevölkerung entweder die App oder das Token registriert hatten.
Gerade mit Blick auf die Diskussionen um No Covid / Zero Covid geht es hier doch einfach auch um die Frage, ob frühe und effektive Maßnahmen gewünscht sind, um dann eben Freiheit zurückgeben zu können, während gleichzeitig Sicherheit gewährleistet ist, oder nicht?
Ein eventueller Nebeneffekt ist (zumindest meine ich mir einzubilden, diesen zu beobachten), dass hier keine große Polarisierung innerhalb der Bevölkerung entsteht: Das sind die einfachen Regeln die seit langem bestehen. Der Grad der Überprüfung hat im Laufe des letzten Jahres (so lange ist jetzt bald der einzige richtige Lockdown fast her) deutlich nachgelassen, und klar, der eine oder andere lässt mittlerweile die Maske öfter unter der Nase hängen - aber es sitzen eben alle im gleichen Boot und regen sich nicht übereinander auf.
Der letzte Absatz führt jetzt aber vermutlich zu weit für den eigentlichen Diskussions-Faden hier und ist auch persönlicher geprägt, sprich argumentativ schwächer. (Ja, der letzte Absatz blendet auch gute Gegenargumente und Gegenbeispiele aus!)
Ich habe mich jetzt dennoch gegen das Löschen meines letzten Absatzes entschieden und verbleibe mit vielen Grüßen aus Singapur.