LdN 206 - Abschaffung § 218

Hallo ihr alle,
auch ich bin begeisterte Hörerin der Lage, doch jetzt muss auch ich mal meine Stimme nutzen. Ich bin Medizinstudierende im 4. Jahr und beschäftige mich ehrenamtlich sehr viel mit dem Schwangerschaftsabbruch. Daher möchte ich gern meine medizinische und humanitäre Sicht der Dinge schildern:

Der Paragraf 218/218a stellt unglücklicherweise eine Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen dar. Das Problem dabei ist, dass Frauen zum einen einer gesellschaftlich geprägten Meinung unterliegen, das ein Abbruch eine Straftat ist, das Frauen die das in Erwägung ziehen zu ungebildet oder unreif für adäquate Verhütung wären oder schlicht, dass es ein Mord ist, der mit dem Gewissen nicht vereinbar wäre. Der Paragraf unterstützt diese Ansicht und hindert leidende Schwangere Hilfe zu suchen. Der Grundgedanke er würde ein ungewolltes und ungeborenes Leben schützen ist zwar nachvollziehbar, doch wissenschaftlich nicht mehr fundiert. Er wirft Schwangeren vor leichtfertig diese Entscheidung zu treffen, doch dem ist nicht so. Mit Blick auf entwickelte Länder bzw. Industrienationen, die liberalere Gesetze verfolgen wird deutlich, dass mit der freien Entscheidungmöglichkeit die Zahlen der Schwangerschaftsabbrüche dennoch sinken. Dies ist z.B. in Kanada oder den Niederlanden der Fall. Die Niederlande stellen einen Abbruch bis zur 24. Woche frei, Kanada überlässt diese Entscheidung gänzlich der Schwangeren und ihrer behandelnden Ärzt*in. Die Folge ist ein stetiges Fallen der Zahlen. Die Angst Abbrüche würden zu spät vorgenommen werden ist ebenso unbegründet. Es zeigte sich, dass die überwiegende Mehrheit einen Abbruch bis zur (auch bei uns üblichen) 12. Woche vornehmen. Die meisten späteren werden mit medizinischer Indikation vorgenommen. Der Trick ist, eine vernünftige Aufklärung, ein barrierefreier Zugang zu kostenfreien Verhütungsmitteln und psychologische Betreuungs-, sowie Beratungsangebote aller Art. Denn nur so fühlen sich Schwangere sicher und ernst genommen und wir verhindern auch hier in Deutschland immernoch gefährlich durchgeführten Abbrüche in Eigenregie aus Angst vor den Konsequenzen und öffentlichem Interesse.
Viele meinen, dass Abtreibung in ein Verhütungsmittel übergehen würde. Doch was wir jetzt schon sehen ist, dass die Möglichkeit eines Abbruchs vor allem erwachsene Frauen zwischen 18 und 40 Jahren wahrnehmen mit beruflicher Perspektive. 60% von diesen haben bereits Kinder. Das sind finde ich wichtige Zahlen, die den allgemeingültigen Fehlglauben aushebeln.

Mein Vorschlag ist also, entweder eine generelle Abschaffung des Paragrafen nach kanadischem Vorbild oder eine Fristenregelung die meiner Meinung nach der biologischen Lebensfähigkeit des Feten angepasst sein sollte. Diese gilt allgemeinhin als die 22. bzw. vielerorts auch die 24. Schwangerschaftswoche, ab der Neonatologien anfangen die Kinder zu behandeln.
Des weiteren bin ich gegen eine Beratungsverpflichtung, da sie Frauen die Kompetenz abspricht selbst entscheiden zu können, ob eine Beratung notwendig ist. Viele müssen sich einem solchen Gespräch aussetzen, obwohl ihre Entscheidung klar und wohl überlegt ist. Dennoch wird Ihnen vorgeworfen diese nicht allein treffen zu können. In keinem anderen Fall wird darauf bestanden, dass außerhalb des ärztlichen Gesprächs noch externe Beratung nötig ist.

Vorraussetzung dafür muss aber sein:

  • ein freier Zugang zu Verhütungsmitteln
  • flächendeckende Aufklärungskampagne zur Verhütung in Schulen
  • Beratungsangebote (nicht Verpflichtungen) die das sozio-ökonomische bzw. -kulturelle Umfeld betreffen
  • eine psychologische Betreuung
  • eine umfangreiche Ausbildung zukünfitger Ärztinnen über alle Methoden (Medikamentös und operativ, da dies bisher kein Gegenstand der Lehre ist, grundsätzlich aber jede approbierte Ärztin die Befähigung hat einen medikamentösen Abbruch durchzuführen, auch wenn das nahezu niemand weiß)
  • eine flächendeckende Versorgung mit entsprechenden ärztlichen Praxen
  • keine Möglichkeit für Maximalversorgende Krankenhäuser, wie Universitätskliniken, das Angebot einer solchen Behandlung zu verweigern (individuell sollten Gynäkolog*innen jedoch die Möglichkeit haben, dies abzulehnen)
  • eine zentrale Informationskultur über die Möglichkeit eines Abbruchs und wo, mit Möglichkeit das Angebot auszuweisen
  • Kostenübernahme durch die Krankenkasse, wie beispielsweise eine in-vitro Befruchtung auch (wenn ich schwanger werden darf, dann darf ich mich auch dagegen entscheiden)

Wenn mir als potentielles Elternteil z.B. die Verantwortung für ein Kind zugesprochen wird, warum dann nicht auch die Verantwortung über mich selbst? Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht besteht keine stichhaltige Begründung, warum eine Abschaffung des Paragrafen und statt dessen der Einführung einer sicheren Infrastruktur nicht nachgegangen werden sollte. Ohne diese Struktur geht es allerdings nicht.

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Hallo Ulf und Philip,

ich stimme dem Kommentar von Loona in jeder Hinsicht zu. Ein interessantes Gedankenexperiment dazu ist, sich vorzustellen, dass cis-Männer Kinder bekommen können.
Wenn ein Mann schwanger ist, würde dann das Abtreiben als Straftat gelten, oder eine selbstbestimmte Entscheidung bleiben? Würde Ärztinnen verboten werden, ausführlich und differenziert über ihre Möglichkeiten zu Abtreibungen zu informieren? Würde ein beratendes Gespräch Pflicht sein und würde erwartet werden, dass Männer ohne eine zeitliche Begrenzung massenhaft im 8. Monat abtreiben?
Wahrscheinlich nicht. Die patriarchale Gesellschaft prägt uns alle, belastet aber das Leben von cis-Männern nicht im gleichen Maße wie Frauen
. Deswegen ist es umso wichtiger, sich einmal bewusst zu machen, wie Dinge laufen würden, wenn nicht Frauen*, sondern cis-Männer ungewollt schwanger wären.
Frauen* kriegen die Kinder und Frauen* verrichten noch immer den größten Teil des care Arbeit. Umso wichtiger, die Betroffenen Entscheidungen treffen zu lassen, eigene Gedanken kritisch zu reflektieren und in das patriarchale Gesellschaftskonstrukt einzuordnen, in dem wir leben.

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Hallo zusammen,

mir ist in der LdN 207 der Begriff ungeborenes Leben aufgefallen. Wenn dieser Begriff vom BVG verwendet wird, um dem Fötus bzw. Embryo eine Menschenwürde zu zuerkennen, begibt es sich außerhalb seiner Kompetenz. Es ist keine rechtliche sondern eine sozial und naturwissenschaftliche Frage, was Leben ist. Die übliche Minimaldefinition aus der Biologie gibt sehr klare Kriterien vor:

  • Abgrenzung von der Umwelt
  • Stoffwechsel
  • Wachstum
  • Bewegung
  • Selbstregulierung
  • Interaktion mit der Umwelt
  • Fortpflanzung

Davon erfüllen Föten folgende Anforderung sehr deutlich nicht:

  • Abgrenzung: Sie sind mir der Mutter, in der sie sich befinden, verbunden
  • Selbstregulierung: Der gesamte Kreislauf ist sogar noch lange nach der Geburt auf ideale Bedingungen angewiesen, die für das Baby regulatorisch wirken (Milchtemperatur, Badetemperatur, ordentliche Kleidung). Wesentliche Schutzmechanismen wie das Imunsystem müssen durch Muttermilch aufgebaut werden. Ganz zu schweigen davon, dass Babys und noch weniger die Föten gegen schlechte Umwelteinflüsse wehren oder zumindest auf dem Wege gehen können. Dies ist die Aufgabe der Mutter!
  • Bewegung: Selbst zum Zeitpunkt der Geburt ist Fähigkeit zur Bewegung ist allenfalls rudimentär ausgeprägt, wenn sie auch schon klar angelegt ist.
  • Fortpflanzung: Die Fortpflanzungsfähigkeit ist sogar bis zum 10.-12. Lebensjahr nur angelegt aber nicht ausgeprägt. Bei Föten und Embryos ist dies damit offensichtlich noch nicht so.

Da naturwissenschaftliche Zusammenhänge grundsätzlich Basisanforderungen sind, auf denen alles andere aufbaut, muss daraus folgen, dass die Argumentation über das „ungeborenen Leben“ nicht von dem handelt, was sich in der Mutter befindet, sondern von der Vorstellung, was ein Baby bedeutet/bedeuten soll, wenn es sich entwickeln könnte.

Daraus folgen zwei Dinge:

  1. Das Strafrecht bestraft in der Frage des „ungeborenen Lebens“ nicht den Totschlag/Mord an einem Menschen, sondern den Mord an dem was ein Mensch werden könnte. Wenn man also ehrlich wäre, würde das Gesetz hier gar nicht greifen. So klar und deutlich hätte das BVG urteilen müssen, denn das Strafrechtspraxis geht ja häufig bei Leben/Mensch davon aus, dass es mit der Geburt beginnt. Diese Diskussion hat es aber nicht aufgemacht.

Bei aller gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, so zu Interpretieren wie es auch Tradition ist und den Kontext und Zeitgeist zu bewahren, ist die Handlungsweise inkonsequent und inkonsistent gewesen. An vielen anderen Stellen behaupten Gesetzgeber, Rechtspflege und öffentliche Hand gerne mal in sehr überheblicher Art, dass man als Bürger für Unwissenheit und Unverständnis über entsprechender Regelungen und Maßnahmen schon selber Schuld sei, man müsse sich nur früh informieren und ggf. alles so lange erläutern lassen, bis man es versteht. Denn in Deutschland müssen ja auch Regeln befolgt werden, die man nicht kennt. Wenn das BVG ganz ehrlich gewesen wäre, hätte es hier sich denselben Schuh anziehen müssen. Die Herren Richter haben keine Ahnung, was es bedeutet ein Kind selbst auszutragen. Daher können sie auch nicht urteilen, welche Aufgabe von den Schwangeren ertragen und getragen wird. Genau das bedeutet aber, dass man es der Schwangeren überlassen muss, wie sie sich entscheidet. Und das nach Strafrecht eben bis zur Geburt. Dann würde man auch das Problem umgehen, dass Ärzte und Schwangere noch mit späten Abbrüchen haben.

  1. Das Austragen, die Geburt, das Aufziehen und Erziehen von Kindern werden nach GG vor allen anderen Dingen den Eltern zugesprochen. Gleichzeitig ist es sozialstaatliche Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass der Teil, der allein den Eltern zu gesprochen wird, auch übernommen werden kann. Ob dies der Fall ist, wurde im Detail gar nicht verhandelt. Allein, die Tatsache, dass Hartz IV nicht wegen des Mangels an Kinderschutz wegen der grausamen Folgen für Kinder und ihre Lebensperspektive für grundgesetzwidrig erklärt wurde, zeigt, wie wenig Qualifiziert das BVG in Kinderfragen ist. Auch hier keine juristische sondern eine soziologische Frage.

das BVG nun deutlich gemacht hat, dass das Persönlichkeitsrecht der Mutter aber der Schwangerschaft außer Kraft gesetzt ist, stellt sich die Frage, welches Rechtsgut denn bei der Güterabwägung hier gewonnen hat? Die Würde des Kindes kann es allerdings nicht sein. Dann hätte das Gericht nämlich prüfen müssen, ob der aktuelle, reale Staat und seine Organe (nicht der Wunschtraum, der in Gesetzen und juristischen Köpfen steht) diese Würde überhaupt ohne Eltern garantieren können. Das kann er nicht, wie sich z.B. im Adoptionsrecht zeigt, was im Podcast erwähnt wurde. Auch die Beratungspflicht zeigt vor allem ein Misstrauen a priori und nicht die volle Gewährung der Würde und Selbstbestimmung. Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass das Kindswohl in Deutschland auf Grund der unglaublichen sozialen Missstände und Armut vieler Menschen sowie der Überlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter/Kindergärten/Schulen erst bei Unterernährung sichtbarer körperlicher Schädigung als gefährdet eingestuft wird. Von dem weiter gefassten Begriff Würde eines Kindes ist da nichts zu sehen. Es gibt auch keine wirksamen Rechtsmittel dagegen. Auch noch der späteren Entwicklung ist das Staat im wesentlichen ohnmächtig gegen die normative Kraft des faktischen Reichtums der Einen und der Armut und unwürdigen Lebensart der anderen, sowohl in finanzieller (wirtschaftlicher) Form als auch ideeller (sozialer) Würde.

Zusammengefasst zeigt sich, dass das BVG seine Entscheidung vor allem auf einer männlichen und selbstherrlichen Vorstellung des Gebärens aufgebaut hat und unwissenschaftlich (im Sinne der Biologie), unsozial (im Sinne der Soziologie und Erziehungswissenschaft) und zugleich am Rande (für mich persönlich deutlich jenseits) der impliziten Grundsätze des Strafrechts argumentiert. Es müsste ihm daher fast zugute gehalten werden, dass es überhaupt Frauen eine begrenzte Selbstbestimmung zugesteht, wenn das nicht ein Armutszeugnis und eine Bankrotterklärung für ein Verfassungsorgan wäre.

Warum gibt es keine Frauenquote bei BVG?

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Eine Quote gibt es tatsächlich nicht, aber auch ohne Quote sind inzwischen jeweils acht Männer und Frauen Richterinnen bzw. Richter des BVerfG.

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Das scheint mir eine unfaire Kritik an der Senatsentscheidung zu sein, die sich sehr ausführlich mit dieser Frage auseinandersetzt und dazu natürlich auch auf naturwissenschaftliche Beratung zurückgreift. Ich denke, es würde helfen, die Entscheidung wenigstens mal zu lesen :wink:

https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv088203.html

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Den Schutz des ungeborenen Lebens hat das BVG 1975 postuliert, 1993 wurde zitiert und letztlich geht‘s auf das Preußisches Landrecht zurück? Das heißt also, dass das Rechts-Tradition ist und nicht naturwissenschaftlich. Kurz destilliert: Haben wir schon früher so gesehen, darum auch jetzt.

Wer die Pflicht einer Frau, auszutragen, und zugleich behaupten, dass die Straffreiheit bei besonderer Belastung geht, hat nicht verstanden, dass eine Schwangerschaft grundsätzlich immer eine besondere Belastung sein kann. Ob und wie das belastet, ist das hohe Recht einer jeden Frau gem. Art. 1. Nur die kann entscheiden, ob die Belastung annehmbar ist. Das ist persönliches Recht. Daher ist das vom BVG gewählte Maß für die Straffreiheit eines, das nur durch Anmaßung gegen die Schwangeren in Abrede gestellt wird. Die detaillierte Auseinandersetzung gab es übrigens nicht. Das BVG hat sich von jedem Anspruch echter Wissenschaft freigemacht, in dem es sich selbst davon freisprach. Als Begründung gibt es vor allem das Zitat von 75. Dort legt der Senat fest, das es um einen Mensch gehe, der irgendwie schon individuell und unteilbar sei, und dass damit, so behauptet der Senat, das Menschsein beim Embryo schon gegeben sei und darum man das ungeborene Leben eben schützen müsse, auch wenn der Mensch noch gar nicht lebt. Nur ist die scheinbare Klarheit eben gar nicht gegeben und nur eine naive Theorie, die vor wissenschaftlicher Kritik aber keinen Bestand hat, da dort die verwendeten Begriffen und Bedeutungen viel vielschichtiger und komplexer sind als vom BVG behauptet. Eben eine naive Theorie.

Zugleich setzt es BVG keine Hürde, dass das Recht des Staates, die Beratung einzufordern nur gegeben ist, wenn der Staat auch seinen gestellten Aufgaben nachkommt. Was nach dem Raubbau am Sozialstaat als grundsätzlich fraglich, rudimentär oder ungenügend beantwortet werden muss. Siehe Adoption und Kindswohlgefährdung sowie Pflegekinder in Verbindung mit überforderten Jugendämtern.
Wenn ein Staat kaum ordentlich für das Kind sorgen kann, obwohl es seine Pflicht wäre, kann er nicht eine Beratung fordern, wo doch eventuell keine Alternative bereit steht. Dies hätte evaluiert/geprüft werden müssen.

Ich bleibe dabei, dass das BVG sich außerhalb seiner Kompetenz befindet. Es musste 1993 auf preußisches Landrecht zurückgreifen, und zeigte, wie wenig eigenständig die Rechtsprechung ist. Gleichzeitig löste es 1975 das Paradoxon des ungeborenen Lebens gar nicht auf, sondern behauptete, dass das eben schon zu schützen ist, weil es irgendwie individuell und damit menschlich sei. Daher sei jede Wissenschaft einfach nicht zuständig, obwohl es selbst die Frage mit dieser Antwort auf dem Niveau eines Grundschülers in der 5.Klasse behandelt. Erwachsen wäre es, zu entscheiden, dass das GG klar den Eintritt in das Leben explizit beschreiben müsse, da es sonst nicht sicher auslegbar ist. Schade, dass es bis heute nicht zugeben kann, dass es die Entscheiden gar nicht zu treffen hat, weil es im Kern nicht um eine Frage innerhalb des GG sondern vor dem GG geht! Was ist Leben? Das nennt man Arroganz oder Hochmut.
(Davon bin ich natürlich nicht ausgenommen, bei der umfassenden Kritik. Aber wer für und über alle Recht spricht, muss sich dann auch die Kritik von allen und durch alle gefallen lassen.)

Da das BVG dann doch die Straffreiheit festlegt, wird die gesamte Argumentation da absurdum geführt. Sie ist dann nämlich genau nichts wert, weil damit der allller größte Teil der Frauen den Abbruch bekommt, aber nur in entmündigender Art. Dies konnte das BVG nicht zeigen, daher wurde die Form gewählt, erstmal die Rechtswidrigkeit zu postulieren. Eine Verbeugung vor der alten Moral und gleichzeitig die Öffnung in die Moderne: Eine unehrliche, inkonsequente Entscheidung,

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Guten Morgen. Das sehe ich anders. Eine Curettage ist im Rahmen der Facharztausbildung ein Standardeingriff, sei es an der schwangeren und auch nicht schwangeren Gebärmutter. Das hat nichts mit der Konfession des Krankenhauses zu tun, an dem man ausgebildet wird. LG Sabine

Guten Morgen, ich möchte zu dieser Aussage ein weitere ergänzen. Die Regelung der Beratungs“pflicht“ und der 3Tage Bedenkzeit ist von 2 Seiten beleuchtbar. Man kann es als Gängelung und Einschränkung der persönlichen Freiheit sehen. Es dient aber auch dem Schutz derjenigen Frauen, die durch äußere Umstände ( Familie, soziales u/o ökonomisches Umfeld) zu einer Abtreibung gedrängt werden. Hier leistet Beratung einiges, die Möglichkeit seine persönliche Situation zu beleuchtet, eine Lösung für sich zu finden, die einem vorher nicht bewusst war und darüberhinaus auch eine Entscheidung zu treffen, mit der man auch in 10 Jahren im Rückblick noch leben kann. Wichtig ist der Gedanke, dass gerade in dieser Krisensituation Zeit nachzudenken ein wichtiger Faktor ist, den es braucht unabhängig davon, wie die schlussendlich Entscheidung ausfällt. Insofern besteht hier ein Schutzmechanismus für alle Frauen, den man wahrnehmen sollte! LG und mit bestem Dank für die lebhafte Diskussion Sabine

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Nur, damit kein Missverständniss aufkommt: hast Du allen Ernstes argumentiert, ein Kind sei bis zur Geburt und selbst danach kein Leben, da nicht unabhängig genug von der Mutter? Ich fürchte, damit begibst Du Dich auch in der Biologie in eine ziemliche Exotenposition.

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Was meinen Sie mit „angelegt zu“? Die Intention des Gesetzgebers wohl nicht. Diese war und ist, einen Ausgleich zwischen Selbstbestimmung und Lebensrecht zu schaffen.

Die Regelung erfolgt auch nicht um der Frau Willen, etwa weil man der Frau nicht zutraut, zu entscheiden, was für sie das Beste ist, weil sie „zu dies, zu das, zu jenes“ ist. Die Beratung erfolgt ausdrücklich zum Schutz des Fötus (s. § 219 I 1 StGB). Und dass man x nicht zutraut, einfach darüber zu entscheiden, was das Beste für y ist, ist kein Paternalismus.

Ich vermisse in der Debatte geistige Flexibilität. Wenn man die andere Seite verstehen will, muss man den Konflikt ausgehend von ihren Prämissen durchdenken. ZB ausgehend von der Prämisse, dass auch der Fötus bestimmte Rechte hat. Wenn man die Prämissen falsch findet, muss man sie angreifen. Da steckt die Arbeit. Ausgehend von den eigenen Prämissen, der anderen Seite irgendetwas zu unterstellen (hier konkret: Bevormundung, Entmündigung, Paternalismus, Unterdrückung der Frau etc.) ist nicht weiterführend, sondern ein Strohmann. Das lese ich aber hier leider überall: ellenlange Kommentare, die die Lage als ganz glasklar darstellen, dabei aber ohne eine einzige Erwähnung des Fötus auskommen.

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Die Position, dass Männer in dieser Sache kein Mitspracherecht bzw. Entscheidungsrecht haben sollten weil sie selbst nicht betroffen sind, sofern diese Extremposition ernsthaft vertreten wird, ist meiner Ansicht nach nicht haltbar.

Die ganze Diskussion dreht sich doch um das Dilemma der Abwägung zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung der Frau auf der einen, und dem Recht auf Leben des ungeborenen Kindes auf der anderen Seite. Mit dieser zweiten Seite der Medaille ist es eben keine reine und exklusive „Frauensache“ mehr. Es geht ja auch letztendlich um den Schutz ungeborenem weiblichen, als auch männlichen Lebens.

Zu einer Schwangerschaft braucht es auch im Jahr 2020 immer noch zwei Menschen, eine Frau und einen Mann. Der heranwachsende Fötus ist zur Hälfte auch sein Kind, das im Falle einer Abtreibung getötet wird. Ich war selbst glücklicherweise noch nie in der Situation, ich gehe aber davon aus, dass die Entscheidung auch für den Vater emotional sehr belastend ist oder sein kann und er damit eben auch betroffen ist.

Wenn wirklich nur „Menschen, die schwanger werden können“ ein aktives Mitspracherecht haben sollen, da nur sie wirklich betroffen sind, müsste der Kreis über Frauen hinaus ja auch noch weiter eingegrenzt werden. Kinderlose Frauen nach der Menopause haben weder die Erfahrung einer Schwangerschaft gemacht, noch werden sie sie jemals machen. Es gibt leider auch viele jüngere Frauen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht schwanger werden können. Manche dieser Frauen sind vielleicht auch Richterin oder Politikerin und müssen in der Sache sogar Entscheidungen treffen. Muss diesem Personenkreis auch das Mitspracherecht abgesprochen werden?

Ich denke nein.

Die Angelegenheit ist zurecht eine Frage, zu der ein gesamtgesellschaftlicher Diskurs geführt werden muss. Am Ende muss eine Position gefunden werden., die möglichst von allen getragen werden kann und allen Seiten Rechnung trägt.

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Ich möchte noch ein paar ergänzende Gedanken in die Runde werfen:

  1. Wie kommt es, dass man Schwangeren grundsätzlich nicht zutraut, die Entscheidung, die Schwangerschaft zu beenden, allein zu treffen, während man ihr anscheinend grundsätzlich zutraut, sich später um das Kind zu kümmern?

  2. Schon im Codex Hammurabi werden Frauen und ihre ungeborenen Kinder als Eigentum des Mannes betrachtet. Das widerspricht aber Artikel 3 GG. Wir haben zwar schon viel erreicht: Frauen dürfen wählen, ein eigenes Bankkonto haben, auch nach der Hochzeit arbeiten. Die Abschaffung des §218 StGB ist der nächste Schritt.

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Es sind seit den letzten Entscheidungsproblemen der SPD, die mit der Wahl einer ostdeutschen Richterin endeten, sogar 9 Richterinnen und 7 Richter.

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Ich war derjenige mit der „Extremposition“ und ich stehe auch dazu, denn es geht ja nicht um die Einzelfallentscheidung, sondern um grundlegendes Recht.

Da bin ich weiterhin dafür, dass sich die biologisch männlichen Teile der Bevölkerung heraushalten.

Bei den jeweiligen Entscheidungen im besonderen Fall nicht, da sollen um müssen sogar beide beteiligt sein. Aber schau doch einfach mal wie oft die Schwangere Person von dem zweiten Beteiligtem im Stich gelassen werden…

Auch von denen die da nicht zu ihrer Verantwortung stehen findest du genügend die in der Debatte Abtreibungen ganz vorne dabei sind.

Wenn Zweifel daran bestehen, „dass Eltern sich um ein Kind kümmern“, schaut der Staat nicht weg. Siehe zB § 1666 BGB. Warum sie pauschal in Zweifel ziehen, dass eine Frau, die sich dafür (!) entscheidet, nicht abzutreiben, sich um ihr Kind kümmert, erschließt sich auch nicht ganz. Das Argument scheint mir nur Sinn zu ergeben, wenn Abtreibung immer strafbewehrt ist.

Zu implizieren, Frau und Kind würden in Deutschland „als Eigentum des Mannes berachtet“, ist Polemik. Dass das in diesem Zusammenhang haltlos ist, zeigt sich schon daran, dass die Rechtslage bei Abtreibungen völlig unabhängig davon ist, ob die Frau verheiratet, ledig, verwitwet oder verpartnert ist und ob Ehemann, Partner, Freund, Freundin der Abtreibung zustimmen.

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Der Staat hat anscheinend keine pauschalen Zweifel, dass Eltern sich um ihre Kinder kümmern, aber sehr wohl, dass Schwangere, die abtreiben wollen, dies ohne Beratung entscheiden können. Denn alle, die abtreiben wollen, müssen sich beraten lassen. Aber um Kinder kümmert sich der Staat erst, wenn berechtigter Verdacht besteht, dass Eltern sich nicht gut kümmern. Der Staat kontrolliert nicht alle Eltern, ob sie sich gut um ihre Kinder kümmern.

Nein, das ziehe ich nicht pauschal in Zweifel. Aber wenn man Schwangeren nicht zutraut, sich ohne Beratung für eine Abtreibung entscheiden zu können, warum traut man ihnen dann zu, sich ohne Beratung gegen eine Abtreibung entscheiden zu können?

Abtreibung ist laut §218 StGB verboten. Sie wird nur dann nicht bestraft, wenn die Schwangere sich beraten lässt. Oder in anderen Ausnahmefällen wie z.B. medizinischer Indikation.

Das habe ich nicht impliziert. Das ist allein Ihre Interpretation.
Aber es war z.B. ein Relikt aus jenen alten Zeiten, dass die Vergewaltigung in der Ehe bis 1997 kein Straftatbestand in Deutschland war, weil nach der ursprünglichen Vorstellung die Frau das Eigentum des Mannes war, über das er verfügen durfte. Wenn damals ein Mann seine eigene Frau vergewaltigt hat und sie schwanger wurde, war das demnach keine Indikation für eine Abtreibung, weil es ja in der Ehe laut Gesetz keine Vergewaltigung gab. Seit 1997 ist das zum Glück anders. Zwischen 1993 und 1997 durften also Männer zwar in der Ehe ihre Frauen vergewaltigen, aber die Frauen durften die daraus entstandenen Schwangerschaften immerhin abbrechen, weil sie die Vergewaltigung nicht mehr als Begründung brauchten.
Es ist ein langer Weg hin zur wirklichen Gleichberechtigung und die Zwischenschritte sind teilweise absurd. Aber ein wichtiges Ziel ist die Abschaffung des §218. Alle Menschen müssen über ihren Körper selbst bestimmen dürfen. Auch diejenigen mit Uterus!

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Ich hoere die Lage aus Australien wo ich schon lange wohne as Deutsch-geborene. In den fruehen 90er Jahren musste ich mich 2 mal persoenlich mit einer Abtreibung ausseinandersetzen. Zu der Zeit waren Abtreibung im Bundesstaat Queensland total illegal jedoch von der derzeitigen (liberallen) Regierung geduldet. Ein einziger Mediziner leitetet eine Klinik wo Abtreibungen statfanden. Der Artzt wurde auch ein paarmal diesbezueglich verhaftet, aber ultimativ nicht verurteilt. Gluecklicherweise hatte ich keine persoenliche Bedanken oder Probleme mit meinen Entscheidungen jedoch musste ich fuer beide Termine durch eine Menge von Abtreibungsgegneren um an die Klinktuer zu gelingen um meinen durchgedachten Entscheidungen zu realisieren. Diese Leute waren total crazy in ihrem Anti-Abtreibungswann und es war ganz ganz unangenehm. Vor 2 Jahren wurde Abtreibung legal in Queensland, und ein Gesetzt eingebracht wo 150m run herum einer Abtribungs-bietende Klinik keine anti-Abtreibungs Proteste stattfinden duerfen. Wer sich dafuer interestiert kann durch diesen Link die Details finden Aborition law reforms Queensland Australien

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Was ist schlimm an einer emotionalen Debatte? :slight_smile:

Viele Posts haben deutlich gemacht, warum der 218 für Emotionen sorgt.

Er entmündigt Schwangere und somit symbolisch auch alle, die es werden können. Und das sind zu 99% Frauen. Natürlich ist das Diskriminierung.

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@Hufschmied es ging mir genau darum: emotionale Reaktionen nicht per se abzuwerten.

Wer fundierte Antworten zum Thema Abtreibung, aktuelle Rechtslage und Versorgungslage lesen möchte, schaut in diesen Thread von LDN:
https://talk.lagedernation.org/t/kommentar-der-doctors-for-choice-zu-lage-der-nation-podcastfolge-206/

Hier erklären die doctors for choice (Fachorganisation!) viele Punkte sehr gut!!

Wenn auch Ulfs Antwort nicht inhaltlich darauf eingeht, ist der Beitrag der Docs extrem lesenswert.

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Eine Kurretage gilt aber laut WHO mittlerweile als veraltete Methode für einen Schwangerschaftsabbruch.