LD 276 - Bürgerbeteiligung am Ausbau der Windkraft

Hallo,

ich lebe im Außenbezirk einer Gemeinde im nördlichen Schleswig-Holstein, direkt an der Grenze zu zwei weiteren Gemeinden. Bei der Ausweisung der Windeignungsfläche ging unsere Gemeinde leer aus. In den beiden anderen Gemeinden wurde bzw. wird jeweils ein Windpark (insgesamt 15 Mühlen) errichtet. Natürlich ganz dicht an unserer Gemeindegrenze. In dem einen Park ist Bürgerbeteiligung möglich, allerdings nur für Gemeindemitglieder, die zum Teil kilometerweit weg wohnen. Ich kann mich daran nicht beteiligen, obwohl das nächste Windrad nur 400 m weit entfernt steht. Weder meine Gemeinde noch ich profitieren in irgend einer Form davon.

Beide Parks brauchen ein Umspannwerk. Da sich die Investoren nicht einigen konnten, wurden zwei gebaut (Geld scheint keine Rolle zu spielen) im Abstand von ca 900 m. Das eine steht nun auf ehemaligem Brachland mit einem Abstand von 200 m zu einer Au und natürlich direkt an der Gemeindegrenze. Während wir im Außenbezirk am liebsten unsere Häuser abreißen sollten, schien hier die Baugenehmigung kein Problem zu sein.

Damit man mich nicht falsch versteht, mir ist klar, dass wir Windkraft brauchen, um die Energiewende hinzukriegen und ich habe grundsätzlich gar kein Problem mit den Mühlen. Es entsteht aber der Eindruck, dass die Investoren sich die Taschen auf unsere Kosten voll machen und das steigert nicht gerade die Akzeptanz in der Bevölkerung.

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400 Meter vom Haus bis zum Windrad? Das sollte natürlich nicht so sein. Welcher Windpark ist das denn?

Es geht um den Windpark Helligbek.

Wenn man am westlichsten Rand von Helligbek wohnt und das Windrad am östlichsten Rand des ausgeschriebenen Gebiets steht, stimmt das wohl: Digitaler Atlas Nord (Planung → Raumordnung → Windräder & Weitere Pläne → Teilaufstellung Regionalpläne Wind)

Ja es stimmt, denke ich mir ja nicht einfach mal aus

Schon klar, das war nur auf die Frage von @Matder bezogen. So kann man auf der Karte genau sehen, was du meinst.

Danke erstmal @sereksim für den Link. So eine grafische Darstellung auf der Karte bringt einen gleich viel weiter, auch wenn die Performance des Tools, zumindest bei mir, verbesserungswürdig ist.
Mich hat die Aussage, dass es hier nur 400 m zur nächsten Siedlung sein sollen, interessiert. Mein Kenntnisstand war, das so etwas in Deutschland nicht vorkommt.

Dazu erst mal eine Karte aus dem Tool:

Die Lage beim Windpark Helligbek sieht, wohl so aus:
Der Windpark befindet sich auf dem Grund der Gemeinden/Städten Sieverstedt und Stolk aber gleichzeitig auch sehr dicht an der Grenze nach Bollingstedt (links auf der Karte).

Und tatsächlich sind die ausgeschriebenen Flächen und auch der Standort der Windräder (
Quelle: Karte des Betreibers mit allen Windrädern) sehr viel dichter an einzelnen Häusern, als 1000 Meter, sowohl in Sieverstedt und Stolk (wo die Windräder stehen) als auch in der Nachbargemeinde Bollingstedt.

Und tatsächlich können nur Einwohner von Sieversstedt und Stolk sich an der BürgerEnergieGenossenschaftHelligbek eG beteiligen (Quelle):

Für die Bürgerbeteiligung werden noch mehr Mitglieder gesucht. Dazu werden Briefe an alle Haushalte geschickt. Jeder Einwohner aus Stolk und Sieverstedt kann mit einer Summe von 5000 bis 7000 Euro beitreten.

Außerdem wurde auch die Verwendung der Gewerbesteuer festgelegt (Quelle):

Daraufhin verabschiedeten die Gemeindevertreter jetzt auch die Vereinbarung zur Gewerbesteuer, wonach diese ausschließlich den Standortgemeinden Stolk und Sieverstedt im Verhältnis 50 zu 50 zustehen soll.

So wie sich das liest, hätte man hier das nahe gelegene Bollingstedt auch beteiligen können.

Alles in allem hat @Ellen1 also vollkommen Recht:
Am Ostrand von Bollingstedt gibt es Wohnhäuser mit einem Abstand von nur 400 - 500 m zu den Windanlagen in Stolk. Wieso das Genehmigungs-rechtlich überhaupt durchgegangen ist, ist mir nicht klar.
Das scheint aber keine Ausnahme zu sein (Quelle: Gesamträumliches Plankonzept Schleswig-Holstein, Abschnitt: 4.2.2.3 Ausnahme für Bürgerwindparks):

Viele sog. Bürgerwindparks unterschreiten die Abstandsregelungen zur Wohnbebau-
ung. Bürgerwindparks werden vielfach als bedeutend für die Sicherung der Akzep-
tanz für die Windenergienutzung angesehen.

@Ellen1 : Danke erst mal für dieses Beispiel. Hier ist die Bürgerbeteiligung in der Tat etwas schief gegangen. Denn um mit solchen Genossenschaften für Akzeptanz zu sorgen, müssen natürlich alle Bürger, die davon betroffen sind, einbezogen werden. Und nicht nur jene, die in den Gemeinden leben, in denen die Windräder stehen.

In diesem Beispiel ist es sogar besonders offensichtlich, da Einwohner der Nachbargemeinde deutlich dichter als 100 Meter an den Windrädern wohnen, sich aber nicht an der Genossenschaft beteiligen können.

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Weil es eine Entwicklung der jüngeren Vergangenheit ist, Abstände von mindestens 1000 m oder sogar das sogenannte 10H festzulegen. Würde man bundesweit 1000 m Mindestabstand einführen, dann wäre damit der Windkraftausbau an Land de facto beendet. Das maximal ereichbare Potential wären dann nämlich ziemlich genau die 55 GW, die wir heute schon haben. Es fände in Zukunft lediglich noch eine Verschiebung weg von den Standorten, die heute die 1000 m unterschreiten, hin zu noch unbebauten Flächen, die 1000 m einhalten, statt. Ansonsten: finito

Was wir eigentlich bräuchten: Windräder (und PV-Anlagen) als selbstverständlicher Teil des Außenbereichs von Siedlungen.

Z. B. wie hier, wo wir einmal Urlaub gemacht haben: https://www.google.com/maps/place/Paradies+Ostsee+Ferienwohnung/@54.1699075,12.0126328,1256m/data=!3m1!1e3!4m5!3m4!1s0x47ac55923ffe31b3:0x93f288190ed5f2c4!8m2!3d54.1725828!4d12.0134762

Naja der Windpark ist aber erst in 2019 beantragt worden (Quelle: amtl. Bekanntmachung):

Die Firma Windpark Helligbek […] hat
mit Datum vom 25.03.2019, aktualisiert am 02.10.2019, beim Landesamt für Landwirt-
schaft, […] die Erteilung der Genehmigungen nach § 4 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb von insgesamt acht Windkraftanlagen (WKA) in den Gemeinden Sieverstedt und Stolk beantragt

Das sind die 8 Windräder in dem pdf-Plan oben. Und es kommen wohl noch mal 2 in der ausgewiesenen Fläche hinzu (Quelle: amtl. Bekanntmachung):

Die Firma Windpark Helligbek II GmbH […]
hat mit Datum 22. Juni 2021,[…] beim Landesamt für Landwirtschaft, […] die Erteilung der Genehmigungen nach § 4 […] (BImSchG) für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen (WKA) des Typs Nordex N133/4800 beantragt.

Zumindest der erste Windpark ist also wohl ohne größere Probleme durchgegangen. Heißt für mich, dass da also auch keiner der Anwohner aus der Nachbargemeinde (Bollingstedt) geklagt hat. Denn ich meine, die hätten als Betroffene theoretisch Klagen können. Oder die Klagen wurden abgewiesen, kann natürlich auch sein.

Nein hier gab es keinen großen Widerstand, dazu sind im Verhältnis auch relativ wenige Häuser so stark betroffen und es bräuchte auch jemanden der eine schlagkräftige Gegenbewegung organisiert. Es gibt halt auch nicht nur Windkraftgegner, vielen ist auch einfach klar, dass wir die Dinger brauchen. Landwirte verdienen an den Pachten. Wie ich schon sagte, habe ich kein großes Problem damit, da man, wie man auf der Karte sieht, dicht an der A7 leben. Da lächelt man über den „Lärm“ einer Windkraftanlage. Trotzdem möchte man als Bürger wahrgenommen werden. Eine einzige Anlage erzeugt bei gutem Wind in einer Stunde soviel Strom, (4 MW), dass er weit mehr als die betroffenen Häuser ein ganzes Jahr mit Strom versorgen könnte. Dass sich da das Gefühl breit macht, dass andere Leute sich auf unsere Kosten die Taschen voll machen, finde ich sehr verständlich. Das Misstrauen in Investoren, Behörden und Politik wächst.

Selbst bei einer Beteiligungsmöglichkeit profitieren nur die, die sich eine Beteiligung leisten können. Was ist mit den anderen? Pech gehabt, gibt dann gar keine Entschädigung , nur steigende Stromkosten.

Jetzt sind die Gemeinden aufgefordert worden, sich Gedanken über potentielle Standorte für Solar-Freiflächen-Anlagen zu machen. Die erste Sondierung hat ergeben, dass sich die Flächen hinter unseren Häusern, da an der Autobahn liegend, dafür sehr eignen würden. Wie sich das entwickelt, schreibe ich dann bei der entsprechenden Sonderfolge,

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Das stimmt allerdings. Hier sollte man eigentlich mal etwas machen. Wenn sich jemand aus finanziellen Gründen nicht an einer Bürgergenossenschaft beteiligen kann, dann sollte er wenigstens einen vergünstigten Strompreis zahlen, oder eine ähnliche Vergünstigung.

Zumindest wenn er wie hier, weniger als 100 Meter an einem Windrad wohnt. Und das ließe sich ja leicht feststellen und örtlich begrenzen.

Wäre schön, wenn @vieuxrenard oder @philipbanse dieses Problem der Bürgerbeteiligung in der Lage mal kurz ansprechen könnten.

Ein Abstand von 400 m zu Gebäuden muss schon eingehalten werden. Das ist auch hier der Fall.