Hohe Gewinne für Konzerne, die vollständig aus den Taschen der Bauern kommen. Abhängigkeit von einzelnen Saatgut- und Pestizidherstellern. Hohe gesundheitliche Risiken durch die eingesetzten Pestizide. Schädigung natürlicher Ökosysteme durch Pestizideinsatz und Monokulturen. Zunehmende Resistenzen von Unkräutern gegen Pestizide.
Gab es irgendwo einen Killer-Pflanze, die aus einer gentechnischen Veränderung entstanden ist? Nein. Aber diverse Dinge vor denen vor Zulassung der „alten“ Gentechnik gewarnt wurde sind nachweisbar eingetreten mit (je nach Studie) marginalen bis negativen Effekten auf Ertrag und Einkommen von Bauern.
Der Versuch vor allem kleinere Bauern (besonders auch in Entwicklungsländern) wirtschaftlich Auszubeuten ist praktisch garantiert, weil sich die großen Konzerne da einfach nicht helfen können. Irgendwo her müssen die hohen Gewinne und steigenden Börsenkurse ja kommen und historisch gesehen sind das die schwächsten Akteure in der Wertschöpfungskette. Ich sehe keinen Grund, warum CRISPR/Cas das ändern sollte, wenn da von Seiten der Politik keine Schranken gesetzt werden.
Das ökologische Risiko halte ich für real, aber nicht wegen CRISPR/Cas an sich, sondern weil in der konventionell-chemischen Landwirtschaft allgemein nicht systematisch über Folgen nachgedacht wird. CRISPR/Cas hat aber das Potenzial (wie ja die Befürworter sagen) hier noch mehr Dynamik und Geschwindigkeit reinzubringen. Da Landwirtschaft ganz allgemein eine absolute ökologische Shit Show ist, habe ich keinerlei Vertrauen, dass es durch eine „Dynamisierung“ nicht noch schlimmer wird. Die Empirie spricht einfach dagegen.
Gibt es Möglichkeiten CRISPR/Cas verantwortungsvoll und konstruktiv einzusetzen? Ziemlich sicher. Mein Sohn leidet an einer extrem seltenen genetischen Erkrankung und die einzige realistische Chance auf eine Therapie ist die CRISPR/Cas-Methode, insofern bin ich was die Technik allgemein angeht eher hoffnungsvoll als skeptisch. Aber ich weiß genug über die Strukturen der Landwirtschaft das ich nur trocken darüber lachen kann, wenn ein Konzern wie Monsanto/Bayer eine Deregulierung fordert und so tut als ob das irgendeinen positiven Effekt außer für die eigene Dividende haben wird.
Die Lösung ist aus meiner Sicht eigentlich ziemlich einfach: Die EU schafft Patente auf Lebewesen umfassend ab (auch die „technischen Patente“ für die verwendeten Methoden für die gentechnische Veränderung) und macht den Inverkehrbringer haftbar für nachweisbare Schäden, kombiniert mit einer umfassenden Dokumentatiosnpflicht zur Nachverfolgung.
Zu.B.:
„Die komplexen, technischen Eingriffe in das Erbgut werden nur unzureichend auf Risiken oder Nebenwirkungen untersucht.“
Das wurde mit der EU Studie sogar so ausführlich getan, dass sämtliche großen Wissenschaftsorganisationen davon überzeugt sind, dass es eben keine erhöhten Risiken gegenüber konventioneller Züchtung gibt.
Ich kann mich nur wiederholen: das ist kein Problem, das nicht durch Gentechnik entsteht, sondern bei konventioneller Züchtung genauso besteht.
Wäre dein Text nicht nahezu identisch wenn wir statt über crispr über die konventionellen Sorten der großen Konzerne reden würden?
Wie ist das denn mit der Haftung bei allen aktuellen Methoden? Was, wenn ein biologischer Kleinbauer etwas natürliches anbaut, was sich dann als invasive Art in der Natur breit macht?
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass potentielle Gefahren auf der einen Seite als völlig ausgeschlossen gesehen werden, auf der anderen dramatisiert.
Das betrifft jetzt weniger dich im besonderen sondern mehr die Argumentation derer die Gentechnik ablehnen im allgemeinen.
Der Vorteil von CRISPR/Cas ist ja gerade, dass sie so günstig ist. Trotz der Patentgebüren. Zum einen weil die Anwendung der Methode selbst sehr einfach ist und zum anderen und vor allem, weil der Prozess mehrere Jahre kürzer dauert als bei konventioneller Züchtung. Zumindest wenn die Zulassungsvoraussetzungen dieselben sind.
Dann wäre es doch ehrlicher dieses Patentrecht zu kritisieren und nicht die Gentechnik. Denn die ist nicht Ursache des Problems. Habe an anderer Stelle noch nie gehört: lass uns doch bitte effizientere Verfahren verbieten / regulieren damit es weniger Patente gibt.
Klar, aber das ist ja kein Grund, Gentechnik zu deregulieren, sondern ein Grund, die Patentproblematik für alle Formen der Züchtungen stärker zu regulieren. Die Ablehnung der Gentechnik Reform macht doch Sinn, wenn man in der Patentpraxis ein Problem sieht.
Wie gesagt: Geschwindigkeit an sich ist ja durchaus ein Risikofaktor. Für ein extrem großes Tempo ohne Kontrollen und Nachverfolgbarkeit gibt es meiner Einschätzung nach auch keine Notwendigkeit. So schlecht sind insbesondere die vorhandenen einjährigen Kultivare der modernen Landwirtschaft ja nicht, dass man da innerhalb von ein paar Jahren alles umkrempeln müsste.
Nicht jede Pflanze darf überall angebaut werden. Da gibt es (vollkommen unabhängig von der Gentechnik-Frage) extrem detaillierte (und bürokratische) Regulierungen zu. Ich würde auch davon ausgehen, dass zum Beispiel eine gentechnisch veränderte Robinie weiter den Nutzungseinschränkungen des konventionell gezüchteten Kultivars unterliegt. Aber insbesondere die Erfahrung mit invasiven Pflanzenarten sollte eigentlich zu mehr Konservatismus bei der Verbreitung von neuen Züchtungen sorgen, insbesondere wenn (wie bei der neuen Gentechnik) innerhalb kürzester Zeit sehr umfassende Änderung an der Genetik vorgenommen werden können.
Die Haftungsfrage bei negativen Konsequenzen durch den „Ausbruch“ gezielt herbeigeführter Mutationen (egal of konventionell oder durch Gentechnik) ist meines Wissens nach ein ziemlich ungeklärtes Feld. Ich vermute, dass das theoretische Risiko (ähnlich wie bei der Atomkraft) so hoch ist, dass eine Haftung des Inverkehrbringers kaum sinnvoll ist (weil völlig unzureichend, um die Schäden im Worst Case abzudecken).
Wenn also die Ökobauern Angst vor einer Verunreinigung des eigenen Saatguts haben (weil unabhängig davon, ob das Ökosiegel durch neue Gentechnik veränderte Pflanzen akzeptiert oder nicht die Kunden sich vom Ökolandbau abwenden würden, wenn es hier zu Verunreinigungen kommt), dann bleibt eine strenge Regulierung der grünen Gentechnik die einzig wirksame Absicherung.
Was wäre eigentlich, wenn man vorgeben würde das gentechnisch veränderte Organismen grundsätzlich nur steril in den Verkehr gebracht werden dürfen? Ist das überhaupt möglich? Ich kenne mich da auf biologischer Ebene zu wenig aus.
Unterthema hier ist, wie wissenschaftsfeindlich oder nicht der Öko-Landbau sich darstellt. Die Wissenschaft hat schon kolossale Irrtümer hinter sich (DDT z.B.), zwar später eingeräumt (sonst würde sich die Wissenschaft ja schon begraben haben). Vielleicht sollte man ein wenig zurücktreten auch als Wissenschaftler und mal konstatieren: wir können mit der Genschere umgehen, wir sehen das Potenzial, aber wir wissen noch wenig über die Langzeit-Folgen des ungehemmten Einsatzes. Etwas mehr Demut anstatt Hybris wäre angebracht. Und ganz wichtig, die Bauern sind keine Wissenschaftler, die gehen im guten Fall mit praktischem Verstand und Gefühl an die Arbeit. Die zeigen dir den Vogel, wenn du aus der Stadt mit der „reinen wissenschaftlichen Lehre“ ankommst. Und die „unwissenschaftlichen“ Befindlichkeiten der Konsumierenden sind auch ein sehr träges Moment, das kann man sich nicht wegwünschen.
Inzwischen bin ich echt etwas ratlos. Wir haben doch hier keine Wissenschaftler, die durch Talkshows Touren und für Gentechnik werben. Und auch keine, die Bauern ihre Lehren vortragen. Stattdessen treiben sie einen gigantischen Aufwand - werten 1700 Studien aus den letzten 20 Jahren zu NGTs aus und können zeigen, dass in keinem einzigen Fall durch die gentechnisch veränderte Pflanze ein höhere Gefahr ausgeht, als durch konventionelle Züchtung. Die Ergebnisse sind so überzeugend, dass sie weltweit in allen Forschungseinrichtungen anerkannt werden.
Was soll man denn realistischerweise noch tun, was noch überzeugender ist? Sind sämtliche Forschungseinrichtungen korrupt und auf dem Holzweg?
Natürlich gibt es nie 100%ige Sicherheit. Aber wenn man die hier geforderten Maßstäbe grundsätzlich einfordert, ist damit praktisch jeder technische Fortschritt unterbunden.
Könnte man alles halbwegs entspannt sehen, wenn es nicht so dringlich wäre:
Selbstverständlich gibt es Zulassungsverfahren für neue Sorten. Und der Grund warum wir sehr bald neue Sorten brauchen würde ja auch hier so wie in vielen anderen Threads aufgelistet. Allein die Kombination aus Klimawandel, Artensterben, Überdüngung und Bevölkerungswachstum macht es dringend notwendig, dass man jedes geeignete Mittel in Betracht zieht, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Selbst wenn Gentechnik hier nur mit 10% Wahrscheinlichkeit ein Problem lösen könnte wäre es absolut geboten das zu versuchen.
Aus diesem Grund ist hier finde ich auch keine Demut seitens der Wissenschaftler angesagt, sondern es ist ihre Pflicht zu kommunizieren welchen Beitrag Gentechnik leisten kann. Auch wenn das Leuten nicht gefällt. Die Risiken neuer Pflanzenarten kann man Dank jahrzehntelanger Erfahrung mit und ohne Gentechnik ja sehr gut einschätzen und sie ins Verhältnis zu den Chancen setzen, die Lösung sehr dringlicher Probleme zu unterstützen.
Gentechnik wurde genau aus dem Grund reguliert, dass man die Gefahren nicht gut genug einschätzen konnte. Mit diesem Grund entfällt daher nun auch die sinnvolle Rechtfertigung für die Regulierung. Folgerichtig ist daher zunächst mal eine Gleichstellung von Züchtung mit und ohne gentechnischen Veränderungen - zumindest für NGTs mit artverwandten Pflanzen. Wenn man das getan hat kann man natürlich über Patentrecht / schärfere Zulassung/ Besteuerung ALLER Züchtungsarten nachdenken, wenn man mit der Situation auf dem Agrarmarkt unzufrieden ist.
Wo rede ich von großem Tempo ohne Kontrollen? Eigentlich ist es ja eher so, dass wenn man schneller zur Pflanze mit den gewünschten Genen kommt, mehr Zeit und Geld für die sichere Erforschung der Pflanze selbst bleibt.
Ja. Ich habe da aber z.B. mal eine Diskussion gesehen bei der Anhänger der Permakultur in dieser Frage sehr nachlässig argumentierten, dass es ja im Sinne einer Nachhaltigen Landwirtschaft sei effektive Pflanzen auch hier zu kultivieren, im Zweifel auch gegen das Gesetz.
Das ist natürlich nicht deine Position, aber es zeigt, dass Befürworter der Biorichtlinien als neuen Standard eben keineswegs eine breit aufgestellte schlüssige Argumentation haben, sondern dass es da eher ziemlich vielfältige Meinungen die sich Teils auch gegenseitig eher Ausschließen.
Dieser ungehemmte Einsatz ist in der Diskussion hier gerade dann doch ein ziemlich armseliger Strohmann finde ich!
Wer hat denn hier einen „enthemmten Einsatz“ gefordert?
Zwischen jegliche Gentechnik verbieten und einem enthemmten Einsatz (weiß ehrlich gesagt nicht was damit genau gemeint ist) gibt es doch ganz schön viel dazwischen.
Und wenn dann hier explizit von einem enthemmten Einsatz gesprochen wird, obwohl das hier keiner fordert, dann ist das doch nichts anderes als ein Strohmannargument?
Ich kann nicht für andere sprechen, aber wenn ich in diesem Zusammenhang von Deregulierung spreche, dann meine ich die Gleichstellung von konventioneller Züchtung und neuer Gentechnischer Verfahren - eingeschränkt auf die Mischung von Genen artverwandter Pflanzen - bei der Zulassung. Es gibt also natürlich weiterhin Zulassungsverfahren.
Wenn ich dagegen „all-in“ oder „enthemmt“ lese, verbinde ich das zum einen mit der Nutzung aller zur Verfügung stehenden Gentechnischen Methoden für die Pflanzenzucht, zum anderen mit einer Zucht ohne angemessene Berücksichtigung des Risikos. Beides ist ja aber hier nicht der Fall.