Landtagswahlergebnisse Sachsen und Thüringen

„Alles so gekommen wie vorhergesagt“, ist meine Reaktion auf die Wahlen. Man kann ja nun wirklich nicht überrascht sein ob der Ergebnisse. Der regelrechte Hass auf alles, was nicht Deutsch ist, scheint leider in diesen Gebieten nicht aufzuhalten zu sein. Und die Tarnfarbe, die einige Politiker noch übergezogen hatten, blättert. Dazu Populismus wo man hinschaut, die Menschen wollen halt einfache Lösungen für komplizierte Fragen.

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Leider sehe ich da schwarz für die nächsten Jahre, weil die Brandmauerstrategie ein echtes AfD Konjunkturprogramm ist:

  • es werden nun Regierungen gebildet, die nicht aus Überzeugung, sondern aus Not zusammenkommen, nur mit dem Ziel, nicht die AfD an der Regierung zu haben
  • um Menschen zu überzeugen, muss diese Koalition nun deutlich überdurchschnittlich erfolgreich sein und gleichzeitig muss man hoffen, dass in 4 Jahren bessere Umstände sind oder die AfD sich selbst irgendwie geschwächt hat
  • allerdings hat die AfD strategisch durch das Abgehaltenwerden von der Regierung die größten Vorteile: sie verweisen auf ihre Bereitschaft, darauf, dass die anderen Parteien lieber schlecht regieren als mit der AfD; sie sind in der Lage, Thüringen und Sachsen für den Bund als Beispiel zu nehmen für die Ausgrenzung und damit den Eindruck zu generalisieren: lieber kleben due Altparteien an der Macht als Probleme zu lösen

Man kann dann nur hoffen, dass die ökonomischen Umstände und die Probleme nicht überhand nehmen, denn sonst wird die Brandmauer dieses von mir skizzierte Narrativ so richtig befeuern. In short: derzeit profitiert die AfD von der Brandmauer, idealer könnte es gar nicht laufen für sie….

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Das einzige was ich zu dem Thema gefunden habe ist folgendes Zitat von einem Herrn Beutler aus dem Presseclub vom 25.08.24, Minute 11:

Es gibt Familien, die haben fünfmal ihr Rad geklaut bekommen in der Grenzregion und große Raddepots werden in Polen entdeckt.

Was man ja kaum auszusprechen wagt, aber sollte die AfD tatsächlich in Regierungsverantwortung auf Landesebene kommen, welche Möglichkeiten zur Profilierung hätte die Partei dann?
Die Gefahren der Beeinflussung demokratischer Strukturen mal als gesetzt, aber hätte sie überhaupt (je nach Koalitionspartner und funktionierender Opposition) Chancen, etwas von ihren vagen und populistischen Forderungen umzusetzen?
Also mal als Worst-Case Gedankenspiel.

Würde sich die AfD nicht selbst entzaubern oder könnte sie Misserfolge dann wieder populistisch den anderen „widerspenstigen „ demokratischen Parteien anlasten?

Gewagtes Spiel, wie oft hat denn das selbstentzaubern geklappt? Es wird wieder andere Buhmänner geben (Bund, Europa, ach egal Migranten sowieso…).

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Dein „Worst-Case-Gedankenspiel“ ist hier:

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Ich hoffe, dass die demokratischen Parteien etwas draus gelernt haben und werden. Etwas mehr Zusammenarbeit, nicht gegenseitiges bashen.
Siehe Ampel: wie drei kleine Kinder, die über irgendetwas streiten, obwohl sie laut Wählerwillen (nach Unfragen) schon nichts mehr zu entscheiden haben.
Was hat nun die SPD gesagt (Klingenbeil): Profil schärfen…
Was sagt die FDP (Kubicki) die Ampel hat fertig.
Und was sagt Söder: in einem Interview über 3 Minuten vier mal Migration erwähnt. Ich weiß nicht, ob man sich bei diesem Thema von den Rechten so treiben lassen muss. Gibt es kein anderes Thema? Besonders im Osten: ist dort die Migration überhaupt ein Problem? Und ist das überhaupt irgendeine Lösung für andere Probleme? Ich finde eine Scheindebatte, die uns aufgezwungen wird.

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Würde sie bestimmt versuchen, aber bei über 30 Prozent würde das unglaubwürdiger sein als der AfD das Argument in die Hand zu spielen „lieber schlecht regieren als mit der AfD“.

Ich befürchte, die jetzige Strategie nutzt der AfD, weil sie jede Koalition ohne AfD unter unmöglichem Erfolgsdruck setzt.

Und mal ehrlich, was kann eine Partei auf Landesebene verändern? Sie muss mit demselben Mangelsystem klarkommen wie alle anderen auch. Außerdem feuert bei Parteien nichts so sehr die inneren Kämpfe an wie die Positionen an den Fleischtöpfen der Macht.

Meiner Meinung nach wäre bei 30% die Regierungsbeteiligung nur von Nachteil für die AfD…

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Die CDU ist der große Wahlgewinner in der Mitte. Mehrheit in Sachsen verteidigt und Zugewinne in Thüringen. Letztes Jahr hat man die Wahlen in Hessen gewonnen. Im Bund haben sie bei einigen Umfragen mehr Punkte als die gesamte Ampel zusammen.

Im Prinzip kann die Union sich nur ein „weiter so“ ausstellen. Gestern Abend wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die Kandidatur von Merz fixiert.

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Bin kein Historiker, aber war das politische System da nicht schon etwas anders ?

Also als warnendes Beispiel auf jeden Fall wichtig immer wieder zu erwähnen, aber würde das heute genauso funktionieren?

Auch ein BSW müsste ja, bei einer möglichen Regierungsbeteiligung, auf Landesebene liefern, ohne Außenpolitik.
Wolf und Wagenknecht sind sich ja jetzt schon nicht einig, wer bei den Koalitionsgesprächen dabei sein soll.

Thüringen war schon immer Vorreiter.

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Es ist eine Binsenweisheit, dass keine historische Parallele komplett 1:1 ist. Was genau unterscheidet deiner Meinung nach das aktuelle politische System vom damaligen in so einer Weise, dass es dazu führt, dass eine faschistische Partei nicht auf dieselbe Weise an die Macht kommen könnte?

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Wobei hier allgemein von Grenzregion die Rede ist. Ob das die polnische oder die tschechische Grenze betrifft nicht.

Und auch nicht ob das Einzelfälle sind oder so dauernd und vielen passiert. Zudem genießen die meisten dort das schelle rüberfahren zum tanken, Zigaretten kaufen, einkaufen oder auch einfach so dann doch sehr wohl.

Gerade bei weiten Teilen des Erzgebirges bin ich doch sehr skeptisch was die Gründe angeht.

An der polnischen Grenze wo die Entwicklungen Wirtschaft wohl weniger gut ging dagegen verstehe ich zumindest mit dem was ich kenne eher, dass die Ausgangslage auch von einer Perspektivlosigkeit geprägt ist, was AfD wählen zwar nicht entschuldigen kann, aber doch zumindest ein möglicher Erklärungsansatz wäre.

Vielleicht die naive Hoffnung, das wir vom letzten Mal etwas dazu gelernt haben?

Wohl zu optimistisch……

Als mein hot take ist folgender:

  • AfD und BSW sind beides dem Kreml zugeneigte Parteien und werden sich dementsprechend zusammenschießen.
  • Ein erstes Indiz dafür habe ich gestern in den Interviews mit Sahra Wagenknecht aufgeschnappt. Auf die Frage nach einem Dementi einer Regierungskoalition mit der AfD in Thüringen hat sie geantwortet, dass das BSW nicht mit Björn Höcke koalieren wird, aber den Parteinamen der AfD verschwiegen.
  • Es kommt also zu einer Koalition von AfD und BSW unter „demütiger“ Zurückhaltung von Höcke.
  • Es werden schnellstmöglich sehr populäre Entscheidungen getroffen um der AfD und dem BSW in Brandenburg Schützenhilfe zu leisten. Das wären zum Beispiel:
    • Ein Thüringer Kindergeld von 1.000 €/Monat.
    • Thüringer Mindestlohn von 14 oder 15 €/h
    • Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags.
    • Steuerliche Begünstigung von Tante Emma Läden und Wirtshäusern in kleinen Gemeinden.
    • Sehr weit hergeholt:
      • Mehr Personal im ÖPNV?
      • Steuerliche Begünstigung für niedergelassene Ärzte in kleinen Gemeinden?
      • Enteignung von Wohngesellschaften?
      • Mehr Personal bei der Polizei?
      • Mehr Personal an Schulen?

quote=„aarn, post:28, topic:24859“]
Und mal ehrlich, was kann eine Partei auf Landesebene verändern?
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Lass uns mal kurz überlegen…

" 3. Einfluss auf die Justiz

Besonders um die Justiz fürchten viele in Thüringen, da ein Drittel bis die Hälfte der Posten in den kommenden Jahren neu besetzt werden müssen. Hätte die AfD ein Drittel der Sitze, könnte sie die Ernennung von neuen Richterinnen und Richtern blockieren oder gar die künftige Ausrichtung der Justiz mitbestimmen. Tatsächlich hat es die AfD Anfang des Jahres in Bayern geschafft, dass zwei von ihr vorgeschlagene Kandidaten plus zwei Stellvertreter als ehrenamtliche Richter in den Verfassungsgerichtshof gewählt wurden, CSU und Freie Wähler verhalfen ihnen zur Mehrheit."

…und langfristig…

" Auch wenn aktuell eine absolute Mehrheit für die AfD nicht in Aussicht steht – in keinem der Bundesländer –, sagte Höcke am Ende seiner Parteitagsrede in Pfiffelbach siegessicher: „Wir werden einen langen Weg des Aufräumens und des Neuaufbauens gehen.“"

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Du stellst die zentrale Frage, und meiner Meinung nach ist die Analogie mit Weimar völlig falsch und verschleiert die Fakten heute.

  1. Weimar versank an der eigenen Handlungsunfähigkeit. Unter anderem hat die Fehlkonstruktion des Misstrauensvotums dazu geführt, dass Regierungen gestürzt werden konnten, ohne dass Alternativen benannt werden mussten. Daher haben wir ja das konstruktive Misstrauensvotum.
  2. Weimar war eine Präsidialdemokratie. Das hat dazu geführt, dass der Präsident über hohe exekutive Rechte verfügte.
  3. Das hatte gute und schlechte Seiten. Einerseits konnte ab 1930 noch über Notverordnungen die Handlungsunfähigkeit überbrückt werden, andererseits war es dann für das Kippen mitverantwortlich.
  4. Zentrale Parteien waren gegen die Verfassung. KPD und NSDAP haben von links und rechts offen über ihre Schlägertruppen die Republik destabilisiert. Zentrum und SPD waren im Kern die einzigen Träger der Demokratie.

Daher täuschen die Vergleiche und führen m.M.n. in die Irre. Die einzige Parallele ist, dass wahrgenommene Handlungsunfähigkeit, und da haben wir in 2024 andere Herausforderungen als 1924. Die demokratischen Parteien haben es in der Hand, strukturelle Reformen umzusetzen. Der Blick in die Vergangenheit ist da völlig nutzlos.

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Ich bleibe dabei: ein Gutteil der AfD Wähler hat die Partei nicht aus programmatischen Gründen gewählt, sondern aus Protest, Frust, etc. Sie haben also gar keine konkrete Erwartung, dass die AfD irgendetwas liefert. Wenn die Wähler aber keine konkreten Erwartungen haben, dann kann sich die AfD nicht entzaubern, weil sie keine Erwartungen der Wähler verfehlen kann, wenn die gar keine haben.

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Unterschiede gibt es schon genug: VIel mehr Menschen sind heutzutage wirklich demokratisch sozialisiert im Gegensatz zur Weimarer Republik. Das gilt auch für die „politische Elite“ die in der Weimarer Republik auch antidemokratisch (meist eher monarchistisch) eingestellt war und der NDSAP in vielerlei Hinsicht erleichtert und geebnet (#Preußenschlag etwa). Auch von den offenen Straßenkämpfen der Weimarer Republik sind wir weit entfernt, immerhin ist heutzutage nicht eine ganze Generation junger Männer durch einen Weltkrieg traumatisiert und dadurch auf Gewalt und Revanchismus gepolt. (Im Gegenteil: Die vom Krieg traumatisierten Menschen versuchen wir ja gerade verstärkt abzuschieben) All das lässt die Gesellschaft heute im Vergleich deutlich resilienter erscheinen als damals.

Also die Karten liegen nicht nur anders, es wird heute in vielerlei Hinsicht mit einem neuen Deck gespielt. Es sind also grundsätzlich ganz andere Rahmenbedingungen, was selbstverständlich keine Entwicklung komplett ausschließt.

Noch einmal Glück gehabt?

„Mit dem Verlust des Sitzes verliert die AfD in Landtag eine Sperrminorität. Mit dieser Sperrminorität, könnten bestimmte Landesgesetze, die mit einer Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneter entschieden werden müssen, nicht ohne die AfD-Parlamentarier zustande kommen.“