Kritische Auseinandersetzung mit Ganteförs Plan B fürs Klima

In der Tat unterstützen diese Quellen deine Argumentation.

Ich bin etwas verwirrt, weil ich nicht verstehe, wie das mit den Prognosen zum Zero Emissions Commitment aus dem IPCC Bericht (Seite 630, s.o.) zusammenpasst. Man sieht beispielsweise in den Grafiken deutlich, dass bei Reduktion der Emissionen auf 0, die CO2-Konzentration durch die natürlichen Senken in einem Zeitraum von 100 Jahren (am stärksten in den ersten 20) stark abnimmt. Mit dem relativen Modell passt das nicht zusammen.

Aus dem IPCC-Bericht: „There is an offset of continued warming following cessation
of emissions by continued CO2 removal by natural sinks (high
confidence) (e.g., Matthews and Caldeira, 2008; Solomon et al.,
2009; Joos et al., 2013; Ricke and Caldeira, 2014).“

Hast du eine Erklärung dafür?

Das ist schon möglich. Die Technologie hat die Menschheit dazu.

Du hast eine Überlagerung von schnellen und langsamen Prozessen. Sowie solchen, die reversibel sind (CO2 wandert vom Meer zurück in die Atmosphäre, wenn in der Atmosphäre die Konzentration abnimmt), und irreversiblen Prozessen (das einmal aus der Atmosphäre entfernte CO2 bleibt gebunden).

Dass wir über die Jahrzehnte bei sehr unterschiedlichen Emissionsmengen ungefähr den immer gleichen Prozentsatz des emittierten CO2 schließlich als Konzentrationsanstieg in der Atmosphäre vorfinden, spricht für eine hauptsächlich proportionale Aufnahmefähigkeit der Senken.

Schau mal hier: https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/faqs/IPCC_AR6_WGI_FAQ_Chapter_05.pdf&ved=2ahUKEwigubKjv_D_AhW_SvEDHUVhCj8QFnoECB0QAQ&usg=AOvVaw1udWY5X0P2ZDW53D2Czh3W

Letztendlich ist der Gesamteffekt auf einem Zeithorizont von 100 Jahren meines Erachtens das Relevante. Dass die Wirkung auf einem Zeithorizont von mehreren tausend Jahren proportional ist, ist sehr plausibel.

Die Frage ist halt, wie träge die nätürlichen Senken sind. Du hast oben geschrieben, dass in einem Jahr der entscheidende Teil ausgeglichen ist. Das scheint mir aber nicht mit dem IPCC-Bericht kompatibel zu sein. Ich würde gerne verstehen, wo die Diskrepanz herkommt.

Meines Erachtens sagt das nicht so viel aus, weil es genauso gut von der Konzentration abhängen kann und nicht von der Emission innerhalb des Jahres. Wir hatten in den vergangenen Jahrzehnten eben kein Reduktionsszenario und das ist ja genau die entscheidende Frage.

Den FAQ vom IPCC hatte ich schon gelesen, das geht aber auf diese Frage nicht genau ein. Die Aussage, dass die Senkenleistung bei Reduktion der Emissionen nicht weiter ansteigt (oder abnimmt) ist ja auch kompatibel mit der Abhängigkeit von der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre.

Vollständig unabhängig ist die Senkenleistung von den jährlichen Emissionen also nicht. Dass die Grenzemissionen proportional (zu ca. 30%) im Ozean landen halte ich aber nicht für IPCC-kompatibel (auch wenn deine Quellen das unterstützen).

Vorindustriell hatten wir ca. 280 ppm CO2 in der Atmosphäre. Da dieser Wert ungefähr stabil blieb, waren CO2-Quellen und -Senken bei dieser Konzentration im Gleichgewicht. Die Nettosenkenleistung bei 280 ppm ist also null.

1960 war noch nicht viel passiert. CO2 bei 320 ppm. Gerade mal 40 ppm, also etwas mehr als 10%, zusätzlich in der Atmosphäre angesammelt. Die jährlichen Emissionen lagen bei 15 GtCO2 pro Jahr, wovon netto knapp unter der Hälfte in der Atmosphäre landete.

Inzwischen liegen wir bei 420 ppm, also +50% Konzentration. Emissionen liegen bei knapp über 40 GtCO2 pro Jahr. Weiterhin landet knapp unter der Hälfte der der Emissionen in der Atmosphäre.

Senkenleistung ist also proportional zur Neuemission gestiegen, nicht proportional zur ansteigenden Konzentration.

Nochmal: Kannst du bitte erklären, wie diese Erklärung mit Seite 630 des IPCC-Berichts kompatibel ist?
(Emissionen sind 0, aber Senken wirken weiterhin stark)

Ich habe keine Lust, so ein langes Dokument auf dem Handy zu öffnen. Aber wenn es da ein rapides Absinken der CO2-Konzentration in manchen Szenarien gibt, so rate ich, dass dort negative Emissionen angenommen werden.

Beispiel:

Nein, in dem IPCC-Bericht werden Zero Emissions angenommen (insbesondere also keine negativen). Und das ist dann kein Szenario mehr, sondern einfach eine Reihe an verschiedenen Modellversuchen, die alle zum gleichen Ergebnis kommen (relevant sinkende Konzentration, das gilt aber nicht für die Temperatur).

In deinen Bildern sieht man doch auch, dass an manchen Stellen trotz positiver Emissionen die CO2-Konzentration sinkt. Das passt mit dem relativen Modell nicht zusammen.

In der Grafik beschreibt die graue Linie ein Szenario ohne negative Emissionen. Die CO2-Konzentration sinkt dann sehr, sehr langsam ab (vergleiche den Abfall mit den vorhergehenden Anstieg).

Der Anstieg, der durch Nettoemissionen von ein paar 10 GtCO2 pro Jahr verursacht ist, ist grob 10mal steiler als der Abfall der Konzentration nachdem die Emissionen auf null gehen. Also hast du es da mit einer festen Senke in der Größenordnung von wenigen GtCO2 pro Jahr zu tun. Also ein unwesentlicher Effekt verglichen zu den Emissionen, die wir aktuell in die Atmosphäre jagen.

Nachvollziehbar?

Bei den Abbildungen ist es schwierig, Emissionen zu einer CO2-Reduktion zuzuordnen, weil man in zwei von ihnen das gleiche Jahr treffen muss. Bei der grauen Linie ist auf einem langen Zeitraum vor Nullemissionen aber auch schon die Emission einigermaßen gering und die CO2-Konzentration sinkt schwach. Das muss man hier zusammenrechnen. Da man das hier wirklich nicht so gut genau kann, würde ich vorschlagen, dass wir genaure Zahlen aus besseren Grafiken ableiten.

In diesem Paper ([PDF] Is there warming in the pipeline? A multi-model analysis of the Zero Emissions Commitment from CO2 | Semantic Scholar) ist eine Grafik, wie sie auch der lange IPCC-Bericht hat (auf Seite 9).

So, ich habe nun ein paar Tage immer mal wieder recherchiert, wenn ich Zeit hatte. Allerding bin ich nicht im Bereich Umweltphysik tätig, also vielleicht habe ich noch etwas wichtiges übersehen.

Mein Fazit: Wir wissen erstaunlich wenig über das Verhalten der CO2-Senken auf globalem Niveau. Am besten ist noch der Konzentrationsausgleich zwischen Wasser(-oberfläche) und Luft verstanden. Aber wie Wasser mit erhöhter CO2-Konzentration dann in die Tiefe transportiert und von dort durch Wasser mit niedrigerer Konzentration ersetzt wird, das ist schon schwieriger quantitativ zuverlässig zu beschreiben. Und was an Land passiert, das ist noch komplexer und noch weniger gut verstanden. So schwankt die CO2-Aufnahme der Landmassen in der Rekonstruktion der letzten Jahrzehnte zwischen 15 GtCO2 pro Jahr und nahe 0 GtCO2.

Im Ergebnis ist man gerade so in der Lage, das Verhalten der Senken beobachtend halbwegs nachzuvollziehen. Vorhersagen über zukünftiges Verhalten unter anderen Bedingungen (da höhere globale Temperatur) sind nur mit großer Unsicherheit möglich. Das führt zu einer großen Schwankungsbreite an Vorhersagen für die zukünftige CO2-KOnzentration unter der Annahme, dass keine neuen Emissionen stattfinden.

Kaum zu berücksichtigen sind dabei auch die öfter diskutierten ‚Tipping Points‘, bei denen die Klimaerwärmung dazu führen kann, dass große Mengen CO2 frei werden (und/oder sich das Klima weiter erwärmt), ohne dass der Mensch darauf noch Einfluss nehmen kann. Wann genau und ob überhaupt solche Kipppunkte erreicht werden, lässt sich nicht mit hoher Sicherheit vorhersagen.

Es hat mich selbst überraschend, wie wenig wir hier im Detail zu wissen scheinen.

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