Kritische Auseinandersetzung mit Ganteförs Plan B fürs Klima

Disclaimer: Ganteför kommuniziert auf seinem Youtube-Kanal einen „Plan B fürs Klima“ basierend auf dem „Badewannenmodell“. Ich denke, dass er mit dem Konzept des „Badewannenmodells“ einen wissenschaftlich fundierten Punkt darstellt, seine Schlussfolgerung des Plan Bs „wir müssen weniger für das Klima tun“ aber falsch.

Die folgenden Ausführungen sind vereinfacht und stellen lediglich das kritische Argument dar.

Aktuell und historisch nehmen CO2 und Land ca. 50% des jährlichen CO2-Ausstoßes auf. (vgl. https://report.ipcc.ch/ar6/wg1/IPCC_AR6_WGI_FullReport.pdf, Seite 699)

Im Standard-Budgetmodell wird ein linearer Zusammenhang von kumulativen CO2-Emissionen und Temperaturerhöhung angenommen.
Der Wert ist dabei ca. 0,5 Grad pro 1000 GtCO2 (IPCC: 0,27-0,63). (Die aktuellen Emissionen liegen bei ca. 40 GtCO2 pro Jahr.)
Dabei sind die natürlichen Senken implizit enthalten.

Das „Badewannenmodell“ (basierend auf dem Kohlestoffkreislauf, siehe IPCC, ebd.) berücksichtigt die natürlichen Senken als absolute Reduktion unabhängig von Emissionen.
Die Annahme ist, dass die natürlichen CO2-Senken nicht auf die aktuellen Emissionen reagieren, sondern die gesamte CO2-Konzentration in der Atmosphäre entscheidend ist (Wovon die Senkenleistung tatsächlich genau abhängt und wie sie sich in der Zukunft entwickelt, ist unklar).

Wenn man als untere Schranke annimmt, dass die natürlichen Senken jedes Jahr 20 GtCO2 aufnehmen, landet man vereinfacht bei:

  • Emissionen landen vollständig in der Atmosphäre und führen zu 1 Grad Erwärmung pro 1000 Gt CO2.
  • Jedes Jahr werden der Atmosphäre 20 GtCO2 entzogen.

Für das 1,5 Grad Ziel bleiben ca. 0,5 Grad Erwärmung übrig, für das 2 Grad Ziel ca. 1 Grad.
Wenn man diese Modelle nun für das Jahr 2100 anwendet (für das TCRE Modell ist das Jahr irrelevant), erhält man an die folgenden möglichen Emissionen (da nur CO2 berücksichtigt ist und vereinfacht wurde, sind die Zahlen nicht belastbar; es geht um den signifikaten Unterschied der Modelle):

  • 1,5 Grad: 1000 (TCRE) vs. 2100 (Badewanne) GtCO2
  • 2 Grad: 2000 (TCRE) vs. 2600 (Badewanne) GtCO2

Das TCRE Modell ist gegenüber dem Badewannenmodell also pessimistisch bei signifikanten Reduktionspfaden.

Gleichzeitig haben Grenzemissionen im Badewannenmodell einen größeren Effekt, weil sie vollständig der Atmosphäre angerechnet werden.
Effektive CO2-Reduktion ist im Badewannenmodell also sogar wichtiger.

Insgesamt ist meine Konklusion, dass das Budgetmodell (TCRE) eine Annahme trifft (50% der Emissionen gehen in Ozean und Land), die meines Erachtens fragwürdig ist und wissenschaftlich auch nicht begründet werden kann.
Insbesondere hat das TCRE eine Schwäche, die man meines Erachtens kommunizieren muss.

Auf das Badewannenmodell kann man sich allerdings auch nicht verlassen (wie die natürlichen Senken in Zukunft wirken, ist ungewiss).

Insbesondere ist „wir können uns ausruhen und müssen weniger Tun“ keine valide Schlussfolgerung.

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Du verstehst schon wieso es jetzt ein reges Geschäft von Leuten gibt die solche Ideen anbieten?

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Ja und genau deswegen sollte man sich meiner Ansicht nach sachlich und kritisch mit der Argumentation auseinandersetzen.

Insbesondere folgt eben aus dem wissenschaftlichen Teil der Argumentation überhaupt nicht, dass wir weniger fürs Klima tun sollten, sondern höchstens, dass wir weniger Angst vor der Zukunft haben sollten, solange wir ambitionierten Klimaschutz tatsächlich auch umgesetzt bekommen.

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Ich verstehe diesen Thread nicht wirklich.
Warum Plan B berechnen? Warum Energie auf so etwas verwenden?
Es ist seit Jahrzehnten klar, in welche Richtung wir laufen und auch, was getan werden muss, würde ich behaupten.
Unsere ganze Energie muss in erster Linie in die Dekarbonisierung und den Schutz der Biodiversität gehen, in zweiter Linie parallel in die Vorbereitung auf die weitere Erderhitzung (planetary health, Stadtentwicklung, Schwammstädte etc.)

Immerzu Debatten um klimaskeptische Positionen zu führen, bringt uns nicht weiter. Ablenkungsdebatten.

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Dem möchte ich entgegensetzen, was ist wenn Plan A scheitert, bzw. falsch ist? Physikalisch erscheint mir das Badewannenmodell auch als realistischer als statische Quellen - und Senkenterme. Es ist halt nur komplizierter diese zu berechnen.

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Hier mal 3 Gründe für diesen Thread:

  1. Mir war bis vor einer Woche nicht bekannt, dass Ozeane und Land ungefähr 50% der aktuellen Emissionen aufnehmen und hatte die Annahme, dass der natürliche Teil des Kohlenstoffkreislaufs quasi ausgeglichen ist. Außerdem scheint mir das durchaus relevant und ich finde es fragwürdig auf unvollständigem Wissen zu agieren.

  2. Ich finde, dass dieses Modell Mut für die Zukunft macht. Wenn wir es schaffen, CO2-Reduktionen durchzusetzen, dann sind die Effekte wahrscheinlich besser als vom Budgetmodell prognostiziert. Wenn wir natürlich weiter so wie jetzt machen, gibt es keinen Unterschied.

  3. Ich halte es für wichtig, eine Agenda wie den Plan B zum Klimaschutz auch mal kritisch zu betrachten, weil das bisher nicht so wirklich passiert und die Aussagen relativ unkommentiert stehen gelassen werden. Insbesondere schlägt sich meiner Ansicht nach die Agenda mit seinem eigenen Modell.

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Ich glaube, ich verstehe einfach nicht, woraus Plan B bestehen soll.

Ja, die Ozeane haben bereits erhebliche Mengen aufgenommen, was zur Übersäuerung und Korallensterben führt. Hätten sie es nicht getan, wäre dieErderhitzung schon weiter vorangeschritten.

Ja, die Erde bindet CO2, insbesondere Moore und Wälder. Deshalb müssen Moore wiedervernässt und Wälder und Moore geschützt werden.

Wir verlieren aktuell viele natürliche Senken. Wälder, Moore, aber z.B. auch Permafrost.

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Wenn man die Argumentation konsequent durchzieht, sagt Plan B auch, dass wir so viel wie möglich CO2 verhindern sollten. Das ist ja gerade der Punkt, den ich versuche klarzustellen, dass das "Badewannenmodell’ eben nicht bedeutet, dass wir weniger tun sollten.

Ein anderer relevanter Aspekt ist aber, dass wir nicht wegen unrealistischer Klimaziele (1.5 Grad in der pessimistischsten Abschätzung auf Deutschland runtergerechnet), jegliche Hoffnung verlieren sollten und im Resultat das Klima komplett ignorieren.

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Plan B klingt nach Lösung.
Aber wenn ich den Thread richtig verstehe, geht es hier nicht um eine Lösung oder Notlösung, sondern nur um eine andere Art der Berechnung.
Wenn ich die Lösungsvorschläge übersehen haben sollte, bitte ich um Aufklärung.

Im Grunde leitet Ganför vor allem her, dass

  1. Apokalypseszenarien weit übertrieben seien
  2. Das aktuelle Bilanzierungsmodell für den CO2 Anstieg in der Atmosphäre falsch sei (dynamische Quellen und Senken, statt statische Flüsse)
  3. Aus 2. leitet er ab, dass netto 0 Emissionen bis 2050 nicht nötig wären. Stattdessen präferiert er die Nutzung „klimafreundlicher“ Energieformen wie EE, Kernkraft und Erdgas um Kohle und Öl zu ersetzen.

Das ist zumindest was ich aus

mitgenommen habe. Bei 1. und 2. stimme ich ihm zu, wobei ich vermute dass aktuelle Emissionsmodelle dynamische Flüsse hoffentlich mit abbilden.

Bei 3., naja…

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Also ist das kein Plan.

Zitat Wikipedia:
Zudem wies Quaschning auf Ganteförs Tätigkeit beim Ölkonzern [Exxon]

Lasst uns den Thread schließen.

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Ja, der Name „Plan B“ ist meines Erachtens auch irreführend (das hätte ich vielleicht auch gleich initial in den Post schreiben sollen).

Das ist alles absichtlich um zu verzögern.

Alle haben jetzt gerafft dass es den Klimawandel gibt und sind jetzt rüber auf diese Strategie: möglichst viele Alternativen, Zweifel, Hoffnung dass man vielleicht doch nicht aufhören muss Fleisch zu essen usw.

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Hier ist mir entschieden zu viel Klimawandelleugnung im Spiel.

Hoffnung sollten wir in anderen Dingen finden z.B.
https://talk.lagedernation.org/t/gute-klimanachrichten/20199?u=margarete_amelung

Ganteför ist mit Gewissheit keine unstreitbare Person, Klimawandelleugner ist aber einfach falsch.

Können wir vielleicht mal die inhaltlichen Punkte diskutieren, zum Beispiel die 3 Gründe, die ich für diesen Thread angegeben habe.

Das Modell ist schließlich mMn überzeugender.

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Kannst du benennen, was du als Leugnung empfindest? Ja, die Positionen sind streitbar, aber Leugnung kann ich da aktuell nicht erkennen.

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Mindestens Skeptiker.
Aber reicht das nicht, um diesen Positionen keine Bühne mehr zu geben.

Auch Skepsis sehe ich hier im Thread nicht. Wir sind uns doch alle einig, dass die Emissionen runter sollen. Im Grunde geht es bei Ganförs Badewannenmodell um eine physikalisch begründete Variation des einfachen CO2 Bilanzierungsmodell.

Sollte das aktuelle Modell tatsächlich nur mit statischen Quellen und Senken rechnen, wäre es schlicht ungenau.

Ganför sollte dann aber so korrekt sein und darauf hinweisen, dass die Quellen auch dynamisch sind. Der Klimawandel begünstigt Extremwetterereignisse wie Dürren und Waldbrände, die ihrerseits CO2 Quellen darstellen und als solche modelliert werden müssen. Diese Erkenntnis fehlte mir in dem Video.

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Ich denke, dass unabhängig von der Einschätzung, wie streitbar Ganteför ist, bei einem Professor, der beispielsweise auch vor dem Wirtschaftsbeirat Bayern Vorträge öffentliche Vorträge hält, keine andere Wahl bleibt, als die Argumente explizit kritisch zu durchleuchten.

Wo soll das sonst passieren?

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Wenn man Herrn Ganteförs Bücher, Interviews und Videos sieht (nein, ich hab sie nicht alle gelesen oder gesehen), finden sich darin die altbekannten Skeptiker-Narrative.

Ich finde es wirklich gefährlich, diese Richtung zu befeuern, indem sie durchdiskutiert wird. Welchen Mehrwert soll das haben?
Welche Lösung soll das bringen?

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