Die Foristen, die gegen eine europäische Aufrüstung sind, sollten sich vielleicht einmal fragen, was passiert, wenn wir das nicht tun.
Dann hat Putin freier Hand in Europa zu tun und lassen, was er möchte. Was das für die Zivilbevölkerung heißt, kann man in Bucha betrachten.
Natürlich kann man so unsolidarisch sein und sagen „Was interessiert es mich, was im Baltikum oder Polen passiert“, ich interessiere mich nur für mein „soziales Nahfeld“. Glückwunsch zu dieser Einstellung. Fraglich nur, ob Putins Hunger im Baltikum oder Polen oder vielleicht erst an der alten innerdeutschen Grenze gestillt ist (ist ja vielleicht auch kein Problem für einen, wenn man im Westen Deutschlands wohnt).
Das hier ist ja beileibe nicht die erste Diskussion zu diesem Thema. Und immer wieder gibt es solche Aufforderungen wie die von Dir oder mir an @OliverK, seine Position doch bitte etwas mehr zu begründen und zu erläutern, was für Alternativen er denn konkret vorschlägt. Meine Erfahrung ist leider, dass es danach entweder immer sehr still wird, oder dass die immergleichen Allgemeinplätze wiederholt werden (allgemeine Ablehnung von Krieg, Verweise auf die Grausamkeit von Krieg, der Wunsch, persönlich nichts mit Krieg zu tun haben zu wollen etc.). Aber zu den wirklich spannenden Punkten, die ich ja wirklich gerne mal diskutieren würde, kommt da leider immer herzlich wenig.
Und ehrlich gesagt vermitteln Formulierungen wie „bescheuert“ oder „das können nur Menschen wollen, die“ auch nicht gerade den Eindruck von Offenheit für einen Austausch unterschiedlicher Sichtweisen.
Erinnert mich an einen Podcast zu Chamberlain, Appeasement und München 1938, den ich gestern hörte. Da wurde auch Chamberlains Aussage über den Konflikt zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei wiedergeben: „A quarrel in a faraway country, between people of whom we know nothing“. Der „Witz“ dabei: Selbst Chamberlain hat parallel zu seiner Appeasement-Rhetorik eine Aufrüstung im großen Stil angestoßen.
Putin hat es in 3 Jahren nicht geschafft, eines der ärmsten Länder Europas einzunehmen. Ja, die Ukraine hatte Unterstützung, aber das war sehr vielen ja auch nicht genug. Meine Angst hält sich in Grenzen. Außerdem hat er nichts davon, ganz im Gegensaz zur Ostukraine.
Heißt das dann, wir brauchen keinerlei zusätzliches Geld für die Bundeswehr, die ist ausreichend ausgestattet? Oder wir brauchen eigentlich keine Bundeswehr? Weil Putin ja nichts davon hätte uns zu bedrohen?
Ich weiß ja nicht ob Angst (um was bzw. vor was eigentlich konkret?) so ein guter Maßstab für außen- und sicherheitspolitische Analysen und Strategien ist.
Wenn Russland ein Land nicht komplett „einnehmen“ kann, sondern „nur“ Teile davon besetzt, annektiert oder komplett zerstört, wenn es „nur“ Millionen Menschen zur Flucht zwingt, „nur“ für Hunderttausende Tote, Verletzte und Traumatisierte sorgt, „nur“ ein normales Leben in weiten Teilen des Landes jahrelang unmöglichmacht ist das also nichts mehr, was eine Bedrohung darstellt? Denn danach hatte Mike ja gefragt.
Ich kann alleine keinen Konsens bilden
Würde es mir aber bei der Einschätzung einfach machen und es denen überlassen die wird genau dafür bezahlen dem BND. Nach dessen Einschätzung ist Deutschland aus Sicht von Russland längst eine Kriegspartei
Vor allem ist eine rasche Umsetzung mit den vorhandenen Ressourcen nach allem was ich weiß überhaupt nicht vorstellbar. Ganz abgesehen von der Frage, ob eine Wehrpflicht überhaupt sinnvoll ist. Die technischen, militärischen und sonstigen Skills, die es in einer modernen Armee braucht, lernt man wohl kaum in 3-6 Monaten. Andererseits dürfte allein schon Reden über eine solche Pflicht ein super Mittel sein, um AfD, BSW & Co. einen neuen Schwung Wähler zuzutreiben.
Nachdem BND-Präsident Kahl im Februar 2022 in Kyjiw vom Kriegsbeginn „überrascht“ wurde und schnell evakuiert werden musste, würde ich mich auf diesen Dienst lieber nicht mehr verlassen
Aber genau mit der „Angst vor Putin“ wird doch derzeit hektischer Aktionismus betrieben und das Volk auf immense Ausgaben vorbereitet. Ohne diese Angstmache wird es keine breite Zustimmung für die Schulden geben. Es braucht immer greifbare Feindbilder (Hussein, Assad, Bin Laden) - sonst funktioniert Aufrüstung nicht. Ich bin auch für eine zeitgemäße und ausreichende Ausstattung der Bundeswehr aber ein Blankoscheck mit nach oben offener Grenze ist völlig überzogen. Ich habe gedient, musste auf Menschen schießen und kann verstehen, warum mein Sohn sagt, dass er nicht bereit ist, für jemanden in den Krieg zu ziehen.
Sollte der hoffentlich unwahrscheinliche Fall eintreten, das friedliche Truppen gewaltsam deutsche Grenzen überschreiten, dann muss man sich nur überlegen welche Optionen sich dann bieten. Es gibt immer mehrere Lösungen.
Bist du der Ansicht, dass es sich ausschließlich um „Angstmache“ handelt und von Putins Russland keinerlei tatsächliche Gefahr ausgeht? Das war ja genau die Frage von Mike, verbunden mit der Bitte, das einmal argumentativ auszuführen. Die Rede von angeblichen „Blankoschecks“ und die Redukion der Diskussion auf die Frage, ob die eigenen Kinder in den Krieg ziehen sollen (müssen) beantwortet diese fragen nämlich leider nicht.
Kriegstüchtig bedeutet dass man auf das äußerste vorbereitet ist. Alles andere würde übrigens auch Abschreckung sinnlos machen. Wenn die europäischen Armeen nicht fähig sind einen Krieg zu führen, welche Daseinsberechtigung haben sie dann? Dann kann sich Herr P. ja sowieso alles bis nach Polen unter die Nägel reißen in der Erwartung, dass von den Europäern eh nichts kommt. Wenn man das durchdenkt muss man auch fordern die Bundeswehr ganz abzuschaffen. Wenn sich nicht kriegstüchtig ist, wozu braucht man sie? Dann kann man sich über wenige Jahre hunderte Milliarden (!) sparen. Nur sollte man dann täglich Gott anflehen, dass alle Menschen auf der Welt deine Weltsicht teilen sollen. In der Vergangenheit hatten Frieden und Freiheit immer ihren Preis. Immer. Wieso sollte das 2025 nicht so sein? Sicherlich nicht weil Herr Fukuyama das in seinem Buch vor knapp 30 Jahren erträumt hat.
Und slightly off topic: Aber dieses „die jungen Menschen sind zu schwach“ oder wie man heute sagt „therapiebedürftig“ hört man buchstäblich seit Jahrtausenden. Übrigens sagte man das Anfang der 1940er über junge Amerikaner: „Nichtsnutze“ die surfen, Coca Cola trinken und in Cadillacs herumrasen. Heute kennt man sich als diejenigen welche Westeuropa von den Nazis befreiten und als die „greatest Generation“.
Sollte das die Politik nicht machen? Der Bevölkerung klar machen, dass im Kreml eine ernsthafte Bedrohung für unsere Freiheit sitzt (einfach gemessen an den Aussagen und Schriften von Putin bis zum kleinsten Kremltroll)? Alles andere wäre doch eine Lebenslüge.
Und da du gedient hast, weißt du ja auch, wie viel es rein von der finanziellen Größenordnung bräuchte, um die amerikanischen Fähigkeiten (strategische Lufttransportkapazitäten, Luftbetankung, Flugabwehr, Munition, Aufklärung etc.) annäherend zu ersetzen, geschweige denn unseren Anteil vernünftig zu erfüllen. Da kommt man immer bei diesen astronomischen Summen heraus, die realistisch ohne Schulden nicht bezahlt werden können.
Es ist unser Geheimdienst da liegt es in der Natur dass Erfolge nicht bekannt sind. So gesehen vielleicht ein schlechtes Beispiel.
Aber der Verfassungsschutz kommt zum gleichen Urteil und hat wine recht gute Bilanz
Das ist ein tautologisches Argument. Wenn ich über die Arbeit des Dienstes nichts sagen kann, weil es ja geheim bleiben muss, habe ich auch keinen Grund ihm zu vertrauen
Ich habe mich schon auf öffentliche Aussagen bezogen, die es ja gibt.
Da kann man angesichts von NSU-Komplex, dem Fall Amri etc. etc. durchaus anderer Meinung sein.
Dass das Argument nicht gut war, sehe ich ein. Auf der anderen Seite steht das Präventionsparadoxon, die Aufgabe des BND besteht darin, Dinge zu verhindern, man kann nicht aufzählen, was nicht passiert ist (ich weiß, dass es nicht besser wird das muss nicht kommentiert werden)
Wer welchem Dienst vertraut, ist ja individuell; ich habe das Vertrauen, du nicht und das ist ok.