Konstruktive Streitkultur

Ich zitiere mal:

„Wie gelingt ein Gespräch?
Indem man es als positiv begreift, wenn die Diskussions­partnerin die Dinge ganz anders sieht als man selbst. In der Philosophie sprechen wir auch vom Prinzip des Wohlwollens. Wenn man in den sozialen Netzwerken Streit oder Debatten verfolgt, kann man feststellen, dass die Leute einander sehr schnell entweder Dummheit oder Bösartigkeit unterstellen. Und wenn man grund­sätzlich davon ausgeht, dass die andere Person trotz inhaltlicher Differenz hehre Absichten verfolgt, dann ist ein gutes Fundament gelegt für einen gelingenden Streit.“

Diesen Recht zentralen Punkt haben wir hier ja auch immer wieder aufgegriffen. Leider ist das ein Phänomen, das sich auch durchs Forum zieht. Vorwürfe, dass jemand als Lobbyist schreibt, bestimmte Aussagen mit dem Ziel bewusster Desinformation verbreitet gehen recht schnell von der Hand. Meine Kritik daran bedeutet nicht, dass ich nicht auch Probleme mit solchen destruktiven Absichten sehe. Aber die Idee sowas nicht auf Basis eines Bauchgefühls in den Raum zu stellen (insbesondere wenn es um Löschen, Sperren o.ä. geht) sondern im Zweifel wohlwollend zu interpretieren finde ich eine gute Idee für ein konstruktives Gespräch.

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Hört sich so an, als gäbe es hier einen Zielkonflikt: einerseits ist das Prinzip des Wohlwollens zentral für eine konstruktive Diskussion. Andererseits besteht die Angst vor gezielter Desinformation durch Menschen mit destruktiven Absichten. Allerdings bin ich der Meinung, dass dieser Zielkonflikt gar nicht notwendigerweise bestehen muss.
Die Wissenschaftsjournalistin Mai hat auf ihrem inzwischen stillgelegten YouTube-Kanal dazu mal ein sehr gutes Video gemacht (s u.). Darin ging es um den ziemlich eskalierten Dialog in der Kommentarspalte. Auch wenn viele Aussagen hier spezifisch für YouTube und dieses Format sind, gibt es doch eine Recht zentrale Aussage, die man auf unser Problem übertragen kann:

Falschinformationen bekämpft man nicht dadurch am effektivsten, dass man sie löscht, sondern dadurch dass man sie korrigiert.

Wenn man das verinnerlicht, wird klar, dass es gar keine Rolle spielt, ob jemand Falschinformationen aus böser Absicht oder Unwissen verbreitet. Die sinnvollste Reaktion ist immer dieselbe: die Aussage korrigieren. Damit sehe ich zunächst auch keinen Grund, bzgl. der Motivation einer Falschaussage zu spekulieren, denn sie spielt nach meinem Verständnis für die Reaktion keine Rolle - zumindest was die Auseinandersetzung mit der Aussage angeht.

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Ich schätze die Videos von Mailab, finde diesen Ansatz gut und empfehle ihn für die Umsetzung im Forum.

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Was in manchen Fällen sehr mühsam werden kann.

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Ich hab leider den Thread nicht verfolgt - kann mich daher also nicht wirklich qualifiziert dazu äußern.
Aber allgemein: ja - korrigieren ist aufwändiger als löschen ist aber nicht effizienter im Sinne des Kampfes gegen Desinformation. Es hilft bedingt einen Platz „sauber“ zu halten, verhindert aber nicht, dass die Desinformation an anderer Stelle unwidersprochen auftaucht. Würden alle Desinformation nur löschen und nicht korrigieren, dann reicht eine Stelle, die das nicht tut und der Mist steht unwidersprochen im Netz.
Ansonsten habe ich hier im Forum nicht den Eindruck, dass eine Falschinformation lange unwidersprochen Stehen bleibt - Dank der User.
Das Löschen hat dagegen den Nachteil, dass es vielleicht gar nicht um Desinformation, sondern um Irrtum ging (der dann nicht aufgeklärt wird) und dass auch ein Moderator ein Mensch ist und sich irren kann.

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Das stimmt in vielen Fällen, aber leider nicht in allen. Und es bleibt dann ja trotzdem stehen und wird gelesen. Nicht jeder liest/versteht dann auch die Richtigstellung. Echte Falschinformationen sollten nicht lesbar sein. Bei Mai Thi ist es anders: Sie stellt die Falschinformationen sofort in den widerlegenden Kontext, die Veröffentlichung erfolgt direkt im Kontext. Das ist etwas anderes als ein Beitrag, der erstmal uneingeschränkt so im Forum steht und dann erst im nächsten, übernächsten oder noch späteren Beitrag angefochten wird. Außerdem muss die Widerlegung auch gut fundiert sein, sonst wirkt es, als ständen zwei Versionen gleichberechtigt nebeneinander.

Selbstverständlich.

Dieses Forum dient jedoch der Lage der Nation. Es gibt kein Recht, bestimmte Beiträge zu posten. Du kannst an Twitter & Co gut sehen, wohin es führt, wenn es keine Moderation gibt. Besser mit, egal wie menschlich fehlerhaft sie ist. Die Freigabe- und Genehmigungsentscheidungen werden schnell getroffen. Mag sein, dass sie nicht immer passen. Aber das ist auch nicht so tragisch. Man kann seinen Beitrag speichern und selbst nochmal darüber nachdenken/umformulieren, wenn man sieht, dass er nicht durchgegangen ist.

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Vielleicht reden wir hier nicht über dasselbe. Bei dem Video von Mai geht es ja um Desinformation in den YouTube Kommentaren. Die werden i.d.R. ohne Freigabe-Filter gepostet und ein Video hat mehrere 10.000 Kommentare. Die Kontrolle, die sie hier haben ist also vmtl. noch begrenzter als im Lage-Forum. Trotzdem haben sie sich für diesen Ansatz entschieden. Man muss das nicht so machen, aber sie haben es als die wissenschaftlichste Herangehensweise angesehen.

Am besten ist, wenn Falschinformation und Richtigstellung klar als Paket erkennbar sind. Klar ist auch, dass das nicht in jedem Fall leistbar ist. Übrigens: das alles heißt nicht, dass „Spam“ nicht sofort gelöscht werden sollte.

Ja, da würde ich absolut zustimmen. Und würde auch sagen, dass die Moderation in diesem Forum eine der besten überhaupt ist. Trotzdem halte ich es für eine gute Idee, bestimmte Praktiken immer mal wieder zu hinterfragen - auch im Sinne der eignen Interessen des Forums. Eigentlich sollte es ja um die Diskussion und nicht um die Moderation gehen. Die Idee der im Zweifel wohlwollenden Interpretation hat da aber eben gewisse Schnittstellen.