Konstruktive Streitkultur

Meiner Meinung nach gibt es keinen Anspruch vom Gegenüber zu verlangen, dass er beim Lesen von Beiträgen nebenbei Google offen hat, um Begriffe zu googeln. Die sollten allgemein bekannt sein oder werden eben überlesen.
Den zweiten Teil verstehe ich nicht. Meinst du der Verfasser sollte seine links lesen oder der Leser der Posts die links anderer?
Gerade Dauerbrenner haben schnell mal bei der Rückkehr 20-50 Posts mehr, viele mit viel Text. Da zusätzlich zu verlangen, dass auch noch links gelesen werden, würde ich auch als „Flood the zone with shit“ bezeichnen.
Der Inhalt sollte immer zusammengefasst werden und links vor allem als Vertiefung für Interessierte und Quellenangabe eingesetzt werden.

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Das stellt aber auch alle Inhalte auf eine Ebene: Den vom Verfasser der gerne eine Meinung beeinflussen will und dem, der einfach informieren und sich austauschen will. Note Taken: Das ist mein zweiter versuch hier mal ordentliches Lesen von Hintergründen zu etablieren, das dann als ‚Flood the Zone with Shit‘ zurück zu bekommen, finde ich schon eine klare Ablehnung einer solchen Kultur. Aber OK. Dafür findet ihr hier vielleicht sogar eine Mehrheit, so wie die Diskussion grade läuft.

Ich habe ja im von @sereksim kritisierten Teil des Thread doch später verlinkt, kontextualisiert, Begriffe übersetzt etc. Er hat halt nur den Teil ‚above the fold‘ genommen, und darauf seine Kritik basiert.

Wenn wir mal in den Diskurs um Trumps Verschwörung zum Staatsstreich in den USA nimmt, dann wird das deutlich:

This fact underscores a serious problem for our democratic culture. No amount of evidence, on virtually any topic, is likely to move public opinion one way or the other. We can attribute some of this to rank partisanship — some people simply refuse to acknowledge inconvenient facts about their own side.

Mit dem von dir vorgeschlagenen Verhalten installiert man das dann eigentlich als Normalfall und jedem der sich gegen ‚Disinformation‘ stellt, werden die Mittel genommen dagegen zu argumentieren. Warum? Weil Leute sich von lateinischen Begriffen herabgewürdigt fühlen? Und das auch noch eher performativ, wie grade demonstriert, der sich ja doch mit den Begrifflichkeiten so weit auskennt, dass er sie in meinem Post wieder erkennt und eigentlich ganz flüssig verwendet?

Ganz grob gesagt gibt es beim Schreiben zwei Philosophien: Die einen meinen, dass es einen guten Autor bzw. eine gute Autorin ausmacht, so zu schreiben, dass Texte und Gedanken gut verständlich, spannend zu lesen und bestenfalls auch noch anregend sind. Dabei sei die höchste Kunst, komplizierte Sachverhalte möglichst anschaulich und möglichst knapp zu beschreiben. Andere wiederum meinen, es wäre die Aufgabe von Leser:innen, sich die komplexen Gedankengänge eines Autors oder einer Autorin gewissermaßen zu erarbeiten. Eine Vermittlung zwischen diesen beiden Positionen ist zumindest meiner bescheidenen Erfahrung nach nahezu unmöglich.
Allerdings habe ich so eine Vermutung, welche Art Texte häufiger und lieber gelesen werden und daher auch mit sehr viel mehr Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass Menschen über sie nachdenken und möglicherweise sogar mal eine Fußnote lesen oder einem Link folgen.
Generell finde ich es in einem Format wie einem Webforum schwierig, vom Gegenüber, also von Menschen, die ich überhaupt nicht kenne, von denen ich nicht weiß, wie viel Zeit sie hier überhaupt verbringen (wollen), irgendetwas zu verlangen.

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Wie gesagt:

Junge, jetzt komm mal wieder runter. Wenn das nicht mal ein klarer Verstoß ist gegen die gute Regel, dem anderen stets erst einmal eine positive Intention zu erstellen …

Das Problem, dass die meisten Menschen bei zu viel Information abschalten (tldr), ist halt einfach das, was es ist: menschlich!

Yes!

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Ein weiterer Unterschied ist glaube ich, die Annahme, dass der/die Andere am Diskurs interessiert ist.
@sebs303 hat hier schon mehrfach von Alt-Right-Taktiken und Medienguerilla gesprochen, geht also davon aus, dass DiskussionspartnerInnen mitunter absichtlich destruktiv vorgehen, nicht an der Diskussion interessiert sind und man mit ihnen daher auch nicht mehr konstruktiv umgehen müsse.
Das unterscheidet sich schon sehr von der anderen Annahme, die von einer offenen Diskussion hier im Forum ausgeht und konstruktives Verhalten erwartet.

Ich glaube, der entscheidende Punkt ist die Grenze, ab der man tatsächlich davon ausgehen kann, dass vom Gegenüber keine konstruktive Diskussion gewünscht ist. Diese Einschätzung hängt mitunter sehr von der eigenen Position ab, was sie (insbesondere in Bezug auf eventuelle Moderationsentscheidungen) so schwierig macht.

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Ok, akzeptiere ich so. Ich ziehe mal Konsequenzen. vermutlich lässt sich eine konstruktive Streitkultur auch ohne mich einfacher erreichen. Damit ist die Lage der Nation für mich abschliessend diskutiert und der account deaktiviert.

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Ich bin ratlos …

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Das ist natürlich etwas anderes. Die werden aber sicher keine links klicken geschweige denn lesen, im Gegensatz sind das ist die, die kommentarlos fünf links posten.
Wie geht man damit um? Argumente widerlegen und sonst weitgehend ignorieren. Das Schöne (mitunter auch Unschöne) in einem Forum ist, dass die Diskussion weiterläuft, auch wenn auf einzelne Poster gar nicht mehr eingegangen wird.

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In diesem Thread herrschte relativ schnell Einigkeit was den Umgang mit Ad hominem Argumenten angeht. So wie ich es interpretiere ist das auch ganz gut in Line mit den Foren-Regeln. Zitat aus den FAQs:

" Du magst auf etwas antworten möchten, indem du widersprichst. Das ist in Ordnung. Aber denke daran, Ideen zu kritisieren, nicht Personen. Bitte vermeide:

  • Beschimpfungen
  • Persönliche Angriffe
  • Antworten auf den Tonfall eines Beitrags statt auf dessen Inhalt
  • Reflexartiges Widersprechen

Biete stattdessen vernünftige Gegenargumente, die den Dialog verbessern."

Aus meiner Sicht wäre das also etwas, das man als Regel stärker umsetzen könnte.

Was mich freuen würde ist, wenn wir auch im Hinblick auf die im Zweifel wohlwollende Interpretation des Gegenübers zu einem ähnlichen Konsens kommen könnten. Bzw. falls es hier noch Gegenargumente gibt, fände ich es sinnvoll das zu diskutieren.

Für beide Punkte sehe ich es auch als sinnvoll an, eine Missachtung der Regeln durch das Gegenüber nicht als Freifahrtschein für sich selbst zu nutzen. Letzteres ist ein menschlicher Impuls der mich auch immer wieder überkommt, aber er führt zu einer wenig konstruktiven Eskalation, die man im Forum leider sehr oft beobachtet. Sinnvoller wäre es m.E. das Gegenüber auf den Diskussionsstil anzusprechen und das Gespräch wieder auf die Sachebene zu führen. Ich glaube das passt auch ganz gut zu den oben zitierten Foren-Regeln.

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Ganz genau. Eskalationsspiralen bringen die Diskussion nicht weiter.

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Ich möchte den folgenden Artikel über konstruktive Streitkultur teilen: „Sie sind es müde, immer wieder die gleichen Fragen zu diskutieren? Die Philosophin und Argumentations­trainerin Romy Jaster verrät, wie wir wieder streiten lernen.“

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Ich zitiere mal:

„Wie gelingt ein Gespräch?
Indem man es als positiv begreift, wenn die Diskussions­partnerin die Dinge ganz anders sieht als man selbst. In der Philosophie sprechen wir auch vom Prinzip des Wohlwollens. Wenn man in den sozialen Netzwerken Streit oder Debatten verfolgt, kann man feststellen, dass die Leute einander sehr schnell entweder Dummheit oder Bösartigkeit unterstellen. Und wenn man grund­sätzlich davon ausgeht, dass die andere Person trotz inhaltlicher Differenz hehre Absichten verfolgt, dann ist ein gutes Fundament gelegt für einen gelingenden Streit.“

Diesen Recht zentralen Punkt haben wir hier ja auch immer wieder aufgegriffen. Leider ist das ein Phänomen, das sich auch durchs Forum zieht. Vorwürfe, dass jemand als Lobbyist schreibt, bestimmte Aussagen mit dem Ziel bewusster Desinformation verbreitet gehen recht schnell von der Hand. Meine Kritik daran bedeutet nicht, dass ich nicht auch Probleme mit solchen destruktiven Absichten sehe. Aber die Idee sowas nicht auf Basis eines Bauchgefühls in den Raum zu stellen (insbesondere wenn es um Löschen, Sperren o.ä. geht) sondern im Zweifel wohlwollend zu interpretieren finde ich eine gute Idee für ein konstruktives Gespräch.

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Hört sich so an, als gäbe es hier einen Zielkonflikt: einerseits ist das Prinzip des Wohlwollens zentral für eine konstruktive Diskussion. Andererseits besteht die Angst vor gezielter Desinformation durch Menschen mit destruktiven Absichten. Allerdings bin ich der Meinung, dass dieser Zielkonflikt gar nicht notwendigerweise bestehen muss.
Die Wissenschaftsjournalistin Mai hat auf ihrem inzwischen stillgelegten YouTube-Kanal dazu mal ein sehr gutes Video gemacht (s u.). Darin ging es um den ziemlich eskalierten Dialog in der Kommentarspalte. Auch wenn viele Aussagen hier spezifisch für YouTube und dieses Format sind, gibt es doch eine Recht zentrale Aussage, die man auf unser Problem übertragen kann:

Falschinformationen bekämpft man nicht dadurch am effektivsten, dass man sie löscht, sondern dadurch dass man sie korrigiert.

Wenn man das verinnerlicht, wird klar, dass es gar keine Rolle spielt, ob jemand Falschinformationen aus böser Absicht oder Unwissen verbreitet. Die sinnvollste Reaktion ist immer dieselbe: die Aussage korrigieren. Damit sehe ich zunächst auch keinen Grund, bzgl. der Motivation einer Falschaussage zu spekulieren, denn sie spielt nach meinem Verständnis für die Reaktion keine Rolle - zumindest was die Auseinandersetzung mit der Aussage angeht.

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Ich schätze die Videos von Mailab, finde diesen Ansatz gut und empfehle ihn für die Umsetzung im Forum.

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Was in manchen Fällen sehr mühsam werden kann.

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Ich hab leider den Thread nicht verfolgt - kann mich daher also nicht wirklich qualifiziert dazu äußern.
Aber allgemein: ja - korrigieren ist aufwändiger als löschen ist aber nicht effizienter im Sinne des Kampfes gegen Desinformation. Es hilft bedingt einen Platz „sauber“ zu halten, verhindert aber nicht, dass die Desinformation an anderer Stelle unwidersprochen auftaucht. Würden alle Desinformation nur löschen und nicht korrigieren, dann reicht eine Stelle, die das nicht tut und der Mist steht unwidersprochen im Netz.
Ansonsten habe ich hier im Forum nicht den Eindruck, dass eine Falschinformation lange unwidersprochen Stehen bleibt - Dank der User.
Das Löschen hat dagegen den Nachteil, dass es vielleicht gar nicht um Desinformation, sondern um Irrtum ging (der dann nicht aufgeklärt wird) und dass auch ein Moderator ein Mensch ist und sich irren kann.

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Das stimmt in vielen Fällen, aber leider nicht in allen. Und es bleibt dann ja trotzdem stehen und wird gelesen. Nicht jeder liest/versteht dann auch die Richtigstellung. Echte Falschinformationen sollten nicht lesbar sein. Bei Mai Thi ist es anders: Sie stellt die Falschinformationen sofort in den widerlegenden Kontext, die Veröffentlichung erfolgt direkt im Kontext. Das ist etwas anderes als ein Beitrag, der erstmal uneingeschränkt so im Forum steht und dann erst im nächsten, übernächsten oder noch späteren Beitrag angefochten wird. Außerdem muss die Widerlegung auch gut fundiert sein, sonst wirkt es, als ständen zwei Versionen gleichberechtigt nebeneinander.

Selbstverständlich.

Dieses Forum dient jedoch der Lage der Nation. Es gibt kein Recht, bestimmte Beiträge zu posten. Du kannst an Twitter & Co gut sehen, wohin es führt, wenn es keine Moderation gibt. Besser mit, egal wie menschlich fehlerhaft sie ist. Die Freigabe- und Genehmigungsentscheidungen werden schnell getroffen. Mag sein, dass sie nicht immer passen. Aber das ist auch nicht so tragisch. Man kann seinen Beitrag speichern und selbst nochmal darüber nachdenken/umformulieren, wenn man sieht, dass er nicht durchgegangen ist.

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Vielleicht reden wir hier nicht über dasselbe. Bei dem Video von Mai geht es ja um Desinformation in den YouTube Kommentaren. Die werden i.d.R. ohne Freigabe-Filter gepostet und ein Video hat mehrere 10.000 Kommentare. Die Kontrolle, die sie hier haben ist also vmtl. noch begrenzter als im Lage-Forum. Trotzdem haben sie sich für diesen Ansatz entschieden. Man muss das nicht so machen, aber sie haben es als die wissenschaftlichste Herangehensweise angesehen.

Am besten ist, wenn Falschinformation und Richtigstellung klar als Paket erkennbar sind. Klar ist auch, dass das nicht in jedem Fall leistbar ist. Übrigens: das alles heißt nicht, dass „Spam“ nicht sofort gelöscht werden sollte.

Ja, da würde ich absolut zustimmen. Und würde auch sagen, dass die Moderation in diesem Forum eine der besten überhaupt ist. Trotzdem halte ich es für eine gute Idee, bestimmte Praktiken immer mal wieder zu hinterfragen - auch im Sinne der eignen Interessen des Forums. Eigentlich sollte es ja um die Diskussion und nicht um die Moderation gehen. Die Idee der im Zweifel wohlwollenden Interpretation hat da aber eben gewisse Schnittstellen.