Nein. Sage ich aber auch nicht. Mir geht es nur um die These des Vortrags.
Alles klar. Dann habe ich das wegen des Zitats auf meinen Beitrag falsch verstanden. Schön, dass das geklärt ist.
Ich stelle quirlige Handyhüllen her. Du hingegen umweltfreundliche, vegane Sneaker. Durch cleveres Design oder sowas konntest du den Co2 Verbrauch deiner Produktion erheblich verringern, nur nicht ganz auf null.
Wir konkurrieren also trotzdem um dieselben x Tonnen Co2. Und weil wir die Donut Anforderungen ernst nehmen sind die sehr knapp.
Wenn ich mehr Geld locker machen kann als du, kriege ich auch die Zertifikate.
Dein Produkt ist eindeutig sinnvoller, produziert wird aber meins, einfach weil ich halt mehr zahlen kann.
Was ist daran jetzt aus Ressourcen-Sicht so effizient?
Das wird auch nicht besser, wenn ich dank Jahren Erfahrung im Handyhüllen Business mehr Produkte aus einer Tonne Co2 herausholen kann. Wenn die unsinnige Produktion effizienter wird haben wir nichts davon.
Du kannst ja nur dann mehr zahlen, wenn Verbraucher das Geld für diese Dinger wirklich locker machen wollen - was ich bezweifle, wenn alle Kosten im Produkt eingepreist sind.
Wobei: ein paar Handyhüllen braucht es ja schon und unbegrenzt viele vegane sneaker auch nicht. Wie regelt man das jetzt? Über Planwirtschaft oder eben über den Preis…
Es kommt ja hier noch die Frage nach der Nachfrage auf, die @BrewSwillis in seinem Beispiel nicht bringt.
Die Idee hierbei ist doch, das die Mehrheit an Menschen gerne Schuhe tragen wollen wird, und sich keine Handyhüllen an die Schuhe packt.
CO2 mäßig werden die Veganer Sneaker nun deutlich günstiger sein als Vergleichsschuhe, es werden also relativ wenige Zertifikate gebraucht, d.h. andere Schuhproduzenten können aus dem Markt gepreist werden.
Am Ende werden die Türen Schuhe dennoch gekauft, weil die Leute sich keine Handyhüllen unter die Füße schnallen
Ne, nicht ganz. Da merkt man, wie sehr das marktwirtschaftliche Denken wirklich ins Blut übergegangen ist. Aber für die Produktion brauche ich problematischerweise ja wirklich nur eins: Kapital. Und das kann ich überall her haben: Ehrlich verdient, vom Munde abgespart, massig geerbt, irgendwo zusammengeliehen, oder auch gestohlen oder sonstwie ergaunert. Dem Geld sieht man es nicht an.
Und ich brauche auch keinerlei demokratische Legitimation oder sonst irgendetwas das mir bescheinigt, mein Vorhaben sei sinnvoll oder gut für den Menschen.
Die Bestrafung für meine teuren/unnützen/etc. Güter findet zwar wie von dir beschrieben tatsächlich statt, kommt aber zu spät. Wenn sich Käufer und Verkäufer auf dem Markt begegnen ist die Produktion ja schon gelaufen, die kostbaren Ressourcen sind vernutzt.
Exactly right. So offen wie die Frage formuliert ist, würde ich mir übrigens manchmal auch die Diskussion wünschen. So ist es auch genau richtig herum gedacht, nämlich vom Bedürfnis her, nicht vom System. Es braucht Schuhe, es braucht Handyhüllen. Über das „was“ und das „wieviel davon“ entscheidet aktuell halt kein demokratisches Gremium, sondern das Gusto Einzelner, die glauben so-und-so-viel davon absetzen zu können. Und ich glaube das geht sinnvoller
Sorry ich verstehe einfach nicht, was du mir sagen willst. Ja, die Ware muss zum Bedürfnis passen.- Das sieht vermutlich niemand anders. In deiner Version des Beispiels werden die Donut Grenzen aber ja gerade nicht eingehalten, wenn beide Produkte am Ende doch produziert werden.
Aha. Und wie? Mit Räten oder einer großen Planungsbehördw oder mit der großen KI, die die Produktion von Allem optimiert?
Ob das jetzt aber das große Problem ist oder das Problem nicht eher die verkauften Wegwerfartikel (inkl. 1x Elektrozahnbürsten, kaffeekapseln und fast fashion) sind? M.E. brauchen wir hier Ordnungspolitik, die solche Geschäftsmodelle und Produkte verbietet, keine Planwirtschaft.
Meinem Verständnis nach geht es Herrmann darum, dass wir jetzt sofort aktiv werden müssen, um überhaupt noch die Kurve zu bekommen und dabei können wir nur aktuelle Technologien nutzen, weil neue Technologien bis zur Marktreife in der Regel mehr als 30 Jahre brauchen. Jetzt nur auf Kernfusion zu setzen und nichts anderes, was heute verfügbar und marktreif ist, führt zum Kollaps. Jetzt schon bremsen und trotzdem noch den Airbag weiter entwickeln, statt jetzt weiter mit Vollgas auf die Mauer zu zurasen und darauf zu hoffen, dass der Airbag bis zum Aufprall schon fertig entwickelt und eingebaut sein wird.
Ein guter Teil der Antwort auf deine Fragen steckt wohl in dieser Doktorarbeit.
https://www.ioew.de/publikation/macroeconomics_without_growth
Der Autor hat in verschiedenen gängigen makroökonomischen Theorien (sowohl Kapitalismus nach Keynes und neoklassisch, sowie Marxismus) ein Null-Wachstum modelliert. Dabei zeigt sich interessanterweise, dass es in praktische allen Theorien stabile Zustände gibt, die ohne Wachstum auskommen. Eine Schrumpfung wurde - so weit ich es gelesen habe - nicht modelliert. Ob das System auch in der Realität stabil wäre, bleibt zu zeigen. Außerdem führt es natürlich zu recht erheblichen Änderungen in der Art, wie wir wirtschaften, die in der Realität nur schwer durchsetzbar wären. Aber das wird hier niemanden verwundern.
Die Arbeit ist das mit Abstand fundierteste, was ich bislang in der Hinsicht gefunden habe. Mich hat an der Diskussion auch immer gestört, dass es viele tolle Ideen und Schlagworte gibt, aber gefühlt nirgends an einem mathematischen Modell gezeigt wird, wird wie so ein System aussehen kann.
Mich würde interessieren, ob es neuere Ansätze gibt, die ggf. auf den Ergebnissen dieser Arbeit aufbauen. Beispielsweise wäre interessant zu überlegen, wie man ein solches System einführen könnte und einmal quantitativ zu simulieren, wie es funktionieren würde und welche Situation sich für die einzelnen Akteure in einem solchen System ergeben würde.
Das mag in der Perspektive zutreffen wenn man den einzelnen Unternehmer betrachtet aber in der Masse ist der Markt eben doch sehr nah am Optimum dran und wenn nicht dann sind die Unternehmer die schlecht gewirtschaftet haben nicht mehr im Markt. Wie kommst du dadrauf das ein Haufen Sachen produziert wird die keiner haben will?
Es entscheidet doch der Konsument über „was“ und „wieviel davon“ also doch die Masse. Und eine preisliche Regelung hat direkte Auswirkung auf das Konsumverhalten. Du verwechselt glaub ich makroökonmische zusammenhänge mit mikroökonomischen.
Ich denke, früher war das so, inzwischen wird aus Profitgier auch ein Bedürfnis durch Werbung geweckt, Neandertaler „wollten“ bestimmt kein Smartphone.
Ehrlich? Gefühlt erscheint doch alle paar Monate eine neue Reportage darüber, wieviele Waren aufgrund von Überproduktion entsorgt werden „müssen“. Natürlich mit dem passenden Aufreger, dass die Sachen ja noch gut seien und wie das denn angehen könne.
Aber selbst wenn man das völlig ausblendet, und sich nur auf die tatsächlich verkauften Waren konzentriert. Wo kommen denn die Kaffeekapseln und Einwegzahnbürsten her? Die sind doch gerade Ausdruck der hochgelobten unternehmerischen Freiheit. Und in diesem Thread sind sich doch auch viele Markt-Fans darüber im Klaren, dass zumindest mit der alleinigen Entscheidungsbefugnis über die Produktion Schluss sein muss, und wenigstens einige Planwirtschaft-esque Maßnahmen her müssen. Ich dachte wenigstens soweit sind wir uns einig.
Was du Ordnungspolitik nennst läuft doch ebenfalls darauf hinaus, dass diese Freiheit eben erheblich beschnitten wird. Und manchmal vielleicht auch beerdigt. Je nachdem ob das im Einzelfall ökologisch geboten wäre. Zur Frage wie man denn dann Produktion organisiert gibt es wirklich unfassbar viele Ideen. Ein paar stehen zB hier, oder hier. Von zaghaften Reförmchen bis zur KI ist da echt alles dabei. Aber da muss man ja erst mal drüber nachdenken wollen.
Wie schön, ein Optimum! Dann müssen wir ja gar nichts weiter unternehmen, hm
Spaß beiseite, das ist doch kein Einwand gegen meinen Text. Auch für die Masse gilt: Ich erfahre erst am Markt, ob es eine geniale Eingebung meines Unternehmergeistes war, oder eben eine Schnapsidee. In einer Marktwirtschaft weiß man notwendigerweise immer erst hinterher, ob die eigene Ware nun eine sinnvolle Investition war oder nicht. Dass mich der Markt bei so einem Verhalten irgendwann „herausstreicht“, und ich meine Spirenzchen nicht ewig treiben kann, ist trivial. Aber unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenverwendung ändert das was genau? Produzieren durfte ich trotzdem, auch wenn sich nachher kein einziges Produkt verkauft. Und wenn ich ein umnachteter Milliardär bin, kann ich das noch ganz schön oft wiederholen. Wenn du darin kein (ökologisches) Problem siehst, dann weiß ich auch nicht.
Soso, der Konsument entscheidet. Meinst du die gute alte Erzählung vom Wählen mit dem Portemonnaie? Das hält sich ja wirklich enorm hartnäckig. Dass der Preis Auswirkungen auf den Konsum hat, ist unbestritten. Dafür bräuchte es ja wieder die berühmte Internalisierung der externen Kosten. Warum ich dahingehend skeptisch bin steht weiter oben.
Klar ist das skandalös und wird daher auch direkt berichtet, aber da sagt nichts über die Größe des Problems aus, insbesondere auch nicht in Vergleich zu anderen Umweltproblemen.
Korrekt. Da bin ich auch nicht dagegen. ist aber schon was anderes, als die Wirtschaft komplett umzubauen. Denn dass das notwendig ist, davon hast du mich nicht überzeugt.
Ja, dass ein Milliardär wirtschaftlich unsinnige Entscheidungen treffen kann, weil er es sich leisten kann, kann je nach Entscheidung ein Problem sein. Das gilt für andere Menschen, die viel Macht haben, aber auch.
Und im Markt gibt es immerhin den von Dir angesprochenen „Kontrollmechanismus“, dass bei zu vielen zu großen wirtschaftlich unsinnigen Entscheidungen irgendwann das Vermögen des Milliardärs verbraucht ist. Totalitäre Herrscher beispielsweise haben da prinzipiell weitergehende Möglichkeiten, sie können nicht nur ihr eigenes Vermögen verschwenden, sondern das ihres Volkes, bis sie von der Machtposition entfernt werden.
Der längste Thread dieses Forums zu Grundsatzfragen geht in die Endrunde, ich möchte ihn in Abstimmung mit @TilRq, der ihn angeregt hat, morgen schließen.
Weitere Themen und aktuelle Kommentare können und sollten folgen:
… ist dem Kapitalismus das quantitative Wachstum, dass uns über die planetaren Grenzen treibt, immanent?
… oder kann man die Marktwirtschaft so reformieren, dass in einer Kreislaufwirtschaft die planetaren Grenzen eingehalten und die basalen Grund-Bedürfnisse der Menschen zufrieden gestellt werden (Donut-Model)
Dieses Thema wurde nach 21 Stunden automatisch geschlossen. Es sind keine neuen Antworten mehr erlaubt.