Klimaschutz nur wenn damit der Geldbeutel gefüllt wird

Hallo zusammen,
Röttgen sagt es, Altmaier sagt es, Svenja Schulze glaub ich auch:
„Klimaschutz geht nur, wenn dadurch jedermanns Kasse gefüllt wird“.
Was ist das für eine neoliberaler Kapitalisten Einstellung? Habt ihr schon mal davon gehört, dass ihr eine Prämie bekommt, wenn ihr den Ölwechsel am Auto nicht über dem Gulli macht? Wieviel Geld bekommt ihr, wenn ihr Quecksilber Lampen nicht in die Mülltonne werft? Was bekommt die Industrie, wenn sie die Grenzwerte für Abwasser einhält?
Klar hilft eine ökonomische Komponente wie die CO2-Steuer, wenn sie denn wirklich lenkt. Aber eine CO2-Steuer, die den Sprit um 10 ct/l erhöht. Das ist der Unterschied von morgens und Abends an der Tankstelle.
Was fehlt sind echte Verbote.

oh sorry, hier passt das Wording tatsächlich nicht. Nenn es einfach Regulierung. Ein Wort wie „Fahrverbot“ (von dem ich gar nix geschrieben hab), drückt natürlich Knöpfe die zu emotionaler Reaktion führen. Bleiben wir einfach erst mal beim Thema des Business: Warum muss man ausgerechnet beim Klimaschutz Geld verdienen?

Naja, ich find das jetzt garnicht soooo weit hergeholt…

Man sieht das doch aktuell bei den erneuerbaren Energien… Die Unternehmen steigen mittlerweile freiwillig drauf um, weil sich Kohlestrom nicht mehr rechnet.
Bei Atomstrom wäre es das gleiche wenn die Firmen selber für die Entsorgung der Brennstäbe sorgen müssten und das in den Strompreis eingerechnet würde…

-Dave

Weil es

  1. ohne Wirtschaftswachstum sozialen Aufstieg nur durch Umverteilung geben kann

  2. nichts bringt, wenn wir hier in Deutschland wieder im Wald leben, weil der Rest der Welt fröhlich weiter CO2 ausstößt. Gerade die Entwicklungsländer werden uns nur auf dem Weg in die Klimaneutralität folgen, wenn wir glaubhaft darlegen können, dass dieser Weg zu Wohlstand führen kann.

Ja… und? Darin sehe ich kein Problem.

Ich glaube vielen Leuten ist nicht klar, was Deutschland für einen Stand in der Welt hat. Wir sind eine der wichtigsten Industrienationen und für viele Länder Vorbild. Was Amerika in der Technik ist, ist Deutschland politisch.

Und nur weil Andere noch weiter Dreck in die Luft pusten, ist das noch lange kein Grund nicht selber mit sauberer Energie anzufangen… Wenn wir nicht anfangen, wer dann?

Zu 1.: Sie sehen kein Problem darin, dass man seinen Wohlstand nur mehren kann, wenn dafür jemand anderes an Wohlstand einbüßt? Das würde am Ende eher darauf auslaufen, das die produktivsten der Gesellschaft sich einen immer größeren Stück vom Kuchen sichern, während alle anderen Stück für Stück verarmen. Und das absolut, nicht relativ. Das könnten Sie nur durch radikales umverteilen verhindern und das hätte entweder Brain-drain oder Sozialismus zur Folge. inb4 „aber das ist doch heute schon so“: mag sein, dass die Leute die schon viel haben überproportional viel vom Wachstum profitieren. Aber der Rest mehrt in absoluten Werten seinen Wohlstand trotzdem. So könnten sie zum Beispiel sagen, die Ungleichheit war vor 50 Jahren weniger stark ausgeprägt als heute. Trotzdem wäre ich in einer absoluten Betrachtung des Wohlstands lieber Teil der unteren 10% heute als der oberen 10% vor fünfzig Jahren.

Zu 2.: Das ist eine ziemlich verklärte Sicht der Dinge. Wir haben ein gutes Standing auf der internationalen Bühne, weil wir die viertgrößte Volkswirtschaft sind und uns darüber hinaus diplomatisch sehr bemühen, gemocht zu werden. Wenn Sie für das Klima unsere Volkswirtschaft opfern, werden wir für alle anderen auf dieser Welt nichts anderes sein, als ein abschreckendes Beispiel.

Hi Leo,

Was du beschreibst kann mit guten Gründen für den falschen Weg halten. Tu ich persönlich auch. Ein ganz wichtiges Element dabei aber nicht vergessen: Es geht darum den Planeten zu retten, nicht nur Deutschland. Bedeutet, andere Länder müssen mitziehen.
Wo ein Umschwenken in Deutschland entgegen radikal kapitalistischer Vorstellungen VIELLEICHT (und das ist ein mega dickes vielleicht, mit fünf zugedrückten Hühneraugen) möglich ist, ist das woanders sicher nicht der Fall. USA, China, Indien, usw werden sicher den Teufel tun und freiwillig die eigene Volkswirtschaft beschneiden, „nur fürs Klima“.

Zeigt man hingegen, dass auch eine ökologisch nachhaltige(re) Gesellschaft Wachstum abwirft, besteht Hoffnung, dass sich genau diese Sturköpfe doch noch anschließen.

Nochmal zum Thema zurück. Es geht nicht ums umverteilen und es geht nicht darum wieder zurück auf die Bäume zu klettern. Ich möchte auch gar nicht über Wirtschaftstheorien diskutieren.
Es geht einzig und alleine darum, warum man z.B. keine Giftstoffe ins Abwasser geben darf, aber die „Vergiftung“ der Atmosphäre (die zu dramatischen Auswirkungen führen wird, (auch da möchte ich heute nicht darauf eingehen)), a: vollkommen unreglementiert ist und b: jeder die Erwartung hat, wenn er schon weniger „Gift“ (CO2) in die Luft pustet, dann nur wenn er als Gegenleistung genügend Geld dafür bekommt.
Bei Bedarf kann ich gerne erklären, was CO2 in der Atmosphäre macht und was die Folgen der Erderwärmung sein werden (mit hoher Wahrscheinlichkeit). Gerne kann ich auch erklären, wie „brutal“ z.B. die Einleitung von Abwasser reglementiert ist. Heute geht es mir aber nur um das Prinzip, Umweltschutz nur dann, wenn es meinem Geldbeutel hilft.

Ich behaupte ja gar nicht du hättest Unrecht. Achtung, es folgt Zynismus:
Es ist verboten, Giftstoffe ins Abwasser zu geben, weil dadurch die Menschen krank werden. Und zwar sehr schnell. Und zwar unsere eigene Bevölkerung, nicht irgendein Drittweltland (die kümmern uns nicht). Ist aber die eigene Bevölkerung krank oder stirbt früh, kann sie weniger Produktivität abliefern. Ein GAU! Wir brauchen doch Wachstum!

Das sprichwörtliche Ende der Welt aus Klimagründen ist demgegenüber aber noch einige Zeit weg, und überhaupt trifft es ja zuerst die armen Länder. Sicher, das Boot sinkt, aber bis dahin muss man doch Geld verdienen!

Dass da nicht von sich aus drauf geachtet wird, sollte wirklich niemanden überraschen. Der Kapitalismus produziert Waren/Dienstleistungen, die Gewinn bringen. Und das ist auch die einzige Maxime. Es ist völlig unwichtig, ob die W/DL auch nützlich, oder gesellschaftlich wünschenswert, oder ökologisch sind.

Will man nicht die Systemfrage stellen, muss man sich dieser Tatsache unterordnen. In einer „sozialen“ Marktwirtschaft kann man natürlich regeln und steuern und lenken und und und. Aber wenn Nachhaltigkeit unterm Strich ein Verlustgeschäft ist, machts dir niemand nach. Und das wollen wir doch.

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Ich glaube, es gibt hier ein Missverständnis: wenn gesagt wird, dass mit Klimaschutz Geld verdient werden muss, ist ja nicht gemeint, dass der Staat einem Geld überweist wenn man CO2 einspart. Ganz im Gegenteil führt ja jede Art der CO2 bepreisung dazu, dass man zur Kasse gebeten wird eben wenn man CO2 ausstößt. Was man aber meint, ist dass Klimaschutz so gestaltet werden muss, dass es volkswirtschaftlich attraktiv ist, eben indem neue innovative Technologien und Geschäftsmodelle entstehen, mit denen in Zukunft Wohlstand generiert werden kann. Im wesentlichen geht es darum, dem Klimawandel nicht mit Verzicht, sondern mit Innovation zu begegnen. Ein Beispiel: um den CO2 Ausstoß des Verkehrssektors zu minimieren, könnten wir alle auf das Fahrrad umsteigen. Wir können aber auch Elektroautos mit grünem Strom laden. In beiden Fällen sparen wir CO2 ein, in einem generieren wir aber weiterhin Wohlstand, im anderen über wir uns im Verzicht. Ich denke es sollte jedem klar sein, dass kein Entwicklungsland dieser Welt, geschweige denn China und die USA uns in den Verzicht folgen werden. Also ist es an uns, Vorreiter eines innovativen Umweltschutzes zu werden, der Wohlstand und Klimaschutz verbindet.

Zu 1:

Das ist schon immer so, nur war es früher einfacher zu verstecken, dass der Wohlstand in den Industrieländern durch die Verarmung in den Entwicklungsländern erkauft wurde …

Nun kommt die Diskussion schon in die richtige Richtung. Es zeigt sich, dass wir gar nicht so weit auseinanderliegen wie anfangs befürchtet. Also um Verzicht geht es mir überhaupt nicht. Wäre auch ganz schwierig und von kaum jemandem akzeptiert. Die CO2-Steuer ist tatsächlich ein erster zaghafter Versuch über die Kosten zu steuern. Halte ich absolut für richtig. Auch wenn 5 ct/l Sprit noch nicht wirklich jemanden interessieren. Auch dem Hinweis mit den Innovationen stimme ich vollkommen zu. Ich bin selber in der Industrie beschäftigt und habe ständig zwei bis drei Forschungsprojekte laufen zum Thema Energieeffizienz, - Flexibilität usw.
Meine ursprüngliche Frage (warum nur wenn man dran verdient) zielt darauf ab, dass ganz viele Industriebetriebe nur dann fürs Energiespare Geld ausgeben, wenn sie damit eine Verzinsung von 50, 100% oder mehr bekommen. Ihr lacht? weil gefehlt. Das ist heute Standard. Wenige akzeptieren auch nur 20%. Fragt doch mal bei eurer Bank, wieviel Zinsen ihr für euer Geld bekommt. Jetzt kommt H. Altmeier ins Spiel. Der sagt (nicht wörtlich, aber er meint es so) wenn die Verzinsung für die Industrie unter 50% liegt, dann muss der Staat Geld dazugeben (damit meint er deines und meines). Für diese flächendeckende Einstellung bei den Konservativen (auch Röttgen) und Teilen der Sozialdemokraten fehlen mir die Worte.

Im dem Zusammenhang müssen Sie einmal kurz ihre Definition von Verzinsung erklären und was genau Sie damit meinen, dass Investitionen nicht getätigt werden, wenn nicht Verzinsung x dabei rumspringt. Meinen Sie vielleicht Return on Investment? Oder eher ein positiver Kapitalwert der „grünen“ Investitionsentscheidung? Ich erlebe es eher so, dass versucht wird möglichst umweltfreundlich zu agieren, solange sich dieses Verhalten auch rentiert. Und das ist doch erstmal nichts schlechtes. Aufgabe des Staates ist es daher, sicherzustellen, dass umweltfreundliches handeln sich rentiert.

Das ist einfach falsch. Es ist nicht zu leugnen, dass der absolute Wohlstand auf der Welt heute größer ist als vor 20, 50, 100 Jahren.

Ich glaube schon das die Aussage des Topic zutrifft.
Zwei Links die das anhand von China verdeutlichen
https://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/05/Gruenes-China-Umweltschutz/komplettansicht
https://www.ifat.de/de/presse/newsroom/presseinformationen-weltweit/china-treibt-kreislaufwirtschaft-massiv-voran.php

Und ein Verweis auf Kalifornien, die gegen Aufweichung der Umweltstandards durch Trump vorgehen
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-05/umweltbehoerde-epa-us-staaten-klagen-abschaffung-emissionsstandards
Ich meine auch, ich hätte vor einiger Zeit einen Artikel gelesen, wo sich die Autoindustrie in den USA eigenständig auf höher Umweltstandards geeinigt hat, als es der Gesetzgeber verlangt. Den Artikel find ich leider nicht mehr.

Ich behaupte dabei aber, das weder die Chinesen noch die Autoindustrie fanatische Anhänger von FFF sind noch das die eigentliche Aspekte die Umwelt besser zu schützen ganz fehlen.
Entscheidendes Motiv wird aber immer sein, dass sich mit umweltfreundlichen Verhalten auch Profit erwirtschaften lässt.
Die rein aus Überzeugung sich umweltbewusst verhalten sind wohl gefühlt in der Minderheit.
Es braucht die richtigen Motive, kleine Anreize und vor allem die Erkenntnis für die Masse, dass Umweltschutz sich für alle lohnt.
Das bedeutet nicht zwingend, dass es immer nur ein finanzieller Vorteil sein muss, aber es wird niemand sein Verhalten ändern, wenn er für sich darin keinen Vorteil erkennt

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Das kommt darauf an, was du als Wohlstand definierst.

Und die 690Mio hier UN-Report: Weltweit leiden rund 690 Millionen Menschen an Hunger

Werden dir sicher auch nicht zustimmen, zumal die Zahl der Hungernden gerade wieder wächst.

Mit der Zunahme der Weltbevölkerung wird die Zahl auch weiterhin steigen.

Oder denkst du bei Wohlstand ausschließlich an solch unwichtige Sachen wie Smartphone und PKW?

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Das glaube ich nicht! Psychologisch gesehen wirkt der absolute Wohlstand weniger als der Wohlstandsunterschied in der unmittelbaren Umgebung. 1970 dürfte das subjektive Wohlstandsempfinden nicht geringer gewesen sein als es heute ist. Von daher denke ich, dass wir mit dem technischen Wissen (IT) und den psychologisch-soziologischen Erkenntnissen (z.B Konfliktforschung) von heute eine sehr viel höhere Lebensqualität für den Durchschnitt der Bevölkerung erreichen könnten, wenn wir überflüssiges Zeug nicht mehr produzieren würden (z.B. unsere Luxusautos, die eh bald keiner mehr haben will weil sie aus der Mode kommen werden).

Wir könnten mit einer sehr viel intelligenteren Produktion und reduzierter Arbeit für den Einzelnen schön auf dem Einkommensniveau von 1990 leben. Wo wollen wir den hinwachsen? Mir hat es damals schon gereicht mit dem Materiellen. Heute könnten wir uns darauf konzentrieren, mit der Humanbildung zum technischen Wissen halbwegs aufzuschliessen. Im materialistischen Rausch und Konkurrenzkampf hat man das ziemlich vergessen und ist noch beinahe auf dem Stand von vor 200 Jahren. Ich meine also: das Schlechte abschütteln (überflüssige Produkte, überflüssigen Konsum), das Gute - auch wenn im wüstesten Kapitalismus entstanden - behalten und weiterentwickeln (Computer, Wissen).

Eine zufriedene, friedliche Gesellschaft glaube ich ist doch sehr nachahmenswert. Vielleicht kommt die Zeit, da die Nationen oder Kulturen sich nicht mehr am materiellen Wohlstand messen (eh schon komisch dieser „olympische“ Chauvinismus) sondern vom sozialen/humanen Fortschritt sich das Beste abschauen von allen anderern. Das wäre doch ein hübscher Wettbewerb.

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Da muss ich @Nacho zustimmen. Es ist erstmal nicht grundsätzlich die Schuld der Industrienationen das anderen Länder verarmen. Das es eine Art Kolonialismus 2.0 gibt in dem die Industriestaaten natürlich Monokulturen und Monoindustrien in den Entwicklungsländern fördern ist unbestritten. Dennoch verarmen die Leute vor Ort aufgrund der Art der Regierungen vor Ort. Hier können wir nicht viel tun. Man kann versuchen hier die richtigen Parteien zu unterstützen aber wir können keine Systemchanges vornehmen. So einfach geht es nunmal nicht. Würde es weniger egoistische Regime geben wäre Welthunger und Weltarmut bei weitem nicht so groß wie heute.
Was denkst du denn wie der zustand der Länder wäre wenn wir weniger oder kaum Handel mit diesen Ländern treiben würden?

Du beschreibst die Welt genau so wie sie ist. Damit komme ich wieder auf meine Eingangsfrage zurück. Nur wenn dem Weinbauern seine Reben endgültig vertrocknen, fängt er an daran zu glauben, dass es notwendig sein könnte über sein persönliches Verhalten nachzudenken. Selbst die Staatsforsten in Bayern schlagen noch gezielt Bäume im jugendlichen Alter von 200 Jahren, damit die Bilanz besser aussieht. Man tut dabei so, wie wenn einem das alles nichts anginge, sollen doch die Chinesen erstmal was machen. Das tun die übrigens schon lang. Auch wenn die immer noch ein paar Kohlekraftwerke bauen mögen.

empfehle hier das Buch Factfulness. Es beschreibt mit welchen Riesen-Schritten sich der Wohlstand in der Welt verbessert hat, und dass Organisationen wie die UN es aus menschlich psychologischen Gründen nicht hin kriegen ihre eigenen Daten objektiv zu bewerten.

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