Klimaschutz - neue Relevanz?

Offenbar gewinnt das Thema Klimaschutz wieder an Bedeutung:

Aber kann es sich neben Themen wie Krieg und Migration durchsetzen?

Sehe jetzt keine großen neuen Erkenntnisse und Änderungen.
Alle sind dafür, aber nur wenn es für sie nicht mehr kostet und der Lebensstandard gleich bleibt, oder besser wird.

Auch der Ruf nach den Regierungen und mehr internationaler Zusammenarbeit ist für mich ein klares Zeichen der „but not in my backyard“ Mentalität, und auch so der Grundton „geht ihr (Regierungen / große Konzerne) erstmal in Vorleistung, bevor ihr zu uns Bürgern kommt“.

Die Umfrage der Vereinten Nationen (UN) fördere eine klare Botschaft zutage, sagt der Chef des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), Achim Steiner: „Was für mich das Erstaunlichste war, dass über 80 Prozent der Befragten weltweit ihre Erwartung ausdrücken, dass ihre Regierung, ihre Wirtschaft, ihre Gemeinden und Bürgermeister mehr zum Klimawandel tun müssen.“

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Das ist im Grunde die Frage: 80% der Befragten sehen den Klimawandel als dringlichstes Problem. Mit der Forderung an die Regierungen „Macht das weg!“.
Allerdings gewinnen grad eher Parteien, welche den Klimawandel nicht als Problem sehen.

Wie passt das zusammen?

Das die 80% den Klimawandel als dringlichstes Problem sehen, kann ich dem Text nicht entnehmen.
Es wird nur gesagt, dass 80% mehr Klimaschutz fordern.
Inflation, wirtschaftliche Lage, innere Sicherheit und Migration sehen in anderen Umfragen viele genauso wichtig.

Kommt wohl immer drauf an, was und wie man fragt

Es ist Aufgabe der (demokratisch gewählten) Regierungen, hier in Vorleistung zu gehen. Einerseits, weil sie z.B. wie die Grünen gerade dafür gewählt wurden oder andererseits, weil sie wie z.B. die CDU sich gerne damit schmückt, auch (vermeintlich) unbequeme Entscheidungen zu treffen. Auch die Konzerne sind die Hauptverursacher von CO2-Emmissionen. Eher ist die Mentalität problematisch, die beim Bürger ansetzt. Denn dieser kann faktisch einfach nicht besonders viel tun. Vielmehr wird nur so die Verantwortung von Konzernen und Regierungen abgelenkt.

Annahme: die Leute nennen das, von dem sie annehmen, dass es „die beste* Antwort“ ist. Man will ja nicht blöd wirken

*richtigste

Sehr gut möglich.

Würde aber die meisten Umfragen diskreditieren…

Wissen wir seit Trump vs Hillary. Insbesondere in Deutschland wird man schnell durch den Kakao gezogen, wenn man etwas „Falsches“ sagt

Spricht damit irgendwie sämtlichen Meinungsforschen die Legitimität ab.

Hiesse, der Mensch bleibt im Grunde eine Blackbox

So pauschal stimmt das nicht. Schwierig sind mMm insbesondere Erhebungen zu politischen Themen, bei denen es eine eindeutige, veröffentlichte Meinung gibt (zb Corona). Solche umfragen/Erhebungen bedürfen ausgefeiltere settings, um belastbare Ergebnisse zu erzielen

Ein großer Faktor wird am Ende des Artikel genannt

Die Angst vor wirtschaftlichen Veränderungen sei nachvollziehbar. Doch oft basiere sie auch auf Desinformation, sagt Steiner.

Desinformationskampagnen sind viel präsenter, als den meisten Menschen aktuell bewusst ist. Darauf wurde auch hier verwiesen: Wärmepumpen-Kehrtwende der CDU: geplantes Manöver? - #4 von thunfischtoast (Kurzzusammenfassung: Die „Debatte“ um das Gebäudeenergiegesetz war gar keine, weil alles, was gefordert wurde, schon von Anfang an im Gesetz stand. Die Bild-Zeitung hat das Thema komplett entgleisen lassen, und Parteien wie Medien waren nicht in der Lage es zu stoppen.)

Uns fällt es aktuell extrem schwer, vernünftig über diese Sache zu reden, weil ständig in Allgemeinplätze verfallen wird (und ich nehme mich da selbst gar nicht aus). Sieht man ja auch an den ersten Antworten hier: Der Thread wurde 59 mal aufgerufen, der Link aber nur 2 mal, woraus ich schlussfolgere, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung gar nicht gewünscht ist. Klar, ich meckere auch zu gerne über die NIMBYs, aber so kommen wir ja nicht weiter.

Wir alle tragen gemeinsam eine Verantwortung. Wenn die Bürger auf die Politik warten und die Politik auf die Bürger warten, warten alle für immer.

Um zu der Umfrage zu kommen, hier sieht man die konkreten Fragen: PEOPLES' CLIMATE VOTE

Auch da geht es mit ein paar Allgemeinplätzen los, die ich für wenig aussagekräftig halte. Interessant wird dann sowas: „Thinking about extreme weather events - such as, droughts, flooding, storms, and extreme heat or cold - was your community’s experience this year…“ mit der Antwortmöglichkeit „Worse than usual“, die immerhin von 43% genommen wurde. Das ist eine gute Frage, weil es den Klimawandel weg holt von einer großen, unheimlichen Sache, die irgendwo auf der Welt passiert, zu einem ganz konkreten Problem, welches ich persönlich jetzt grade habe. Die sogenannte dreifache Distanz (Zeit, Ort, Betroffenheit) wird überwunden.

Und das ist meines Erachtens dann der Weg, wie sich das

kann. Nur wenn es für uns Menschen konkret und fassbar wird. Hier müssen wir noch alle besser werden. Die Politik, indem sie klarmacht, dass ausbleibender Klimaschutz dazu führt, dass wir in Zukunft immer mehr Geld für die Behebung der Schäden ausgeben müssen und dann eben keins mehr haben für {hier am besten lokales Thema}. Die Medien, indem sie Berichte über Hitzewellen nicht mit Bildern von eisschleckenden Kindern untermalen und konkrete Handlungsoptionen aufzeigen, immer und immer wieder. Die Menschen, indem sie aus ihrer Wohlfühlbubble rauskommen und tatsächlich was in ihrem Leben ändern. Sonst wird das alles nichts.

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Soweit mir aus dem Studium zum Thema empirische Sozialforschung noch geläufig, hängt es viel von der Konstruktion der Fragen und entsprechenden Kontrollfragen ab.

Aber bei Meinungsumfragen sagen Menschen stichprobenartig ihre Meinung. Die sich 5 min später auch wieder ändern kann.

Somit stellt die genannte Fragestellung mit 75.000 Befragten eine zumindest ausreichend große Stichprobe dar.

Somit sollte es schon ein gewisses Stimmungsbild wiederspiegeln

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Ich kann dir dazu nur die heutige Folge vom DLF podcast „der Tag“ empfehlen (20. Juni), in welcher genau dieser Widerspruch „Alle wollen mehr Klimaschutz aber keiner ist bereit konkret etwas dafür zu tun“ thematisiert wird. Da geht es u.a. auch um psychologische und soziologische Gründe.

Was mir in diesem Zusammenhang immer wichtig ist: Bei der ganzen Debatte dreht sich jetzt wieder alles darum, dass Individuen nicht genug tun. Es geht wieder bloß um individuelle Verantwortung und individuellen Unwillen. Das ist selbstverständlich ein Stück weit richtig. Aus dem Blick gerät dabei aber immer, dass auf der großen politischen Ebene auf Grund von Lobbydrucks ständig Entscheidungen getroffen werden, die nicht gegen den Klimawandel helfen (EU Subventionen für Gaskraftwerke, verwässerte Flottengrenzwerte für deutsche Autobauer, etc.) Es wird so viel Geld für dreckige Unternehmenspraktiken rausgeblasen OHNE dass am Ende die breite Masse der Menschen davon profitiert. Man kann durchaus ein „mehr“ an Klimaschutz von Unternehmen und Politik in Bereichen fordern, die nicht direkt aufs eigene Konsumverhalten durchschlagen. Denn die Gleichung, dass immer der Konsument anfangen muss, und dieses Verhalten dann irgendwann Unternehmenspraktiken ändert, verschleiert halt, dass es umgekehrt viel schneller und effizienter ginge und viele Effekte erstmal von den Unternehmen aufgefangen müssten (und gar nicht in allen Fällen später beim Konsumer ankommen). Bspw. subventioniert Australien die Öl- und Kohleindustrie mit zusätzlichen 9 Milliarden, damit die Unternehmen neue Vorkommen erschließen und noch mehr fördern können. Das senkt aber weder die Preise für Konsumenten, noch trägt es zum Klimaschutz bei. Es stabilisiert die Milliardengewinne der Öl- und Gasindustrie auf die so gut wie keine Steuern zahlen. (Es erhält halt ein paar Arbeitsplätze) Guckt man auch anderenorts in die Subventionslandschaften für Energie stellt man fest: Es werden auch andere riesige Unternehmen subventioniert, die fantastische Gewinne machen - das ganze hat also nicht ausschließlich etwas mit stabilen Energiepreisen für Konsumenten zu tun. Hier wären fantastische Hebel um die Klimawende politisch zu lenken, sie werden aber selten genutzt. Solange diese Industrien so massiv subventioniert werden nutzt es gar nicht, dass wir zu Fuß die Brötchen holen - weil die Gewinne immer noch massiv sind und das Produkt profitabel genug bleibt. (Weil eben der Effekt von „Konsumerverzicht zerstört dreckige Industrie“ nicht eintritt, solange da staatliches Geld zugeschossen wird.).

Tl;dr:
Es könnte an wichtigen Stellen mit politischen Willen viel mehr für eine Klimawende getan werden, ohne dass alles beim individuellen Konsum beginnt. Das löst die bezüglich Klimawandel erkannte Schizophrenie zwar nicht gänzlich auf, aber es gibt eben durchaus auch Themen bei denen man mehr Klimaschutz fordern kann, der nicht direkt mit persönlichem Konsum zusammenhängt. Da ist eher Lobbyismus in der Politilk das Problem. (Ich meine man denke ja nur einmal daran, dass Donald Trump ja diese Woche erst vor CEOs der amerikanischen Öl- und Gasindustrie versprochen hat, dass er die Unternehmenssteuer als Präsident für sie senken würde, sofern sie eine Milliarde für seinen Wahlkamp spenden. Solange schmutzige Industrien mit der Politik so viel Geld haben, dass sie Politiker ins Amt hieven, die als Dank deren schmutzigen Geschäfte weiterhin profitabel halten, wird es das Konsumerverhalten allein nicht richten können).

Das nur als Hinweis, dass auch diese Diskussion nicht (ausschließlich!) im Kontext der individuellen Verantwortung geführt werden sollte.

Noergel

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Ich würde es noch ausdifferenzieren:

Richtig ist, dass es viele Aspekte gibt, auf die wir Bürgerinnnen und Bürger keinen unmittelbaren Einfluss haben (z.B. klimaschädliche Subventionen). Das bedeutet aber nicht, dass wir alle, die ja zusammen der Souverän des Staates sind, uns zurücklehnen können. Der „politische Wille“ ist ja nichts, was aus dem Nichts entsteht. Das wichtigste Mittel der Einflussnahme sind Wahlen, aber auch darüber hinaus gibt es Möglichkeiten: Sich in Vereinen, Gewerkschaften, Interessensvertretungen, Parteien engagieren. Briefe an politische Vertreter schicken. Zu Protesten gehen. Wichtig ist, dass wir uns nicht als ausgelieferte Opfer sehen, sondern als aktive Gestalter, auch über Prozesse, über die wir nicht direkt verfügen.

Davon abgesehen gibt es klar Dinge, die in den persönlichen Verantwortungsbereich gehören. Die meisten von uns können jeden Tag entscheiden, ob wir klimaschädliches Fleisch essen oder nicht. Bei jeder Urlaubsreise können wir entscheiden, ob wir klimaschädlich Fliegen oder nicht. Diese Entscheidungen wird uns realistisch weder die Politik noch die Wirtschaft abnehmen.

Da wir hier im Bereich „Themenvorschläge“ sind: Ein möglicher Themenvorschlag könnte sein: Möglichkeiten der politischen Partizipation jenseits von Wahlen

In Deutschland scheint sich die Wichtigkeit des Klimaschutzes in der Bevölkerung zu reduzieren:

Da Paywall, hier die wichtigsten Facts

die das Meinungsforschungsinstitut Civey exklusiv für die SZ erhoben hat. „Wären Sie bereit, für mehr Klimaschutz auf einen Teil Ihres persönlichen Wohlstands zu verzichten?“, fragten die Marktforscher dafür rund 5000 Menschen in einer repräsentativen Online-Befragung. Mehr als zwei Drittel sagten demnach, sie würden „eher“ nicht oder „auf keinen Fall“ zum Wohle des Klimas finanzielle Abstriche machen. Nicht einmal jeder vierte Befragte war „eher“ oder „auf jeden Fall“ dazu bereit.
[… Grünen-Anhänger bereit, AFD-Anhänger nicht bereit, soweit klar …]
Überraschend aber ist, dass die Wähler von SPD, CDU/CSU und FDP mehrheitlich ebenfalls keine persönlichen Einbußen fürs Klimawohl in Kauf nehmen wollen. Unter den FDP- und Unionsanhängern ist dazu sogar nur jeder achte bereit.
[…]
Janina Mütze hat dafür eine Erklärung, die ein wenig an Bauklötze im Kinderzimmer denken lässt. Sie lautet: „Stapelkrisen“. Die Civey-Gründerin und Geschäftsführerin meint damit, dass sich die Krisen heutzutage nicht mehr ablösen, sondern vielmehr aufeinanderstapeln: die Corona-Pandemie, die Kriege in der Ukraine und in Nahost, die Energiekrise, die Inflation, die Wirtschaftsflaute, immer kommt noch eine Misere obendrauf. „Man kann sich nicht um alles auf einmal kümmern“, sagt Mütze. Die Gleichzeitigkeit, in der diese Krisen stattfinden, führe zu einem Gefühl von Ohnmacht und Lähmung.

Es wird dann nochmal wieder auf das dreifache Distanzproblem eingegangen und darauf, dass die Psyche des Menschen nicht auf Verzicht sondern auf Steigerung getrimmt ist. Interessant ist, dass wichtige Akteure in der Wirtschaft den Klimaschutz als wichtiger einschätzen als die allgemeine Bevölkerung.

„In der Wirtschaft geht es nicht mehr um das Ob der Energiewende, sondern nur noch um das Wie.“
Knapp die Hälfte der Managerinnen und Manager, die das Umfrageinstitut für den Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft befragt hat, schätzen die Bedeutung einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft für den Standort Deutschland als „eher hoch“ oder „sehr hoch“ ein.

Ich hoffe, dass ich jetzt nicht zu viel zitiert habe…

Lösungsansätze?
Ehrlich sein, klar machen, dass es unsere Zukunft (Wohlstand!) nicht umsonst gibt. Die Klimakrise nahbar machen.

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Ich denke, man muss mehr die Vorteile und Notwendigkeiten von Klimaschutzmaßnahmen heute und zukünftig eingehen, diese auch politisch mehr kommunizieren.

Aktuell ist ja eher:

Klimaschutz = teuer und einschränkend = Wolhlstandsverlust = alles schlecht, wollen wir nicht.

Wenn man das parteipolitisch laut und ständig propagiert, bleibt das in den Köpfen, und die Menschen reagieren entsprechend.

Auch einer CDU oder FDP als angeblich wirtschaftsnahe Parteien sollte klar sein, das wir dauerhaft mit Kohle, Gas und Verbrennermotoren nicht international konkurrenzfähig sind, der Wohlstandsverlust dann ganz automatisch kommt.

Wohl eine Frage ob man da langfristig denkt oder in Legislaturperioden

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