Klimapolitik, kritisch betrachtet

Der Automarkt ist genau das beste Beispiel für eine ökonomisch unsinnige Investition von Privatpersonen. Autohersteller investieren gewaltig in Werbung, um in den Leuten ein Bedürfnis zu wecken, das sie von sich aus gar nicht hätten (vereinfacht gesagt). Wer 40.000 Euro für ein Mittelklasseauto ausgibt, kauft sich genau die gleiche Mobilität wie wenn er nur 10.000 € für einen Kleinwagen ausgegeben hätte. Die unsinnigen 30.000 € für ein künstlich gewecktes Bedürfnis sind innnerhalb von ein paar Jahren „verbrannt“ und der Nutzen ist nur eingebildet. Das erworbene Prestige ist natürlich schon wirksam, es ist aber eben ein Produkt der Werbung, zu einem sehr hohen Preis, für den ein Durchschnittsverdiener sich strecken muss.

Nützlich ist das was übrigbleibt wenn das Überflüssige abgezogen ist (Reisen, die ganz einfach durch Reisen mit weniger schädlichen Verkehrsmitteln und kürzeren Wegen ohne Einbusse an Erholung und Exotik und Genuss ersetzt werden können). Es bleibt übrig Katastrophenhilfe, Transport von lebensnotwendigen Gütern, die auf dem Landweg zu lange unterwegs wären, wenige Geschäftsreisen, die nicht durch Online-Treffen ersetzt werden können, Reisen von Politikern und Diplomaten) Aufzählung natürlich nicht vollständig, aber ich hoffe die Richtung ist klar.

Was not tut ist die bestehenden schlechten Regeln durch an die Notwendigkeiten angepasste Regeln zu ersetzen. Ausser den Klimawandel zu begrenzen werden keine „Planziele“ festgelegt. Wo ist da Planwirtschaft? Wachstum an Bildung (sozial, politisch, juristisch, kreativ) hätte ich sehr gerne. Noch mehr Produktion von eben teilweise unsinnigen Gütern kommt mir bedrohlich vor. Ich würde gerne in einer Gesellschaft leben, in der es sehr viel entspannter zugeht, in der sich die Menschen nicht abhetzen und gegeneinander konkurrieren und am Ende ihre materiellen Erwerbe nicht geniessen können, weil ihre spielerische Seite unter dem Stress begraben ist. Immerhin geniesse ich die Freiheit, genau das für mich so tun zu können und mich niemand und mich niemand deswegen bedrängt.

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Das wäre tatsächlich nicht sehr viel. Ist darin aber die gesamte Transportinfrastruktur mit Produktion und Wartung enthalten? Die würde ja bei kürzeren Wegen entsprechend kleiner ausfallen. CO2-Ausstoss ist ja auch nicht der einzige Schaden.

@lolilu: Vielen Dank für Ihre bunte Illustration dessen, was die Marktwirtschaft im Kern ist!

Es ist erstaunlich, wie viele Leute sich pauschaler Kritik an der Marktwirtschaft (bzw. „dem Markt“) hingeben. Man muss hier wohl den medienpräsenten Demagogen Tribut zollen, die „den Markt“ entweder glorifizieren oder dämonisieren. Man kann vermuten, dass deren eigentliches Ziel die Verantwortungsdiffusion ist, weg vom eigentlich genau dafür bestellten Amtsträger hin zum unpersönlichen „Markt“.

Dabei ist spezifische Kritik in einigen (wenigen) Bereichen der Marktwirtschaft durchaus geboten. Neben der „konstruktiven“ Kritik darüber wie die Rahmenbedinungen der Marktwirtschaft optimieren werden könnten (z.B. über die Bepreisung von Externalitäten) ist punktuell auch „destruktive“ Kritik angebracht. Beispielsweise tendiert der „freie Markt“ in vielen Branchen zur natürlichen Monopolbildung. Um Wohlstandsverluste zu vermeiden sollte ein Monopol aber niemals in privater Hand liegen. Die beiden Ordnungsmaßnahmen wären entweder die Zerschlagung oder die Verstaatlichung des Monopols (oder als dritte Option das vorbeugende Verbieten via Bundeskartellamt).

Das ist so natürlich Unfug. Betrug wie bei Cumex heißt ja gerade, das hier gegen gesetzte Regeln verstoßen wurde. Es liegt aber an der Politik, dass diese Verstöße nicht geandet und damit nicht durchgesetzt werden (siehe Scholz’ Rolle wie in der Lage besprochen). Märkte funktionieren umso besser, je besser die Regeln durchgesetzt werden.

Ebenso Bankenkrise, falls die von 2008/9 gemeint ist. Die hat mit Staat mindesten so viel zu tun wie mit Markt. Fannie Mae und Freddy Mac, die im Zentrum der Subprime Krise standen, waren Staatsgründungen während des New Deasl, die weiter erheblichen Staatseinfluss ausgesetzt waren. 1/3 des Boards wurde meiner Erinnerung nach von der Regierung ernnannt, sowie die Kreditvergabeziele (auch im subprime Segment) von der Regierung vorgegben. Um die Diskreminierung von Afroamerikaner und Hispanics am Kreditmarkt zu bekämpfen wurde mit dem Community Reinvestment Act und seiner Verschärfung unter Clinton und den beiden Bushs mehrach verschärft und hat damit gegebenfalls dazubeigetragen, dass mehr Leute Kredite bekommen haben die es sich nicht leisten konnten. Am schlimmsten war die Retterei hinten raus. Diese Markteingriffe versätigen die Erwartung das man ungestraft gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren kann. Da mit ist der wichtigste Mechanismus, dei Bestrafung von wirklich fahrlässigen und ökonomisch unsinnigen Verhalten durch den Staat ausgehebelt, denn jeder weiß, alles wird gerette, wenn es auf drei nicht auf dem Baum ist. Lasst die Unternehmen (hier die Banken) pleite gehen.

Für die Umweltskandale gilt, wie bei cumex, wenn die Regeln nicht durchgesetzt werden hiflt weder der freiste noch der regulieteste Markt. Also wieder drei schöne Beispiele für Staatsvesagen.

Das heißt ja im Grunde nicht anderes als „der Markt an sich ist gut und wenn etwas schief läuft, liegt das am Staat“. Das ist genau die Attitüde, mit der seit Jahrzehnten Verluste und Kosten sozialisiert werden, während die Gewinne in private Taschen fließen. Denn was dabei völlig ausgeblendet wird, ist das „der Markt“, also in Wahrheit die am Markt agierenden Akteur:innen, vor alleim eins im Sinn haben: Profit und Rendite. Und wo es möglich und lukrativ ist, zu diesem Zweck Regeln zu umgehen oder zu brechen, tun sie genau dies. Das ist der Grund, weshalb „am Markt“ Dinge wie Moral oder Ethik nichts wert sind. Und genau das hat @Schlossermeister treffend kritisiert.

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Sehe ich genauso. Ein freier Markt wird nur die jetzt schon starken Player fördern und die Schwachen weiter ausbeuten. Deswegen fordert die FDP freie Märkte, weil diese Player gern spenden.

Wenn in vergleichsweise kurzer Zeit viel Geld zu machen ist, braucht man sich als Entscheider nicht um die Zukunft zu sorgen. Da greift die Marktlogik schonmal nicht. Man tanzt solange, wie die Musik spielt.

Dumm nur, dass unsere Gesellschaft auf das Funktionieren des Finanzsystems ebenso angewiesen ist wie auf Strom und fließend Wasser - oder die Luftfahrt auf die Flugsicherung. Die logische Folge wäre, dass man ersteres ebenso streng reguliert. Aber das scheint nicht so einfach zu sein.

In diesem Punkt haben wir absolute Übereinstimmung

Ich möchte für eine kleine Geschichte des Marktes etwas in der Zeit zurückgehen.
Es war einmal, dass Firmenchefs ein langfristiges Interesse daran hatten, dass es ihrer Firma gut geht. Diese Chefs hatten auch ein Gewissen und haben verdienten Mitarbeitern ein „Gnadenbrot“ zugestanden indem sie z.B. als Pförtner weiterbeschäftigt wurden wenn sie ihre reguläre Arbeit vor der Rente nicht mehr nachkommen konnten.
Doch im laufe der Zeit ging ein Wandel vor sich genannt Amerikanisierung des Marktes. Von nun an ging es nur noch darum möglichst schnell möglichst viel Gewinn zu machen. Regeln und Ethik wurden dem Gewinn geopfert.

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Ist das nicht eine stark vereinfachende Schwarz/Weiß Sichtweise? Die einen bekommen das Geld von den Bösen (das „Kapital“, der böse „Markt“, die rücksichtlosen „Reichen“), die anderen - Grüne etwa, ganz oben in letzter Zeit bei Parteispenden - von den Guten, die endlich mal was bewegen wollen, beseelt von Altruismus und Sorge um die Zukunft unserer Kinder und Enkel etc?

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Meinst Du das so?

Dass es in „der Politik“ keine Ethik und Moral gibt bei dem Streben nach Macht, Status und Einkommen hat sich wohl schon hinreichend gezeigt (Spendenaffäre, Maskendeals, Ibiza, SPD-Verstrickung in Cum-Ex, Scheuers Vernichtung von Beweismaterial).
[…]Das heißt ja im Grunde nicht anderes als „der Staat an sich ist gut und wenn etwas schief läuft, liegt das am Markt“. Das ist genau die Attitüde, mit der seit Jahrzehnten Verluste und Kosten sozialisiert werden, während die Gewinne in die privaten Taschen der politisch gut vernetzten Cronies fließen. Denn was dabei völlig ausgeblendet wird, ist dass „der Staat“, also in Wahrheit die politischen Akteur:innen, vor allem eins im Sinn haben: Macht, Status und Einkommen. Und wo es möglich und lukrativ ist, zu diesem Zweck Regeln zu umgehen oder zu brechen, tun sie genau dies.

Markt, Politik und Staat sind da ziemlich austauschbar, oder?

Was will ich damit sagen? Fehlverhalten zeigt sich in jedem institutionellen Arrangement. Es sind weder marktliche noch staatliche institutionelle Arrangements die unethisch oder unmoralisch wären, sondern es sind die Menschen. Der Mensch, der eine mehr, der andere weniger, ist ein egoistisches, bisweilen verkommenes Subjekt. Für viele Menschen steht das eigene Wohl über dem der anderen. Damit geht es darum, das für die jeweilige Situation geeignete institutionelle Arrangement zu finden, das diese eigennützigen verkommen Subjekte so lenkt, dass sie zum Wohl der anderen freiwillig beitragen. Das können Märkte ganz gut. Marktregeln bringen Egoismus und fehlende Ethik und Moral nicht hervor, sondern sie bauen darauf um die Menschen dazu zu bringen, freiwillig zum Gemeinwohl beizutragen.
Um mein Beispiel von anderer Stelle aufzugreifen, es ist nicht das ethische Verhalten oder das Wohlwollen mir gegenüber, dass Bäcker, Bauer, Müller, Landmaschinenbauer usw. dazu bringt, zu meinem Wohle zu kooperieren, sondern es sind die 70 Cent die ich auf die Ladetheke lege und der Egoismus der Menschen.

An anderen Stellen mögen der staatliche Institutionen das überlegene Arrangement sein. Aber auch dort brechen sich immer wieder Egoismen und Eigennutz auf Kosten von Moral und Ethik Bahn.

Mir ging es in meinem Post eher darum, dass Ethik und Moral in einer Marktwirtschaft eben keine maßgeblichen Kriterien sind, an denen sich richtiges oder falsches Verhalten messen lassen muss bzw. nur dann, wenn es mit gesellschaftlichen Normen oder politischen Vorgaben in Konflikt steht. Mutmaßungen darüber wie „der Mensch an sich“ ist, finde ich wenig hilfreich, zumal wir ja menschliches Verhalten nur unter bestimmten Gesellschaftlichen Bedingungen beobachten können. Und unter den gegenwärtigen Bedingungen gehe ich davon aus, dass ökonomisches Handeln sich primär an der Erwirtschaftung von Gewinnen orientiert und Politik primär an der Erlangung bzw. dem Erhalt von Macht interessiert ist. Daher sind beide „Arrangements“ per se nicht gerade geeignet dafür, einer bestimmten Ethik oder Moral zur Durchsetzung zu verhelfen. Der Unterschied ist aber, dass die Politk im Unterschied zur Wirtschaft zumindest der Idee nach demokratisch strukturiert ist und so zumindest über die inhaltlichen Ziele diskutiert wird. Ob ein Wirtschaftszweig jetzt z. B. auf nachhaltig macht oder nicht, hängt im Wesentlichen davon ab, was sich besser rechnet.

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O.k. das stimmt natürlich.

Aber darf ich nachfragen, wo Ethik und Moral beim tatsächlichen Handeln der Menschen maßgebliche Kriterien sind?

Das sollte eigentlich die Politik übernehmen. Leider hat die konservative Regierung der letzten 16 Jahre keine Moral und daher leben wir leider in unmoralischen und korrupten Zeiten. Jeder kann nur für dich selbst eigene moralische Ansprüche definieren.

Meinst Du ernsthaft, das liegt an der ideologischen Ausrichtung oder der Parteizugehörigkeit?

Warburg-Cum-Ex-Nachzahlungs-Erlass - Scholz (SPD)
Bonus Meilen - Viele (Alle)
Verwandten Affäre (Bayern) - Viele (alle bis auf Linke)
AWO-Affäre - Feldmann (SPD)
Parteispendenaffäre Regensburg - Wolberg (SPD)
Lohmannaffäre - Lohmann (SPD)
Kölner Spendenaffäre - Heugel, Rüther (SPD)
Gasprom Anschluss-Beschäftigung - Schröder (SPD)
Schubladenaffäre - Jansen, Engholm (SPD)
Dienstwagenaffäre - Schmid (SPD)
Wirecard schlechte Aufsicht - Scholz (SPD)
VW bei jedem Scheiß unterstützen, bis sich der Betrug nicht mehr leugnen lässt - Schröder, Weil (SPD)
Beförderungsaffäre - Höfken (Grüne)
Spesenbetrug - Osterburg (Grüne)

Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil.

Folglich muss man Macht haben um korrumpiert zu werden und am Ende korrupt zu sein.

Regierungszeitenbund CDU:
1949-1969, 1982-1998, 2005-2021 → ca. 52 Jahre
Regierungszeitbund FDP:
1949 - 1956, 1961-1966, 1969 - 1998 und 2009 - 2013: ca- 45 Jahre
Regierungszeitenbund SPD:
1966-1982, 1998-2005, 2005-2009, 2014-2021 → ca. 34 Jahre
Regierungszeitbund Grüne:
1998-2005 → ca. 7 Jahre
Regierungszeitbund Linke:
Ca. 0 Jahre

Auf Bundesebene hatten SPD, Grüne und Linke einfach zu wenig Zeit um das gleiche Korruptionslevel zu erreichen. :wink:

P.s.: Bitte nicht misverstehn, ich glaube nicht sowas wie „Der Saustall müsste mal ausgemistet werden, weil die alle korrupt sind“-Scheiß a la Trump oder AfD. Ich mache mir nur keine Illusionen über die Motivation von Amtsträgern (und allen anderen Menschen).

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Die Frage, die sich mir stellt, ist dann, warum man eine Partei (Union) wählt, von der bekannt ist, dass sie ihre Macht missbrauchen wird. Natürlich kann man davon ausgehen, dass es alle anderen genauso machen würden, aber das ist doch ein recht pessimistischer Ausblick, der wenig hilfreich ist. Erstens weil ich denke, dass sich die Gesellschaft nicht verbessert, wenn man nicht glaubt, dass sie es kann. Und zweitens könnte man frei nach Popper immer die Partei(en) abwählen, die sich solche Dinge leisten, sodass irgendwann klar ist, dass man mit Machtmissbrauch nicht weit kommen wird. Aber das ist wohl ein bisschen utopisch. :sweat_smile:

Im Sinne Luhmanns kann man das vielleicht so betrachten: Die Wirtschaft hat eine innere Logik, die auf Profit ausgelegt ist. Das wird sich nicht ändern, und wahrscheinlich sollte es sich auch nicht ändern. Daher muss man wie @kaigallup richtig sagt, unsere moralischen Werte irgendwie mit einem Preis belegen. Das geht durch einen äußeren Reiz, der beispielsweise vom politischen System kommt. Das politische System hat wahrscheinlich eine innere Logik, die auf Machterhalt hinausgeht. Daher müsste die Gesellschaft das politische System so reizen, dass es unseren moralischen Vorstellungen folgt.
Das ist natürlich äußerst theoretisch und scheitert daran, dass die Gesellschaft kein monolithischer Block ist und wir uns zusätzlich nur auf ganz wenige Werte einigen können.

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Das Perfide ist, dass der Unternehmer, der das System betrügt, dem Unternehmer, der die Regeln einhält, finanziell voraus ist und damit sein Unternehmen schneller wachsen kann, als das des “ehrlichen Kaufmanns“. Irgendwann schluckt der Unehrliche den Ehrlichen.
Ein System, das nicht funktioniert, wird also immer weniger funktionieren, je weiter die Zeit fortschreitet.

Viele, die die Union wählen, tun das, weil sie glauben, dass sie vom System profitieren und sich persönliche Vorteile erhoffen.
Journalisten machten teilweise Wahlkampf für die Union, weil sie um ihre jahrelang aufgebauten guten Kontakte in das Berliner Kanzleramt fürchteten.

Dass die Union nicht an der neuen Regierung beteiligt ist, kann gerade im Bereich Journalismus und Lobbyarbeit erfrischend wirken, weil sich die Strukturen erst mal neu sortieren müssen.

Grundsätzlich muss die Gesellschaft sich ihrer moralischen Verantwortung wieder mehr bewusst werden. Wer Steuern hinterzieht oder Sozialbetrug begeht ist kein bewundernswert schlaues Köpfchen, sondern jemand, der seiner Verantwortung der Gesellschaft gegenüber nicht nachkommt. Wer einen Mautvertrag unterschreibt, der erwartungsgemäß von Brüssel kassiert wird und jahrelang sinnvolle Projekte blockiert, darf nicht mit Direktmandat belohnt werden, sondern gehört abgewählt.

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Was ich finde hier einfach noch gar nicht beachtet wurde, unter Usedom liegt erdgas, dass sollten wir mal rausbuddeln. Das löst alle Probleme

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Ich würde eben nicht soweit gehen, dass die Union oder irgendeine Partei an sich korrupt ist. Es sind einige Personen in den jeweiligen Parteien. Daher kann man dann immer noch die entsprechenden Parteien ganz gut wählen. Zudem wurden, wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, Parteien mit massiven Korruptions-, Skandal- und Filzproblem bei den folgenden Wahlen oft genug abgesrtraft.

Noch ein kleiner, wie ich finde, ganz lustiger Beitrag, zum Zusammenhang von Märkten und menschlichem Verhalten.

Laut diesem Papier hier, sind Menschen, die in einer Marktwirtschaft (BRD) aufgewachsen sind, solidarischer als Menschen, die in einer nicht-Marktwirtschaft (DDR) aufgewachsen sind.

Wie belastbar die Ergebnisse sind und vor allem wie verallgemeinerungsfähig, ist sicherlich diskutabel. Mir scheinen sie aber plausibel, da es ja auf Märkten letztlich um die freiwillige Kooperation zwischen Individuen zum Nutzen aller geht (auch wenn ich erstmal meine Bedürfnisse befriedigen will, und nicht die anderer).

In einem Nachfolgepapier zeigen die Autoren, dass die Muster über die Zeit ziemlich stabil sind.

Wenn in vergleichsweise kurzer Zeit viel Geld zu machen ist, braucht man sich als Entscheider nicht um die Zukunft zu sorgen.

Zugeben, „Lasst sie pleite gehen!“ war etwas salopp. Es bleibt aber letztlich dabei, dass durch die Rettungspolitik und die Tatsache, dass jeder weiß, dass alle, die bei drei nicht auf’m Baum sind, gerettet werden, der zentrale Regelmechanismus von Marktwirtschaften ausgeschaltet wird.

Darüber hinaus kann man, finde ich, plausibel argumentieren, dass die Funktionsfähigkeit des Bankensystems gerade durch die Rettungsobsession staatlicher Akteure gefährdet wird. Denn wenn Bank A weiß, dass Bank B gerettet wird, dann geht der Anreiz zu schauen, wie zahlungsfähig wird der Geschäftspartner in Zukunft sein wird, wie die jeweiligen Geschäfte abgesichert sind, welche Geschäftsregeln und -praktiken implementiert sind um solides Geschäftsgebaren sicherzustellen usw. komplett verloren. Da ich ja weiß, dass ich mein Geld bekomme, obwohl der Geschäftspartner pleite geht, wäre es sogar falsch auf solche Dinge zu achten. Die Rettungserwartung destabilisiert das Bankensystem. Zumindest solange die Rettung für die entscheidenden Akteure kostenlos ist was auch erst die kurzfristigen Entscheidungshorizonte erlaubt. Denn wenn die Akteuere für die Kosten ihrer Entscheidungen tragen müssen (und nicht der Steuerzahler oder die Allgemeinheit auf Grund der Zentralbankpolitik), dann ist es irrelevant, wie viel Geld in wie viel Zeit verdient wird.

Wenn retten dann richtig, d.h. mit Kosten für die Entscheider. Das könnte beispielsweise entlang folgender Linien, die in einigen Ländern in Teilen umgesetzt wurden, geschehen:
Droht eine Bank pleite zu gehen, dann sollten zunächst die Kapitaleigner entschädigungslos rausgedrängt werden, sie haben zuvor ja auch die Profite eingestrichen; Fremdkapital wird in Eigenkapital umgewandelt, was zum einen die Kapitalbasis stärkt, zum anderen die Kreditgeber in die Pflicht nimmt; ergibt sich hierdurch kein ausreichendes Eigenkapital, wird dies vom Staat bereitgestellt, der damit Anteilseigner wird; die Stimmrechte des Staatsanteils werden so gewichtet, dass seine Vertreter allein entscheiden können. Er ist verpflichtet, sich nach Zeit X zurückzuziehen und seine Anteile zu veräußern (da brauch man eine etwas komplexere Gestaltung um etwaigen Käufern keine Preisgestaltungsmacht zu geben). Die verantwortlichen Akteure in den Banken selbst (Manager, Aufsichtsräte) werden strafrechtlich verfolgt (gegebenenfalls muss das Strafrecht angepasst werden) und sind schadensersatzpflichtig.
Hiermit würde sichergestellt, dass diejenigen, die in den Banken entscheiden (Kapitaleigner, Aufsichtsräte und Manager) nicht nur die Gewinne privatisieren, sondern auch Kosten des Versagens tragen müssen.
Der Rückzug des Staates scheint mir auf jeden Fall notwendig, da allein die Tatsache, dass von der Finanzkrise (teil)staatliche Banken, wie Freddie Mac, Fannie May, IKB, HSH Nordbank, SachsenLB, WestLB usw., ebenfalls stark betroffen waren, zeigt, dass staatliche Akteure nicht die besseren Banker sind.

Das oben beschriebene Problem, dass das Rettungsversprechen, das System eher destabilisiert, als dass es es stabilisiert, gilt auch auf staatlicher Ebene im Euro-System. Wenn man sich darauf verlassen kann, dass die EZB die Zinsen niedrig hält und dass die Anleihen Käufer finden, welchen Anreiz gibt es dann für Regierungen das Geld für Investitionen, die den jeweiligen Staat zukunftsfit machen, statt für kontraproduktive Wahlgeschenke auszugeben? „What ever it takes“ gefährdet den Euro mindestens so sehr, wie es ihn temporär stabilisiert hat.

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