Klimapolitik, kritisch betrachtet

Klimapolitik, kritisch betrachtet.
Hallo, ich habe selbst früher wissenschaftlich gearbeitet und versuche, mich aktuellen Themen möglichst unideologisch anzunähern.
Ich frage mich, ob ihr beiden Autoren sich auch mal mit einer anderen Sicht auseinandersetzen könnt in dem ihr beispielsweise mal folgenden Podcast anhört und dazu etwas sagt.
Ich höre euch regelmäßig, finde euch gut, insbesondere auch wegen eurem gründlichen Faktencheck.
Aber ich versuche auch, anderen Argumenten zugänglich zu sein.
Vielleicht sagt ihr Etwas dazu:

Lg Gerald

Vielen Dank!

Statt allerdings nur einen Link zu posten, wäre es für das Forum wesentlich hilfreicher, ein paar Thesen zu zitieren. Wir können ja nicht erwarten, dass alle jetzt erst einmal den Podcast hören, um sich dann damit auseinanderzusetzen.

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Habs mir angehört. Der Podcaster kritisiert, dass fast alle Parteien die Klimaneutralität von DE bis zu den jeweiligen Enddaten nur behaupten und nicht belegen, wie sie dazu kommen wollen. Nur die FDP tue das nicht, die ja ganz auf den Markt setze. Da geht es halt los: Als ob die Aussage der FDP keine Behauptung wäre! ME ist sie sogar die gewagteste, wenn man bedenkt, was der Markt alles NICHT geregelt hat und nur durch politische Massnahmen halbwegs in den Griff bekommen wurde. Dr. Stelter verwendet viel Sorgfalt auf seine Sprache und vermittelt den Eindruck von Unparteilichkeit. Aber sein Vortrag ist halt durchsetzt von subtilen Behauptungen, die er eben bei den anderen so sehr kritisiert. Zwei bemerkenswerte Ausrutscher sind ihm aber so nebenbei passiert (was mE schon ein schiefes Licht hineinbringt): „… die Linke will ja die Vermögenden enteignen …“, lässt er alleine so stehen. Und „… die Grünen sind aus ideologischen Gründen gegen CarbonCapture…“, auch ohne ein weiteres erklärendes Wort.

Dann lässt er sich im Interview alle seine Positionen von Dr. Hendrik Vater (FH Kiel) bestätigen, nachdem er vorher und auch im Interview ständig auf die sener Meinung nach Selbstbestätigungskreise zw. Politik und Agora und DIW verweist.

Dieser Dr. Vater stellt fest, dass die Ausbauziele der EE bis Klimaneutralität gar nicht erreicht werden könnten, weil die zurückliegenden 20 Jahre EE zeigten, dass man es wegen des langsamen Tempos bis zu den jeweiligen Zeitpunkten gar nicht schaffen könne.

Er sagt, DE habe die „drittschlechtesten Voraussetzugen für EE“ (wenig Wind, wenig Sonne), aber nach welchem Massstab (alle Länder der Erde? Europas?) das so sein soll erfährt man nicht.

Er bemängelt, dass es keine praxistauglichen Technik für Energiespeicher gebe, und tut so, als würde es sie auch in 10 oder 20 Jahren nicht geben, ohne weitere Begründung. (Klar, ohne Speicher gibt, gibt es auch keine CO2-Neutralität.)

Er habe das Konzept der Agora-Energiewende „zerlegt“ und viele Widersprüche gefunden, diese an die Agora geschickt, aber die Antwort der Agora sei wieder so unplausibel gewesen wie das Konzept. Er finde EE gut und hilfreich, aber es werde niemals reichen. So bliebe halt nur, mit Atomkraft die Grundlast zu sichern.

Alles in Allem, ziemlich stramme FDP-Linie, also Wohlstand erhalten, Klimamassnahmen lieber da wo sie am effektivsten sind (Dritte Welt), indem wir die Technik dorthin verkaufen (und in Abhängigkeit halten, sage ich), dann könnten wir hier den Lebensstil beibehalten. Vom Tempolimit hält Dr. Stelter (und vermutlich auch Dr. Vater) wenig, weil ja NUR 1,9 Mio Tonnen CO2-Einsparung.

Man müsste das Papier der Agora, dann die Kritik von Dr. Vater und dann die Antwort von Agora durchlesen und zerpflücken, um wirklich mitreden zu können. Das ist mir aber im Moment zu mühsam, und ich erlaube mir die Abkürzung indem ich einfach BEHAUPTE, dass Teile der Aussagen von Dr. Stelter harte Ideologie sind, so dass der Rest mE. auch keinen Wert hat, weil auch der Rest in dieser Blase ausgegoren ist.

@Gerald_H, wie hast du das verstanden?

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wenn man den Eintrag bei Wikipedia Daniel Stelter – Wikipedia sich ansieht merkt man schon woher der Wind weht.

Im Jahr 1990 begann er seine Karriere in München bei der Boston Consulting Group.[2] Seit 1998 leitete er dort als Partner die Corporate Development Practice in Deutschland und Europa, ab 2003 trug er hierfür die globale Verantwortung. Von 2009 bis 2013 war er Mitglied des weltweiten Executive Committee des Unternehmens.

Ich habe mir heute den Podcast gegeben, das ging vom Leugnen der Klimakatastrophe zu Argumentationen über falsch zitierter Texte. Einzig Dr. Hendrik Vater hat einige Argumente zum Nachdenken geliefert.
Das Fazit vom Fazit ist:
weiter so und sollen die anderen was machen, denn wir (Deutschen) können die Welt eh nicht retten.

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Ich hab mir mal die Internetpräsenz des Dr. Stelter genauer angeschaut und da bleibt einem schon die Spucke weg. Mehr Selbstinszenierung geht kaum.

Aus einem seiner Artikel in der Wirtschaftswoche stammt folgender Satz:
„Wir müssen uns darauf einstellen, dass Deutschland sich noch mehr in Richtung einer grün gefärbten „DDR 2.0“ bewegt.“

Da wird halt recht klar, welches Milieu der gute Herr bedient. Man kann Klimapolitik natürlich auch kritisch betrachten, aber wenn man schon damit anfängt, alle anderen als „Ideologen“ zu bezeichnen, während man selbst eine krasse neoliberale FDP-Ideologie fährt und so tut, als sei man der einzige, der keine Ideologie verfolgen würde, raubt man sich schlicht jeglicher Kredibilität…

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Sie mögen von Unternehmensberatern halten was sie wollen, aber um bei BCG eine solche Karriere hinzulegen darf man nicht auf den Kopf gefallen sein. Es lohnt sich also vielleicht doch, seine Sicht der Dinge ein wenig ernster zu nehmen.

Ich vermute dass nur sehr wenige behaupten, dass Neo-Liberale blöd und auf den Kopf gefallen sind. Das Gegenteil ist häufig der Fall, nur setzen sie ihr Können oft nur allzu oft für die persönliche Bereicherung ein.

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Auch wenn ich der FDP i.d.R. kein Wort ihrer Markt und Freiheitsbekenntnisse glaube, weil die diese ja meist bricht (z.B. um wichtige Währlergruppen wie Apotheker und Handwerker vom Markt abzuschotten) ist das konsequente setzen auf CO2-Zertifikate wahrschreinlich der einzige Weg um die gwünschte CO2-Menge zielgenau zu erreichen. Es werden Zertifikate für die Menge X ausgegeben, und wer keine Zeritifikate hat, der darf halt nicht emittieren. Damit wird X erreicht. Das lässt sich mit der ganzen Förederitis nur in einem extremen Zufall erreichen. Dazu kommt, dass ich nicht navollziehen kann, wieso wir mit Steuergeldern die Dividendausschüttungen für die Piechs, Porsches und Quandts dieser Welt finanzieren sollten.

Könntest Du dann bitte noch ausführen, was der Markt tatsächlich nicht alles geregelt hat? Denn i.d.R. ist das, was langläufig als Marktversagen gesehen wird, gerade kein Marktversagen im engeren Sinne, sondern eher der Tatsache geschuldet, dass die entpsrechenden Bereiche nicht in den Markt integriert waren oder Eingriffe in den Markt bestimmte Gruppen priveligieren.

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Moinsen,

Ich habe mir den Podcast tatsächlich gegeben, schaffe es aber nicht über die erste halbe Stunde hinaus, weil der Autor meines Erachtens nach ganz schönen Stuss redet.
Die Herangehensweise von Herrn Stelter ist simpel. Unter der Absicht kritisch an Studien und Ergebnisse heranzugehen, nimmt er sehr populistisch bestimmte Studien (z.B. die DIW Klimastudie, Argo-Energiewende) Klimastudie, auseinander. Rhetorisch geht er dabei ähnlich vor, wie Boris Reitschuster. Man gaukelt sehr transparentes Verhalten vor, die Meinungen werden wiedergegeben, der Kontext erläutert. Dann wird es aber ganz schnell populistisch. Spekulationen über Beeinflussungen, über verzerrte Meinungen, aber die eigene Ansicht wird nicht hinterfragt und auch nicht die Meinung seiner ehemaligen Kollegen. Z.B. werden mehrfach Berechnungen bzw. Studien seiner ehemaligen Kollegen von BCG erwähnt, deren Ergebnisse und Herangehensweisen aber nicht in Frage gestellt werden. Ohne dem Herrn Stelter was zu unterstellen, finde ich eine ähnliche Herangehensweise auch bei dem Reitschuster-Blog wieder.
Außerdem stellt Herr Stelter sehr kontroverse Behauptungen auf. Z.B. zitiert er das DIW so: „Studienergebnisse legen nahe, dass ein sektorübergreifender CO2-Preis als zentrales Instrument in der Klimapolitik geeignet ist. Er ist eine wichtige aber keine hinreichende Bedingung für das Erreichen der Klimaziele. Allein entfaltet die Bepreisung von CO2 keine ausreichende Wirkung um die notwendigen Veränderungen in der geforderten Geschwindigkeit zu erreichen.“
In eigenen Worten gibt er die Position dann aber folgendermaßen wieder: „… obwohl Ökonomen sich einig sind, dass Preise, dass Emissionshandel das beste Instrument sind, um die Ziele zu erreichen, erklärt das DIW, dass es eben nicht geeignet ist.“
Das hat das DIW, in dem von ihm selbst zitierten Text, aber keinesfalls behauptet. Vielmehr sieht das DIW den Emissionshandel als zentrales klimapolitisches Instrument notwendig aber eben nicht als einziges Instrument zur Erreichung der Klimaziele.
Weitere ideologisch geprägte Beispiele ist z.B. der Vergleich von der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zur Planwirtschaft. Da war ich dann auch komplett raus. Lieber den Markt regeln lassen, ist hier die Aussage von Herrn Stelter. Sicher, der Markt kann das auch regeln, aber um welchen Preis? Wahrscheinlich müssten viele Familien ihre Regionen verlassen und um ihre Ersparnisse und Lebensgrundlagen bangen. Hier ist die Politik natürlich am Zug, Anreize für Unternehmen zu bieten, sich in den betroffenen Regionen niederzulassen.
Alles in allem ist das auf jeden Fall nicht die kritische ideologiefreie Betrachtung von Klimapolitik, die auf einen konstruktiven Diskurs abzielt.

Besten Gruß
Jonathan

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Come on,

Natürlich gibt es Leute bei BSC die Quatsch reden, genauso gibt es da sehr kluge Menschen.

Bei einer großen Unternehmensberatung erfolgreich gearbeitet zu haben disqualifiziert einen Menschen nicht.

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Intelligente Menschen sind am besten darin, ihre ideologische Traumtänzerei gegen die Realität abzuschirmen. Auf Intelligenz allein kann man nicht viel geben.

In den deutschen Medien ist es noch nicht ganz angekommen, aber Europa läuft gerade in einen Versorgungsengpaß mit Erdgas hinein. Da können wir uns jetzt mal anschauen, wie Bevölkerung und Politik auf massiv steigende Preise reagieren. Mit einem CO2-Preis, der uns bis 2040-50 auf null Emissionen bringen soll, hätten wir so eine Krise in Permanenz. Es ist reine Verblendung, dies als Hauptinstrument für den Umbau der Energieversorgung einsetzen zu wollen.

Nach der Logik ist ein Philosoph auch ein guter Statiker der Brücken berechnen kann denen wir unser Leben anvertrauen. Sie merken schon dass beide Vergleiche stark hinken, oder?

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Hier noch eine wie ich denke unabhängige Bewertung der Parteienprogramme. Interessanterweise schneiden die Parteien (mit Ausnahme FDP) im großen und ganzen ähnlich ab. Um die genaueren Analysen zu lesen braucht man leider einen Mitglieds-Zugang. Aber die Zusammenfassung bringt es auch auf den Punkt. Mit überschaubaren Umfang. Die Meinung der Experten zum FDP Vorschlag findet sich ganz unten. Glaube dem muss man nichts hinzufügen.

Seit dem Klimaschutzabkommen von Kyoto 1997 und der Klimakonferenz in Paris 2015 ist Deutschland schon ein gutes Stück in Richtung Klimaschutz vorangekommen - insbesondere bei der Stromerzeugung – aber bei weitem noch nicht weit und schnell genug, um die erforderlichen international verbindlichen Klimaschutzziele zu erreichen. Die Vorreiterrolle in diesem Bereich hat Deutschland inzwischen verloren, insbesondere in den Sektoren Verkehr und Raumwärme ist deutlich zu wenig geschehen. Große Teile der Bevölkerung und auch viele Industrieunternehmen haben dies erkannt und artikulieren sich zum Teil recht lautstark in der Öffentlichkeit.

Auch die VDI-Mitglieder haben hierzu eine deutliche Meinung: Laut der VDI-Umfrage zur Bundestagswahl 2021 halten mehr als 90% der über 9000 teilnehmenden VDI-Mitglieder Energie und Klimaschutz für das Zukunftsfeld mit dem dringlichsten politischen Handlungsbedarf. Die Waldbrandkatastrophen in USA und Europa, vor allem aber die Hochwasserkatastrophe bei uns in Deutschland haben deutlich vor Augen geführt, was wir schon in der nahen Zukunft immer öfter erwarten müssen, wenn wir beim Klimaschutz nicht zügig vorankommen. Entsprechend ist das Thema inzwischen auch bei den meisten Parteien angekommen und wird im Wahlkampf thematisiert.

Wie die Antworten der Parteien auf die Fragen des VDI zum Thema Energie und Klimaschutz zeigen, ist das Wissen zu den erforderlichen Schritten und politischen Instrumenten dort in hohem Maße vorhanden. Entscheidend ist in der kommenden Legislaturperiode die Umsetzung dieser Maßnahmen, die nicht alle schmerzfrei bleiben werden. Auch wenn Klimaschutz Geld kostet, kein Klimaschutz wird noch deutlich teurer.

CDU/CSU, SPD, GRÜNE und Die LINKE liegen hinsichtlich Zielen und Maßnahmen relativ dicht beieinander und in dem Bereich, den auch der VDI für erforderlich hält. So gehört für diese Parteien der Ausbau von Windkraftwerken und Fotovoltaik-Anlagen zu den wichtigsten energiepolitischen Herausforderungen der neuen Bundesregierung. Auch der Ausbau von Netzen, Speichern, Nachfragemanagement, ein neues Strommarktdesign und eine Bepreisung von CO2, z.B. über den europäischen Emissionszertifikatehandel, sind in Übereinstimmung mit dem VDI von den Parteien genannte wichtige Elemente. Damit diese in der erforderlichen Menge und Geschwindigkeit umgesetzt werden können, ist jedoch die Akzeptanz in der Bevölkerung erforderlich. Die Richtlinie VDI 7000 Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrie- und Infrastrukturprojekten - könnte hierbei sicherlich hilfreich sein. Auch die Genehmigungsverfahren müssen schneller werden, rechtssichere Verfahren, insbesondere auch bezüglich Naturschutz, sind als wichtige Maßnahmen von den Parteien erkannt.

Nur die FDP setzt ganz auf den Markt, der aber nur die kostenminimale Lösung in einer theoretischen, idealen Welt erzielen kann, wenn keine Marktunvollkommenheiten existieren und der Preis alle externen Kosten abbildet. Nach einer Berechnung des UBA müsste er bei einer über die Generationen gerechten Verteilung bei 680 €/t CO2 liegen, eine neue internationale Studie kommt auf Schadenskosten von bis zu 3.000 €/t CO2. Bei derartigen Preisen würde dann auch mit rein marktwirtschaftlichen Instrumenten die Energiewende zu schaffen sein, allerdings würde dies zu enormen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen führen, die nicht erstrebenswert sind.

Prof. Dr.-Ing. Harald Bradke
Vorsitzender Interdisziplinäres Gremium Klimaschutz und Energiewende (IGKE)

Dr.-Ing. Jochen Lambauer
Vorsitzender VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt

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Der Markt regelt schon alles, aber vieles eben nicht im Sinn eines nachhaltigen Gemeinwohls, was ja am Ende (ob nach 5 oder 50 Jahren) den vermeintlichen Gewinnern (die mit den längeren Hebeln) selbst schadet.

Wo hat also der Markt in diesem Sinne versagt ?

  • ausgeglichene Löhne zu bilden (ähnlicher Lohn für ähnlich fordernde Arbeiten auch ohne den Hebel des Streiks)

  • verhindern, dass offensichtliche Kosten externaliseirt werden (berechenbare Umweltschäden)

  • Landwirtschaftliche Produktion (Komplettversagen)

  • Lebensmittelindustrie (ungesunde, teure Produkte, hohe Gesundheitskosten)

  • Grundstücksmarkt, Wohnungsmarkt (Spekulation)

  • Pharmaindustrie (nicht zu rechtfertigende Preisentwicklung aufgrund „Erpressbarkeit“ des Gesunheitswesens - Kranke sterben lassen oder zahlen)

  • Verkehr (heutige Autos sind ein ökonomisch ganz untaugliches Konzept, ökologisch sowieso, Werbung und Image anstatt Kosten-Nutzen und Lebensqualität)

  • Luftfahrt (Nützlicher Anteil vielleicht 5% der jetzigen Marktgrösse)

Das ist eine wilde, unvollständige Aufzählung, aber vielleicht beantwortet es deine Frage ungefähr.

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Ich würde erwidern, dass die meisten dieser Problemlagen gerade erst deswegen so grassierend geworden sind, weil die Marktwirtschaft explizit ausgehebelt wurde:

  • Lohnverteilung: Das Thema ist facettenreich, der Übersicht halber vermeide ich hier eine Diskussion.
  • Externalitätskosten: Hier sehe ich die Verantwortung bei der Gesellschaft. Sie kann beispielsweise diverse Beschädigungen der Umwelt zu Straftatsbeständen erklären oder den Preis für Verschmutzungsrechte festlegen. Der EU-ETS Markt funktioniert gut. Und Energieerzeuger schrecken aufgrund der juristischen Folgen vor einer Verkappung von Atommüll im angrenzenden Wald zurück.
  • Landwirtschaft: staatliche Subventionen als marktverzerrende Eingriffe
  • Lebensmittelindustrie: Hier sehe ich den perfekten Markt eigentlich recht gut umgesetzt. Die Verantwortung sehe ich beim Konsumenten, wobei der Verbraucherschutz gerne noch ausgebaut werden darf.
  • Wohnungsmarkt: Das Thema ist facettenreich, der Übersicht halber vermeide ich hier eine Diskussion.
  • Pharmaindustrie: Hier treibt „der Markt“ selbstständig die Entwicklung von neuen Medikamenten voran. Iich werte das als einen klaren Erfolg des Marktes. Niemand zwingt die Gesellschaft dieses „unverhoffte“ Angebot an neuen Gütern anzunehmen. Wie viel die Gesellschaft bereit ist aus Solidarität zu bezahlen um ein Individuum vor dem Tod zu bewahren, ist eine fundamental politische Fragestellung, keine marktwirtschaftliche.
  • Verkehr: staatliche Subventionen als marktverzerrende Eingriffe
  • Luftfahrt: staatliche Subventionen als marktverzerrende Eingriffe

Nun, wenn man alle Probleme unter „das war nicht Aufgabe des Marktes“ subsummiert, hat er wirklich perfekt funktioniert.
Die Konsumentenverantwortung ist aber in Zeiten, da Werbung unter Zuhilfenahme von Psychologie und viel Geld konzipiert wird, nichts, worauf ich mich verlassen möchte.

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Welche potentiell marktgemachten Probleme haben Sie denn im Sinn? Die oben genannten Beispiele „ungesunde, teure Produkte“ ja vermutlich nicht, schließlich kann man in jedem Discounter günstiges Gemüse und Obst und sonstige Grundnahrungsmittel kaufen.

Doch, eigentlich genau das. Ich habe auch keine tolle Lösung parat, aber ich habe nicht den Eindruck, dass die meterweise ausgestellte Auswahl an zuckrigen Joghurts uns glücklicher oder gesünder macht.

Und wenn ich mir ansehe, wie viele Süßigkeiten auf Spielplätzen verfüttert werden oder wie viele Menschen, mich selbst leider eingeschlossen, dicker sind, als sie sein sollten (und entsprechend mit späteren oder aktuellen Gesundheitseinschränkungen zu leben haben), habe ich den Eindruck, dass die Konsumentenverantwortung als Ausgleich für Werbung nicht besonders gut funktioniert.
Vielleicht kommt ja irgendwann dieser Nutriscore oder eine Zuckersteuer, die das freie Spiel der Marktkräfte einschränkt. Wenn das aber passiert, dann wohl nicht, weil ein freierer Markt bessere Ergebnisse erzielt hätte.

Anderes Beispiel: Der freie Markt hat nicht zu ausreichenden Löhnen in Pflegeberufen geführt. Das mag man nicht schlimm finden, wer nicht streikt, hat selbst schuld und so, aber wir stehen jetzt vor dem gesellschaftlichen Problem, dass niemand mehr diese Berufe ergreifen will.

Der freie Markt findet, solange kein echtes Marktversagen vorliegt, ziemlich zuverlässig ein lokales Optimum, was Effizienz angeht. Leider kann das globale Optimum manchmal weit entfernt sein und manchmal sind bestimmte Kosten nicht eingepreist. Dann funktioniert der Markt zwar gut, aber das Ergebnis ist trotzdem ernüchternd.

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Das Hauptziel des „freien Marktes“ ist Gewinn zu erzielen!
Wie der „freie Markt“ das macht ist zweitrangig!
Dass es in einem „freien Markt“ keine Ethik und Moral gibt bei dem Streben nach Gewinn hat sich wohl schon hinreichend gezeigt (Cumex, Bankenkriese, alle Arten von Umweltskandalen).
Also ohne Grenzen in denen sich der (freie) Markt bewegen darf ist er wie ein Krebsgeschwühr.

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Das ist keine Verblendung, sondern Konswequenz des Jahrzehnte langen ingnorieren des Problems. 1979 hat Helmut Schmidt das erste mal im Bundestag darauf hingewiesen, dass in den drei Jahrzehnten zuvor extrem viel CO2 in dei Atmosphäre geblasen wurde und dass dies wohl Einfluss auf das Klima haben wird.

Seit dem ist folgendes passiert: nix.

Das lange ignorieren des Klimawandels hat das dazu geführt, dass es jetzt extrem teuer wird - mit oder ohne CO2 Preis. Mit odeer ohen CO2 Reduktion.

Denn Klimawandelschäden sind teuer und Klimawandelfolgenbekämpfung ist auch teuer.

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