Ich bin überzeugt, dass der CO2-Preis nicht nur um die Klima-Dividende ergänzt werden muss, sondern auch um einen sog. Klima-Zoll (Grenzausgleich).
Ich bin davon überzeugt, dass nur sehr deutlich höherer CO2-Preis für allen Sektoren das einzige klimapolitische Instrument bleibt, mit dem wir es noch schaffen können, wenigstens das anteilige auf die Bevölkerung runtergebrochene CO2-Budget einzuhalten (zur Erinnerung: Wenn wir als Erdbevölkerung mehr als dieses Budget von 420 Gt ab 2018 überschreiten, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass wir das 1,5°-Ziel noch einhalten können, signifikant und wegen drohender Überschreitung von Kipppunkten; dass eine bevölkerungsanteilige Verteilung auf die Länder höchst gegenüber den sich entwickelnden Ländern höchst ungerecht ist, haben Ulf und Philip ja ebenso gut erklärt). Nur wenn es für Unternehmen und Konsumenten sehr spürbar teurer ist, C02 zu emittieren, werden Konsumenten zunehmend weniger C02-intensive Waren und Dienstleistungen kaufen und werden Unternehmen zunehmend weniger CO2-intenstive Investitionsgüter kaufen und - der geänderten Nachfrage folgend - weniger CO2-intensive Waren und Dienstleistungen produzieren und anbieten.
Ulf und Philip haben in der LdN240 sehr schön dargestellt, dass diese Maßnahme von einer Klima-Dividende flankiert werden muss, weil für Verbraucher, die sich nicht am oberen Ende der Einkommensskala, diese Veränderung der relativen Preise einen massiven Wohlstandsverlust bedeutet. Nur wenn die Einnahmen aus dem C02-Preis nicht etwa in den Staatshaushalt fließen oder für z.B. Strompreissenkungen verwendet werden, sondern einkommensunabhängig als Pro-Kopf-Pauschale an jeden Bürger ausbezahlt wird, werden die Verbraucher kompensiert. Die Verbraucher mit einem hohen CO2-Fußabdruck - das sind in aller Regel die Wohlhabenderen - zahlen dabei drauf, während alle anderen entweder kompensiert werden oder sogar davon profitieren. Dabei muss man jedoch beachten: Dieser Umverteilungseffekt ist nur vorübergehend. Je schneller sich Verbraucher und Unternehmen anpassen, umso weniger Einnahmen aus dem CO2-Preis werden generiert und umso geringer wird die Pro-Kopf-Dividende sein.
So weit, so gut.
Allerdings hat dieses Konzept einen massiven Schönheitsfehler: Unternehmen erhalten ja keine Klima-Dividende. D.h., sie werden für die erhöhten Kosten durch die erheblich ansteigende (oder in anderen Segmenten noch einzuführende) CO2-Preise nicht kompensiert. Wird der CO2-Preis also nicht weltweit eingeführt, sondern z.B. nur in Europa (oder innerhalb von Europa in einer „Koalition der Klima-Willigen“), dann haben die Unternehmen in der Region mit dem hohen CO2-Preis einen massiven Wettbewerbsnachteil. So müssen Stahlunternehmen zur Vermeidung der hohen CO2-Kosten auf grünen Wasserstoff umsteigen, was heute noch sehr viel teurer ist.
Die Folge: Die Unternehmen weichen mit ihren Produktionsstandorten in Länder ohne CO2-Preis aus, mit zwei „häßlichen Konsequenzen“:
- In der klimafreundlichen Region mit den hohen CO2-Preisen gehen Arbeitsplätze verloren.
- Die CO2-Emission wird nicht etwas vermindert, sondern lediglich exportiert. Diesen Effekt nennt man „Carbon Leakage“
Aber auch dafür gibt es eine Lösung: Der Klima-Zoll, auch bekannt unter dem Begriff CO2-Grenzausgleich: Vergleichbar mit dem Grenzausgleich bei der Umsatzsteuer …
… erhalten „inländische“ Unternehmen beim Export ihrer Produkte den in diesen Exporten „steckenden“ anteiligen CO2-Preis erstattet und
… „ausländische“ Unternehmen müssen beim Import ihrer Produkte den CO2-Preis nachentrichten.
Damit wird der Wettbewerbsnachteil der „inländischen“ Unternehmen ausgeglichen, die Produktionsstandorte bleiben im Inland und werden klimafreundlich, die Arbeitsplätze bleiben erhalten und die Wirksamkeit des CO2-Preises auf die Reduktion der CO2-Emissionen bleibt erhalten.
Je mehr Länder bei CO2-Preis mitmachen, d.h. je größer der „klimafreundliche Binnenabsatzmarkt“ ist, umso höher ist der Anreiz für andere Länder, selbst einen vergleichbaren CO2-Preis mit Klima-Zoll einzuführen, also Teil von dem klimafreundliche Binnenabsatzmarkt zu werden.
Die Umsetzung eines solchen CO2-Grenzausgleichs-Regimes ist sicherlich alles andere als trivial. Aber wenn wir es innerhalb der EU hinbekommen, trotz in jedem EU-Land andere vorherrschende Umsatzsteuersätze einen Grenzausgleich innerhalb der EU und mit allen anderen Staaten der Welt hinzubekommen (ja, mit hohem bürokratischem Aufwand), dann bekommen wir einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus wahrscheinlich auch hin. Hierüber gibt es bereits Forschung und empirische Untersuchungen (z.B. am Weltwirtschaftsinstitut in Kiel). Leider habe ich über den Stand der Forschung wenig herausbekommen (hatte auch keine Zeit für eine Recherche und mir fehlt die Erfahrung dafür).
Allerdings hat das - fürchte ich - für ein Exportland wie Deutschland einen Nachteil im Hinblick auf die Klima-Dividende: Da wir weit mehr exportieren, als wir importieren, müssen wir wesentlich (?) mehr aufwendigen, um „inländische“ Unternehmen für ihre Exporte zu kompensieren als wir durch den Klima-Zoll auf importierte Güter einnehmen. D.h., wir werden einen Teil Einnahmen aus den CO2-Preise für den an die inländischen Unternehmen zu bezahlen Grenzausgleich verwenden, die Pro-Kopf-Pauschale „Klima-Dividende“ fällt entsprechend kleiner aus. Je mehr Länder mitmachen , desto gleichwichtiger werden Exporte und Importe und umso weniger ergibt sich dieses Problem.
Ich fände es ganz toll, wenn Ulf und Phillip dazu einmal recherchierten. Vielleicht kann Philip zu diesem Thema mal ein Interview für seinen Podcast „Das Interview“ machen? Ich glaube, wer sich damit viel beschäftigt hat, ist Prof. Gernot Klepper.