Ich war hier in Bonn auf vier verschiedenen Demos, die mehr oder weniger „gegen Rechts“, „für Menschenrechte“ oder „für Demokratie“ waren. Teilweise waren sie auch schon vor der Brandmaueraktion der CDU organisiert und gewannen dadurch nur enorm an Zustrom. Eine davon war aber auch gezielt gegen die CDU gerichtet - „Herz statt Merz“.
Auf einer davon („Menschenrechte“) dürfte auch der hiesige, nun auch gewählte, Direktkandidat der CDU (Hendrick Streeck) sprechen, nach seinen Kolleginnen von SPD und Grünen. Beide, Frau Rosenthal von der SPD als auch Frau Uhlig von den Grünen, haben aufgefordert, Herrn Streeck reden zu lassen, aber auch, dass dieser sich inhaltlich zur Aktion im Bundestag positioniert. Herr Streeck wurde auch gehört - es gab Pfiffe und Buh-Rufe, aber er war auch vergleichsweise weit hinten in der Menge gut zu verstehen. Er hat sich nur leider gar nicht zu dem Thema geäußert, sondern andere Schwerpunkte gesetzt - man konnte schon seine Äußerung so verstehen, dass er die Demo selbst eher kritisierte und sich als Opfer darstellt.
Während der vier Demos, die ich besucht habe, habe ich folgende, bei kritischem Blick problematische Szenen beobachtet:
- Einige CDU-Wahlplakate wurden beschädigt.
- Es gab sehr vereinzelt Plakate, die etwas unter der Gürtellinie waren - strafrechtlich beleidigend hätte ich jetzt aber ausgeschlossen.
- Bei einer Demo wurde auch zwischendurch mal etwas problematische Sprüche skandiert wie das in der Lage ja auch schon einmal thematisierte „From the river to the sea“. Ich persönlich fand das etwas weit gehend.
- Laut Zeitungsbericht haben es einige Demonstranten wohl in eine Veranstaltung von Herrn Merz geschafft und mussten dort wieder entfernt werden - das habe ich aber nicht selbst gesehen.
Das waren alles außerordentlich friedliche Veranstaltungen, ehrlich gesagt eher Sternstunden der Demokratie als das, was diese Anfrage der CDU nun versucht daraus zu konstruieren, und dass die CDU mit dieser Anfrage, aber auch schon davor, versucht die Demos als „linksextremistische Gewaltspirale“ zu diffamieren, dass „die da draußen“ „nicht alle Tassen im Schrank“ hätten, dass Herr Merz da am Vorabend der Wahl, die höchstwahrscheinlich dazu führt, dass er Bundeskanzler wird, den Wahlkampf damit abschließt zu betonen, dass er eben nicht Kanzler dieser Menschen sein wird, sondern nur noch Politik für Rechts machen will, das ist in meinem Verständnis enorm undemokratisch und demokratiezersetzend.
Er begibt sich rhetorisch und zunehmend auch methodisch in die Nähe der AfD. In der Wahlanalyse seid ihr von der Lage noch stark davon ausgegangen, dass eine Koalition CDU/AfD so gut wie ausgeschlossen ist. Ich finde, das sollte nochmals thematisiert werden, denn mit nur einer Alternative, der SPD, die nun auch angesichts der letzten Jahrzehnte nicht unbedingt begeistert sein kann, wieder eine „große“ Koalition bilden zu müssen, und Koalitionsgesprächen, die auch scheitern können, halte ich das nicht für so unwahrscheinlich wie ihr. Das könnte mMn nochmal thematisiert werden.