#Kinderdurchseuchung

Moin,
ich bin recht schockiert, wie gerade viele Bundesländer die Corona-Schutzmaßnahmen in Schulen und Kitas teilweise oder komplett aufheben.
In Berlin scheint die offizielle Begründung sogar zu lauten, die Kinder sollten sich lieber jetzt infizieren als erst im Herbst oder Winter.
Andererseits ist ja auch was dran, dass Kinder viel weniger gefährdet sind als Erwachsene…
Würde mich freuen, wenn Ihr das Thema in der nächsten Folge sortierten könntet.
Viele Grüße,
Matthias

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Dass Kinder sich besser früher als später infizieren sollen habe ich nirgendwo gelesen, aber dass Infektionen ungeimpfter Kinder unvemeidlich seien, liegt dem angekündigten „Strategiewechsel“ (euphemistische Wortwahl) in Berlin in der Tat zugrunde. Dieser geht allerdings auf die Berliner Amtsärtzt:innen zurück und ist politisch sehr umstritten. Vor allem die SPD-Politikerinnen Franziska Giffey (Spitzenkandidatin fürs Abgeordnetenhaus) und Dilek Kalayci (Gesundheitssenatorin) haben sich vehement dagegen ausgesprochen.

Grundsätzlich basiert die Strategie darauf, bei positiven PCR-Tests nur noch das getestete Kind und ungeimpfte Angehörige der unmittelbaren Familie in eine 14-tägige Quarantäne zu schicken und alle weiteren Quarantäne- und Kontaktverfolgungsmaßnahmen komplett aufzuheben. Den Rest sollen Hygienemaßnahmen und (moderate) Testungen regeln. [1, 2, 3, 4, 5] Besonders im Hinblick auf Kitas ist das m.E. irritierend, da hier meines Wissens berlinweit nur in einer sehr kleinen Zahl von Modellprojekten überhaupt systematisch Schnelltests in Kitas duchgeführt werden und der Rest, wenn überhaupt, in der Selbstverantwortung von Träger:innen, Personal und Eltern liegen dürfte.

Am Freitag ist auf Zeit-Online eine Stellungnahme von sechs Mediziner:innen und Wissenschaftler:innen erschienen, die dazu aufrufen, die Nachteile von Quarantänemaßnahmen, Kontaktbeschränkungen und Wechselmodellen in Kinderbetreuungs und -ausbildungskontexten höher zu gewichten und Isolationsmaßnahmen herunterzufahren ohne Maßnahmen zur Infektionseindämmung komplett aufzuheben. Freilich ist auch hier nur davon die Rede, es müsse die richtige „Balance“ zwischen Schutzmaßnahmen und Teilhabeerleichterung gefunden werden, ohne das genauer zu präzisieren. [6]

[1] https://www.tagesspiegel.de/downloads/27558300/2/amtsaerzte.pdf
[2] „Infektiologisch fast nichts bewirkt“: Berliner Amtsarzt Larscheid hält Klassen-Quarantäne für sinnlos - Berlin - Tagesspiegel
[3] Diskussion um Klassen-Quarantäne: Die Kapitulation der Berliner Amtsärzte - Politik - Tagesspiegel
[4] Keine Angst vor „Durchseuchung“: Gruppenquarantäne in Berlins Schulen und Kitas soll enden - Berlin - Tagesspiegel
[5] Neue Regeln für Kitas und Schulen: Kalayci lehnt Ende der Quarantäne für Kontaktpersonen ab | rbb24
[6] ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl.

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Wie falsch das ist: Kanadische Studie: Etwa 6% der infizierten Kinder entwickeln Long COVID: www.kinderaerzte-im-netz.de

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Wenn ich den Link richtig verstehe, gab es keine Kontrollgruppe. In der dort auch erwähnten russischen Studie ist das explizit, bei der kanadischen finde ich in dem Artikel keine Erwähnung, weshalb ich denke, dass es keine gab.

Deshalb würde ich davon ausgehen, dass die 6% eine obere Schranke sind, die vielleicht viel zu hoch ist, weil Kinder ja häufiger mal krank sind. Andere Studien zum Thema, eine schweizer Studie, eine deutsche, wenn ich es richtig im Kopf habe(bin am Handy, will dienicht jetzt raussuchen), kamen mit Kontrollgruppe auf keinen Unterschied zwischen Covid-positiven Kindern und der Kontrolle.

Ich bin dennoch sehr für eine Impfung für Kinder unter 12 und hoffe auf die Studien dazu, aber ich mache mir auch vorher keine großen Sorgen um meine.

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Man kann meinetwegen darüber diskutieren wie viele Schutzmaßnahmen in der Schule notwendig sind. Aber in einer Situation, bei der wir unsere Testkapazitäten für PCR-Tests nur in geringem Umfang auslasten, gibt es für mich eigentlich nur zwei Gründe Cluster in Schulen nicht mehr nachzuverfolgen: 1. um Geld zu sparen und 2. um die Inzidenz künstlich zu drücken.

In beiden Fällen führt es dazu dass wir mehr Infektionen zwischen asymptomatischen Kindern aber auch in den Familien und dadurch in der ganzen Bevölkerung haben. Gerade in der älteren Bevölkerung lässt zudem auch langsam der Imfschutz nach. Gehen wir davon aus das ein Prozentsatz dieser durch asymtomatische Kinder zusätzlich infizierten ins Krankenhaus geht, was neben all dem Leid auch horrende Kosten im Gesundheitssystem und letztendlich auch schärfere Einschränkungen für die Wirtschaft verursacht geht diese Rechnung aber garantiert nicht auf. Ich habe daher für das Einstellen der Kontaktverfolgung absolut kein Verständnis.

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D’accord, aber dann sollte dies auch 1. wirklich mal passieren und 2. auf der Grundlage tatsächlicher Daten und nicht nur bloßer Annahmen und Daten. dazu zwei Beispiele:

Der Satz unterstellt 1. dass PCR-Tests das geeignete Instrument für Massen-Screenings in Schulen sind, 2. dass es um Cluster in Schulen geht und 3. dass diese nachverfolgt würden.
zu 1) PCR-Pooltests sind - auch bei der derzeitigen geringen Auslastung der Testkapazitäten - schlicht zu langsam, da die Ergebnisse de facto meist erst lange nach Schulschluss vorliegen und so eine Einzel-Nachtestung erst am nächsten Tag erfolgen kann. Sprich: Infizierte Kinder sind mindestens einen ganzen Tag lang in der Schule.
zu 2) Ziel der Massentests an Schulen war es, vorher unerkannte Infektionen aufzuspüren. Dies waren in den allermeisten Fällen Infektionen, die irgendwo anders entstanden sind und dann in die Schulen eingetragen wurden (aktuelles Beispiel: Infizierte Schüler:innen nach den Ferien). Es ging nur in den allerseltensten Fällen um Cluster in Schulen (also Ausbrüche, die tatsächlich in Schulen stattfanden).
zu 3) Die eingetragenen Infektionen wurden ebenso schlecht nachvervolgt wie alle anderen Infektionen (nämlich laut RKI bundesweit zu unter 10%). Bei den wenigen Schul-Clustern (s. o.) dürfte es deutlich einfacher gewesen sein, da man ja einfach nur schauen musste, welche SuS aus welchen Klassen infiziert waren - das ist aber keine Nachverfolgung.
Kurzum: Entscheidender als die Nachverfolgung ist die Frage, ob es weiter Massentests an Schulen gegen soll, bei denen zwar viele - aber eben bei weitem nicht alle - bisher unerkannte Infektionen erkannt werden, die aber Kosten von bis zu 200.000 Euro pro erkannter asymptomatischer Infektion verursachen.
Auch die Frage, ob bei einem entdeckten Fall 1, 5 oder 30 Mitschüler:innen in Quarantäne gehen sollen, hat in der Regel wenig mit „Kontaktnachverfolgung“ zu tun. Belastbare Zahlen zur Auswirkung unterschiedlicher Quarantäneregelungen auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens gibt es m. E. nicht. Hingegen sind die negativen Auswirkungen weitreichender Quarantäneanordnungen auf den Präsenzunterricht und die Betreungspflichten der Eltern offensichtlich. Genau so argumentieren ja auch die Berliner Amtsärzt:innen.

Bei einem evidenzbasierten Vorgehen wäre dann ja genau die entscheidende Frage, wie hoch wieder Anteil ist. „Prozentsatz“ dürfte auf jeden Fall übertrieben sein, ich bin mir noch nicht mal sicher, ob wir in den Promillebereich kommen. Aber auch hier braucht es eben Daten statt Mutmaßungen.

Schutzmaßnahmen komplett aufheben? Von welchem Bundesland redet Du? Es gibt ja Länder, wo das so ist, und wo es keinerlei Probleme mit C19-infizierten Kindern in Krankenhäusern gibt, aber in Deutschland?
Eine Diskussion darüber, welche Maßnahmen eigentlich genau was bewirken sollen, und in welchem Verhältnis dabei Nutzen und Schaden zueinander stehen, stünde m. E. dringend mal an - aber für dieses Schuljahr scheint es schon wieder zu spät zu sein.

Eine britische Studie sagt ebenfalls, dass die Unterschiede mit und ohne Corona-Infektion nicht gravierend sind: Study finds long-term Covid symptoms rare in school-age children | Coronavirus | The Guardian

Prozentsatz der dadurch infizierten, nicht der Bevölkerung.

Es geht hier nicht darum zweimal die Woche zu testen sondern um Kontaktnachverfolgung nach einem positiven Fall. Besser wäre es natrülich bis zum Ergebnis die Schüler in Quarantäne zu schicken.

Die Quelle würde mich interessieren. Ich kriege einen PCR-Test am Hauptbahnhof für 49,99 €. Teurer sollte es ja nicht werden. Das heißt für 200000 € bekomme ich 4000 Tests, bei einer Inzidenz von 230 (vor einigen Wochen, jetzt deutlich höher) bei 10-14 jährigen in Berlin heißt das, dass ich wenn ich vollkommen wahllos hineintesten würde müsste ich ca. 9 Schüler positiv testen. Hier reden wir aber von Kontaktpersonen zu einem positiven Fall, die ein deutlich höheres Risiko haben selbst positiv zu sein. Die weder zu testen noch in Quarantäne zu schicken ist dumm.

Und die Folgen waren klar und das seit letztem Jahr. Jetzt zu sagen das könne man den Eltern nicht zumuten nachdem man den ganzen Sommer hindurch nichts für die Sicherheit in den Schulen getan hat ist absurd.

Das ist, alsob ich mich geweigert hätte umzuparken als ich darauf hingewiesen wurde dass ich im Parkverbot stehe und jetzt sage man könne mir keinen Strafzettel zumuten.

Schon klar was theoretisch die Datengrundlage sein soll, aber wie willst Du den Anteil bestimmen, wenn du a) die Zahl der unerkannten asymptomatischen Infektionen bei Kindern nicht kennst und b) die Wahrscheinlichkeit nicht kennst, mit der sich ein Hospitalisierter bei einem solchen Kind angesteckt hat? Was soll die Datengrundlage sein, um festzustellen, dass eine Infektion von einem asymptomatisch infizierten Kind ausgelöst wurde? Es gibt ja in Deutschland weder eine annähernd repräsentative Sequenzierung von PCR-positiven Befunden noch eine Kohortenstudie, die solche Schlüsse auch nur schätzungsweise zuließen. Die mir bekannten Kontaktstudien über das Ansteckungsrisiko in Haushalten zeigen zudem eindeutig, dass Kinder sehr viel seltener Indexfälle für Übertragungen sind als Erwachsene.

Eine allgemeine Hospitalisierungsquote, wie die in dem AOK-Artikel, die mehrere Monate alt ist und sich weder auf die aktuell dominante Variante bezieht, noch Alter oder Impfstatus berücksichtigt, ist bezogen auf diese Fragestellung jedenfalls keine Datengrundlage.

Ich beziehe mich speziell auf Berlin, habe aber ähnliche Schritte auch von anderen Ländern gelesen.
Keine regelmäßige Testung, keine Quarantäne für Kontaktpersonen, da kommt doch die theoretisch noch mögliche 14-tägige Isolierung von PCR-Positiven praktisch immer zu spät.
Ok, Maskenpflicht gilt weiter, also keine vollständige Aufhebung.
Gruß,
Matthias

Es hat sich zwar nicht viel geändert, aber der Vollständigkeit halber will ichberwähnen, dass Drosten im neuesten Coronavirus Update der schweizer Studie die Schwäche attestiert, dass nur unter allen betrachteten Kindern kein Unterschied zwischen Corona-positiven und -negativen bestand.
Betrachtet man die Subgruppe der nicht chronisch erkrankten Kindern ergebe sich sehr wohl eine signifikante Häufung von Symptomen nach längerer Zeit bei Corona-positiven Kindern.

Ich habe all das wiederum nicht überprüft, halte aufgrund dessen aber Long Covid bei Kindern für eine größere Gefahr als ich das vorher tat. Nichtsdestotrotz werde ich meine (Grundschul-) Kinder ohne große Sorge in die Schule schicken und hoffe auf einen baldigen Impfstoff.

Naja, Drosten kritsiert, dass nicht eindeutig geklärt sei, welche Symptome eigentlich genau „Long Covid“ ausmachen bzw. reduziert es auf eine Gruppe bestimmter Symptome (ohne zu sagen welche), die dann angeblich bei Infizierten sehr viel häufiger seien. Aber genau die Symptome die er ausschließt (Müdigkeit, Kopfschmerzen) werden mit Abstand am häufigsten genannt, wenn es um Long Covid geht. Und es macht ja einen Unterschied, ob ich eine bestimmte Kombination aus Symptomen nach 6 Monaten bei 5% oder bei 0,5% feststellen kann.
Dass es so etwas wie Long Covid gibt (auch bei Kindern) betreitet ja niemand ernsthaft. Aber dass es in der teilweise behaupteten Häufigkeit auftritt (Lauterbach redet zB mal gerne von 10%) - und zwar nur bei vormals Infizierten - das geben die wenigen geeigneten Studien, etwa aus der Schweiz, aber auch die aus UK (siehe oben), einfach nicht her. Und dazu sagt Drosten wiederum gar nichts, sondern suggeriert ein paar Sätze später einfach indirekt, aber ohne nähere Begründung oder gar Daten, dass Long Covid eine Risiko für den Schulbetrieb darstellen würde.

Wie verschieden man das doch wahrnehmen kann. Mein Eindruck war, dass Drosten für Schulbetrieb spricht und nur dem Irrglauben entgegentritt, es gebe bei Kindern gar kein Long Covid. Wie verbreitet der sein mag, weiß ich ich nicht.
Er tritt im selben Podcast ja auch der extremen Gegenposition entgegen, x% long covid bedeute, dass x% aller Kinder long covid kriegen werden (vergessend, dass durch weitere Maßnahmen im Schulbetrieb die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, bis man geimpft ist, kleiner als 100% ist).

Daher empfand ich Drosten hier -wie häufig- als Mahner, dass selten alles schwarz oder weiß ist.

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Es gibt durchaus Studien, die sogar noch höhere Zahlen für Long Covid ausweisen. Aber so richtig eindeutig sind die Studien bei Long Covid alle nicht (weil halt nicht so gut greifbar). Aber insgesamt passt das für mich die Datenlage bereits bei den Erwachsenen nicht so richtig zusammen. Da haben wir 10%, d. h. von den über 4 Millionen bestätigten Infizierten müsste es bereits 400.000 Menschen in Deutschlang mit Long Covid geben. Das müsste sich aber bemerkbar machen. In den Medien krieg ich davon aber nichts mit.

Es gibt haufenweise Studien zu Long Covid, aber die allermeisten davon sind völlig unbrauchbar, da es keine Kontrollgruppe gab, man also gar nicht sagen kann, ob die diagnostizierten Symptome überhaupt nach eine Corona-Infektion höher sind. Und in sämtlichen Studien mit Kontrollgruppe sind die Ergebnisse sehr unterschiedlich, gerade bei Kindern und Jugendlichen sind die Symptome bei den Nicht-Infizierten teilweise sogar häufiger.
Bei Long Covid wird m. E. ein in dieser Pandemie sehr verbreiteter Fehler gemacht: Aus der Tatsache, dass etwas überhaupt vorkommen kann, wird ohne valide Daten geschlussfolgert, dass es häufig passiert.

Die Frage bei Long Covid muss sein: Was ist, wenn wir uns irren?

Bis man sich sicher ist wie häufig und schwer eine komplexe Erkrankung wie Long Covid ist braucht es sehr viel Zeit und sehr viele Fälle.

Option 1: Wir gehen das Risiko ein. Im schlimmsten Fall haben wir dann 10% der infizierten Kinder die entweder chronische Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit haben oder zumindest die Krankheit noch sehr lange haben.

Option 2: Wir minimieren das Risiko (Vorsichtsprinzip). Im schlimmsten Fall haben wir Masken getragen und getestet. Kein Kind hat davon gesundheitliche Schäden zu befürchten.

Und aus diesem Grund liegt für mich die Beweispflicht ganz klar bei denen, die argumentieren, dass es kein Long Covid gibt. Denn wenn die sich irren hat das die weitaus schlimmeren Konsequenzen.

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Die Argumentation ist aus mehreren Gründen nicht stimmig

  1. Was ist eigentlich das Problem? Dass das Wissen, das für über Long Covid bei Kindern haben, falsch sein könnte (wie der erste Satz suggeriert) oder dass es noch gar nicht genug Wissen gibt (wie der zweite Satz suggeriert)?
  2. Long Covid ist keine „komplexe Krankheit“, sondern ein Bündel unterschiedlicher Symptome, das bis vor kurzem noch nicht einmal einheitlich definiert war. Inzwischen gibt es eine Definition der WHO, aber die häufig genannten Studien haben häufig eine ganz andere. Klar ist zudem, dass die häufigsten Symptome (etwa Fatigue, Kopfschmerzen, Atembeschwerden) recht diffus sind - also nicht ohne Weiteres auf eine bestimmte Virusinfektion zurückzuführen sind. Zudem geht es in der Definition keineswegs um „chronische Beeinträchtigungen“, sondern nur um welche, die länger als zwei Monate anhalten.
  3. Studien, einfach nur Symptome abfragen (ohne Kontrollgruppe) und keine repräsentative Stichprobe haben (self selection) sind daher komplett unbrauchbar. Für die genannte Zahl von 10% gibt es daher keine wirkliche Grundlage. Sie ist eine reine Annahme. Zudem ist die Frage: 10% von eigentlich? Von symptomatisch infizierten Kindern? Oder auch von asymptomatisch infizierten Kindern?
  4. Eine Infektion von Kindern mit Sars-CoV2 wird hier als individuelles Risiko dargestellt, ohne dies aber mit Zahlen zu belegen. Gleichzeitig wird behauptet, die „Beweispflicht“ liege bei jenen, die die Existenz dieses Risikos bestreiten. Aber nur weil es Long Covid gibt - was m. E. kaum jemand bestreitet - heißt das nicht, dass es für Kinder ein individuelles Risiko gibt, dass so hoch ist, dass es bestimmte Maßnahmen rechtfertigt. So hat z. B. die Stiko ihre Impfempfehlung für 12-17-Jährige ausdrucklich nicht mit dem Risiko von Long Covid begründet.
  5. Die Verringerung des Risikons wird hier als „Vorsichtsprinzip“ beschrieben, das keine „gesundheitlichen Schäden“ bei Kindern zur Folge hätte. Das ignoriert komplett die mehrfach festgestellten massiven Beeinträchtigungen u. a. der psychischen Gesundheit von Kindern während der Pandemie. Natürlich hat es Auswirkungen auf Kinder, wenn sie täglich mitbekommen, wie Erwachsene ohne Maske, Abstand oder Tests leben, arbeiten und feiern können, während sie weiterhin als einzige Gruppe flächendeckend diesen Maßnahmen unterworfen sind und somit behandelt werden, als seien sie ein besonderes Risiko. Dabei sind Masken und Tests ja bei Weitem nicht der „schlimmste Teil“ der Maßnahmen, die es an Schulen gab und die m. E. gerade aufgrund dieser Logik immer noch drohen.
    Kurzum: Long Covid dient in der hiesigen Debatte häufig als Totschlagargument, dass ein fehlendes gesundheitliches Risiko durch eine Corona-Infektion bei Kindern quasi ersetzen soll, um ein festhalten an bestimmten Maßnahmen zu rechtfertigen. Und das unter bewusstem Verzicht auf eine solide wissenschaftliche Grundlage.
    Allein die Idee, auf bloßen Verdacht gerade jene Bevölkerungsgruppe besonders harten Maßnahmen zu unterwerfen, die mit Abstand das geringste Risiko gesundheitlicher Folgen einer Coronainfektion hat, ist aus meiner Sicht fatal.
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