Karl Lauterbach als Gesundheitsminister?

Das Lauterbach innerhalb der politischen Arbeit nicht so besonders beliebt ist wird ja schon immer mal deutlich. In mehreren Berichten wird er da auch als Sonderling bezeichnet mit dem es schwierig ist zusammenzuarbeiten etc. Das kann ich alles nicht wirklich sagen und ich finde das müssen auch keine Ausschlusskritierien sein, aber auf der anderen Seite, warum sollte er denn ein guter Gesundheitsminister sein? Ja ok, er hat eindeutig eine epidemologische Kompetenz und ich hätte es auch sehr gut gefunden (oder würde es noch finden) wenn er für die Bewältigung der Pandemie eine größere Rolle spielen würde. Aber es ist ja nicht immer Pandemie und ich glaube die übrige Arbeit als Gesundheitsminister unterscheidet sich schon sehr von der Pandemiearbeit. Ich will jetzt nicht sagen, dass er das nicht könnte, aber wie gesagt, seine Kompetenz in der Pandemie (wo er nunmal gerade die passende Ausbildung hatte) bedeutet nunmal nicht automatisch Kompetenz im Umbau des Pflegesystems beispielsweise.

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Lauterbach engagiert sich seit vielen Jahren für medizinische Wissenschaftskommunikation und gehört zu den wenigen Menschen im ganzen Bundestag, der wirklich weiss, von was er spricht. Zudem ist er - auch, wenn er manchmal als Witzfigur dargestellt wird - ein aufrichtiger und engagierter Politiker. Er hat also Fachkompetenz und Engagement, was schonmal mehr ist, als Spahn. Weiter gilt er in der Medizinwelt auch international als gut vernetzt, was unter Anderem an seiner Zeit in den USA liegt. In Köln hatte er zudem eine Professorenstelle in Gesundheitsökonomie, Medizin und Gesellschaft.

Er wehrt sich seit langem gegen eine Zweiklassenmedizin und trägt damit dazu bei, dass unsere Versicherungen solidarisch bleiben. Zudem geht er auch übergreifende Themen des Gesundheitswesens an (sieh bspw. sein Buch).

Seine Laufbahn hat er aufgegeben, um seiner Gewissenspflicht zu folgen und politisch tätig zu werden, obwohl er in der „Wirtschaft“ besser verdienen könnte (habe ich mal in einem Interview mit ihm gesehen/gehört, kenne die Quelle leider nicht mehr).

Ich persönlich würde mir eine Person mit diesem fachlichen Hintergrundwissen und dieser Integrität an dieser Stelle wünschen.

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Ich bin da auch eher bei @Justjaythings und würde mir Lauterbach als Gesundheitsminister grundsätzlich wünschen. Ein Gedanke ist mir dabei aber gekommen.

Was wenn er den Posten bekäme und dann quasi als Buh-Mann für den kommenden Corona-Winter herhalten muss? Am Ende vielleicht so drastisch, dass er im Frühling zurücktreten muss. Auf mich macht der Mann nämlich den Eindruck, dass er tatsächlich wegen solcher Sachen zurücktreten würde.

Möglicherweise, ist Lauterbach als Staatssekretär so gar besser gesetzt. Die machen schließlich auch viel Sacharbeit und sind nicht, wie die Minister, nebenbei mit Parteipolitik und Mehrheitsbeschaffung beschäftigt, auch wenn der Minister natürlich am Ende der Chef ist.

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Ich habe auch viel über das Thema nachgedacht. Es ist tatsächlich eine meiner Befürchtungen, dass er den Kopf für die Versäumnisse hinhalten muss, was dann letztlich wieder den politischen Gegnern in die Hände spielt.

Andererseits wäre es sehr schade, seine Kompetenz nicht in Amt und Würden zu nutzen.

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Wäre die schlechteste Lösung. Dann wäre er Untergebener und Beamter und müsste alles mittragen, völlig egal was er privat davon hält. Seine Zeit als „freier Abgeordneter“, wo er im Zweifelsfall auch mal gegen die Parteilinie Tacheles reden kann, wäre dann vermutlich vorbei.

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Als MdB wäre Lauterbach dann parlamentarischer Staatssekretär. Die machen im Ministerium überhaupt keine Sacharbeit und sind auch nicht irgendwie maßgeblich in die Hierarchie eingebunden (sie sind keine Vorgesetzten), sondern sind einzig und allein für Kommunikation da - zwischen Ministerium und Parlament, oder zwischen Ministerium und Öffentlichkeit. Salopp gesagt: Sie machen die Außentermine, für die der Minister bzw. die Ministerin keine Zeit oder keine Lust hat.

Anders ist es bei beamteten Staatssekretären, die machen das aber hauptberuflich und für sie ist es eine (die höchste) Karrierestufe ihrer Beamtenlaufbahn. Den Job kann man zwar auch als „Seiteneinsteiger“ bekommen, dafür müsste Lauterbach aber sein Bundestagsmandat zurückgeben.

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Das war in der Lage :wink: und zwar hier, wenn ich mich recht erinnere: LdN246 Spezial: Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte – Lage der Nation (Ist aber natürlich durchaus möglich, dass er das schon häufiger so gesagt hat. Ich finde ihn auch gut und integer, aber er hat auf jeden Fall auch kein Problem mit Selbstdarstellung.)

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Okay dann habe ich in meiner Erinnerung verbeamtete und parlamentarische Staatssekretäre zusammengewürfelt. Wahrscheinlich wäre er dann wirklich als Gesundheitsminister am besten besetzt. Das halte ich allerdings für unwahrscheinlich. Er hat ja zum Beispiel ein Direktmandat während Nina Scheer über einen Listenplatz ins Parlament gekommen ist.

Ich habe das Interview mit Karl Lauterbach in der Lage gehört. Mich beeindruckt der Lebenslauf, das Wissen und die Resilienz gegen Hass.

Ich kann auch ganz gut mit seinem Narzissmus um. Denn wie es sich für einen Rheinländer gehört, ist die Selbstironie ihm nicht fremd (wie in der Zusammenarbeit mit Kebekus zu sehen).

Ich habe große Zweifel, dass er ein guter Gesundheitsminister wäre.

Die Aufgabe einer Ministerin (Männer mitgemeint) ist es, den Menschen in ihrem Haus zuzuhören, ihre Expertise und Fachkompetenz zu bündeln und in die richtige Richtung zu lenken. Außerdem ist sie ein Sprachrohr in die Regierung, den Bundestag und die Öffentlichkeit.

Wenn die Ministerin eine eigene Meinung, eigene Quellen und damit quasi eine eigene Agenda hat, kommt sie automatisch in einen Rollenkonflikt. Sie nimmt einerseits die Rolle der Diskussionsteilnehmerin ein, die andere von der Richtigkeit ihrer Position überzeugen will. Andererseits soll sie ja auch führen und zuhören.

Der Konflikt entsteht immer, wenn aus der besten Schrauberin die Chefschrauberin - im Ergebnis: eine mittelmäßige Führungskraft - gemacht wird. Jeder aus der freien Wirtschaft kennt so eine Person und die meist schlimmen Konsequenzen für die Person uns ihr berufliches Umfeld.

Wie viel besser das ist, wenn man neutralerer in den Job kommt, zeigt das Beispiel von FW Steinmeier. Der kein Außenpolitikexperte war, sich im AA aber sehr beliebt gemacht hat.

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Das stimmt, jeder kennt wohl eine solche Person, die als exzellenter Arbeiter oder Fachkraft sich plötzlich in einer Managementrolle wiederfindet und dieser Rolle in den Augen seiner ehemaligen Kollegen nicht gerecht wird. Oftmals gewinnen die ehemaligen Kollegen den Eindruck, dass er/sie nur noch Erfüllungsgehilfe von anderen ist und Entscheidungen getroffen werden, die mit der Praxis herzlich wenig zu tun haben.

Hier sehe ich persönlich Karl Lauterbach nicht in Gefahr. Im Gegenteil, er bleibt sich absolut treu. Auch das er Macht Allüren ausbildet, halte ich für ausgeschlossen. Mir ist kein Politiker bekannt, der so aktiv und kompetent im wissenschaftlichen Diskurs steckt. Auch kenne ich keinen Politiker, der weniger dem Einfluss von Lobbyisten unterliegt und stärker von dem Ziel des Gemeinwohls getrieben ist.

Was er aber nicht ist, er ist kein „Menschenfänger“, der es schafft Massen für etwas zu begeistern und für ein lohnendes Ziel auch Entbehrungen in Kauf zu nehmen. Bei dieser fehlenden Eigenschaften ist er aber in guter Gesellschaft.

Bei einem wäre ich mir sicher, ein Karl Lauterbach würde sich einzig am Erfolg/Output seiner Politik messen lassen und ist jederzeit bereit Entscheidungen auf den Weg zu bringen oder anzupassen, wenn sie dem Ziel „Gemeinwohl“ dienen.

Ich hätte nichts dagegen, dieses etwas andere Rollen Modell in der Politik auszuprobieren.

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Okay, jetzt hab ich verstanden, warum die SPD Lauterbach nicht haben will. Der hat sich mal öffentlich gegen die PKV ausgesprochen:

Damit ist der Mann natürlich disqualifiziert.

Hallo zusammen,

in der LdN268, als es um die/den zukünfige(n) BundesgesundheitsministerIn ging, musste ich ob eines Satzes von Hr. Buermeyer (vielleicht war es auch nur eins-zu-eins aus dem Spiegel zitiert, kann ich leider nicht finden) etwas die Nase rümpfen (1:00:58) So heißt es:
„…skurrilerweise in einem Beispiel … unter einer Ministerin, von der man noch nie etwas gehört hat, eine SPD-Frau aus Sachsen, die dort irgendwie Sozialministerin ist …“

Natürlich ist es schwierig als LandespolitikerIn eine nationale Bekanntheit zu erlangen. In Sachsen ist sie schon bekannt, allein durch ihre, aus meiner Sicht, gute Moderation der Corona-Lage und -Beschlüsse in Sachsen. Und das unter einem Ministerpräsidenten Kretschmer (CDU), was allein schon einen Orden wert ist. Einige Aussagen des MP zu unterschiedlichen Themen sorgten auch in der Lage schon für Gesprächsstoff. Kurzum, den Ausdruck „von der man noch nie etwas gehört hat“ ist mir persönlich zu undifferenziert. Nur weil das Gesamtergebnis einer Mannschaft schlecht ist, heißt das nicht, dass nicht einzelne SpielerInnen gut oder sogar sehr gut sind bzw. arbeiten.

Petra Köpping ist seit 2019 Sächs. Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dies schließt die Bereiche Jugend, Familie und Gesundheit mit ein, d.h. sie ist unter anderem quasi sächsische Gesundheitsministerin.
Davor war Frau Köpping bereits von 2014-2019 Sächs. Staatsministerin für Gleichstellung und Integration sowie Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz.

Im Übrigen, so der Artikel korrekt ist, will Frau Köpping lt. Bild nicht nach Berlin.

Warum die SPD Karl Lauterbach nicht oder doch zum Gesundheitsministerkandidaten macht, werden wir früh genug erfahren, hoffe ich. Für viele wäre er die logische Wahl.

MfG

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Falsch. Der Fehler liegt im Wort „immer“. Sicher kennt jeder solche anekdotischen Fälle, bekannt unter dem Namen Peter-Prinzip. Aber quasi unser gesamtes System von klein- und mittelständischen Unternehmen baut trotzdem darauf auf. „Schrauber“ legen eine Meisterprüfung ab und werden dann „Chefschrauber“. Mir wäre jetzt nicht bekannt, dass das ein grundlegend defektes System wäre.

Und es gibt auch jede Menge Beispiele für den umgekehrten Fall, wo einem irgendwelche fachfremden BWL-Kasper vor die Nase gesetzt werden, die dann den Laden in kürzester Zeit vor die Wand fahren.

Das nennt man Politik. Nach einem Regierungswechsel kommt eine neue Führung, und dann muss die politische Richtung im Haus dem u.U. angepasst werden. Ansonsten bräuchten wir nicht zu wählen.

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Du hast gut zusammengefasst, warum Karl Lauterbach meiner Auffassung nach nicht als Gesundheitsminister geeignet ist. Fachkompetenz ist für die Leitung eines Ministeriums in der Bundesrepublik Deutschland nämlich nicht entscheidend. Klar, verkehrt ist es nicht. Aber es geht in erster Linie darum, einen bürokratischen Apparats zu leiten und Gesetzesvorschläge zu verabschieden. Dies muss in enger Absprache mit den Regierungsfraktionen und anderen Ministerien passieren. Schließlich arbeitet die deutsche Bundesregierung nach dem Kollegialprinzip. Wichtige Entscheidungen werden mit Mehrheitsentscheidungen im gesamten Kabinett entschieden: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/aufbau-und-aufgaben-390552

Fachwissen hilft bei diesen Aufgaben nur bedingt und kann sogar hinderlich sein. Beispiel Pandemie: Lauterbach hat sich im Herbst 2020 früh für einen Lockdown ausgesprochen. Aus wissenschaftlicher Sicht war das sinnvoll. Als Minister hätte er sich damit aber wohl kaum durchsetzen können, weil die politischen Mehrheiten einfach nicht da waren. Da hilft auch der Verweis auf brandneue Studien nichts. Lauterbach ist eben mehr Experte als Politiker.

Dazu kommt noch, dass Politiker:innen wichtige Entscheidungen abwägen müssen und dabei von Expert:innen beraten werden. Wie lange die Corona-Maßnahmen aufrecht erhalten werden, ist zum Beispiel keine Frage für die Wissenschaft, sondern für die Politik. Die Wissenschaft kann hier beratend tätig werden. Aber nur die Politik kann entscheiden, wie viele Neuinfektionen, Hospitalisierungen und Tote man zulassen möchte – quasi als „Preis“ für mehr Freiheiten im öffentlichen Leben. Das ist keine Frage für die Wissenschaft. Diese Abwägung müssen Politiker:innen treffen:

Darüber hinaus wollen wir ja auch nicht in einer Technokratie leben (also zumindest ich nicht).

Gut vorstellen könnte ich mir Lauterbach als „Chief Medical Advisor“ oder „Government Chief Scientific Advisor“, ähnlich wie Chris Whitty und Patrick Vallance im Vereinigten Königreich. Nur gibt es diese Position in Deutschland nicht. Als Alternative käme Lauterbach vielleicht als Leiter des geplanten Pandemie-Krisenstabs in Frage. [Das hat sich nun auch erledigt.]

Übrigens findet man in den USA deutlich häufiger als in Deutschland Minister:innen mit relevanter Fachexpertise. Das liegt aber auch am anderen Regierungssystem: Das Kabinett hat in den USA eine eher symbolische Funktion, denn dort werden keine Entscheidungen getroffen. Die Minister:innen („Secretaries“) sind eher in beratender Funktion für ihren Geschäftsbereich tätig. Merkmale der Präsidialdemokratie | bpb.de

Ich würde dir recht geben, wenn Lauterbach ein absoluter Fachidiot wäre. Das ist er aber eben nicht, sondern jemand, der sich mit der Faktenlage seines Berufs auseinandersetzt. Weiter hat er bereits jahrelange Erfahrung in verschiedenen politischen Positionen.

Das Argument Technokratie ist aus meiner Sicht absoluter Schwachsinn. Wenn es einen Minister disqualifiziert, dass er sich mit seinem Thema auskennt, ist klar, warum Deutschland dort steht, wo es nunmal steht. Es geht ja nicht darum, dass morgen Lauterbach alles alleine entscheidet, sondern dass er halt traurigerweise einer der wenigen Politiker wäre, die mal in so einem Posten mal eine Studie liest.

Sorry, ich kann deine Einschätzung gar nicht teilen.

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Die Beschreibung von Petra Köpping als völlig unbekannt ist mir ebenfalls unangenehm aufgestoßen. Sie ist seit vielen Jahren auf Landesebene sehr präsent. Darüber hinaus hat sie 2019 aber auch für den SPD-Vorsitz kandidiert und sollte damit für politisch Interessierte auf Bundesebene zumindest auf dem Radar auftauchen.

Neben ihrer fachlichen Kompetenz würde sie immerhin zwei immer noch rare Eigenschaften in eine Bundesregierung mitbringen: eine weibliche Politikerin aus Ostdeutschland.

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Klaus Holetschek (CSU) und Gesundheitsminister in Bayern hat sich gerade für Lauterbach ausgesprochen :grin:

Naja, ein Karl Lauterbach als Gesundheitsminister macht noch keine Technokratie. :wink: Mein Punkt hier ist eher, dass fachliche Expertise keine Voraussetzung für Politiker:innen sein sollte. Wenn am Ende jedes Ministerium von Professor:innen geleitet würde, dann hätten wir eine Technokratie.

Aber man muss ja auch nicht immer einer Meinung sein.

Auch das wäre doch noch keine Technokratie. Die Minister können ja wie gesagt auch nicht einfach mal alles im Alleingang entscheiden.

Ich gebe dir aber natürlich recht, dass die Expertise nicht zwingende Voraussetzung für eine gute Arbeit als Minister ist. Dennoch habe ich das Gefühl, dass sie zumindest in der Lage sein sollten Fakten zu erkennen.

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Das jemand diesen Satz über unsere Politik rausbringt sagt schon viel aus. Und der Satz ist natürlich völliger Quatsch. Fachwissen steht einem nur dann im Weg, wenn man aus Partei-politischen Gründen gegen die Realität arbeiten möchte. So wie es z.B. Andi Scheuer bei der PKW-Maut getan hat.

Richtig, wie die Frage: „Wer wählt mich bei der nächsten Wahl“. Das scheint sogar die Hauptfrage zu sein, die sich Politiker dieser Tage stellen. Alles andere wird immer unwichtiger. Siehe die lausige Corona-Politik aller Partei um die Bundestagswahl dieses Jahr.

Ich sage es mal so: "Wer gegen Fach-Minister wie Lauterbach ist, der darf sich über Leute wie Andi Scheuer nicht ärgern."

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