Karl Lauterbach als Gesundheitsminister?

Dem stimme ich zu. Das Problem hierbei ist, ob Politiker hier in der Lage sind diese Entscheidung basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnisse zu treffen, oder etwa nicht. Wie gut das funktioniert sehen wir ja aktuell zum vierten Mal. Die 4. Welle kann nur noch ertragen werden.

Karl Lauterbach ist für mich in erster Linie Politiker und im Speziellen einer, der Studien nicht nur lesen, sondern auch verstehen kann. Er wäre wirklich ein Vertreter, der den Preis in Relation zu den Entscheidungen einschätzen kann.

Sein größtes Problem liegt wohl in der Rhetorik bei der Vermittlung der schlechten Nachrichten. Wenn es die Aufgabe wäre in einer „Brandrede“ das Volk zusammenzuschweißen, wäre er natürlich vollkommen ungeeignet.

Hier wäre Lindner bestimmt ein geeigneter Kandidat. Man erkennt aber hoffentlich sofort das Problem, welches Lindner als Gesundheitsminister hätte. Sein Preis, den er qua Amtes bereit wäre zu zahlen ist nicht der Gesundheit des Volkes geschuldet, sondern der „Gesundheit der Wirtschaft“.

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Nein. „Brandreden an das Volk“ sind und waren noch nie Aufgaben von Ministern. Das machen Präsidenten oder Kanzlerinnen, oder eben keiner.

Das Problem von Lauterbach ist, dass seine eigene Partei voll ist mit irgendwelchen Kultusministern und anderem Gedöns, die die ganze Pandemie über falsche Entscheidungen auf der Basis von Wunschdenken und Gebeten treffen, und dass er diesen permanent widerspricht. Die mögen das aber nicht, wenn sie sogar aus ihrer eigenen Partei zu hören bekommen, wie unfähig sie sind, und deswegen hat er in seiner Partei keine ausreichende Unterstützung.

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Das ist leider so. Es mangelt ganz deutlich an Leadership – niemand möchte irgendetwas entscheiden und dann die Konsequenzen tragen. Sieht man auch wieder bei der Impfung von unter Zwölfjährigen. Anstatt die Impfzentren anzuweisen, schon mal ohne STIKO-Empfehlung anzufangen, wird Druck auf die STIKO ausgeübt, doch bitte schneller zu entscheiden. Nicht, dass man als Politiker:in noch selbst Verantwortung übernehmen müsste, Gott bewahre!

Schöner Artikel dazu auch in der FAZ (leider Paywall): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/corona-und-impfverweigerer-wieso-die-impfkampagne-scheitert-17633749.html

Wie man aktiv für die Impfung werben kann, zeigt der englische Gesundheitsminister:

Am Ende ist keine Entscheidung aber eben auch eine Entscheidung: Für eine Überlastung des Gesundheitssystems, noch mehr Tote und Patient:innen mit Long Covid. Wenn man das so möchte, dann soll die Regierung das aber auch bitte offen so kommunizieren. Ich halte es für den falschen Weg, aber dann wüsste man wenigstens, woran man ist.

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Meine Hoffnung wurde anscheinend erhört.

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Ich glaubs ja nicht. Hätte ich nicht erwartet. Die SPD macht Nikolaus-Geschenke :wink:

Scheint für den Spiegel auch die wichtigste Personalie gewesen zu sein, dem Banner auf deren Homepage nach.

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Lauterbach hat halt noch kein Ministerium geführt, mal abearten was die Beamten und die Fraktion so treiben werden. Vielleicht wäre Staatssekretär besser gewesen vom Verhältnis Einfluss, Funktion und politischer Angreifbarkeit her.

So wie die meisten der neuen Minister, oder? Das empfinde ich als Argument gegen Lauterbach als schwaches Argument.

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Ich bin nicht gegen Lauterbach als Minister nur jemand der wenig Rückhalt in der Fraktion hat ist politisch oft anggreifbarer so im Gegensatz zu den anderen Kolleginnen, gerade als Minister. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass er eventuell als Staatssekretär mehr erreichen könnte. Die SPD Fraktion inäst nicht gerade zimperlich, wenn die sich auf den Schlips getreten fühlen das mussten auch die Vorsitzenden mehrfach spüren und der Minister ist nicht unbedingt die Person mit der meisten Macht.

Nun, wenn man Lauterbach kritisieren will kann man entweder in seine Vergangenheit schauen (Stichwort Lipobay-Skandal), oder man kann seine TV Auftritte kritisieren, die oft sehr nach PR aussahen und wenn er nach Fakten gefragt wurde er keine Antwort parat hatte (obwohl es sie gab, Herr Lauterbach kannte sie nur nicht oder wollte sie nicht nennen), oder eben sein Anecken bei vielen seiner politischen Mitstreitern, weil er doch oft sehr undiplomatisch mit ihnen umgegangen ist.

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Beziehungsweise meine Befürchtung hat sich bestätigt. :wink:

Aber jetzt ist diese Personalentscheidung gefallen. Karl Lauterbach kann nun beweisen, dass er nicht nur ein hervorragend informierter Wissenschaftler und Politiker ist, sondern auch erfolgreich ein Ministerium leiten kann. Die Herausforderungen sind enorm. Zunächst gilt es, aus der vierten Welle herauszukommen—also weitere Tote, Erkrankte und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Danach muss Lauterbach mit dem Bundeskabinett eine langfristige Strategie erarbeiten, wie Deutschland mit der Pandemie umgehen möchte. Wir müssen endlich proaktiv vorgehen, und den Infektionszahlen/Hospitalisierungen nicht immer nur panisch hinterherrennen. Wie viele Infektionen und Erkrankte wollen wir nach Ende der vierten Welle zulassen, ohne das öffentliche Leben wieder einzuschränken? Das sind schwierige politische Abwägungen, die sich nicht durch das Motto „follow the science“ lösen lassen. Schließlich gilt es, unser Gesundheitssystem und Pandemiemanagement resilienter für die Zukunft zu machen.

Für diese Aufgaben wünsche ich Karl Lauterbach viel Glück und Erfolg. Auch wenn ich skeptisch bleibe, lasse ich mich nun gerne vom Gegenteil überzeugen. :+1:

Puh … sowas nennt man dann wohl „Greenwashing“ oder in diesem Falle Whitewashing:

Lauterbachs Stimmverhalten zum 219a, zur Aufnahme der Geflüchteten aus Moria oder auch seine Positionen zum Schliessen von Krankenhäusern machen ihn für mich nicht zu einem tollen Kandidaten für den Gesundheitsminister.

Taktisch war das toll von der SPD, ihn uns so lange vorzuenthalten, bis wir das vergessen und uns nur noch an seine Auftritte zum Thema Corona erinnern. Ich hoffe ich liege falsch und es wird besser als erwartet.

Fraktionsdisziplin? Sofern nicht ausnahmsweise die Abstimmung freigegeben war ist individuelles Stimmverhalten nur sehr begrenzt aussagekräftig. Spannender wäre, wie er sich zu den jeweiligen Fragen in der Fraktion positioniert hatte.

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Für die Opposition (CDU/CSU gemeint) ist Lauterbach ein gefundenes Fressen. Auf ihm können sie herumhacken und jedes Wort für bare Münze nehmen. Natürlich wollen sie den man, dem sie ab sofort jedes Zitat bei dem er sich irrte (und er irrt sich doch schon relativ oft) unter die Nase reiben können.

Karl Lauterbach hat eigentlich immer zwischen §218, den er als Ethik-Paragraphen für tragbar hält und §219a unterschieden.
Zur Abstimmung schreibt Abgeordnetenwatch:

In der Debatte bemerkt Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD), dass die Tatsache, dass es einem/r Arzt/Ärztin verboten ist, darüber zu informieren, ob er/sie einen solchen Eingriff zur Beendigung einer Schwangerschaft anbietet, ein falsches Arztbild darstelle. Es würde unterstellen, dass Ärzte solch einen Eingriff nur durchführen würden, um daran Geld zu verdienen. Auch sei dieses Verbot diskriminierend für die Frau, da es bedeute, dass man davon ausgeht, dass eine Frau sich allein durch Werbung zu einem Schwangerschaftsabbruch bewegen ließe.

Aufhebung von § 219a StGB | abgeordnetenwatch.de
Die SPD wird den §219a jetzt mit Grünen und FDP zusammen abschaffen.

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Lauterbach ist aber nicht nur Epidemiologe, sondern hat einen „Master of Public Health“ was man wohl als Gesundheitsökonom beschreiben könnte. Er hat auch jahrelang eine Professur innegehabt. Außerdem ist Lauterbach einer der wenigen Spitzenpolitiker der sich nicht explizit in ein Amt gedrängt hat, sprich seit vielen Jahren in der Politik ist, um irgendwann mal Minister zu werden. Ich halte ihn für einen unabhängigen Kopf. Deswegen ist er dann auch in einer „Volkspartei“ eher unbeliebt. Man möchte dort dann doch eher berechenbare Geister… Ich halte Lauterbach für einen Glücksfall: er kommuniziert klar ohne auf die nächste Wahl zu schielen und hört als Wissenschaftler auch sicher auf den Rat anderer…

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Ich hoffe nur, dass es so bleibt und dass er nicht zu einem Parteisoldaten wird.
Wir werden sehen was er in der Verantwortung stehend dann erreichen kann.

Es ist immer irgendwie ein Spagat bei einem Ministeramt zwischen Managment, Komminikations und Expertenfähigkeit. Wobei ich mir nicht sicher bin welche Gewichtung hier optimal ist.

Klar ist Karl Lauterbach kein klassischer SPD-Kader wie etwa, sagen wir, Hubertus Heil, aber die Stilisierung zum Außenseiter geht mir dann doch etwas zu weit. Dass Lauterbach von der Partei nicht in Funktionen entsandt wird stimmt ja so auch nicht. Lauterbach war von 2009-2013 gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und von 2013-2019 stellvertretender Fraktionsvorsitzender. In diesem Amt hat er dann für seine - freilich wenig erfolgreiche - Kandidatur für den Bundesvorsitz auf die Wiederwahl verzichtet.

Ne du, das sehe ich anders. Reden kann jeder, aber Politik, die sich auf uns alle Auswirkt, wird nunmal primär an der Abstimmungsurne und mit Gesetzen gemacht - Und nicht in der Bildzeitung (ums mal stark zu überzeichnen). Du kannst einfach anders abstimmen, wenn dir das Leiden und die Leben der ungewollten Mütter am Herzen liegen. Vielleicht hab ich mir 45 Jahren, mal am Thema Ehe für alle, viel zu viele Politiker und Parteien gesehen, die z.B. gerne den Pride Wimpel schwingen, einen Wagen auf dem CSD aufbauen, aber dann anders abgestimmt haben.

Gerade bei der ehe für alle, kann man gut argumentieren: Wenn man auf Fraktionsdisziplin (Euphemismus) verzichtet hätte: Diese Entscheidung hätte es mindestens 10 Jahre früher geben können. Wenn nicht schon viel eher. Das mag für uns (ich rede von mir) Heten keinen so großen Unterschied machen, aber wenn du schwul oder lesbisch bist, dann ist der Einfluss dieses Fraktionszwangs auf dein Leben unmittelbar und auch recht brutal.

Die oben genannten Themen waren halt alles für Karl Lauterbach (und so viele andere, meist männliche und sehr bekannte Politiker) nicht wichtig genug im Vergleich zur Karriere.
Fraktionszwang oder auch die euphemistische Umschreibung Fraktionsdisziplin ist kein Gesetz. Ganz im Gegenteil, aber 38 GG muss ich dir nicht erklären.

Bei Lauterbach wäre da auch die Erklärung zu Corona und Sexarbeit und gleich noch die Forderung nach dem Nordischen Modell in dem Kontext. Da weiss ich doch gleich wer, wo mit wem am Sonntag in die Kirche geht.

Sorry, ich will nicht sagen, er sein Ungeeignet für den Gesundheitsminister, aber wie unkritisch die Presse und auch große Gruppen auf Social Media Lauterbach abfeiern, das kann so nicht 100% der Realität entsprechen. Ich halte es für einen sehr schlauen, taktischen Zug der SPD, die Personalie so lange zu verschieben und erst mal eine andere Person hier zu nennen. Später wird es heissen: You asked for it.

mark my words. 2024 reden wir wieder über die Verkleinerung des Krankenhausapparates, die Pfleger werden sicher nicht viel mehr Geld bekommen und alles bleibt beim Alten - Also dem neuen, alten, ‚modernisierten‘ Krankenhaussystem für 2 Kasten (s´Selbstzahler und Kassenpatienten)

Machen wir uns nichts vor.
Wenn die SPD damals mit der Opposition den 219a abgeschafft hätte, wäre die Koalition geplatzt.
Dafür ist er der Union und ihren katholischen Wählern zu wichtig.
Ansonsten hätte sie es zur Gewissensentscheidung machen können, was bei solchen Themen eigentlich auch richtig wäre.

Edit: zu den Krankenhausbetten: letzendlich geht es immer ums Geld, auch da brauchen wir uns nichts vormachen.
Letzendlich braucht man flächendeckende Versorgung möglichst günstig.
Das kann zu Modellen führen, wie wir es in der DDR mit den Polikliniken hatten, was dann aber das Aus für manche Krankenhäuser bedeuten wird.

Sind eigentlich immer noch alle so glücklich über Karl Lauterbach als Gesundheitsminister, oder hat sich bereits eine gewisse Ernüchterung eingestellt? Mich würde das wirklich ganz frei von Ironie interessieren.