Nein, darum geht es auch nicht.
Der Sinn von Reservisten ist gerade nicht, einfach nur „die Schützengräben zu füllen“, dafür kann man auch Leute, wie es aktuell in der Ukraine geschieht, im Schnelldurchlauf ausbilden. Ist nicht optimal, aber machbar.
Reservisten sollen gerade nicht mäßig ausgebildete Frontsoldaten sein, sondern Spezialisten an dem Gerät, an dem sie einst ausgebildet wurden und an dem sie permanent Fortbildungen absolvieren. Deshalb sollen Reservisten mehrere Wochen im Jahr an Übungen teilnehmen, damit man sie eben an „komplexem Gerät“ ausbilden kann. Idealerweise werden Reservisten zudem so eingeplant, dass ihre zivile Erfahrung auch für die Bundeswehr nutzbar wird - Ingenieure kommen dann eben vermehrt zu den Pionieren und vor allem in die Planungsebene, Informatiker in Drohenprogramme oder Cyberabwehr, medizinisches Personal natürlich in den Sanitätsdienst, Berufskraftfahrer als Panzerfahrer oder LKW-Fahrer in den Nachschub usw…
Die Rolle der Reserve ist dann, je nach Alter, entweder selbst als Verstärkung nachzurücken, wenn die Berufs- und Zeitsoldaten nicht ausreichen um das vorhandene Material auszufüllen - oder als Multiplikatoren zu fungieren, also in der Lage zu sein, ihrerseits wieder neue Soldaten auszubilden, damit das im Rahmen einer Kriegswirtschaft schnell produzierte neue Material verwendet werden kann.
Kurzum:
Reservisten sind durch langjährige Fortbildung im Idealfall Spezialisten. Die Realität sieht leider anders aus, weil wir auch das Thema Reserve und Reserveübungen einfach nicht ernst genug nehmen und oft auch einfach nicht das Material für hinreichende Reserve-Übungen zur Verfügung steht. Eine Reserve an Spezialisten kann natürlich nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn im Fall der Fälle auch Material für die Reserve zur Verfügung steht… andere Länder, z.B. Finnland, schaffen das auch. Wir leider (noch) nicht.
Die Kritik von @WilliWuff trifft meines Erachtens eher auf eine Wehrpflicht zu, denn dort muss man sich wirklich fragen, ob das sinnvoll ist. Einziges valides Argument für die Wehrpflicht ist in der Tat der Anwerbe-Effekt, aber es muss effizientere Wege geben, Menschen für die Bundeswehr zu gewinnen, als alle jungen Menschen durch ein Militärtraining zu schicken in der Hoffnung, dass ein paar davon bei der Bundeswehr kleben bleiben…
Ich bin daher ebenso klar für einen massiven Ausbau der Reserve, wie ich gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht bin.