Justizminister Marco Buschmann (FDP)

Wer in Geld spart wird langfristig mehr Kaufkraft verlieren als jemand der nicht in Geld spart - so lese ich Buschmanns Tweet.
Und dem stimme ich zu.

Von Menschen die nicht sparen können oder wollen spricht Buschmann hier nicht.

Das hier zeigt jedoch deutlich, dass die Deutschen in Sachen Geldanlage nicht kompetent vorgehen - insbesondere im europäischen Vergleich beweist die Vorliebe der deutschen für gering- bis negativverzinste Anlageklassen ein hohes Maß an Nachholbedarf.

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Warum ich ein Problem mit der Aussage habe möchte ich mal anhand eines Beispiels aufzeigen.

50% der Menschen, die 2016 in Deutschland lebten, hatten ein Vermögen von unter 66’400 Euro. Rechnet man mal alles in dieses Vermögen ein, bleibt unter dem Strich für eine grosse Personenzahl praktisch keine Möglichkeit zum Sparen. Diese Menschen sind (wenn das Einkommen mit dem Vermögen korrelieren würde, wir nehmen das zur Einfachheit einfach mal an) praktisch nicht in der Lage sich etwas auf die Seite zu legen. Und sie sind beispielsweise nicht in der Lage sich von ihrem Geld Bitcoins, Aktien oder Immobilien zu kaufen, wenn sie im Prinzip jeden Euro mehrfach umdrehen müssen. Die Bedürfnisse dieser Klientel sind einfach andere, als die von Menschen mit höherem Vermögen. Diese gesellschaftliche Realität muss man einfach mit einbeziehen.

Grundsätzlich ist es natürlich richtig, dass das klassische „Sparen“ aktuell mehr Geld „verbrennt“. Dieses Geld wandert aber ja eben wieder in die Hände derer, die eben nicht die Grundsatzprobleme von Armut und prekärer Beschäftigung haben, sondern sich in Ruhe überlegen können, welche Aktien sie jetzt kaufen. Für diese Menschen wird die Sparsituation aber immer schlimmer, während davon die Menschen mit statistisch gesehen höherem Vermögen zu ihren Lasten profitieren.

Dass Buschmann von diesen Menschen nicht spricht, liegt in der Natur der Sache. Die meisten FDP-ler interessieren sich ganz einfach nicht für die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung und ignoriert dabei, dass es in Deutschland eine ganze Reihe von Menschen gibt, die eben kein Vermögen zum zocken haben.

Ich möchte gerne noch auf das Argument mit der Inflation eingehen. Wenn jemand in prekärer Beschäftigungssituation im Monat 30 Euro verliert, tut ihm das im Verhältnis deutlich mehr weh, als wenn die Quandts monatlich 100 Euro verlieren (explizit, obwohl der Wert in absoluten Zahlen natürlich höher ist), die sie dafür über einfaches Aktieneinkommen um ein mehrfaches wieder wettmachen.

Meiner persönlichen Meinung nach wäre es höchste Zeit, dass man wieder einmal schaut, dass sich das Sparen für kleine Leute zumindest nicht mehr negativ auswirkt. Ich bekomme aktuell vielleicht 1 Franken pro Jahr auf meine Anlagen und muss jährlich 15 Franken Kontoführungsgebühren bezahlen. Geld, dass mir egal ist, habe ich aber leider nicht zur Verfügung, um damit Aktien zu kaufen und damit zu riskieren, dass mir das Geld in der nächsten Krise wieder um die Ohren fliegt. Auch eine Immobilie hätte ich herzlich gern. Leider ist das für eine grosse Zahl der Einwohner (hier in der Schweiz und in Deutschland) keine Option mehr.

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Die Aussage scheint mir zu stimmen. Aber den Tweet auf diese Aussage zu reduzieren, scheint mir sehr „motivated reasoning“ zu sein.
Nur eine Zeile weiter oben behauptet er, dass das der eine Grund sei, weshalb die Schere zwischen Arm und Reich aufgeht. Und ich glaube nicht, dass irgendjemand, der dieses Aufgehen moniert, dabei nur die Leute, die überhaupt Vermögen haben, meint. Ist das dein Eindruck?

Den Tweet von Buschmann zu kritisieren weil er etwas nicht schreibt finde ich jetzt dann doch ein bisschen überzogen - aber ich gehe gerne auf die Frage ein.
Wie viel hätten denn diejenigen, die ein positives Bankguthaben aufweisen, wenn sie das wenige Geld was sie auf dem Konto haben investiert hätten - und sei es nur für die Zeit bis sie es ausgeben müssen (also teilweise unter einem Monat in ganz klammen Situationen)?
Eines kann ich dir sagen: es wäre mehr. Wer Bankguthaben hat, kann auch in etwas anderes investieren als in FIAT Geld.

Ich glaube du hast den Effekt von Inflation an einer entscheidenden Stelle missverstanden. Inflation heisst einfach nur, dass die Menge von Geld aufgebläht wird und in der Folge steigen Preise für Investitions- und Konsumgüter, weil mehr Nachfrage (nicht mehr Nachfragende, sondern mehr Nachfrage-Euros) immer zu höheren Preisen führt.

ich verstehe es so, dass moniert wird, dass die Armen eben in Geld sparen und nicht in sinnvolleren, werterhaltenderen oder gar wertsteigernden Assetklassen. Und auch diese Kritik teile ich.

Auf @Justjaythings Beispiel:
Person A spart 100% in Bankguthaben - sagen wir 100€.
Person B spart 100% in Aktien - sagen wir 100.000€.
Nach einem Jahr hat die Aktie 5% Rendite - und Person B hat nun 105.000€.
Damit ist die Schere zwischen Arm und Reich auseinander gegangen. Sie wäre prozentual aber weniger auseinander gegangen, wenn Person A auch in dieselben Aktien investiert hätte.

Okay, danke für den Hinweis. Das wir 2020 und 2021 soviele neue Schulden aufnehmen, hatte ich tatsächlich nicht auf dem Schirm. Das der Großteil dieses Geldes durch den Geldschaffungsprozess der Zentral- bzw. Geschäftsbanken entsteht, ist mir allerdings schon klar gewesen. Anyway…

Trotzdem halte ich die Forderung nach Immobiliensparen und Aktiensparen für die Rente für falsch. Das Umlageverfahren, dass wir jetzt haben muss lediglich wieder fit gemacht werden. Aktien- und Immobilien sind einfach zu riskant. Und sag mir mal bitte, wer sich bei seiner Rente NUR auf so etwas verlässt?
Niemand. Zumindest nicht freiwillig.
Diese Ganze Nummer mit der Aktienrente ist nur ein Feigenblatt mit dem die Politik die sinkenden Renten schönrechnen will.

Richtig, mir ist schon klar, was du meinst. Es greift für mich persönlich nur zu kurz. Denn Person A hat halt eben in der Praxis nicht mal schnell die 100 Euro, um gegebenenfalls darauf zu verzichten. Darum geht’s mir.

Wenn ich in marktpreisgebundene Anlagegüter (bspw. Aktien) investiere, muss ich auch damit rechnen, dass mein Anlagegut an Wert verliert. Wenn es an Wert verliert, habe ich ebenfalls Geld verloren. Mit dem Unterschied, dass es mir mehr wehtut, als jemand, der auf 100 Euro „verzichten“ kann, weil er dann halt immernoch 999900 Euro übrig hat.

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ich sehe keine Hoffnung für dieses Ponzi-schema in einer alternden Gesellschaft.

Die Skandinavier investieren mit ihren Rentenfonds weltweit und breit diversifiziert. Hier von einem Risiko zu sprechen ist schon fast fahrlässig. Wie wahrscheinlich ist es, dass alle Branchen auf allen Kontinenten über längere Zeit schwächeln?
selbst Corona war ja gerade mal ein kleiner Einbruch und längst überwunden.

ja, weil es zu klein gedacht ist. statt 10 Milliarden hätte deutschland mal lieber 1000 Milliarden aufgenommen und professionell angelegt. So wie es gemacht wird ist es ein tropfen auf dem heissen stein.

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Das mag schon sein, aber würdest du der These von Buschmann zustimmen, dass der eine Grund für das Aufgehen der Schere zwischen Arm und Reich ist, dass die Leute, die überhaupt sparen können, in Geld und nicht in Aktien sparen?

man muss ja nicht vollständig in Aktien investiert sein. aber selbst wenige Prozent seines Vermögens - so klein es auch sein möge - investiert zu haben würde helfen die arm-reich-schere nicht derart aufgehen zu lassen.
Aber ich muss auch sagen, dass die Person mit 100€ vermutlich nicht die Person ist, die Buschmann ansprechen wollte, sondern eher die Personen die wirklich ein paar hundert oder paar tausend euro investieren könnten - es aber nicht tuen. also eher die 30.-70. percentil aus deiner Grafik. und bei diesen habe ich absolut kein Verständnis, warum diese eher in Bausparverträgen oder Bankguthaben sparen als in sinnvolleren Anlagen.

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Doch das geht sogar ganz einfach. :slight_smile: Nur müssen dann einige, die z.B. gar nicht in die DRV einzahlen auf Leistungen daraus verzichten. Aber das würde diesen Thread sprengen.

Aber sie haben als Backup immer noch eine „normale“ Rente (Quelle)

Das schwedische Modell enthält eine staatliche Grundrente, die durch eine Betriebsrente und eine private Altersvorsorge ergänzt wird. Die Schweden müssen 2,5 Prozent ihres Bruttoeinkommens in Vorsorgefonds abführen.

Niemand ist so unvorstichtig all sein Geld nur in Aktien anzulegen.

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für mich ist das völlig klar und ich finde buschmanns Analogie auch verständlich. Die armen sparen in Pokemonkarten (=FIAT Geld), von denen täglich viele nachgedruckt werden und wundern sich über den Wertverlust ihres Besitzes und die Reichen investieren in Unternehmen. Das kann doch nur zu einer Spreizung führen.

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richtig, aber selbst die 2,5% der Schweden hatten die deutschen ja nicht. ich sage ja nicht, dass 100% Investition in Aktien das richtige ist - aber 100% in Bankguthaben ist definitiv falsch.

Ich bin mir bei dir nie sicher, ob du uns nicht alle trollen willst.
Zur Sache: Was ist mit Menschen, die gar nicht sparen, weil ihr Einkommen gerade so reicht?

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Ich habe das Gefühl wir entfernen uns immer weiter vom Zweck dieses Threads.
Buschmann kritisiert das Sparen in Geld. Wer nicht spart wird auch nicht kritisiert.

Ich kann es ja mal persönlich erklären: Ich versuche stets meine Bar-Reserven wie zB Bankguthaben auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und investiere mein Geld lieber in Unternehmen, die damit neue Stromleitungen bauen und mir aus den Gewinnen Dividenden auszahlen.
Davon profitiert doch quasi jeder - das Unternehmen kann neue Infrastruktur schaffen, die Infrastruktur kommt uns allen zugute und ich bekomme aus den Erlösen einen Gewinn zurück.
Das Geld einfach nur unter dem Kopfkissen liegen zu lassen empfinde ich da tendenziell als unproduktiv und freue mich sogar über eine hohe Enteignung dieser durch eine hohe Inflation. Andersherum schadet mir die Inflation nicht, denn die von mir klofinanzierte Stromleitung kann ja den Preis der Stromdurchleitung anpassen (=pricing power).

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Die Schere zwischen Arm und Reich ist ein definierter Begriff.
Und wer vorhat, demnächst das Justizministerium zu übernehmen, sollte und wird das auch wissen.
Er muss also mit solchen Begriffen vorsichtig sein.
Und darum darf man ihm hier auch unterstellen, das bewusst getan zu haben und eine Assoziation zu schaffen:
Wer von seinem Geld nicht leben kann, hat nur falsch gespart.
Damit zu rechtfertigen, dass 1% der Deutschen 30% des Deutschen Vermögens besitzen und 41% kein nennenswertes Vermögen kann und muss kritisiert werden.

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Diese Assoziation lese ich da nicht raus - sorry.
Ich könnte mit folgendem Mitgehen:
Wer sich trotz Arbeit keine Immobilie leisten kann hat vermutlich suboptimal angelegt.

Oder die Reallöhne werden seit Jahren Dividenden geopfert. Hierdurch werden Vermögende noch reicher und kaufen weiter Immobilien und blähen den Markt auf. Der Arbeitnehmer dessen Lohn dabei hinterrücks gekürzt wird bleibt in der Armutsspirale namens Miete gefangen.

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keine Sorge - die Zeit der Macht der Arbeitnehmer kommt - Ende dieser Dekade :slight_smile:

Vorher stimme ich voll zu - es ist nicht besonders attraktiv Arbeitnehmer in Deutschland zu sein. Wundert mich auch, dass das so viele wollen.

Selbst da wäre ich vorsichtig.
Irgendwo ein Bruch, Firma pleite, man findet nicht gleich den Übergang, muss vielleicht umschulen.
Nach 24 Monaten ALG Hartz4.
Das bisschen angesparte Vermögen ist weg. Und derjenige hatte nur ein bisschen Pech, war zur falschen Zeit am falschen Ort.

Hauptschulabschluss, keiner stellt Dich ein, aber Du kneifst die Pobacken zusammen, baust Dir ein kleines Gewerbe auf.
Pandemie, der Staat stellt Dich mit juristischen Personen gleich, sagt: Lebenshaltungskosten werden nicht gefördert, Du versuchst Dich über Wasser zu halten, alles ist weg.
Gerade in dieser Situation lesen die Leute diesen Post.

Wo ich mitgehen würde:
Dass manche reicher sind als die anderen, liegt auch daran, dass sie ihr Geld besser angelegt haben.
An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass Dir Bankberater immer nur mitteilen werden, dass die Rendite von Aktien in der Vergangenheit 7% betrug. Von der Zukunft sagen sie nichts.
Marco Buschmann sollte bei solchen Aussagen kein Finanzberater werden, die Klagen wären vorprogrammiert.

[Sarkasmus on]
Derweil machen die unteren 5% das Beste, was man in einer inflationären Phase machen kann: Sie geben das Geld aus, bevor es an Wert verliert.
[Sarkasmus off]

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