Jens Spahns Fail bei AstraZeneca

Ich finde das Argument der Freiwilligkeit bzw. den Vorwurf der Bevormundung nicht besonders überzeugend. Im Rahmen der staatlichen Kontrolle von Impfstoffen und Arzneimitteln ist der Staat immer in der Rolle, eine Abwägung zu treffen, die nicht durch den Willen der PatientInnen einfach übergangen werden kann. Ansonsten müssten wir auch Sputnik (ohne eigene Prüfung) verimpfen. Könnte ja jeder frei entscheiden, ob er das Risiko eingeht. Ebenso der chinesische Impfstoff. Und sämtliche noch nicht zugelassenen Medikamente.

Auch die bloße Kosten-Nutzen-Rechnung kann mich nicht überzeugen. Denn auch nach dieser Argumentation hätten wir die mittlerweile zugelassenen Impfstoff alle sofort verimpfen müssen und auch Sputnik sofort verimpfen.
Es macht in der Bewertung einen Unterschied, ob jemand, der/die kerngesund ist und für den/die möglicherweise auch eher geringe Gefahren einer COVID-Erkrankung ausgehen, an einem Impfstoff verstirbt, oder ob sich jemand im Rahmen seines allgemeinen Risikos infiziert und daran verstirbt.

Insofern finde ich, kann man das Vorgehen des BMG sicherlich für falsch halten, finde die Kritik an DIESEN Vorgang aber überzogen. Ich hatte eher den Eindruck einer allgemeinen Abrechnung mit Spahn.

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Ich glaube, diese Argumentation greift zu kurz. Mit der gleichen Logik müsste man dann zum Beispiel auch weiterhin den Verkauf von Quecksilber-haltigen Präparaten für Kleinkinder gegen Schmerzen beim Zahnen erlauben. Es kann sich ja schließlich jede/r darüber informieren, wie problematisch Quecksilber ist und dann eine eigene Entscheidung treffen.

Risikobewertungen gehören von Fachleuten durchgeführt, und gehören dann entsprechend umgesetzt. Sich auf individuelle Risikobewertungen von Laien zurückzuziehen würde heißen, sich aus der staatlichen Verantwortung zu ziehen. Und Laien sind damit völlig überfordert, nicht umsonst gibt es ein deutsches Arzneimittelgesetz.

Den Image-Schaden hat doch eher das Paul-Ehrlich Institut produziert, oder? Jens Spahn hatte nur noch die Wahl zwischen „rock and a hard place“.

Und ehrlich gesagt: die paar Tage Aussetzen von AZ sind, im Vergleich zu den massiven Problemen der Impfkampagne in Deutschland, wahrscheinlich nicht wirklich entscheidend.

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Ich finde das Urteil von Ulf in der aktuellen Folge auch etwas zu hart formuliert. Man muss natürlich sehen, dass Jens Spahn unter enormen Druck steht und er mit seinem Handeln eigentlich nur seiner Linie treu bleibt, wenn er sagt, das Vertrauen (in den Impfstoff bzw. die Impfung) stehe an oberster Stelle – bemerkenswert ist natürlich, wieso er offenbar nur in diesem Fall so ausgiebig auf die wissenschaftliche Expertise hört. Andere Staaten haben die Impfung ja ebenfalls augesetzt, setzen sie noch aus oder verschärfen ihre Vorschriften wie aktuell bspw. Norwegen. Das wäre dann auch in Deutschland debattiert worden. Nicht vergessen werden sollte auch die Haftungsfrage bzw. daraus resultierende Versorgungsansprüche, die wohl ebenso Gründe für die Aussetzung gewesen sein könnten: Corona-Pandemie: Wer zahlt bei möglichen Impfschäden? | tagesschau.de

Auf die Statistik habe ich an anderer Stelle schon hingewiesen und in jedem Beipackzettel für Medikamente stehen solche Indikationen ebenfalls. Da die Impfung ohnehin freiwillig ist, hätte mit entsprechender Aufklärung weitergeimpft werden können.
Interessant fand ich auch, dass schon in einer „Lage“ vor vielen, vielen Wochen Philip und Ulf völlig berechtigt sagten (in der aktuellen Folge auch kurz angedeutet): „Es wird Menschen geben, die lassen sich in einem Impfzentrum impfen, und fallen danach tot um.“ Dazu kann man nur sagen: Korrelation ≠ Kausalität.

Den Vorschlag von Karl Lauterbach, trotzdem weiterzuimpfen, die EMA-Empfehlung abzuwarten (er ging davon aus, dass es weiterhin eine uneingeschränkte Empfehlung für den Impfstoff geben wird) und möglicherweise die politische Verantwortung zu übernehmen, falls etwas schiefläuft, fand ich sehr plausibel. Siehe zum Beispiel bei Markus Lanz, u. a. im Gespräch mit Kekulé:

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Das ist ja genau unser Vorwurf an Spahn - dass er diesem Vorschlag nicht gefolgt ist. Cojones, Señor!

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Zu diesem Punkt möchte ich ein Argument ergänzen. Eine sorgfältige Untersuchung möglicher Nebenwirkungen in einem transparenten Verfahren durch ein etabliertes Institut kann die Akzeptanz des Impfstoffes erhöhen, weil dadurch deutlich wird, dass Risiken und Bedenken ernst genommen werden.

Ob Herr Spahn nun anders kommunizieren sollte bezüglich dieser Risiken, zu informieren und dann auf eine die Freiwilligkeit der Impfungen zu setzen, halte ich einerseits für nachvollziehbar. Doch auf der anderen Seite muss doch deutlich sein, welche Gruppen besonderem Risiko ausgesetzt sind und dies braucht eine sorgfältige Untersuchung.

Hallo Ulf und Philip,
ich stimme euch absolut zu, dass die Kommunikation seitens JS und PEI sehr suboptimal war und dass die zeitweise Aussetzung des einen Impfstoffes für die Politik eben nicht alternativlos war.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Entscheidung für die 4-tägige Pause richtig war, aus folgenden Gründen, die auch schon von anderen erwähnt wurden:

  1. Um das Vertrauen in den Impfstoff und generell alle Covid-19-Impfstoffe und die Überwachungsprozesse nicht weiter zu beschädigen. Die klare Message: Wir schauen genau hin und sind auch vorsichtig und hören auf die Wissenschaft.
  2. Da der verfügbare Impfstoff aktuell und zumindest auch in den nächsten Wochen noch der begrenzende Faktor für den Impffortschritt ist (und nicht etwa die Anzahl der für die Impfung bereitstehenden Ärzte, Impfwilligen, Logistik etc.), bedeutet die Pause keineswegs eine Verzögerung des Erreichens der nötigen Impfquote für die Herdenimmunität. Es stehen genügend Kapazitäten bereit, um die Impfungen, die in den Tagen sonst stattgefunden hätten, in den nächsten 1-2 Wochen zusätzlich zu verimpfen. Es bedeutet also lediglich, dass bis zum Aufholen dieses Rückstandes die sonst in diesem Zeitraum mit diesem Impfstoff geimpften Personen ca. 1-2 Wochen später geimpft werden. (Dies dürfte natürlich trotzdem zu einigen sonst vermiedenen Infektionen und Todesfällen führen.)

Schockiert war ich, dass ich am Montag die meisten Detail-Infos von Karl Lauterbach in „Hart aber fair“ bekommen habe und nicht den den zuständigen Stellen. Danke an Karl Lauterbach, für seine offene, ehrliche und unermüdliche Kommunikation!

Beste Grüße, V.

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Aus meiner Sicht ist an dieser Einschätzung falsch, dass du die Kosten-Nutzen-Analyse des Impfstoffs auf Basis von Basiswahrscheinlichkeiten (Risiko zu Erkranken * Risiko einer Thrombose) gemacht hast. Der Sinn und Zweck, wenn ich es richtig verstanden habe, war jedoch insbesondere Faktoren zu identifizieren (z.B. Frau & Pille, Krebserkrankung, Entzündungen, etc.). In dem Moment, wo diese Faktoren systematisch analysiert wurden (und dazu denke ich, sind 2-5 Tage angemessen), muss man mit bedingten Wahrscheinlichkeiten rechnen. Das ging am Montag halt noch nicht („dass schon aufgrund der Informationen, die am Montag vorlagen,…“). Von daher empfinde ich das Vorgehen als richtig, und es hat mein Vertrauen in den Impfstoff gestärkt. Man stelle sich vor, dass rausgekommen wäre, dass die Pille der entscheidende Faktor ist, und die bedingte Wahrscheinlichkeit deutlich höher ist als das Basisrisiko.

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Exakt! Danke, dass du das so klar benennst, ich wollte es eben schreiben.
Ich habe menschlich totales Verständnis dafür, dass diese Entscheidung sicherlich unter hohem Druck und nach Monaten eines solchen Drucks und hoher Arbeitslast risikoavers ausgefallen ist. Allerdings war sie nach Auffassung vieler (auch nach meiner) falsch und es bräuchte in dieser Position einfach einen kühlen Kopf und den Arsch in der Hose, damit eben nicht der Weg des geringsten Widerstands gewählt wird, sondern der richtige.

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Die Infos dazu sind noch etwas schmal, aber sie haben den Pathomechanismus der Thrombose + Thrombozytopenie aufgeklärt. Scheint einer sogenannten Heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT) Typ 2 zu entsprechen, die durch bestimmte Antikörper vermittelt wird. Dagegen gibt es eine Therapie mit Immunglobulinen, von der sie annehmen, dass sie auch in diesen Fällen wirkt. Präventiv kann man da in der Tat nichts machen.

Der Auslöser ist trotzdem noch einigermaßen unklar: Ist es eine Reaktion auf einen Bestandteil des Impfstoffs oder das hergestellte Spike-Protein und folglich eine durch die echte Infektion oder andere Impfstoffe ebenso auslösbare unerwünschte Wirkung? Welche Risikofaktoren auf Seiten der Patient:innen spielen eine Rolle? Stichwort: junge Frauen.

Ergänzung: Ich finde den Punkt sehr entscheidend wie diese Entscheidung kommuniziert wurde. Kann das Verständnis für die Entscheidung an sich auf gewisse Weise nachvollziehen, aber der Punkt des sich vor der politischen Verantwortung Drückens sollte dabei m. E. nicht ignoriert werden.

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Ich glaube auch, dass die Abwägung, die AZ-Impfung für drei Tage auszusetzen auch bei der damals bekannten Faktenlage im Erwartungswert die Zahl der Toten eher hoch als runtergebracht hat. Welcher Vertrauensschaden größer gewesen wäre in einer Situation, in der das zuständige PEI schon „uiuiuiuiui“ sagt, mag ich nicht zu beurteilen. Es spielt aber sich die Frage der persönlichen Verantwortung zwischen „es trifft statistisch ein paar Coronatote mehr“ und „diese Person ist einer Sinusnerventrombose gestorben, obwohl Jens Spahn von der Gefahr wusste und hätte die Impfung verhindern können“ eine große Rolle.

Was aber nicht geht, ist der Verweis auf die Freiwilligkeit der Impfung, „das kann ja jeder selbst entscheiden“. Kann man nämlich nicht, dazu waren die Fakten zu unklar und vermutlich wäre auch wenn alle entsprechenden Excel-Sheets auf der Webpage des Gesundheitsministeriums frei verfügbar gewesen wären nur ein Bruchteil der Bevölkerung in der Lage, das Risiko mit Hilfe der Bayes-Wahrscheinlichkeit richtig zu berechnen und abzuwägen. Hier sind eben Experten und ihr Rat gefragt. Und die erwarte ich im PEI und im Gesundheitsministerium, Leute, deren Job es ist, solche Berechnungen unter Berücksichtigung aller bekannten Fakten richtig zu machen. Das kann und will ich nicht selbst leisten müssen. Der Einzelne in seiner Freiheit kann da bestenfalls aus dem Bauch handeln und der ist in solch schwierigen Fragen kein guter Ratgeber.

Aber das ist auch ein wiederkehrendes Phänomen in der Krise: Schwierige Entscheidungen nach unten durchreichen. „Soll doch jede Lehrerin selber entscheiden, ob Software XYZ mit de DSGVO vereinbar ist oder was man stattdessen besser tun sollte“. „Der Landrat (der ja meist auch nur irgendeine Bürgerin ist) kann in seinem Kreis viel besser entscheiden, ob die Plexiglasscheibe ausreicht um die Geschäfte auf zu halten und Bedienstete und Kunden vor einer Infektion zu schützen (sie ist nämlich promovierte Strömungsmechanikerin und Infektionsbiologin)“.

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Man kann, die frage der kosten-Nutzung Abwägung natürlich allgemein und losgelöst betrachten. Allerdings ist das glaube ich aus einer Perspektive politischer Verantwortung problematisch bzw. verschiebt diese Verantwortung zwangsläufig auf das jeweilige Fachinstitut. Die direkte Kosten-Nutzen Abwägung im Bezug auf das Individuum (Mortalität, Langzeitschäden, Psyche etc.) und auf ebene der Bevölkerung ( Abwägen von Sterbefällen und pandemischer Situation) obliegt natürlich der EMA, PEI, RKI etc.
Allerdings ist die derzeitige pandemische Lage ja nicht vom Himmel gefallen, Spahn und die CDU haben die hohen Zahlen und damit diese harte Kosten-Nutzen Abwägung begünstigt bis verursacht.
Dadurch das nicht zuletzt die Impfung Bedingung für die Öffnung war, sind jegliche auftreteten komplikationen eingepreist. Mit niedrigeren Zahlen und besserem Bevölkerungsschutz, wäre ein kurzer Stopp wesentlich unproblematischer gewesen. Da jedoch sämtlichen anderen Maßnahmen zur Eindämmung, nicht getroffen wurden bzw. in ihrer Durchführung scheitern, könnte man eigentlich die Impfungen gar nicht stoppen. Man müsste hier die Verantwortung für die Nebenwirkungen tragen. Man hat sich in hier in eine Sackgasse manövriert, welche keine andere Möglichkeit zugelassen hätte, als die Impfungen weiterhin mit einer Warnung dem Individuum selbst zu überlassen.
Entsprechend ist die Debatte auch müßig, denn ich verstehe nicht ganz, was man hier als Ergebnis der Prüfung erwartet hätte, vor dem Hintergrund der Studienergebnisse, den gesammelten Daten aus UK, der pandemischen Lage, dem mangel an Alternativen und dem Zeitdruck bei der Impfung, war die Möglichkeit einer längeren Aussetzung oder gar Aufhebung der AZ Impfung mehr als unwahrscheinlich.
Stattdessen ist das passiert was man schon hätte vorher machen können, eine Warnung rauszugeben und weiterimpfen.

Die Möglichkeit einzelne Chargen (verunreinigungen etc.) rauszunehmen, wie österreich dies tat, oder einzelne vorläufige Gruppen von Betroffenen von der Impfung mit az ausznehmen oder wie auch Impfstoffe auf verschiedene Gruppen zu verlagern hätte man auch trotzdem machen können.
Politisch gesehen wird hier die Prüfung und Maßnahmen zu einen Selbstzweck oder Sicherheitstheater.
Denn anstatt spezifische Maßnahmen zu treffen, werden universelle Maßnahmen getroffen, welche verdeutlichen sollen, dass man die Sicherheit der Impfstoffe ernst nimmt, welche allerdings überhaupt keinen Einfluss haben.
Die Forschung zu Nebenwirkungen findet auch ohne die Maßnahmen statt, die Aufklärung des persönlichen Risikos durch die Ärzte ebenso.

Und das betrachtet, nur bundesebene. Wenn man als Individuum teil der Risikogruppe ist, ist die Abwägung eine ganz andere. Hinzukommt, dass man die Zahlen in gewissen landkreise/Städten und Kommunen gar nicht mehr sinnvoll kontrollieren kann. Das Erzgebirge und das Vogtland bspw. waren nie stabil unter hundert Inzidenzen. Die Leute, welche in diesen Landkreise leben und sich Impfen wollen haben sicherlich eine ganze andere Perspektive auf das eigene Risiko. Hinzukommen, die ganzen Demos etc.
Das ausgerechnet bei der Impfung die lokal spezifische Flexibilität irrelevant ist, während diese bei allem anderen so betont wird ist schon sehr fraglich.

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Vieles wurde hier jetzt schon gesagt, aber hier noch ein paar weitere Gedanken dazu.

Grobkörniger Utilitarismus

In der Folge wird (so ungefähr) gesagt:

(1) Die Todeszahlen durch den Impfstopp sind in Erwartung höher als die Anzahl der Todesfälle die man in Erwartung durch einen Impfstopp verhindern kann.
(2) Also sollte man im Sinne des Gemeinwohls weiter impfen oder die Risikoeinschätzung zumindest dem Individuum überlassen.

Mich hat das ziemlich überrascht.
Ganz grob utilitaristisch argumentiert, ergibt das natürlich einen gewissen Sinn.
Andererseits:

  • Es gibt unterschiedliche Risiken für unterschiedliche Menschengruppen.
  • Unrealistischer Extremfall: Es gibt eine kleine Gruppe X von Menschen, die fast sicher stirbt, wenn sie mit dem Impfstoff geimpft wird.
    Weiter kann die Gruppe mit etwas Nachforschen leicht identifiziert werden, Menschen aus der Gruppe haben ein niedriges Risiko selbst an Covid zu erkranken und vertragen alle anderen Impfstoffe gut.
    Außerdem haben Gruppe X Personen keine Chance zu wissen, dass gerade sie durch den Impfstoff bedroht sind, weil sie z.B. sonst eher gesund sind und keiner Risikogruppe angehören.
  • Die Argumentation in der Lage scheint jetzt (zugespitzt) zu sagen: Pech für Gruppe X, was zählt ist das Gemeinwohl.
  • Der Fall ist natürlich nicht sonderlich wahrscheinlich, fängt aber einige der Probleme ein:
    • Einzelne Gruppen könnten sehr viel mehr als der Schnitt durch die Impfung gefährdet sein.
    • Die gleichen Gruppen könnten durch Covid unterdurchschnittlich gefährdet sein.
    • Die dadurch resultierende überdurchschnittliche Gefahr der Impfung für diese Gruppe könnte leicht vermeidbar sein.
    • Das Individuum hat kaum die Möglichkeit eine realistische Risikoabschätzung zu treffen.
  • Weitere Probleme:
    • Es könnte sich herausstellen, dass die Gefahr nicht auf die Impfung an sich zurückgeht, sondern z.B. an einer bestimmten Charge oder Verabreichungsmethode (Nadeldicke oder so) hängt.
    • Es könnte sich zeigen, dass die Gefahr bei genauerem Hinsehen größer ist als zunächst angenommen.
    • Weitere Todeszahlen durch Impfstopp sind gar nicht zwingend: Es könnten ja z.B. parallel zum Impfstopp wieder Regeln verschärft werden. (Was natürlich nicht passiert ist.)

Vertrauen in Impfstoffe

Das Argument mit dem Vertrauen wurde ja durchaus angesprochen, aber m.E. nicht vollständig beleuchtet.

  • Sagen wir es hätte keinen Impfstopp gegeben.
  • Außerdem eine Gruppe X von Menschen wie oben beschrieben, von denen dann einige weitere sterben bevor die Gruppe identifiziert wird.
  • Wie wäre das in den Medien aufgenommen worden?
  • Was hätte das für einen Einfluss auf das Vertrauen in die Impfkampagne.
  • Wie wäre die Einschätzung in der Lage zum unterlassenen Impfstoff eine Woche später ausgefallen?
  • Ist wieder extrem argumentiert, aber ich denke der Gedanke ist klar.

Vergleich mit anderen Ländern

Es hört sich in der Folge ein bisschen so an als ob hier ein einseitiges offensichtliches Versagen von Spahn und vielleicht auch dem PEI vorliegt.
Dabei wurden die Impfungen zuvor auch schon in anderen Ländern mit entsprechenden Empfehlungen gestoppt.
Zwar können sich grundsätzlich natürlich auch viele parallel falsch verhalten, aber es deutet dennoch eher darauf hin, dass die Situation nicht ganz so einfach ist.

Tatsächlicher Impfausfall

Wie viel weniger wurde denn jetzt tatsächlich geimpft?
Für mich hörte es sich beim Hören der Folge deutlich dramatischer an, als es bei einem Blick auf das RKI Dashboard aussieht.
(Wobei natürlich nicht ganz klar es, wie es ohne Impfstopp ausgesehen hätte.)

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Warum ist denn hier jetzt die Freiwilligkeit ein so großes Thema? Bei den lockdown Maßnahmen soll möglichst alles unfreiwillig eingeschränkt sein und es braucht starke Entscheidungen.
Ich finde es richtig erstmal zu stoppen, zu untersuchen und dann weiter zu entscheiden.

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Danke für diese anschauliche Ausführung, die ziemlich dem entspricht, was ich denke, ohne dass ich es so klar hätte formulieren können.
Zum letzten Punkt: Ich habe am Wochenende irgendwo im DLF den Satz gehört, der Impfstoff (von wenigen Tagen) habe die Impfungen „um einen Monat zurückgeworfen“ - selbst wenn das stimmen sollte, sagt es m. E. mehr darüber aus wie die Impfungen organisiert sind, als über den Impfstopp.

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Nochmals, was genau war jetzt der positive Effekt des allgemeinen Stopps bzw. welche Probleme hätten, vor dem Hintergrund des vorhandenen empirischen und theoretischen Wissens über die möglichen Nebenwirkungen von AZ, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entdeckt werden können?
Welchen Einfluss auf die Impfregeln hat der Impfstopp selbst?

Gezielte Maßnahmen hätte man vorher treffen können und werden auch später noch getroffen werden.

das Vertrauensargument, zählt vor dem Hintergrund der Infektionen nicht, da dies einen PR Vorteil gegen höhere Infektionen eintauscht.

Der utilitaristische Vergleich greift nur, wenn der Impfstopp solange durch gezogen wird bis wirkzusammenhang und Risikogruppe vollständig bestimmt sind. Das ist aber nicht der Fall, die Impfungen wurden ausgesetzt, dann beschlossen dass das Risiko doch nicht groß genug ist und dann hat man weiter gemacht und eine Warnung rausgegeben. Nicht mal die Impfgruppen sind angepasst worden. Daran arbeitet man noch. Wo genau findet hier der Schutz von Leuten durch den Impfstopp statt?
Die Warnung hätte man direkt nach statistischer Prüfung der Häufung und Bestimmung der Gruppe heraus geben können. Die Gruppe und die spezifischen Faktoren kann bzw. muss man ja stetig updaten.

Auf der Seite des BMI wird gesagt, man gar keine andere Möglichkeit gehabt als die Impfung zu stoppen und die Impfos (ein kleiner wortwitz für alle wortvirtuosen unter euch ;)) sind immer noch die selben wie vorher. Hier wird so getan als hätte man nicht abschätzen können welche Ergebnisse bei der Prüfung rauskommen würden. Das dass PEI keine Aussage zur Sicherheit geben wollte gehört zur Funktion eines wissenschaftlichen Instituts, dass die Politik genauso handelt ist bar eigenen Funktion.

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Guten Abend in‘s Lage Forum.

Ich finde insgesamt die Debatte zu diesem Thema mit allen ihren oben aufgeführten Argumenten gut und richtig und danke, dass Ulf und Philipp diese Diskussion angeregt haben. Denn genau das trifft den Kern: Bürger hätten sich eine erwachsene Aufklärung gewünscht, wo eigene Entscheidungskompetenz gefragt und gewünscht ist. Das hat Politik und die Wissenschaft hier nicht geliefert, dass ärgert die Bürger. Danke für diese lebhafte Diskussion und mehr davon.
Viele Grüße ans Lage Team

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Die Kommunikation war grauenhaft. Dennoch sollten Aufsichtsbehörden unabhängig von politischem Einfluss sein. Wenn das PEI stopp sagt, dann sollte die Entscheidung nicht beim BMG oder dessen politischen Repräsentanten liegen.

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Hallo alle zusammen!
Auch das (pharma-) unabhängige und von mir geschätzte arznei-telegramm kommt insgesamt zur der Empfehlung, dass Frauen < 55 Jahren bis zur endgültigen Klärung noch offener Fragen ein anderer (mRNA-) Impfstoff angeboten werden sollte:

„Angesichts der Vorläufigkeit der Bewertungen bleiben viele Fragen offen: Insbesondere vermissen wir Details, die eine Bewertung etwaiger Risikofaktoren der Betroffenen ermöglichen. Unseres Erachtens reicht es nicht aus, weitere von disseminierter intravasaler Gerinnung oder Sinusthrombose Betroffene frühzeitig zu erkennen. Die französische Gesundheitsbehörde HAS hat soeben empfohlen, den COVID-19-Imfpstoff von AstraZeneca nur für Personen ab 55 Jahre anzuwenden. Auch wir halten es bis zur weiteren Klärung der Zusammenhänge für angebracht, dass – im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes – zumindest Frauen unter 55 Jahre einen anderen COVID-19-Impfstoff angeboten bekommen“ (publiziert am 19.03.2021).

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Guten Abend,
beim Thema AstraZeneca Impfung bin ich wirklich erstaunt über die aus meiner Sicht völlig unreflektierten Pro-Impfungs Argumentationen. Bitte weiterlesen, ich bin ein sehr großer Verfechter Pro-Impfung und würde mich persönlich jederzeit mit allen aktuell zugelassenen Impfstoffen impfen lassen.

Trotzdem muss man die Impfung kritisch beobachten und angemessen reagieren. Drei junge Frauen sind in kausalem Zusammenhang mit einer AstraZeneca Impfung an einer extrem seltenen Thrombose gestorben.
Eine kurze, konservative, statistische Abschätzung:
(die kursiven Zahlen sind reine Schätzungen da auch mit Recherche keinen klaren Zahlen auffindbar)

Es wurden 1,7 Mio Dosen verimpft, davon 60% Frauen und davon wieder 80% im Alter zwischen 20 und 39.
Also drei Tote auf 800.000 Astra Impfungen in der zu betrachtenden Gruppe. Ein Verhältnis von 1:266.666
Betrachtet man demgegenüber die Sterblichkeit an Corona so sind bisher in Deutschland 69 Frauen zwischen 20 und 39 an Corona gestorben von einer Bevölkerung von 9,9 Mio Frauen zwischen 20 und 39
also 1:143.000. Damit liegt nur Faktor zwei zwischen den Verhältnissen. Das ist aus meiner Sicht viel zu wenig. Ein Impfstoff muss um mehrere Größenordnungen über der Erkrankung liegen. Besonders da das Risiko an Corona zu erkranken durch entsprechendes Verhalten um bestimmt Faktor 10 vom Durchschnitt variiert werden kann.

Mein Apell: Frauen bis zu einem bestimmten Alter, konservativ vielleicht 60 Jahre nicht mit AstraZeneca impfen, sondern mit den anderen Impfstoffen. AstraZeneca macht grob 1/3 der Impfungen aus, es wäre also definitv möglich dies entsprechend zu organisieren. Es würde kein Mensch weniger oder später geimpft und die Wahrscheinlichkeit für schwere Nebenwirkungen wäre massiv gesenkt.

In der Vergangenheit habe ich oft über das Thema „Gender Data Gap“ besonders im medizinischen Zusammenhang gelesen und es wurde berechtigterweise viel kritisiert. Hier haben wir ein offensichtliches Besipiel und niemand prangert den ingnoranten Umgang damit an!

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Vorweg: Die beiden Wahrscheinlichkeiten zueinander ins Verhältnis zu setzen, finde ich grundsätzlich eine gute Idee, die Frage ist nur auf welcher Datenbasis das geschieht und ob es rechnerisch sauber ist.
Meiner Meinung nach ist es nich zulässig, die Zahl der an Corona verstorbenen Frauen zwischen 20 und 39 mit der Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Frauen dieses Alters ins Verhältnis zu setzen. Das würde ja bedeuten, dass sich alle schon einmal mit dem Virus infiziert hätten. Zulässig wäre hingegen die Gesamtzahl der Infizierten in dieser Altersgruppe - nur die kennt leider niemand. Sicher ist nur, dass sie um Faktor x höher liegt als die Zahl der offiziell positiv Gemeldeten in dieser Altersgruppe.
Auch zu den Nebenwirkungen der AZ-Impfungen gibt es noch viel zu wenig Daten, wie @Dora gesagt hat. Ich habe von 13 Todesfällen nach Sinusvenenthrombosen in Zusammenhang mit einer AZ-Impfung gelesen, aber auch schon mal die Zahl 18 gehört. Also unklar, ebenso wie der kausale Zusammenhang in den meisten dieser Fälle. Außerdem ist die Zahl der geimpften Frauen in dieser Altersgruppe von Dir ja auch nur sehr grob geschätzt.
Wir haben es also mit 69 Todesfällen bei X Infizierten gegenüber Y Todesfällen bei Z Impfungen zu tun. Ich bin kein Mathematiker, aber die Gleichung zu lösen, wird glaube ich schwierig. :wink:

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