Ist stetiges Wachstum und steigender Konsum dauerhaft möglich?

Um es mit einem Wort zu sagen: Ja.

Wir haben (im Großen und Ganzen) unsere gesellschaftlichen Maßlatten an dem monetären Wert einer Handlung ausgerichtet. Das lässt sich gut an der Bezahlung verschiedener Berufe nachvollziehen, aber zum Beispiel auch daran, wie ernst Menschen unterschiedlicher Vermögensgruppen im öffentlichen Diskurs genommen werden. Reiche Menschen werden oft automatisch als Experten für praktisch jedes Thema akzeptiert und angehört (ironischerweise insbesondere auch dann, wenn es um die Förderung der Belange von weniger reichen Menschen geht).

Dieser Widerspruch lässt sich meiner Meinung nach auch nicht auflösen, solange wir den sprichwörtlichen Wert unserer Gesellschaft ausschließlich über wirtschaftliche Kenndaten ermitteln.

Nur so als Gedankenexperiment: wenn die Regierung jeden Monat die aktuellen Zahlen zum gesellschaftlichen Engagement präsentieren würde und es einen „Rat der Gemeinwohl-Weisen“ gäbe, dessen Mitglieder in jeder Talkshow die neusten Erkenntnisse darüber, wie viele Menschen sich engagieren und wie man dieses Engagement verbessern könnte diskutieren, dann würden ehrenamtlich engagierte Menschen wohl automatisch eine sehr viel mehr Aufmerksamkeit und gesellschaftliches Prestige erfahren.

Das gleiche mit Bildung: wenn wir unsere nationale Identität auf allen Ebenen der Gesellschaft eng mit dem Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen verknüpfen würden, dann würden sich die Parteien darin überbieten, neue „Bildungs-Förderprogramme“ oder „Bildungs-Entlastungspakete“ zu schnüren. Jede politische Initiative müsste sich daran messen lassen, wie es sich auf die Bildungschancen der Mittelschicht, die Aufstiegsmöglichkeiten sozial prekärer Kinder und die Spitzenforschung in Deutschland auswirkt.

Wem das absurd vorkommt, sollte mal ein wenig darauf achten welchen massiven Anteil die Wirtschaftsnachrichten am öffentlichen Diskurs haben. Ohne, dass dies in irgendeiner Form sachlich begründet werden kann, soweit ich das nachvollziehen kann.

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Da sehe ich tatsächlich auch das Kernproblem.

In unserer Gesellschaft wird vorwiegend das als relevant bewertet, was ein €-Schild außen kleben hat.
Daher auch der Versuch, Gesundheitswesen, Pflege und Infrastruktur als gewinnorientierte Bereiche zu etablieren. Was nur sehr bedingt erfolgreich ist.

Also heißt, man muss sich dem Diktat der Gewinnorientierung alternativlos anschließen?

Wäre eine traurige Perspektive….und keine sehr zukunftsträchtige

Ich hab einfach die Sorge, das die Menschheit sich erst dann bewegt, wenn das Wasser bis zu den Nasenlöchern steht.

Im wahrsten Sinne des Wortes, leider. Ich persönlich habe festgestellt, dass es mir sehr gut tut einfach selbst an den Stellschrauben die ich für gesellschaftlich wichtig halte zu drehen: ich habe eine solidarische Landwirtschaft mit gegründet und bin dort im Vorstand aktiv, bin Schulelternsprecher an unserer Grundschule und kandidiere jetzt für den Gemeinderat bei der kommenden Kommunalwahl. Das sind Aufgaben die Spaß machen und genau da ansetzen, wo ich mir auch in der Breite der Gesellschaft Veränderung und veränderte Wertschätzung wünsche.

Im Kleinen kann ich da auch tatsächlich Veränderungen bewirken: mit der Solawi versorgen wir 50 Familien mit lokalem Gemüse ohne Gewinnabsicht, im benachbarten Hof habe ich geholfen, eine sechsteilige Summe öffentlicher Fördergelder für die Renovierung der Scheune einzuwerben, in der ein Zentrum für gesellschaftliches Engagement entstehen soll. Hat alles zwei Jahre gedauert und viel Arbeit gekostet, aber am Ende sieht man’s auch.

Ich bin da sicher kein Zünglein an der Waage der Gesellschaft, aber wenn das genug andere Menschen einfach auch machen, dann verändert sich auch im Großen etwas. Wichtig ist einfach, dass man vom Reden ins Tun kommt, hat bei mir allerdings auch recht lange gedauert.

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Weil der Industriekaufmann eines Automobilzulieferers letztlich aus dem Portemonnaie von privaten Autokäufern bezahlt werden, während die Pflege- oder Lehrkraft aus staatlichen Budgets. Das ist zunächst auch erst einmal richtig, weil wir eine dem Markt überlassene Bildung oder Pflege (wie wir sie in den USA beobachten können) nicht so funktioniert, wie wir es für richtig halten.

Aber ganz offensichtlich führen unsere parlamentarische Prozesse nicht dazu, dass solche Budgets den Präferenzen der Menschen nach Bildung oder Pflege entsprechen. Eigentlich sollte man erwarten, dass Wähler eher Parteien wählen, die eine bessere Bildung und Pflege glaubhaft versprechen. Und diese Politiker würden dann das Haushaltsbudget (oder die Sozialbeiträge) so umgestalten, dass der Staat Pflege und Lehrer mehr nachfragt, so dass sie „teurer“ werden, d.h. besser bezahlt werden. Mit der Folge, dass mehr Menschen LehrerInnen oder PflegerInnen werden wollen.

Und finanzieren könnte man das z.B., in dem die Subventionen für Individualverkehr (z.B. Pendlerpauschale und Dienstwagenprivileg) gekürzt werden, so dass die Nachfrage nach Automobilen sinkt und damit auch die Nachfrage nach Personal dort. Deren Gehälter würden mittel- bis langfristig zurück gehen. Mit der Folge, dass weniger Menschen Industriekaufleute in der Automobilindustrie werden wollen.

Nur so nebenbei (und daher off-topic: Die Politik, mehr noch die Ministerial- und Verwaltungsbürokratie könnte das lösen, in dem sie Lehrer und Pfleger besser bezahlt. Nur: (1) Aus welchem Budget? und (2): Beim aktuellen Mangel an qualifizierten und unqualifizierten Personal ist das ein Nullsummenspiel: Wenn dann mehr Menschen Lehrer und Pflege werden, müssen die Arbeitgeber von z.B. Busfahrern, Lokführern und Kindererziehern die Gehälter erhöhen. Die (seit Jahrzehnten absehbare!) Personalknappheit wird Gehaltskosten in der gesamten Volkswirtschaft nach oben treiben, so dass Unternehmen, die keine Leistung „am Mann“ erbringen müssen, in Regionen auswandern, in denen das Gehaltsgefüge es noch erlaubt, ihre Produkte zu global wettbewerbsfähigen Konditionen anbieten zu können. Oder aber, wir lassen mehr Menschen in unsere Volkswirtschaft kommen und integrieren sie schnell und gut …

Konkrete Ideen, wie du sie beschreibst, sind ja da. Die auch mit dem nötigen politischen Willen umsetzbar wären.

Selbst die Unternehmensverbände haben im Gespräch mit Scholz u.a. Investitionen in Infrastruktur und Bildung/Fachkräftegewinnung gefordert.

Aktuell ist mir der Plan der SPD und vonnYherrn schon nicht wirklich klar….

Da habe ich den Eindruck, dass wir Ökos das seit den 70/80ern versucht haben und bis heute nicht wirklich „durchkamen“, weil der politische Wille nicht da war.

Kennst Du Beispiele? Ich habe das Gefühl, viele Verbote in unserer Gesellschaft funktionieren recht gut.

Und ich sehe ehrlich gesagt auch nicht, wo die Überzeugung herkommen soll solange die Werbeindustrie soviel Ressourcen da rein steckt diese im Interesse ihrer Kunden zu ändern.

Ich habe irgendwie Zweifel, dass wir politische Veränderungen bewerkstelligen, indem wir die dafür vorgesehenen Werkzeuge der Demokratie beiseite legen und uns auf das Spielfeld der Werbetreibenden begeben und gegen einen haushoch überlegenen Gegner spielen in der Hoffnung wir können Überzeugungen besser beeinflussen als die.

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Bei diesen Diskussionen wird immer zuviel der Begriffe in einem Haufen geworfen. Wachstum, Kapitalismus, Neoliberalismus,
Marktwirtschaft etc.
Eines muss man sich bewusst machen ohne gleich wieder Diskussionen über MMT loszutreten. Wir haben aktuell einen Bundeshaushalt, also Staatseinnahmen aus diversen Quellen von ca. 300Mrd. Euro. selbiges noch für alles Bundesländer zusammen.
Wenn die GESAMT-Wirtschaft nicht einzelne Unternehmen, sondern immer das Gesamte weniger Gewinn erwirtschaftet oder weniger Leute beschäftigt etc, dann sinken die Steuereinnahmen und die Sozialeinnahmen, hingegen steigen die Sozialausgaben.
Wir haben aktuell schon Probleme mit dieser Riesen Menge Geld richtig umzugehen und Zukunftsfördernd einzusetzen. Wie sollte das aussehen wenn wir mit weniger auskommen müßten bei gleicher Bevölkerungsgröße?
Jeder der Wachstum pauschal in Frage stellt muss diesen Punkt erstmal beantworten. Ich habe aber noch niemand gesehen der das Tut. Es geht nicht nur darum weniger Auswahl in den Regalen zu haben, dass muss einem immer bewusst sein.

Naja. Man muss sich Fragen warum wollen Leute, und da würde ich mich nicht ausnehmen, auf bestimmte Dinge nicht verzichten!?
Da gibt es einige Aspekte aber ein wesentlicher Aspekt ist auch, das die Leute nicht auf Ihre Arbeit verzichten wollen. Wir haben politisch und gesellschaftlich ein Problem mit der Angst vor Einkommensverlust. Zurecht.
Wir nutzen aber keine Modelle bei denen Menschen aus einer Arbeitsstelle erstmal nicht Fallen, ggfls. umgeschult werden und sich mit ausreichend Zeit neu orientieren können.
Wir verbreiten Angst vor Arbeitslosigkeit und ächten die, die nicht Arbeiten können aus welchem Grund auch immer.
Wie willst du unter diesen Bedingungen eine Gesellschaft dazu bringen auf Ihren erarbeiteten Status zu verzichten? Das halte ich für sehr schwierig.
Wenn du eine flexible angstfreie Gesellschaft hättest wäre das weniger ein Problem.

Doch. Natürlich. Aber die Antwort gefällt nicht jedem.

Doch. Genau darum geht es. Um die Frage, wie viel Konsum sich mit einer Erde, die bei Fortsetzung unseres Lebensstandards immer menschenfeindlicher wird, vereinbaren lässt.

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Es geht nicht darum, das wir im Lendenschurz durch Wälder laufen.

Setzten wir mal die Ressourcen der Erde mit einem Haushaltseinkommen gleich.
Wenn du da 70.000€ im Jahr gesamt zur Verfügung hast. Willst davon aber eine hübsche Villa bezahlen, 2 Porsche, 3 x Urlaub auf Maurituis im Jahr, und dazu will man sich ja auch was gönnen. Dann wird es mit dem verfügbaren Einkommen schnell knapp.

Die Erde bietet genug, um die Bedürfnisse aller zu decken, aber nicht die Gier aller, hat mal sinngemäß jemand gesagt.

Zudem, das Streben nach immer mehr Konsum, nach kurzlebigen Dingen, das kann ja nicht der Sinn des Lebens sein. Wenn dafür unsere Erde und dabei viele Mitmenschen über die Klinge springen sollen.

Ja, der Mensch braucht eine sinnhafte Tätigkeit, eine Aufgabe.
Aber da gibt es sicher mehr, was auch allen sinnvoll zugute kommt. Und damit genug verdient, um angenehm zu leben.

Zum Glück gibt es, meist bei älteren Menschen, den Trend zum Weniger. Die kommen dann mit weniger Wohnraum, weniger Konsumartikeln und weniger Geld aus, ohne zwingend unglücklich zu sein.

Einfach mal als Idee.

Hat uns die neue Soundanlage oder der neue Wagen signifikant glücklicher gemacht? Oder war es eher das Lächeln des Kindes, das Danke der Mutter, das freundliche Guten Morgen der Bäckereifachverkäuferin?

Es geht nicht um völligen Verzicht, sondern um Maß halten.

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Hier werden glaube ich mehrere unterschiedliche Dinge durcheinander geworfen.

Arbeitsplatzverlust/Arbeitslosigkeit

In einer Post-Wachstumsgesellschaft gibt es nicht weniger (sinnvolle) Arbeit, sondern mindestens genauso viel. Das Missverständnis kommt glaube ich daher, wie wir „Arbeit“ heute definieren: Arbeit ist, was (gut) bezahlt wird und das werden eben nur bestimmte Tätigkeiten. Welche Tätigkeiten aber (gut) bezahlt werden, kann (und wird) sich ändern. Und auch die Grundauffassung, dass nur das Arbeit ist, was monetär entlohnt wird, kann (und sollte) sich ändern.

Einkommens-/Wohlstandsverlust

Erstmal bedeutet Post-Wachstum ja nur, dass wir nicht immer mehr konsumieren. Das hat noch nichts mit „Verlust“ zu tun. Aber Fakt ist auch, dass unsere Konsumgesellschaft viele Kosten für jeden Einzelnen verursacht: Krankheit durch Smog, Verletzungen und Todesfälle durch zu große Autos, Stress wegen Arbeitsdruck, Entfremdung und Einsamkeit, etc.

Eine Post-Wachstumgesellschaft ist insofern (auch) ein Tauschgeschäft: wir geben unser kollektives Streben nach immer mehr Konsum und materiellen Statusgütern (mehr oder weniger) auf. Und stattdessen konzentrieren wir uns auf gesellschaftliches Wachstum. Was im übrigen das individuelle Konsumverhalten nicht in jedem Fall einschränken muss und in keinem Widerspruch zu einem Zugewinn an Lebensqualität steht. Auch in einer Post-Wachstums-, Post-Konsums-, Null-Emissionsgesellschaft wird es noch möglich sein, einen alten Porsche liebevoll zu restaurieren und ihn durch die Gegend zu fahren. Wer will, wird sich auch ein modernes, schnelles Auto vor die Tür stellen können. Aber bestimmte Verhaltensweisen werden vergleichsweise teuer sein, während andere (Zeit mit der Familie verbringen, sich gesellschaftlich engagieren, gesund bleiben) billiger werden.

Das ist natürlich erstmal nur eine gesellschaftspolitische Vision. Null-Wachstum kann auch durch eine Nachhaltigkeits-Diktatur erreicht werden, oder auch im Rahmen einer kapitalistischen Vermögenskonzentration. Aber das ist ja das schöne an Politik: sie ist gestaltungsfähig.

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Wenn die Antworten Degrowth und das Szenario von Frau Herrmann sind, ja dann gefallen mir diese ehrlich gesagt wirklich nicht.
Das hat damit zu tun dass, wie ich oben ausgeführt habe Konsumreduktion ohne Reduktion der Gesellschaftsinvestionen gedacht werden. Wobei Frau Herrmann das ehrlich gesagt sogar kommuniziert, dass dies so wäre.
Ich bin sofort dafür das wir keine 10 Versionen Schnitzel, Zahnpasta, Ketchup, und Senf vor allem zu jederzeit in vollem Umfang als Auswahl benötigen. Nur so einfach ist es nunmal nicht. Wie oft so schön darauf hingewiesen wird hätten wir Konsumenten es doch in unserer Hand. Also warum konsumieren wir dann nicht einfach weniger?
Muss nur das Angebot reduziert werden und wir wären alle glücklicher? Und wer bestimmt welche Produkte wegfallen oder weniger bestellt werden sollen? Eine zentrale Planwirtschaft?
und was würde passieren wenn wir in Deutschland weniger konsumieren bzw. die Seller weniger bei den Produzenten bestellen um das Angebot künstlich zu verknappen. Die Firmen würden sich andere Märkte suchen ggfls. andere Produktionsstätten und unsere Produkte würden sich verteuern.
Das ist jetzt etwas verkürzt aber das wird passieren.

es gab hier im Forum eine andere Diskussion zum Thema Degrowth und da wurde auch zugegeben das es zum Thema Staatsfininazierung in einer Schrumpfenden Wirtschaft mit damit verbundenen Mindereinnahmen für die Gesellschaft noch keine einheitliche Meinung bzw. sinvolle Ansätze gibt. Und ich sehe diese auch nicht.
Das hier angeführte muss ich leider unter Wunschdenken verbuchen.
Bevor wir über solche Punkte, die in Teilen richtig und Gut sind, nachdenken muss geklärt sein wie wir in Zukunft auf die Geldschöpfung und Staatseinnahmen und Staatsausgaben blicken. Solange wir diese Diksussion nicht führen und glauben es würde aus dem aktuellen System heraus funktionieren wenn wir nur einsichter werden, wird sich wenig bis nichts ändern.

Ich verstehe deine Punkte durchaus aber ich hatte das an anderer Stelle im Forum schonmal geschrieben, so ticken wir Menschen nicht.
Das ist auch nichts neues dieser Kapitalismus. Er hat sich durch die technischen Möglichekeiten nur deutlich beschleunigt. Aber das Verhalten der Menschen war im alten Rom, während der Kolonial- und Plantagenwirtschaft und in vielen anderen Epochen nicht anders. Die Möglichkeiten und damit die Einflussgebiete waren andere.
Ich habe mir viel Gedanken zum Finanzmarkt und Vermögensbildung gemacht. Wer würde die Obergrenzen wo setzen? Wenn man sich ehrlich macht und genau hinschaut geht es nur begrenzt und hätte teilweise mehr negative Folgen als Positive. Wir können und müssen natürlich Rahmen setzen und bestimmte Punkte verbieten aber ich sehe keine sinnvolle Herangehensweise mit einer Maßnahme die alleine die deutsche Bevölkerung zu vernünpftigen wenn man so will.

Ja, das meinte ich mit „Menschheit“.

Ist mir ja auch alles klar, auch das der Ball bei uns „Kunden“ liegt.

Nun sind Menschen sehr beeinflussbar. Marketing und politische Aussagen prägen.

Mal sehr vereinfacht beschrieben:

Demographisch bedingt steuern wir auf einen Arbeitskräfte-/ Fachkräftemangel zu.

In der Praxis müssen oft Mitarbeitende die Arbeit von fehlenden Kollegen mitübernehmen.
Entweder durch Komprimierung in der gegebenen Arbeitszeit (was ungesund ist) oder durch Erhöhung der Arbeitszeit (auch Überstunden), was auch dauerhaft ungesund ist.
Also ist man als Arbeitnehmer länger auf der Arbeit als zuhause im ungünstigsten Fall.

Zudem soll aufgrund der brüchigen Rente immer länger gearbeitet werden, gerne bis über 70. Da wird die Gesundheit auch nicht besser.

Frauen sollen dann auch mehr, gerne Vollzeit arbeiten. Mangels zuverlässiger Kinderbetreuung (und weil man die „Belastung“ nicht will) verzichtet man auf Kinder oder gönnt sich maximal eins.

Mit diesen Massnahmen soll das Wachstum gesichert, unser Wohlstand ausgebaut werden und der persönliche Konsum ermöglicht werden.

Da man aber kaum zuhause ist, schläft man abends vor dem neuen teuren 4K TV ein, das neue schicke Auto steht die meiste Zeit auf dem Parkplatz der Firma alleine herum.
Das Kind kriegt die neue PlayStation, weil man selbst das Kind vor lauter Arbeit kaum sieht.

Zudem nimmt die Zahl der Arbeitskräfte wegen weniger Kinder dann weiter ab. Teufelskreis, da Zuwanderung ja wohl auch nicht gewollt ist.

Überspitzt formuliert, ja, aber ein Trend, der nicht so erstrebenswert scheint.

Ein Umdenken sehe ich da in den nächsten drei bis vier Generationen nicht. Sofern uns nicht äußere Umstände zwingen.

Was ich dabei immer skurril finde in öffentlichen Diskussionen ist das „Koblenz-Phänomen“:

Man steht in Koblenz in der Senke am Deutschen Eck, das Wasser steht schon unterm Küchenfenster, doch statt Sandsäcke zu holen, wird darüber wissenschaftlich fundiert breit diskutiert, ob das Wasser vorm Fenster nun aus dem Rhein oder der Mosel kommt.

Diese Argumentationslinie setzt voraus, dass eine Beibehaltung des Status Quo ohne Kosten möglich ist. Ist es aber nicht. Unser gegenwärtiger Umgang mit den zur Verfügung stehenden natürlichen und gesellschaftlichen Ressourcen wird über kurz oder lang (aber eher kurz) zu enormen Verwerfungen führen. Der Anspruch, dass gesellschaftliche Veränderungen im Voraus bis ins letzte Detail „abgesichert“ sein müssen ist darum völlig unsinnig. Etwa auf dem selben Niveau wie die Forderung, dass der Klimawandel erst restlos und „einstimmig“ erklärbar sein müsse, bevor wir an eine Bekämpfung dieses Prozesses auch nur denken können.

„Post-Wachstum“ und „Degrowth“ sind darüber hinaus durchaus unterschiedliche Konzepte. Unsere Gesellschaft ist heute eine der reichsten Gemeinschaften der Menschheitsgeschichte. Praktisch keine gesellschaftliches Herausforderung braucht zur Lösung wirtschaftliches Wachstum, höchstens Umverteilung. Entsprechend sehe ich auch kein grundsätzliches Problem bei Staatseinnahmen und -Ausgaben.

Warum? Nichts von dem was ich hier angesprochen habe ist „neu“. Nur um mal zwei Beispiele rauszugreifen:

  • Landwirtschaft: wir könnten innerhalb von ein paar Jahren die gesamte Landwirtschaft in Deutschland so umstellen, dass sie CO2 speichert, anstatt abzugeben und nebenbei auch nicht mehr zum Artensterben beiträgt, ohne dabei mittel- bis langfristig weniger Nahrungsmittel zu produzieren. Stichwort regenerative Landwirtschaft. Die entsprechendem Konzepte sind alle entwickelt, werden an vielen Orten rund um die Welt praktiziert und bieten in der Regel eine bessere wirtschaftliche Absicherung der praktizierenden Landwirte. Sie passen nur nicht zu aktuellen Anreizmodell, dass die Politik gebaut hat.
  • Häuserbau: die für klima- und ressourcenneutrales Bauen nötigen Technologien sind längst entwickelt. Ich sitze aktuell in einem Haus, das im Bau nicht wesentlich teurer war als vergleichbare Häuser, aber (oberhalb des Fundaments) fast ausschließlich aus Holz und Lehm besteht und das marginale Heizkosten verursacht. Auch Fundamente lassen sich inzwischen praktisch CO2-frei und ressourcenschonend herstellen, wenn die beteiligten Architekten und Behörden mitspielen (haben sie bei mir nicht). Die Umstrukturierung der gängigen Baupraktiken würde sicherlich eine gute Zeit dauern, aber das einzige was dem entgegensteht ist der gesellschaftliche und politische Wille, nicht irgendwelche finanziellen Bedenken.
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Wenn die Wirtschaft schrumpft kann die Beschäftigungslücke durch eine höhere Staatsquote ausgeglichen werden. Das geht entweder durch höhere Steuern oder mehr Investitionen.

Und dann kommen wir in eine Abwärtsspirale. Dadurch schrumpft die Wirtschaft weiter, dann brauchen wir noch mehr Staatsgeld, weitere Schrupfung etc.

Wo kommt eigentlich die Idee her, dass Wachstum nur auf Kosten natürlicher Ressourcen geht? Klar, in manchen Bereichen ist das so, wenn es nur um Menge geht. Qualität wird komplett ignoriert. 20 Neue Unternehmen, die zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen und profitabel sind, gehen auch mit ins Wachstum.