Ich finde die Diskussion, ob die Brandmauer demokratisch ist, eigentlich ziemlich unnötig. Sie ist formal gesehen ja „nur“ eine politische Absichtserklärung von Parteien, ähnlich z.B. zu den Koalitionsabsichten, die regelmäßig von Parteien vor Wahlen abgegeben werden.
Nein. Mein Argument war ja nicht, dass es generell falsch ist, das Verhalten politischer Parteien zu kritisieren, sondern nur, dass es falsch ist, eine „Gefahr für die Demokratie“ anzuführen, wenn es eigentlich nur um die eigenen politischen Präferenzen geht. Warum die AfD eine Gefahr für die Demokratie ist, wurde vielfach ausgeführt und argumentiert. Man muss dem nicht zustimmen, aber es ist eine valide Argumentation. Und dasselbe gilt dementsprechend für eine de-facto-Unterstützung der AfD, wie sie die Union in der letzten Woche im Bundestag betrieben hat.
Natürlich ist es eine enorme Belastung, wenn man um 20 % der Abgeordneten „herumregieren“ muss - aber was ist die Alternative? Der Preis für eine wie auch immer geartete Einbindung der AfD in Regierungshandeln - wie es die Union nun im Bundestag mal wieder versucht hat - dürfte einfach um ein Vielfaches höher liegen. Zudem ist diese hohe Zustimmung für eine rechtsextreme Partei an sich nicht Ursache, sondern auch nur Ausdruck von etwas anderem.
Sorry, aber das klingt für mich etwas nach „Was nicht sein darf, kann auch nicht sein“. Es gibt ja seit Jahren einschlägige Studien, die die Zustimmung zu den Werten rechtsextremer Parteien, also zu autoritären, rassistischen etc. Haltungen messen. Das Ergebnis ist eindeutig: Bei AfD-Wählern sind die Zustimmungswerte so hoch wie bei Wählern keiner anderen Partei. Das heißt auch: Wo viel AfD gewählt wird, sind diese Haltungen weiter verbreitet.
Du nennst ja selbst Beispiele dafür, wie das funktioniert - etwa die „virale“ Verbreitung von Fake-News. Da verstehe ich ehrlich gesagt noch weniger, was denn deine Kritik daran ist, die AfD als das zu benennen was sie ist und auch die Menschen, die ihr glauben bzw. sie wählen, als politisch verantwortliche Menschen zu begreifen.
Nein.
Es wurden auch explizit Zufallsmehrheiten ausgeschlossen.
Wenn das Argument stimmen würde, dass die AfD nur gewählt würde, weil die Migrationspolitik noch nicht rassistisch und restriktiv genug ist, müssten solche Sachen wie die Bezahlkarte oder die jüngste Übernahme von AfD-Politik die AfD ja irgendwann schwächen das passiert nicht. Weil die Afdlinge eben nicht ein limitiertes Ziel in einer politischen Frage haben, sondern sehr bewusst eine demokratiefeindliche, völkisch-nationalistische Partei wählen. Sieht man auch in den Umfragen der letzten wochen: bei der AfD rührt sich nix. Also wie weit will die Union den Extremisten nachlaufen , bevor sie das akzeptiert?
Weiß nicht, was an der Brandmauer undemokratisch sein soll. Eine Partei darf sich doch selbst einen Wertesystem geben.
Es steht der CDU doch frei, offen die AfD als Koalitionspartner zu benennen. 1/3 der Wähler geht dann zwar zur SPD (&Co) und 1/3 direkt zur AfD, aber es steht ihr frei.
Dann wird sie von der Öffentlichkeit eindeutig überbewertet. So gesehen wäre sie nicht mehr wert als andere Wahlversprechen.
Die Brandmauer, als Überzeugung, dass man mit Faschisten nicht zusammenarbeitet, ist so viel „Wert“ wie jedes andere Versprechen.
Die Beurteilung, wie wichtig oder richtig dieses Versprechen ist, ist doch davon unabhängig.
Dann ist es aber richtig, dass die Medien und die Öffentlichkeit die Partei jetzt damit konfrontieren. Denn die Partei hat klar gesagt, dass dieses Versprechen gilt. Wenn nun ein Antrag und Gesetz mit Vertrauen, dass die AFD nötige Stimmen bringt, kommt, muss das angesprochen werden und darf nicht weggewischt werden mit, da wurde unser Versprechen von anderen falsch interpretiert. So gesehen hat die Union nun ihren Heizungsgesetz-Moment.
Und dann ist die Frage tatsächlich nicht, ob die Brandmauer demokratisch ist, sondern, ob es demokratisch ist mit einer demokratiefeindlichen Partei indirekt zusammenzuarbeiten und ob die Union noch demokratisch ist.
Die Frage sollte doch eher sein, warum es dieses ganze Gerede über eine Brandmauer überhaupt braucht und warum es nicht einfach absolut selbstverständlich ist, dass man mit organisierten Rechtsextremen und Faschisten nicht politisch zusammenarbeitet.
Stichwort: wehrhafte Demokratie
Die Brandmauer ist nicht undemokratisch, sondern demokratisch. Die wehrhafte Demokratie erfordert es, nicht mit Feinden der Demokratie zu kooperieren. Denn es sind die Feinde der Demokratie, die mit vermeintlich demokratischen Mitteln die Demokratie aushöhlen und letztlich abschaffen wollen.
Demokratie ist mehr als Abstimmung, d.h. mehr als Verfahren. Das Demokratieprinzip hat auch einen materiellen Gehalt zum Schutz des Rechtsstaates und der Wahrung der Grundrechte.
…
Die Idee der Brandmauer ist gut gemeint. Aber in ihrer aktuellen Form nicht durchdacht. Sie baut auf die falsche Annahme, dass Wähler sich abschrecken lassen, wenn ihre Partei isoliert wird. Tatsächlich treibt sie aber viele Menschen erst recht zur AfD, weil sie das Gefühl haben, dass ihre Themen und Sorgen nirgendwo sonst eine Rolle spielen. Wer die AfD wirklich schwächen will, braucht mehr als nur eine strategische Abgrenzung. Es braucht bessere politische Angebote und eine echte Auseinandersetzung mit ihren Wählern.
Die Brandmauer ist ja eine Erfindung der CDU. Sie hat sie eingeführt, um sich von links abzugrenzen und dem Wähler damit zu suggerieren, wer SPD wählt, riskiert eine rot-rote Regierung. Als Folge gab es dann auch eine Brandmauer der SPD gegen links, jedenfalls im Westen. Die Brandmauer ist also vor allem ein Ansatz die eigenen Wähler zu beruhigen: „mit uns gibt es keine radikale Politik durch die Hintertür“
Und darum ist ein Einbrechen der Brandmauer vor allem für die Union gefährlich, weil das gemäßigte Wähler abschrecken könnte und AFD-Sympathisanten suggeriert, dass sie rechte Politik nicht nur mit der Union sondern auch mit der AFD bekommen könnten, es also keinen Grund mehr für sie gibt taktisch die Union zu wählen.
Ihr Beitrag ist gut gemeint. Aber in seiner aktuellen Form nicht durchdacht. Daher möchte ich Ihnen
empfehlen.
Vielleicht revidieren Sie auch Ihre Einschätzung, wonach sich Frau Merkel nicht mit den Inhalten auseinandergesetzt habe, wie Sie hier ausführen:
Bin nicht mit allem einverstanden, was sie im Verlauf der Sendung sagt, aber Frau Merkel war immer eine gute Krisenmanagerin. Es täte der CDU gut, auch in dieser Krise auf sie zu hören.

Und darum ist ein Einbrechen der Brandmauer vor allem für die Union gefährlich, weil das gemäßigte Wähler abschrecken könnte und AFD-Sympathisanten suggeriert, dass sie rechte Politik nicht nur mit der Union sondern auch mit der AFD bekommen könnten, es also keinen Grund mehr für sie gibt taktisch die Union zu wählen.
Die Brandmauer bedeutet, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben kann. Das ist aus demokratischer Sicht nachvollziehbar. Aber das heißt nicht, dass jede Zustimmung der AfD zu einem CDU-Antrag automatisch ein Problem sein muss.
Die CDU erarbeitet ihre eigenen politischen Konzepte unabhängig und verfolgt damit ihre eigenen Ziele. Wenn die AfD dann inhaltlich zustimmt, heißt das nicht, dass die CDU ihre Position aufgibt oder sich in irgendeiner Weise annähert. Die Alternative, jeden Antrag abzulehnen oder gar nicht erst einzubringen, nur weil die AfD theoretisch zustimmen könnte, führt zu politischen Blockaden und macht die CDU unglaubwürdig.
Noch problematischer ist aber die Wirkung auf die Wähler:
Viele migrations- oder sicherheitspolitisch orientierte Wähler fühlen sich von der CDU nicht mehr vertreten, wenn sie diese Themen nicht mehr klar besetzt, nur um eine Abgrenzung zur AfD zu wahren.
Diese Wähler haben dann schlicht keine Alternative: Sie können entweder gar nicht mehr wählen oder bleiben trotz aller Skandale und Radikalisierung bei der AfD, weil sie sonst keine Partei sehen, die ihre Themen aufgreift.
Das strategische Ziel, die AfD zu schwächen, wird dadurch nicht erreicht. Im Gegenteil. Wer die Brandmauer so strikt interpretiert, dass er jede politische Bewegung in bestimmten Themenfeldern aufgibt, gibt auch den Anspruch auf eine breite Wählerschaft auf. Eine demokratische Partei muss ihre Politik mit Überzeugung vertreten, anstatt sich aus Angst vor Zustimmung inhaltlich selbst zu beschränken.

Viele migrations- oder sicherheitspolitisch orientierte Wähler fühlen sich von der CDU nicht mehr vertreten, wenn sie diese Themen nicht mehr klar besetzt, nur um eine Abgrenzung zur AfD zu wahren.
AfD und Union sind also die einzigen beiden Parteien, die Migrations- und Sicherheitspolitik thematisieren? Und Letztere kann hierbei keine Politik mehr machen, weil sich dies grundsätzlich mit der Abgrenzung von der AfD beißt?
Das sind zwei sehr steile Thesen, die sich m. E. sehr schnell widerlegen, aber nur schwer belegen lassen dürften. Interessant, dass du nicht mal den Versuch dazu unternimmst.
Das Gegenteil erleben wir doch gerade auf der linken Seite. SPD und Grüne können ihre Konzepte nicht umsetzen, da es dafür im Bundestag keine Mehrheit gibt. Stattdessen müssen sie Kompromisse eingehen und der Bevölkerung erklären warum sie diese Kompromisse eingegangen sind. Allgemein ist der Eindruck in der Bevölkerung aber dass wir nicht zu wenig linke sondern zu wenig rechte Politik haben. Den linken Parteien gelingt es also anscheinend viel besser ihre Kompromisse zu erklären. Ich sehe hier die Union in der Pflicht mehr an Kompromissen zu arbeiten und diese auch zu verkaufen statt nach rechts zu blinken.
Weiß ich nicht. Aber das ist die einzige Definition die sich logisch aus dem ableitet, was Rechtsextremisten sind. Feinde unserer Verfassung und unseres Wohlergehens.

Die CDU erarbeitet ihre eigenen politischen Konzepte unabhängig und verfolgt damit ihre eigenen Ziele. Wenn die AfD dann inhaltlich zustimmt, heißt das nicht, dass die CDU ihre Position aufgibt oder sich in irgendeiner Weise annähert. Die Alternative, jeden Antrag abzulehnen oder gar nicht erst einzubringen, nur weil die AfD theoretisch zustimmen könnte, führt zu politischen Blockaden und macht die CDU unglaubwürdig.
Die Diskussion dreht sich im Kreis, das hatten wir hier alles schon:
Ich unterstelle dir, den Unterschied sehen zu können, zwischen
- Einem Gesetzentwurf, der die Mehrheit der Parteien, der Abgeordneten und der Bevölkerung hinter sich hat und auch von der AfD unterstützt wird und
- Einem Gesetzentwurf, der ohne AfD keine Mehrheit hat, auch mit ihr eine nur knappe Mehrheit erreichen kann und gegen das Völkerrecht und gegen EU-Recht verstößt, oder zumindest versucht, es auszutricksen bzw de-facto auszuhebeln
Niemand wirft der Union ersteres vor. Aber einen Antrag wie 2.) einzubringen, in dem Wissen, dass eine Zustimmung der AfD die einzige Möglichkeit ist ihn durchzubringen - das ist der Kritikpunkt.

Diese Wähler haben dann schlicht keine Alternative […] weil sie sonst keine Partei sehen, die ihre Themen aufgreift.
Niemand hat einen automatischen Anspruch darauf, dass seine Meinung verbreitet oder mehrheitsfähig ist. Wenn ich Meinungen vertrete, die bei den demokratischen Parteien kaum vertreten sind, ist das nicht automatisch ein Problem der demokratischen Parteien. Vielleicht ist meine Meinung ja einfach nicht anschlussfähig oder grundgesetzwidrig.
Das Thema wird außerdem durchaus auch von anderen Parteien aufgegriffen, nur eben nicht mit den politischen Schlussfolgerungen, die sich AfD & Co wünschen. Darüber hinaus ist und bleibt es nicht mehr als eine unbelegte Hypothese, dass AfD-WählerInnen durch rechtere Politik zurückzugewinnen sind. Das Scheitern der Konservativen in Frankreich und Österreich mit dieser Strategie legt das auf jeden Fall nicht nahe.
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