Ist die Brandmauer (in Teilen) nicht undemokratisch?

Steht das irgendwo bei der CDU genauso schriftlich definiert?

Ich möchte da gar nicht viel zu schreiben, weil ich es absolut dumm und unverantwortlich finde, wenn man Politik durch Erpressung macht wie die CDU/CSU es tut. Und nein, das ist nicht nur Merz, sondern der gesamte konservative Laden. Da gibt es innerhalb der Partei keinen lauten Aufschrei, wenn man Politik wie eine rechtsextreme Partei macht und damit versucht andere Demokraten zu erpressen.

Ich kann da nur jenes Buch empfehlen, das man gelesen haben sollte und man weiß wohin die Reise geht.

Natascha Strobl: Radikalisierter Konservatismus
Eine Analyse. Berlin: Suhrkamp (2021)

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Angela Merkel hat über viele Jahre eine kluge und besonnene Politik geführt und war eine Stabilitätsgarantin für Deutschland und Europa. Ebenso hat Michel Friedman als engagierter Intellektueller wichtige Debatten angestoßen. Ihre aktuelle Kritik an Friedrich Merz ist jedoch wenig hilfreich, weil sie eine Schwarz-Weiß-Zeichnung der politischen Realität vornimmt.

Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen einer inhaltlichen Übereinstimmung in Sachfragen und einer strategischen Kooperation mit der AfD. Die CDU hat keine gemeinsame Politik mit der AfD beschlossen, sondern ihre eigenen Positionen vertreten – Positionen, die in der Bevölkerung breite Unterstützung finden.

Merkels und Friedmans Aussagen laufen Gefahr, die eigentlichen Probleme zu verschleiern: Eine über Jahre ungelöste Migrationspolitik, die zu wachsendem Frust in der Bevölkerung führt und extremen Parteien nutzt. Eine nachhaltige Lösung braucht eine ernsthafte Debatte, keine reflexhaften Tabuisierungen. Wer jede migrationspolitische Verschärfung sofort in die Nähe von Rechtsextremismus rückt, schwächt den demokratischen Diskurs, anstatt ihn zu schützen.

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Nein, Deutschland braucht eine redliche konservative Partei, die nicht lügt, indem sie verspricht, sie könne die Grenzen schließen.

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Dass die Strategie, Wähler der AfD mit inhaltlichen Argumenten für demokratische Parteien zu gewinnen oder wenigstens von der Wahl von Staats- und Verfassungsfeibden abzubringen, nicht funktioniert und dass das eher nicht an fehlenden oder schwachen Argunenten liegt, sondern am fehlenden demokratischen und menschlichen Verständnis und Anstand der Adressaten war in der Lage mit Sicherheit schon mal Thema, oder? Ich muss mal schauen, ob ich die Folge wiederfinde… hab grade aber nicht die Ruhe dafür.

Verstehe ich es richtig, dass Sie Merkels und Friedmans Austritt als reflexhafte Tabuisierung einordnen? Falls ja, verstehe ich es richtig, dass dies für Sie negativ konnotiert ist, also sowas bedeutet wie Mangel an Reflexion?

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Für die CDU Deutschlands gilt: Es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD – weder in
direkter, noch in indirekter Form.
Link (PDF CDU)

Nun haben wir das Problem, dass (indirekte) Zusammenarbeit von der Union anders definiert wird als von ihren Kritikern.

Ich verstehe unter „reflexhafter Tabuisierung“ nicht einfach nur eine moralische Abgrenzung, sondern eine Haltung, die politische Debatten von vornherein unterbindet, ohne sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Genau das ist in der aktuellen Diskussion ein Problem.

Die Brandmauer ist nicht per se falsch – sie kann eine sinnvolle Schutzlinie gegen antidemokratische Kräfte sein. Doch wenn sie nicht mehr zwischen inhaltlicher Sachpolitik und echter politischer Kooperation unterscheidet, wird sie zu einem dogmatischen Tabu, das demokratische Prozesse erschwert.

Wenn Merkel und Friedman jede Form von parlamentarischer Entscheidung, die mit AfD-Stimmen zustande kommt, automatisch als demokratiegefährdend einstufen, dann verhindert das eine notwendige Diskussion darüber, wie man realpolitische Herausforderungen lösen kann. Eine Demokratie muss in der Lage sein, Sachentscheidungen zu treffen, ohne sich dabei ausschließlich an strategischen Tabus auszurichten.

Kurz gesagt: Eine Brandmauer als moralische Leitlinie ist sinnvoll, aber wenn sie reflexhaft angewendet wird, blockiert sie politische Handlungsfähigkeit – und genau das ist der Punkt, der in der Debatte zu wenig reflektiert wird.

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Die wird ja aber gar nicht geführt, weil nachhaltige Lösungen, wenn dann Zeit brauchen um zu wirken.

Tut man das denn? Geht es nicht bei den Verschärfungen im Endeffekt darum denen die eh schon nix haben das Leben noch schwerer zu machen?
Müssen für „migrationspolitische Verschärfungen“ wirklich Grundwerte und das Grundgesetz in Frage gestellt werden?

Edit: typo

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Nur hat Merz genau das getan. „My way or the highway“ war sein Motto, „keine Komromisse zu meinen 5 Punkten“. Kann man sich alles in der Debatte anhören.
Und die Einzigen, die bei den 5 Punkten seiner Meinung waren, war die AfD, die quasi dieselben Forderungen (und mehr) schon vor Merz so wollten.

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Aber doch auch aus Unwissen.

Nehmen wir Grenzkontrollen. Bayern prahl da ja mit Zahlen wie viele illegale Migranten, Straftäter etc. dabei ausgemacht werden konnten.

Das liegt aber nicht daran, dass diese Kontrollen an der Grenze stattfanden, sondern dass es überhaupt Kontrollen gab. Würde man regelmäßig unangekündigt große Kontrollen an Autobahnen machen, dann würde man noch mehr Effekt haben, weil diese unbekannt wären.

Dass die Kontrollen aber eben gar nicht so konkret den Effekt haben illegale Grenzübertritte zu verhindern sondern lediglich statistisch wirken wie jede andere Kontrollen bzw. Wegen des bekannten Orts sogar schlechter bekommt doch kaum jemand mit. Dass es sich bei den zurückgewiesenen Migranten mehrfach um die selben Personen handelt die dann halt erst beim 3. oder 4. Versuch ins Land kommen ebenso.

Wir reden hier überwiegend nicht über wirksame Maßnahmen sondern über symbolpolitik und am Ende werden dann wieder Krankenpfleger und Erzieher die gut integriert sind abgeschoben und die Problemfälle bleiben unter dem Radar.

Warum nicht mehr Geld in echte Problemlösung stecken statt in symbolische Maßnahmen?

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Warum nicht mehr Geld in echte Problemlösung stecken statt in symbolische Maßnahmen?

Wer entscheidet, was echte Problemlösungen sind und welche nur symbolische? Es wird ja immer so dargestellt, als ob es ganz eindeutig wäre, aber das ist es doch nicht.

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Nun, das ist meine Meinung. Beispiele habe ich gegeben.
Dass die härtere Flüchtlingspolitik keine wirklichen Auswirkungen hat, sieht man ja …
Ach, nein, stopp, man sieht doch Auswirkungen:
In Arbeit oder Ausbildung stehende Menschen werden abgeschoben, Fachkräfte wollen nicht nach Deutschland, Migranten in Deutschland überlegen, unser Land zu verlassen…und dazu noch Menschenrechtsverletzungen, eine bröckelnde EU…
Sicher, dass Investitionen in Infrastruktur im weiten Sinn da nicht besser wären?

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Das meinte ich. Zusammenarbeit lässt noch interpretativen Spielraum

(Bin mir nicht sicher, ob du mir geantwortet hast. Laut der Benachrichtigung ja, aber laut dem Thread hier nicht. Aber falls ja:)

Sicher, dass Investitionen in Infrastruktur im weiten Sinn da nicht besser wären?

Nein, sicher bin ich mir nicht. Und ich würde auch behaupten, dass niemand seriös sagen kann, was besser wäre.
Generell habe ich das Gefühl, dass von beiden Seiten sehr viel Populismus dabei ist. Merz’ Vorschlag wird dafür kritisiert, dass er nicht umsetzbar ist. Und die Vorschläge der anderen Seite? Wer soll denn die Infrastruktur erneuern? Woher sollen wir das Personal bekommen? Oder woher sollen wir plötzlich Tausende Psychotherapeuten bekommen? Es gibt ja jetzt schon viel zu wenige; die Ausbildung ist sehr lang. So zu tun, als ob das eine sinnvolle Maßnahme wäre, verkennt doch die Realität.

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Das man rein auf der Tonspur mit guten Argumenten nicht gegen. Die Lautstärke der AfD und Populisten ankommt, die wie ein Sprung in der Platte immer die gleichen Plattitüden wiederholen, ist wohl schon mehrfach erwähnt.

Was die Wähler wohl wünschen, ist eine klare Identifizierung und Definition realer Probleme und entsprechend klare und gut erklärte Lösungen dazu. Und Ehrlichkeit.

Da kann eine AfD wahrscheinlich nicht mithalten. Nun bietet keine Partei dieses Lösungsangebot grade.

Jetzt grenzt man die AfD als (nach meinem Kenntnisstand) legitim gewählte Partei im Bundestag aufgrund ihrer verfassungsfeindlichen Einstellungen ab. Einverstanden.
Damit lehnt man ja auch faktisch rund 20% der Wähler ab.
Nun gibt es einen Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gegen die Linke. Quasi ähnlicher Effekt wie eine Brandmauer auf Bundesebene.
Wie bezeichnen wir die Ablehnung der CSU gegen die Grünen?

Ich befürchte derartige ungenau definierte Brandmauern bergen auch Risiken.

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Merz’ Vorschläge scheitern am Europarecht, internationalen Recht und teilweise auch an Verfassungsvorgaben, daher rechtlichen Problemen, die auch langfristig nicht lösbar scheinen. Hier kann man natürlich dazu aufrufen, das ändern zu wollen, aber das ist etwas anderes, als Merz tut: Es will gegen diese internationalen Regelungen einen deutschen Alleingang, in der Hoffnung, dass sich andere Länder anschließen und das aus seiner Sicht falsche System zusammenbricht. Das ist hochgradig antidemokratisch.

Die anderen hingegen wollen einfach einen Richtungswechsel. Weg von der Schuldenbremse, hin zu besserer Infrastruktur. Ja, das geht auch nicht von Heute auf Morgen, aber damit kann man direkt anfangen, die Schuldenbremse könnte man binnen Wochen aussetzen und die ersten Ausschreibungen für Infrastrukturmaßnahmen könnten sofort starten.

Es gibt nicht zu wenige Psychotherapeuten, es gibt zu wenige Kassensitze. Es gibt viele Psychotherapeuten, die gerne auf einem neu geschaffenen Kassensitz arbeiten würden, die aktuell aber gerade das nicht tun können, weil sie ihre Leistungen nicht über die Krankenkassen abrechnen könnten. Klar brauchen wir langfristig auch mehr Psychotherapeuten, aber vieles des kurzfristigen Drucks könnten wir sehr schnell zumindest spürbar lindern.

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Dem stimme ich zu. Diese kompletten Ausschlüsse von Zusammenarbeit wie sie die CSU z.B. gegenüber den GRÜNEN formuliert oder die SPD früher ständig gegenüber der LINKEN formuliert hat (Ypsilanti, anyone?), sind ein Problem.

Eine Ausgrenzung einer Partei aus dem demokratischen Spektrum muss eine Ausnahme sein, eine Ausnahme, die man macht, um die Zeit zwischen dem Erstarken einer extremistischen Partei und deren Verbot (oder deren Mäßigung) zu überbrücken. Die LINKE z.B. hat sich über die Jahrzehnte konsequent gemäßigt, ein kompletter Ausschluss der Zusammenarbeit war ab den späten 2000ern eigentlich nur noch aus taktischen Erwägungen vertretbar. Die AfD auf der anderen Seite radikalisierte sich seit ihrer Gründung immer weiter. Hier ist eine Brandmauer richtig und wichtig, aber letztlich brauchen wir ein Parteiverbotsverfahren.

Eine Ausgrenzung eines legitimen politischen Konkurrenten (wie der Ausschluss einer Zusammenarbeit mit den GRÜNEN seitens der CSU) ist hingegen ein Unding, vor allem zu einer Zeit, zu der Weimarer Verhältnisse drohen, also die Regierungsbildung unter den Demokraten immer schwieriger wird…

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Merz’ Vorschläge scheitern am Europarecht, internationalen Recht und teilweise auch an Verfassungsvorgaben, daher rechtlichen Problemen, die auch langfristig nicht lösbar scheinen.

Nicht nur. Nehmen wir die Kontrolle der Grenzen. Dies wird gerne damit gekontert, dass wir zu wenige Bundespolizisten hätten, was ja durchaus sein mag. Aber wie gesagt, so zu tun, als ob wir nur in die Infrastruktur investieren müssten und diese sich von selbst baut, ist genauso realitätsfern.

(

Es will gegen diese internationalen Regelungen einen deutschen Alleingang, in der Hoffnung, dass sich andere Länder anschließen

Ist der Richtungswechsel wirklich so ein Alleingang oder wäre es nicht viel eher ein Alleingang, so weiterzumachen wie bisher?)

Man könnte ja mal die Psychotherapeuten-Ausbildung vereinfachen. Da stehen gerade so einige auf einer Art Wartegleis, glaube ich.

Ach so… es gibt ja tatsächlich echte Lösungen. Man muss sich gar nicht darauf ausruhen, dass man sagt „Es gibt nicht genug Therapeuten“ … Sag bloß :wink: