Interview mit Axel Ockenfels - VWL Professor und tätig in der Politikberatung

Ich habe auf einer Veranstaltung der Studienstiftung einen Vortrag von Herrn Ockenfels zum Thema „Die Klimakrise als das größte Kooperationsproblem der Menschheit“ gehört. Dieser Vortrag hat bei mir und den anderen TeilnehmerInnen einen starken Eindruck hinterlassen.
Herr Ockenfels lehnt bspw. nationale deutsche Einsparziele ab und ist der Meinung, aktuelle deutsche Milliardeninvestitionen in die Energietransformation seien ein ineffizienter Weg hin zu mehr Klimaschutz. Sein Ansatz ist ein „Kreis der willigen Staaten“, die eine Reziprozität in der Klimapolitik einführen.
Ich fände es sehr spannend, ein Interview in der Lage der Nation mit ihm zu hören, da Herrn Ockenfels einige der Grundpfeiler der aktuellen deutschen Klimapolitik in Frage stellt - und das mit sehr starken Argumenten. Ich fände es spannend herauszufinden, wie Philip und Ulf die Position von Herrn Ockenfels einordnen würden.
Soweit ich weiß gibt es ein recht ausführliches Interview mit ihm in der FAZ, in dem er einige seiner Positionen darlegt. Das habe ich durch eine schnelle Google Suche jedoch nicht finden können.

Da Deutschland ohnehin schnellstmöglich bei netto null landen muss, erscheint diese Position unverständlich.

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Ich denke, man sollte sich erst einmal die Argumente anhören, bevor man sie gleich ablehnt.

Was ich von Prof. Ockenfeld in Wikipedia lesen kann

lässt einen erst einmal positiv aufhorchen: Nachfolger von Christian von Weizsäcker (d.h., der ist mutmaßlich fachlich herausragend), kritisch gegenüber Homo Oeconomicus, Schwerpunkt auf Empirie („ Daten statt Dogmen“), spieltheoretische Ansätze, Verhaltensökonomik, Marktdesign, …

Ockenfels befasst sich mit Auswegen aus der Klimakrise und mahnt dabei eine Lösung auf globaler Ebene an. Er spricht sich hierbei für eine CO2-Bepreisung aus: „Weltweit sind sich Ökonomen selten so einig wie bei der Bepreisung von CO2. Es gibt kein besseres und effektiveres Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Doch während traditionell darauf hingewiesen wird, dass ein CO2-Preis den Klimaschutz zu minimalen Kosten erreicht und Innovationen anregt, gibt es sogar einen noch wichtigeren Grund: Ein CO2-Preis erleichtert internationale Koordination und Kooperation.“

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Das ändert allerdings nichts daran, dass es grundsätzlich gut ist, Emissionen effizient einzusparen. Schlicht weil man immer nur begrenzte Ressourcen einsetzen kann, um Klimaschutz zu betreiben - ganz egal, wie ambitioniert man das machen möchte. Dann macht es natürlich auch Sinn mit diesen begrenzten Ressourcen die maximale Einsparung zu erzielen.
Edit: sprachlich angepasst

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Frage @Bent :
Du hast 1 Euro.
Du kannst damit in Projekt A 100g CO2 einsparen.
Oder Projekt B - du kannst 101g einsparen, aber es ist 15.000km entfernt.
Wo würdest du den Euro investieren?

In einer perfekten Welt wird Projekt B ausgewählt. Das Problem ist allerdings, dass wir nicht in einer solchen Welt leben. Das ist ja mit einer der Ursachen, wieso internationale Klimapolitik nicht vorankommt.

In diesem Kontext ist es wichtig zu erwähnen, dass sich Ökonominnen (wie von @TilRq zitiert) prinzipiell einig sind, dass eine CO2-Bepreisung das Mittel der Wahl ist, aber bei der genauen Umsetzung geht die Meinung dann doch auseinander. Ockenfels ist hier eher auf der Seite derer, die einen international umfassenden (so wie ich ihn verstehe, muss es aber nicht global sein, sondern die relevanten Staaten sollten beteiligt sein) Mechanismus als Lösung sehen. Das Problem ist nur, dass genau eine CO2-Bepreisung in einem solchen Umfang schlicht politisch unrealistisch ist. Aus diesem Grund ist das für mich auch in seiner weitreichenden Forderung ökonomische Theorie aber nichts was praktisch anwendbar ist.

Wenn es aber doch auch kleiner ausfallen darf, dann ist das EU ETS genau eine solche Form internationaler Kooperation. Hier gab es sogar die Möglichkeit, dass auch internationale, nicht innerhalb des ETS erfolgte Projekte angerechnet werden können. Ein Weg war der Clean Development Mechanism (CDM). Das Problem ist nur eben gewesen, dass die jeweiligen Projekte zum Teil nicht den eigentlichen Sinn verfolgen und keine zusätzlichen Einsparungen bewirken. Zum Teil wohl sogar eine Steigerung der Emissionen bedingt haben können (Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung – Wikipedia).

Bezogen auf ein Beispiel wäre es also nicht die Frage wo 1 Euro investiert wird, sondern bei CDM hätte es oft eigentlich 2 Euro gegeben und es wurde aber nur einer investiert. Daraus resultiert dann aber ein suboptimales Ergebnis (selbst wenn alles super funktioniert hätte, dann wären 2 Euro in sinnvollere Projekte investiert worden). Das ist vor allem eben dann relevant, wenn das Projekt A ohnehin getätigt worden wäre und nun das vorhandene Geld gar nicht erst investiert wird.

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Ich möchte noch kurz hinzufügen, dass eine ausführliche Darstellung seiner Position in der FAZ vom 16. Juli 2024 (Nr. 163) auf Seite 16 zu finden ist, falls jemand interessiert ist und einen Online-Zugang besitzt. Der Artikel trägt den Namen „Klimaschutz und moralisches Denken“. Was konkret an Forderung aus dem Artikel hervorgeht:
Ein Mindestpreis für die Besteuerung von CO2 in einem Kreis der willigen Staaten, bei genügend beteiligten Staaten (insb. mit China und den USA) möglicherweise Zölle für Staaten, die CO2 zu gering besteuern. Zusätzlich ist er auch Vertreter eines Klimagelds, das die Einnahmen direkt wieder an die Bevölkerung ausschüttet.
Freiwillige Selbstverpflichtungen hält Herr Ockenfels für gescheitert (Paris, COP).
Das kontroverse an seiner Position ist hauptsächlich, dass er nationale Klimaziele nicht für sinnvoll hält.

https://zeitung.faz.net/faz/wirtschaft/2024-07-16/klimaschutz-und-moralisches-denken/1051369.html

Wichtig finde ich die Überlegung, dass 1g CO2 den gleichen ökologischen Wert hat. Egal wo es freigesetzt wird. Und wenn dem so ist, könnte man nach dem Prinzip der Opportunitätskosten verfahren.
Ein mir häufig begegnendes Argument, dem ich auch zustimmen würde: Hohe Energiekosten haben in Deutschland bereits lange vor der Energiewende Investitionen in hohe Wirkungsgrade gerechtfertigt und die wurden auch getätigt. In vielen Bereichen nährt man sich der maximalen Effizienz. Verbesserungen sind nach Pareto jetzt sehr kostenintensiv. Durch eine Umstellung der Energieträger wäre trotzdem ein disruptiver Game Changer möglich.
Es gibt Gegenden auf der Welt, in denen heute sehr viel schlechtere Wirkungsgrade vorherrschen - z.B. weil Energie dort sehr günstig gewesen ist. Maßnahmen lassen sich hier möglicherweise auch schneller umsetzen.
Es geht also nicht um 1 Euro für 100g oder 101g - sondern um 1 Euro für 100g oder 1kg. In der Betrachtung wäre eine Subvention von 100% auch gerechtfertigt.

Die Ursachen für die bisherigen Fehlschläge scheinen für mich alle korrigierbar.

Das gilt halt unter der Annahme, dass sich diese schlechten Wirkungsgrade tatsächlich finden lassen und eine entsprechende Menge an CO2/Zeit gespart werden kann.