Innovationen gegen Klimawandel

Nein, habe ich nicht, aber du zum Glück (Seite 24 aus deiner Quelle):

CCU bezeichnet die Abtrennung von CO2 aus industriellen Prozessen, fossil befeuerten Kraftwerken und biogenen Quellen oder die direkte Entnahme aus der Atmosphäre mit der jeweils sich anschließenden stofflichen Nutzung des so erhaltenen CO2, beispielsweise als Synthesebaustein beziehungsweise Kohlenstoffquelle in (petro-)chemischen und Biotechnologischen Prozessen

oder auch

Wird CO2 mit erneuerbarer elektrischer Energie in kohlenstoffhaltige Energieträger umgewandelt, entstehen kurzlebige synthetische Produkte, die wie Energieträger aus fossilen Rohstoffen eingesetzt werden können.

Das ist sogar noch schlimmer, als ich oben beschrieben habe. Es wird erst Kohle/Gas/Öl verbrannt, dann das CO2 eingefangen, in synthetische fossile Energieträger umgewandelt und dann wieder verbrannt oder verarbeitet. Und jeder dieser Zwischenschritte erzeugt entsprechende Umwandlungsverluste. Da wäre es energetisch ja bald besser, direkt Öl oder Kohle zu nehmen, das würde wenigstens die Zwischenschritte einsparen.

Dass das Ganze heutzutage CCU (Carbon Capture and Utilization) genannt wird, war mir allerdings neu, danke dafür.

Aber auch beim klassischen CCS (Carbon Capture and Storage) müssen sowohl die Abscheidung des CO2 als auch der Transport und die Speicherung mit Energie „bezahlt“ werden. Und ich wage zu bezweifeln, dass dafür weniger Energie benötigt wird, als durch die CO2-Verbrennung vorher erzeugt worden ist.

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Da bist du bilanziell komplett auf dem Holzweg. Es mag jetzt Anwendungen geben, da spart es unter dem Strich nichts ein, das bringt natürlich nix. Bilanziell ist CCS erst mal günstiger als CCU. Aber selbst bei CCU wird das Kohlenstoffatom mindestens zweimal genutzt statt einmal. Ergo die Emissionen halbiert minus dem energetischen Aufwand. Im Ideal bleibt es im Kreislauf.
Rein ökonomisch betrachtet schließt sich deine Annahme aus. Sonst wäre die Abscheidung in jedem Fall unwirtschaftlich.

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Das spielt nun für das Klima keine große Rolle, oder? Wenn wir von Verzicht reden, müssen wir uns doch die Länder ansehen, in denen konsumiert wird und nicht wo produziert wird. Die Industrieländer stünden deutlich schlechter da, wenn man die CO2 pro Kopf Emission nicht ermittelt, indem man die Emission des Landes durch die Einwohner teilt, sondern die Emissionen als Grundlage nimmt, die durch den Konsum in dem Land entstehen.

China hatte 2021 ein Außenhandelssaldo von über 670 Milliarden US Dollar. Das sind schon ein paar Tonnen CO2, die da in Chinas Emissionsbilanz auftreten, aber woanders komsumiert werden. Und das ist nur ein Land. Die heimische Industrie läßt ja fleißig in ärmeren Ländern produzieren und hat oft nur die emissionsarmen Büroarbeitsplätze noch in Europa.

Edit: Mal so als Beispiel: China produziert über 50% des weltweiten Rohstahls, wo man ja die schlechte Klimabilanz kennt.

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Okay, wir schaukeln uns hier hier gerade etwas hoch, ist wohl auch meine Schuld, da ich mit so einem drastischen Statement begonnen habe. Daher rudere ich mal sprachlich etwas zurück.

Ja, in ferner Zukunft, wenn wir insbesondere die Energieerzeugung komplett oder weitestgehend decarbonisiert haben, dann müssen wir das CO2 auch wieder aus der Atmosphäre kriegen. Aber davon sind wir noch Jahrzehnte entfernt.

Und ja, geschlossene CO2 Kreisläufe wären natürlich auch schön, aber spätestens bei Kunststoffen, die man wieder einsammeln und verfeuern müsste, oder bei synthetischen Kraftstoffen für Luft- und Schifffahrt wird das echt schwierig.

Was aber die Energie-Bilanz der CO2-Abscheidung angeht, dazu mal folgende Rechnung:

Kohlendioxid-Abscheidung:

  1. Laut IEA (Link) braucht CO2-Luftabscheidung (Direct Air Capture) heutzutage mindestens 6 GJ / tCO2
  2. Das bedeutet im Umkehrschluss mit 1 Giga Joule Energie kann man circa 0,167 Tonnen CO2 binden (0,167 tCO2 / GJ)

Kohlendioxid-Emission:

  1. Steinkohle setzt pro enthaltenem Megajoule Primärenergie etwa 93,9 Gramm CO2 frei (Quelle)
  2. Ein reines Steinkohlekraftwerk hat ca. 40 % Wirkungsgrad (Quelle), dadurch braucht man also 2,5 mal mehr Kohle um tatsächlich 1 Megajoule elektrische Energie zu erzeugen und emittiert damit auch 2,5 mal mehr CO2
  3. Damit ist man also bei 234,75 gCO2 / MJ
  4. Umgerechnet auf Gigajoule sind das dann 234,75 kgCO2/GJ bzw. 0,235 tCO2/GJ Emissionen

Das bedeutet, die Direct Air Capture Technologie bindet pro eingesetztem Gigajoule an Energie nur etwa 0,167 t Kohlendioxid. Bei der Erzeugung eines Gigajoule in einem Steinkohlekraftwerk werden aber bereits 0,234 t CO2 freigesetzt.

Und da haben wir NUR über das Abscheiden des CO2 aus der Umgebungsluft gesprochen. Wo und wie das CO2 dann langfristig gelagert werden könnte, sodass es nie wieder in die Atmosphäre gelangt, das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Daher müssen wir uns heute auf die schnellstmögliche Vermeidung von Kohlendioxid-Ausstoß konzentrieren.

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Nie wieder wäre zuviel verlangt, aber ein paar Monate/Jahre an deinen Füßen ^^

Danke erst mal für den Hinweis. Die Folge dazu gibt es übrigens hier:

Wie es aber auch schon oben in dem Watson-Artikel steht, ist das Ganze auch wieder sehr Energie-aufwendig, da das CO2 erst wieder mit Energieaufwand in einen Kunststoff umgewandelt werden muss.
Dazu kommt noch die CO2-Abscheidung, mit der man das CO2 vorher aus der Atmosphäre geholt haben muss. Somit ist auch dieses Verfahren nur wirklich sinnvoll wenn man regenerative Energie quasi im Überschuss hat.

Die Socken sind übrigens noch ein sehr unglücklich gewähltes Beispiel, da Socken ja auch aus 100 % Baumwolle hergestellt werden können, nur sind sie dann offenbar teuer und halten wohl nicht so lange.

Danke für die Quelle, super!

Ich mag jetzt deine Rechnung nicht nachrechnen, aber die funktioniert auch komplett anders.
Glaube es kommt niemand auf den Gedanken den Strom für ein Abscheide-Verfahren aus Kohle zu erzeugen. Aber selbst wenn wir das mal annehmen.
Der Strombedarf für die Abscheidung ist nicht 6 GJ sondern nur 1 GJ, laut deiner Quelle. 5 GJ sind Wärme, die kommen aus dem von dir angenommenen Kohelkraftwerk ohne zusätzlichen Primärenergeinsatz. 1 GJ Strom = 0,28 MWh.
Der IEA-Faktor für Kohlestrom ist etwa 0,8t/MWh (Indien und China). D. H. wir landen bei 0,28 x 0,8 = 0,22. 1 t Abscheidung steht also 0,22 t Kohle-CO2 gegenüber, also etwa Faktor 5. Wenn wir jetzt den immer noch bescheidenen E-Mix in DE zu Grunde legen, dann liegt der ca bei 0,4 statt bei 0,8. d.h. Wir haben nciht den Faktor 5 sondern den Faktor 10.
Für 10 t Abscheidung braucht es mit der heute bescheidenen Situation also nur 1 t aus der Stromerzeugung.
Und das ist das ungünstige DAC. CCS ist deutlich effizienter

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Aber der Strombedarf wird ja eher steigen als sinken. Scheidet da nicht automatisch jede Technologie aus, die ihrerseits großen Strombedarf hat?

Stimmt, die restlichen ca. 5 GJ sind Prozesswärme. Wenn du so eine CO2-Abscheidung irgendwann mal nur noch mit 100 % regenerativer Energie betreiben willst, musst du aber auch die Prozesswärme elektrisch erzeugen, denn Wind- oder Solarenergie bekommst du eben nur elektrisch. Daher habe ich das oben so aufgeschrieben.

Aber okay, wir diskutieren ja hier zum Erkenntnisgewinn. Also nehmen wir mal deinen Vorschlag, die restliche Abwärme aus dem Steinkohlekraftwerk auch zu nutzen.

Das stimmt leider nicht ganz. Auch wenn die Abwärme in einem Kohlekraftwerk nicht nutzbar ist, musst du dafür trotzdem Kohle verbrennen und somit CO2 erzeugen.

Wenn man z.B., wie beschrieben, 1 GJ Stromenergie mit dem Steinkohlekraftwerk erzeugt, dann bekommt man bei 40% Wirkungsgrad noch 1,5 GJ als Abwärme dazu, aber eben keine 5 GJ. Das bedeutet, für weitere 3,5 GJ Wärmeenergie müsste man noch mal z.B. Kohle in einem Heizkraftwerk verfeuern und damit weiteres CO2 erzeugen.

Jetzt könnte man für eine korrekte Energie-Bilanz mit den 1GJ elektrischer Energie plus den 1,5 GJ Abwärme plus 3,5 GJ zusätzliche Heizwärme aus Steinkohle rechnen, aber das wird vermutlich zu unübersichtlich.

Einfacher ist es, wenn man in meiner Rechnung von oben einfach den Wirkungsgrad des Steinkohle-Kraftwerkes mit 100 % annimmt. Wer mir das nicht glaubt, dem schreibt ich gerne eine PM, aber das will ich hier nicht aufdrösseln, sonst liest das hier echt keiner mehr zu Ende.

Hier also noch mal die Gegenüberstellung CO2-Abscheidung vs. Steinkohlekraftwerk mit 100 % Wirkungsgrad.

Kohlendioxid-Abscheidung:

  1. Mit 1 Giga Joule Energie kann man circa 0,167 Tonnen CO2 binden (0,167 tCO2 / GJ), keine Änderung hier.

Kohlendioxid-Emission:

  1. Steinkohle setzt pro enthaltenem Megajoule Primärenergie etwa 93,9 Gramm CO2 frei
  2. Wirkungsgrad ist jetzt 100 Prozent, da Abwärme für DAC nutzbar
  3. Damit ist man also bei 93,9 gCO2 / MJ
  4. Umgerechnet auf Gigajoule sind das dann bei 93,9 kgCO2/GJ bzw. 0,094 tCO2/GJ Emissionen

Jetzt würde die CO2-Abscheidung mit 1 GJ eingesetzter Energie also tatsächlich mehr CO2 binden, als vorher durch die Kohle-Verbrennung im Kraftwerk freigesetzt wurde.

Dafür müsste aber eben ein Steinkohlekraftwerk neben einer CO2-Abscheide-Einrichtung gebaut werden, oder umgekehrt. Wie sinnvoll und zukunftsträchtig (Stichwort Kohleausstieg) das ist, darüber kann man streiten.

Außerdem setzt das voraus, dass die Abwärme aus dem Steinkohlekraftwerk z.B. heiß genug für die CO2-Abscheidung ist. Die braucht wohl so 300 Grad und zumindest die Fernwärme in Deutschland hat ja deutlich weniger.

Das mit dem Kohlekraftwerk kam ja von dir.
Ich überlege mir mal einen sinnvolleren Ansatz.
BTW, ich bin kein Fan von CCS oder DAC, wir werden es aber benötigen na ich bin überzeugt, dass wir es vernünftig hinkriegen

An den Problemen mit den deutschen Regularien wird offebar schon gefeilt…

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Danke für den Link.
Das ist „nur“ ein Wärmespeicher. Steht also in Konkurrenz zum Stromspeicher.
Leider gibt es auf der Website keinerlei Daten sondern nur blabla.
Mal sehen, werde es vielleicht mal für eine industrielle Anwendung mit PV in Kombi durchrechnen.

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Und für viele Menschen ist Klima nicht das einzige, das eine Rolle spielt…

Emission von Treibhausgasen trägt unmittelbal zum Treibhauseffekt bei. Beim Konsum ist die Kopplung nicht direkt, da hängt es davon ab, wieweit die Nachfrage dazu führt, dass Treibhausgase (bei Produktion, Transport, …) emittiert werden.

Wenn man z. B. Klimasteuern und -abgaben auf den Verbrauch von Stahl erheben würde statt die Emissionen bei seiner Produktion, würde das falsch lenken, weil es Produktionsweisen mit mehr und solche mit weniger Emissionen gleich behandeln würde.

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Aber das Thema dieses Threads ist „Innovationen gegen Klimawandel“ und keine ökonomische Diskussion über China.

Auch darum ging es nicht. Du hattest die Pro-Kopf-CO2-Emissionen Chinas angeprangert. Wenn der Rest der Welt nicht in China produzieren würde, würde sich das auch ganz anders verteilen. Es ist halt sehr billig, nur noch die CO2 ärmeren Büro-Arbeitsplätze hier zu behalten, den Stahl in China zu kaufen und anschließend mit dem Finger auf China zu zeigen.

Und eine Lenkungswirkung kann man auch beim Konsum erzeugen, indem man jedes Gramm CO2 besteuert, das bei der Produktion und beim Transport eines Gutes besteuert, das emittiert wird, bis es im Laden liegt oder verkauft wird. Und das geht auch, wenn man konventionell erzeugten Stahl anders versteuert als bei einer Wasserstoff-basierten Erzeugung.

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Bevor es langweilig wird, bitte hier entlang. Diesen Thread schließe ich dann heute Abend.

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