Innovationen gegen Klimawandel 2: Minister Habeck plant unterirdische CO2 -Speicherung in Deutschland

Stimmt, weil es global der häufigste fossile Elektrizitäts-Kraftwerkstyp ist (Quelle).

Das bezweifle ich auch nicht. Aber wir müssen erst mal weg von der fossilen Verstromung. Und insbesondere in Deutschland werden Technologien wie CCS von vielen völlig überbewertet und dann als Ausrede genutzt, dass man ansonsten nichts tun braucht.

Und das Argument, dass man lieber in Erneuerbare Energien statt CCS investieren solle, das war 2011 auch mal die Linie der Grünen (Quelle: Deutscher Bundestag) :

Für Bündnis 90/Die Grünen sagte Oliver Krischer, CCS löse keine Probleme, sondern verlagere sie nur. Wenn diese Technik einsetzbar sein, seien erneuerbare Energien bereits marktfähig. EU-Fördergelder für CCS-Projekte solle man besser regenerativen Energien zukommen lassen.

Aber das Thema ist ja insgesamt leider gerade in der politischen Debatte, da CDU/CSU das aktuelle Verbot der unterirdischen CO2-Speicherung in Deutschland abschaffen möchten:

bzw. als ca 4 min. Audio-Beitrag:
Bundestagsdebatte über CCS-Technik - deutschlandfunk.de

Problematisch ist dabei auch, das jetzt die Politik festlegen würde, welche CO2-produzierenden Industrien sich über CCS frei kaufen dürfen und welche weiter tatsächlich durch technische Innovationen CO2-Ausstoß von vornherein ausschließen müssen.

Das kann aber tatsächlich echte Innovationen sogar verhindern. Die Stahlindustrie z.B. galt auch lange Zeit als untrennbar mit CO2-Produktion verknüpft, das ist heute anders. Und wer weiß ob das bei der Zement-Industrie nicht auch möglich ist, wenn der Druck durch den steigenden CO2-Preis nur hoch genug ist.

edit:
Beim Zement gibt es aktuell sogar Hoffnung auf zumindest etwas Besserung (so etwa 50 % CO2-Einsparung):

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Meiner Erinnerung nach ist das Thema doch erst wieder so groß geworden, nachdem Robert Habeck sich eindeutig zu CCS positioniert hat.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat angekündigt, dass die CCS (Carbon Capture and Storage)-Technik auch in Deutschland zum Einsatz kommen soll. Damit wird klimaschädliches CO2 unterirdisch eingelagert. 2023 wolle er ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen. […]

Im Bericht [Anm. gem. ist der Prüfbericht zum CO2 Einspeichergesetz] wird die Notwendigkeit der CCS-Technik für die Industrie betont, um vollständige Treibhausgas-Neutralität bis 2045 zu erreichen: „Während die vorherige Zielsetzung von 80 bis 95 Prozent Emissionsminderung auch Entwicklungspfade ohne den Einsatz von CCS zuließe, ist die Erfordernis von CCS mit der Zielsetzung von Netto-Null-Emissionen in den aktuellen Studien gemeinsamer Konsens.“

Stimmt, da hast du recht. Meine Äußerung von oben bezog sich darauf, dass die Union jetzt einen Gesetzesvorschlag eingebracht hat. Aber angestoßen hat den Evaluierungsbericht zur CO2-Abscheidung tatsächlich das BMWK:

Ich habe mir den Bericht und vor allem die Handlungsempfehlungen mal angesehen. Dort heißt es insbesondere:

Ziel einer kurzfristigen Anpassung des Rechtsrahmens wäre aus Sicht der Bundesregierung zunächst lediglich die Ermöglichung insbesondere der Planung und Vorbereitung von Vorhaben zur Schaffung einer leitungsgebundenen CO2 Transportinfrastruktur.

Diese Transportinfrastruktur soll dann u.A. den Transport von abgeschiedenem CO2 zu Häfen ermöglichen.

Der Antrag, den CDU/CSU im Januar eingebracht haben und der diskutiert wurde, wird sogar noch konkreter :

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der ver-
fügbaren Haushaltsmittel auf,
[…]
2. die rechtlichen Voraussetzungen für CO 2-Exporte zu schaffen […]

Während sowohl der Evaluationsbericht des BMWK (oben) als auch der CDU/CSU-Antrag für die geologische Speicherung hier in Deutschland erst mal Strategieprozesse, Sondierungen, Evaluierungen der Erfahrungen anderer Länder usw. vorsehen, drückt man beim Transport bzw. Export erstaunlich auf die Tube.

Mir drängt sich daher ein bisschen der Eindruck auf, dass angesichts der steigenden Preise für CO2-Zertifikate, eine Art CO2-Entsorgungspfad geschaffen werden könnte, der langfristig billiger als die Zertifikate sein kann.

Mal als Vergleich, ein CO2-Zertifikat für 1 Tonne CO2-Ausstoß kostet aktuell etwas über 30 Euro. Als Vergleich dazu mal eine Kostenabschätzung der IEA für den Transport einer Tonne CO2 per Schiff für unterschiedliche jährliche Gesamt-CO2-Mengen, die transportiert werden können (Link zur Quelle):

Ab etwa 2 Millionen Tonnen CO2, die jährlich verschifft werden, landet man beim Preis pro Tonne CO2 also bereits unterhalb der Kosten für ein CO2-Zertifikat.

Damit könnte also das Verschiffen von CO2 in absehbarer Zukunft in ernsthafte Konkurrenz zum den CO2-Zertifikaten treten. Dazu passt die folgende Passage aus dem Unions-Vorschlag:

CCS- und CCU-Technologien […] im nationalen und europäischen Emissionshandelssystem zu berücksichtigen

Liest sich für mich so, dass Industriebetriebe, die CO2 aus ihren Prozessen abscheiden und exportieren keine CO2-Zertifikate benötigen.

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Emissionszertifikate kosten gerade über 80 €, keine 30. Damit müsste CCS also schon eine Goldgrube sein. Der Vergleich von Zertifikaten mit Transportkosten ist halt eher sinnbefreit.
Den Rechtsrahmen für den Transport braucht es jetzt schnell, weil der Besuch von Herrn Habeck sonst nutzlos war. In DE gibt es nur theoretische Lagermöglichkeiten. Die Technologie entsteht auch woanders. DE läuft der notwendigen Entwicklung als Schlusslicht hinterher, entgegen dringenden Signalen aller seriösen Klimaforscher.
Als Hauptproblem wird auch im diesem Bericht die Unkenntnis der Bevölkerung genannt.
Es ist nicht lange her, da hatte ich das auch sehr kritisch gesehen. Eine vernünftige Kommunikation ist hier wirklich eminent wichtig

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30 € sollen wohl die Preise für die nationalen CO2-Zertifikate für Wärme- und Verkehrssektor sein (Quelle). Gemeint hatte ich aber tatsächlich den Börsenpreis für EU-Emissionszertifikate für Industrie und Kraftwerke. Und der liegt tatsächlich schon bei 80 - 90 € pro Tonne CO2. Insofern vielen Dank für die Korrektur. :slight_smile:

Leider bestärkt mich dieser höhere Preis natürlich in meiner Vorahnung.

Naja, wie man an der politischen Diskussion hier in Deutschland sieht, kommt das Thema ja auch in gerade in Schwung.

Der Focus hatte bereits letztes Jahr einen Artikel, der eine ähnliche These enthält:
CO2-Export per CCS - Die heuchlerische Umweltpolitik Deutschlands erlebt neuen Höhepunkt - focus.de, 21.10.2022

Zitat:

Schicken wir bald auch unser Kohlenstoffdioxid ins Ausland, weil wir es selbst nicht speichern wollen?

Klar, die Transportkosten allein reichen nicht. Der Standard hat auch mal eine Abschätzung für die kompletten Kosten (Quelle: derstandard.de):

Vom Schornstein bis zum Lager rechnet Verfahrenstechniker Pröll mit Kosten zwischen 100 und 150 Euro je Tonne CO2.

Bei absehbar steigenden Preisen für CO2 Zertifikate wird das Verschiffen von CO2 also früher oder später interessant, wenn man dadurch, wie von der Union in ihrem Antrag gefordert, eben keine CO2-Zertifikate mehr braucht.

Und was die unterirdische CO2-Speicherung in Deutschland angeht, die ist vor einigen Jahren krachend am öffentlichen Druck gescheitert. Es wurde damals sogar eine Einspruchmöglichkeit für einzelne Bundesländer in das KSpG aufgenommen, die Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, also die 3 Küsten-Bundesländer auch genutzt haben, um in ihren Bundesländern und Küstengebieten die CO2-Speicherung komplett zu untersagen.

Ich halte es daher für sehr wahrscheinlich, dass es auch bei diesem Anlauf zur CO2-Speicherung in Deutschland regionale Widerstände geben wird, erst Recht, wenn es bereits jetzt im Ausland Speichermöglichkeiten gibt.

Die Transport- und Export-Infrastruktur andererseits, wird unter Hochdruck ausgebaut:

Seriöse Klimaforscher werden sich sicherlich eine Möglichkeit wünschen, wie man CO2 wieder aus der Atmosphäre holen kann. Aber die Industrie dürfte wohl eher an einem kostengünstigen CO2-Ablasshandel als Alternative zu CO2-Zertifikaten interessiert sein.

Wenn es schon so ein CCS-Gesetz geben soll, dann müssen dort wichtige Schranken gegen einen Missbrauch des CCS eingebaut werden:

  1. Auch abgeschiedenes CO2 muss in voller Höhe per CO2-Zertifikat ausgeglichen werden. Nur so bleibt der Druck für echte CO2-Verminderungen erhalten.
  2. In Deutschland erzeugtes CO2 muss auch in Deutschland gespeichert werden. Ein Verklappen „unseres Mülls“ in andere Länder, schlimmstenfalls außerhalb der EU darf es nicht geben.
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Ich kann dir in vielen Punkten folgen.
Deine Sorgen „CCS statt Dekarbonisierung“ hat bestimmt seine Berechtigung. Andererseits sollte man bei allen Risiken auch die Chancen betrachten

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Also ich habe meine Meinung bezüglich CCS über die Jahre in Richtung pro CCS geändert.

Warum: man hat zu lange gezögert, wirklich den CO2 Ausstoß zu reduzieren. Nun sind so viele Treibhausgase in der Atmosphäre, dass es nicht mehr reicht, einfach zu reduzieren. Man muss jetzt beides machen.

Ich fände es auch „fair“, der nächsten Generation hier eine funktionierende Technik zu hinterlassen.

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Genau das ist ja mein Punkt. Wir müssen da keine Sorgen haben, wenn wir in Deutschland eine klare Gesetzgebung haben, die dafür sorgt das echte CO2-Einsparung nicht dadurch unterlaufen wird, dass Unternehmen ihr CO2 einfach Abscheiden und irgendwo in die Welt verschiffen, wo es schlimmstenfalls einfach abgelassen wird.

Am einfachsten, indem man den Export, zumindest ins nicht EU-Ausland verbietet. Das ließe sich mit modernem GPS auf den Schiffen auch relativ einfach machen. Am besten wäre natürlich eine CO2-Speicherung nur in Deutschland vor zuschreiben.

Und wie gesagt, keine Befreiung von CO2-Zertifikaten durch CSS-Einsatz.

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Man muss ja nicht immer vom schlimmsten ausgehen.
Dänemark hat heute die erste Genehmigung in der Nordsee erteilt.

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Das dänische Projekt soll aktuell erst mal nur 15.000 Tonnen CO2 aufnehmen, das sind aktuell etwa 0,03 % des jährlichen CO2-Austoßes von Dänemark.

Und selbst wenn die langfristigen Ziele erreicht werden, dann wäre es maximal 1,5 Mio. Tonnen CO2, also nur etwas über drei Prozent dessen, was Dänemark heute ausstößt. Nach einer echten Lösung klingt das wirklich nicht.

Und trotz der heutigen, eher überschaubaren Speicherkapazitäten lobt aber z.B. der CDU-Abgeordnete Oliver Grundmann das CCS bereits in höchsten Tönen:

Laut Grundmann sei das CCS Verfahren der Rettungsschirm für das Klima, die deutsche Industrie und die Lösung für die Energiewende.

Das hat er beim MIT Neujahrsempfang in Stade (Link) gesagt, also einer Wirtschaftsveranstaltung. Und wenn die CDU rumläuft und solche Versprechungen macht, dann weiß man doch, worum es denen eigentlich geht, nämlich darum, der Industrie ein „Weiter so“ beim CO2-Ausstoß zu ermöglichen.

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Ich finde schon dass da massive Zweifel berechtigt sind, denn alleine wie es mit dem „Rohstoff Plastikmüll“ gelaufen ist, und teilweise noch läuft, wird es beim CO2 auch kommen. Irgendwelche windige Leute versuchen schnelles Geld zu machen.
CO2 darf nur an zertifizierte Lagerstätten abgegeben werden!

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Du meinst weil die Asiaten den abnehmen um ihn dann im Meer zu entsorgen?

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Ja genau. Noch scheint niemand so genau zu wissen wie gut das funktioniert. So was muss man in der Praxis testen. So in 2000 m Tiefe ist das nicht so easy. Hört sich schon abgedreht an.

Die Kapazität macht mir weniger Sorgen als die korrupten Parteien. Auch wenn Renewables deutlich günstiger sind als Fossile werden die versuchen das System der Grossversorger aufrechtzuerhalten um weiterhin Geld vom Staat und Gesellschaft in ihre Taschen zu schleusen.

Ja, und auch die Türkei. Siehe dazu auch
https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-10/plastikmuell-ausland-illegal-greenpeace?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F

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Und die Hemmschwelle dürfte bei CO2 noch viel geringer sein, ersten „weil es ja sowieso schon in der Luft ist“ und zweitens weil das Ablasen in die Luft extrem schwer nachweisbar sein dürfte.

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Das Problem ist jetzt natürlich, dass solche Risiken vorhanden sind, die Technologie aber unbedingt benötigt wird (laut den Scenarien der Fachwelt)
Habe heute in einem Webmeeting mit der Forschung eines sehr großen Konzern gehört wie weit man noch von der Industrialisierung entfernt ist. Ohne zusätzliche Power wird da in den nächsten 10 Jahren nicht wirklich viel passieren. Als Gesellschaft darf man das eigentlich nicht zulassen, bzw darf nicht tatenlos zuschauen. Gleichzeitig läuft jeder Politik der das forciert Gefahr von Greenpeace ans Kreuz genagelt zu werden. Wie seht ihr das?

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Ich habe oben ja schon aufgeschrieben, was mMn nötig wäre, damit CCS auch nur in die Nähe von Seriosität käme. Da die CDU aber nicht auf ehrlichen Umweltschutz abzielt, bin ich dagegen, dass wir CCS usw. ausrollen. Wir werden damit ganz sicher ein Bauchlandung machen.

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Eine Technik kann nicht unseriös sein, genauso wenig ist es die heutige Umsetzung. Ich finde es auf jeden Fall gut, dass du Vorschläge gemacht hast.
Da muss ich noch nachliefern.
Im Moment sehe ich deine Ansätze teilweise als schwierig umzusetzen. Ziele müssen sein:

  • hoher Umweltstandard
  • wenig Bürokratie
  • geringe Kosten
    Und im Ideal ein geschlossener Kohlenstoff Kreislauf
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Also komm, das ist jetzt aber echt Wortklauberei. Natürlich habe ich den heutigen Umgang mit dieser Technik gemeint, war aber etwas schreibfaul. :slight_smile:

Und man muss doch bei einer Technologie immer den wahrscheinlichsten gesellschaftlichen Einsatz mitdenken. Gerade der Umgang mit den atomaren Altlasten stellt da ja das Parade-Beispiel im Negativen dar.

Denn natürlich haben die Energiekonzerne über die Jahre nicht die notwendigen Rücklagen aufgebaut, um die Ewigkeitskosten selbst zu stemmen, sondern lieber Gewinne gemacht, denn wir leben halt im Kapitalismus. Und natürlich kriegen wir es jetzt kaum hin ein Endlager in Deutschland zu bauen, weil jedes Bundesland sagt: „Not in my backyard“, denn wir leben halt in einer föderalen Demokratie.

Da kann man jetzt beim Thema CO2-Abscheidung und CCS nicht so tun, als müsse man erst mal abwarten, ob die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mechanismen (ohne ausreichende staatliche Regulierung) diesmal auch wieder so wirken. Sondern da weiß man doch jetzt schon, es läuft am Ende wieder so:
Hauptsache billige Lösungen, die uns (in D) keine größeren Unannehmlichkeiten bringen.

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