Homöopathie nicht mehr auf Kassenleistung?

Gehört zwar nicht zum Thema, aber wenn es nach mir ginge würden sämtliche Vorrechte für Religion abgeschafft, und die Ausübung so behandelt wie jeder beliebige Verein auch, inklusive Pflicht die Gemeinnützigkeit nachzuweisen. Ein unsichtbarer Freund begründet keinen Anspruch auf mehr Rechte als jeder Kaninchenzüchter auch hat.

Zur Grenze: generell hätte ich hier gerne ein Pflicht, zumindest das generell zugrundeliegende Prinzip zu begründen. Wenn hier nichts kommt, muss das ganze halt als Fiktion gekennzeichnet werden, der Herr der Ringe steht ja in der Buchhandlung auch nicht bei den Reiseführern, und der Fortsetzungsroman in der Tageszeitung steht nicht im Politikteil (zumindest in meiner nicht).

Nicht direkt, wir können aber regulieren, was über angebliche Heilwirkungen verbreitet werden darf, und hier ist meiner Ansicht nach eine deutlich härtere Gangart angemessen. Also keine Heilpraktiker mehr, und kein „wird leider vom wissenschaftlichen Establishment ignoriert“ als billigen Disclaimer um straflos allen möglichen Unsinn verbreiten und verkaufen zu können.

Meines Erachtens ja, ich sehe hier ein Einfallstor für Faktenleugnung und Wissenschaftsfeindlichkeit, und damit auch für Verschwörungsglauben und Radikalisierung.

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Hier ein Gerichtsurteil zu dem Thema.
https://research.wolterskluwer-online.de/news/3b67b49d-3bd8-344e-ad8c-f3d5e90ffc29

Verweigern Eltern die Fortsetzung einer Chemotherapie eines leukämiekranken Kindes, die über Leben und Tod entscheiden kann, so handeln die Ärzte nicht rechtswidrig, wenn sie dies dem Familiengericht zur Kenntnis bringen und einen Sorgerechtsentzug anregen.

Aus Erfahrungsberichten im persönlichen Umfeld höre ich auch immer wieder, dass Bluttransfusionen bei Zeugen Jehovas da ein schwieriges Thema sind. Und die werden dann bei Kindern auch mal einfach gegen den Willen der Eltern durchgeführt.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie(!) möchte lieber weiter Geld mit Pseudomedizin verdienen als ausreichend Antibiotika bereitzustellen. Wir sind so lost. m)

Der „Hauptgeschäftsführer“ schwurbelt auch nicht nur leicht herum, sondern behauptet explizit, Homöopathie wäre ein wirksames Heilmittel!

So viel Desinformation bekommt man normalerweise nicht einmal in Pressemitteilungen des „Zentralvereins homöopathischer Ärzte“ zu lesen. Da müssen in den letzten Jahren richtig hohe Investitionen in Wasserschüttelmaschinen getätigt worden sein. Die kann man ja jetzt nicht so einfach wegwerfen.

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Sind halt auch genug Homöopathievereine oder-unternehmen in dem Verband Mitglied. Wundert mich bei der List auf deren Webseite (BPI - Partner im Gesundheitswesen:Mitglieder) nicht, dass da dann so eine Pressemitteilung bei rauskommt. Ich vermute einfach mal, dass die da entsprechend Druck gemacht haben und dann kommt das dabei raus.

Wenn die überhaupt Druck machen können, sagt das doch einiges über deren Standing aus. Man könnte ja auch einfach sagen „tretet halt aus, wenn’s euch nicht passt“, und dann das absolut vernünftige Anliegen von Lauterbach unterstützen. Oder zumindest die Fresse halten. Aber so sieht das ernsthaft so aus, als wäre dieser Bundesverband eigentlich ein Schwurbelverein, in dem vielleicht auch wissenschaftlich mehr oder weniger seriöse Pharmaunternehmen großzügigerweise als geduldete Minderheit Mitglied sein dürfen.

Ich finde die Kostendebatte an dieser Stelle falsch. Ein positiver finanzieller Aspekt darf hier kein Argument sein und auch geringe Effekte sind kein Argument es beizubehalten. Wir könnten Apothekern dann auch vorschreiben Leitungswasser als Heilwasser für 10€ pro Liter zu verkaufen. Der finanzielle Gewinn wäre enorm und der Effekt der gleiche wie bei Globuli.

Auch die Therapiefreiheit ist kein Argument hierbei. Ärzte die Globuli nutzen entscheiden sich de facto gegen eine Therapie. Ist das auch Freiheit? Darf ein Arzt auch ein Gebet sprechen um zu „heilen“? Solche Prinzipien dürfen doch nicht Teil eines modernen Gesundheitssystems sein.

Das dritte Gegenargument, das angebracht wird ist, dass die Gesetzesänderung eine „Nebelkerze“ sei. Diese Nebelkerze leuchtet aber doch erst dadurch, dass das Vorhaben so lautstark kritisiert wird. Die Nebelkerze entzünden also all jene, die Verfechter der Homöopathie sind.

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Im oben verlinkten Artikel zur Therapiefreiheit wird das auch gut erklärt:

[Der Leistungserbringer] muss sich jedoch am jeweils aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand orientieren […]
Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist ferner das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten.
Therapiefreiheit – Wikipedia

Ich finde das ganze schwierig, da eindeutig wissenschaftlich bewiesen ist:
Homöopathie wirkt nicht über den Plazeboeffekt hinaus. Der Plazeboeffekt ist aber da. Sollten wir dann die Förderung aller Placebos verbieten?

Ein Plazebo kann am Ende auch ein Hustenbonbon sein. Sollen wir die auch zahlen? Wobei Hustenbonbons vielleicht noch einen gewissen Effekt über Placebo haben könnten?

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Nein, ein Großteil des Placeboeffekts, der in Studien auftaucht, ist nicht real, sondern beruht auf Timing oder auf Gefälligkeitsangaben bei Befragungen. Das tritt natürlich auch bei realen Medikamenten auf, so dass es schon sinnvoll ist, echte Medikamente auf die übliche Art und Weise gegen Placebos zu testen. Nur ist es eben nicht so, dass den Placebopatienten in diesen Studien in irgendeiner Form ebenfalls geholfen wurde.

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Wenn du den Eindruck erweckst, dass auch an anderer Stelle Placebos von den Krankenkassen gezahlt werden, dann gib doch bitte ein Beispiel. Mir ist bewusst, dass es den Placeboeffekt auch bei Medikamenten der Schulmedizin gibt, aber da halt zusätzlich zu der Wirksamkeit. Das ist also etwas anderes. Reine Placebos werden meines Wissens nur bei Homöopathie gezahlt und alles, was ich bisher dazu gefunden habe ist immer auch in diesem Zusammenhang.

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Ja, da dort kein Wirkstoff enthalten ist. Das ist einfach nur eine große Gelddruckindustrie und führt zusätzlich dazu, die Schulmedizin weiter in Frage zu stellen, siehe Querdenker. Es ist schon lange nicht mehr vermittelbar, dass Zuckerkügelchen bezahlt werden, aber Zahnleistungen und anderer sinnvolle Leistungen aus Kostengründen gestrichen werden.

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Wenn ich aus Recherchen richtig im Kopf habe sind Placebos aber Teil einiger evidenzbasierten Therapien und zwar dann, wenn Tabletten regelmäßig aber nicht täglich eingenommen werden müssen.

Beispiel wäre die Antibabypille wo nicht alle Tabletten Wirkstoffe enthalten, aber auch das manuelle einsortieren in Wochendöschen bei anderen Therapien wo Tabletten nicht täglich genommen werden.

Hintergrund ist, dass eine tägliche Einnahme eine einfache Routine mitbringt und somit das vergessen der Einnahme unwahrscheinlicher wird. Zudem verringert es wohl den Effekt, dass Patienten glauben Schwankungen wahrzunehmen selbst wenn der Spiegel im Körper recht konstant ist.

Ebenso habe ich mal von Therapien mit Placebos bei psychosomatischen Erkrankungen gelesen, wo Placebos selbst dann einen positiven nutzen hatten wenn dem Patienten bekannt war, dass er nur Placebos bekommt. Da das aber nur ein Artikel war den ich vor längerer Zeit gelesen habe kann ich nicht mehr sagen ob da handfeste Studien dahinterstehen oder nur ein einmaliger Erfolg über den berichtet wurde.

Ich will damit aber keineswegs homöopathische Arzneimittel verteidigen sondern nur anfügen, dass Placebos allgemein wohl durchaus Sinn haben.
Vielleicht ist hier ja jemand mit Expertise für mehr Infos.

Du weißt doch ganz genau, dass du nicht vergleichbare Dinge zusammenschmeißt. Mit der Logik könnte man aus einem nicht-bezahlen von Homöopathie auch ableiten, dass echte Tabletten nur noch ohne Füllstoffe verkauft werden dürfen, denn im Füllstoff ist ja kein Wirkstoff.

Es wird auch nicht die Forschung an Placebos verboten. Und wenn ein Arzt einen Placebo im Rahmen einer ordentlichen Therapie verschreibt, dann darf das der Patient gerne selber bezahlen, erhöht wahrscheinlich noch den Placeboeffekt. Aber er zahlt dann so im Bereich von 10€/kg, nicht 1000€/kg.

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Viele frei zugängliche Medikamente wie Hustensaft werden doch auch nicht mehr von den Versicherungen getragen, oder? Ist das nicht vergleichbar?

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Von mir aus kann die Regierung den ganzen Esoterik-Kram wie Homöopathie einfach zu machen.
Bis es wissenschaftlichen Konsens gibt, dass das wirkt.
Und bitte nicht argumentieren: „Ja, die Pharmaindustrie und die Ärztelobby verhindern diese wissenschaftlichen Arbeiten“. Das ist alles Schwurbelei und Verschwörungtheorie.
Wer daran glaubt, glaubt auch an Chemtrails!

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Tue ich nicht. Denn mein Beitrag war eine Antwort auf das Bejahen der Frage ob man dann die Förderung aller Placebos verbieten solle.

Und hier muss man eben dann doch etwas mehr differenzieren. Während die Wirkung von Homöopathie ja ganz klar auf einen auch billiger zu erzielenden Placeboeffekt limitiert ist und Homöopathie sogar noch falsche Versprechungen macht ist die Anwendung von Placebos z.B. als Lückenfüller an Tagen an denen kein Wirkstoff gegeben wird um die Routine der Einnahme aufrechtzuerhalten eben doch ein relevanter Bestandteil der evidenzbasierten Behandlung.

Und da bräuchte man ja jetzt nicht auf die Idee zu kommen bei der Pille dann auch für unter 22-jährige eine Selbstbeteiligung zu fordern wenn ein Teil der Tabletten nur Placebos sind um eine tägliche Einnahme und damit eine Routine zu ermöglichen.
Ich gehe davon aus, dass das aber auch nicht die Intention war die frage mit Ja zu beantworten.

Auf was ich hinaus will ist, dass der Placeboeffekt ja sehr wohl eine gewünschte Wirkung ist. Auch bei vielen Medikamenten mit Wirkstoff ist für den Anwender der Placeboeffekt teils größer als der Effekt des Wirkstoffs selbst. Auch spürbar indem z.B. oftmals Schmerztabletten schneller wirken als sie überhaupt verstoffwechselt werden.

Placebo wie auch Nocebo sind Effekte die sind da und die kann man auch nicht verbieten. Man kann das Wissen darüber aber für Behandlungen nutzen oder damit die Wirkung verstärken, was ja anerkanntes Wissen ist.

Daher kann man sehr wohl Homöopathie ablehnen aber eine Förderung von Behandlungen mit Bestandteil des Placeboeffekts nicht generell verbieten wollen.

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„Von mir aus“ auch, weil ich von Homöopathie nichts halte. Aber letztlich reden wir hier ja insgesamt darüber, wie unsere Gesellschaft aufgebaut sein sollte.

Einigkeit herrscht denke ich hier weitestgehend darin, dass der Staat und andere öffentlich-rechtliche Hoheitsträger (wie z.B. die Krankenkassen) Homöopathie weder direkt noch indirekt fördern sollten, was konsequenterweise bedeutet, dass Homöopathie tatsächlich nicht „Kassenleistung“ sein darf.

Alles darüber hinaus ist eine andere Diskussion, nämlich: Inwiefern ist Homöopathie gefährlich (ähnlich wie z.B. Sekten oder Verschwörungstheorien gefährlich sein können) und welche staatlichen Maßnahmen sind gerechtfertigt, um einer etwaigen Gefahr zu begegnen, gerade im Hinblick auf die dazu notwendige Einschränkung von Freiheitsrechten der Homoöpathie-Anhänger? Und hier werden wir vermutlich zu sehr unterschiedlichen Sichtweisen kommen.

Einigkeit dürfte weitestgehend darin bestehen, dass keine „Heilwirkungen“ ohne Wirknachweis behauptet werden dürfen. Fasst man dieses Prinzip extrem stark (dh. Heilwirkungen dürfen nicht einmal impliziert werden) ist man schnell bei einem Verbot der Homöopathie, fasst man es eher locker (wie aktuell) gibt es viele Grauzonen.

Absolut, es soll auch nicht um ein Verbot der Placebos gehen. Wichtig fände ich nur, dass nicht übermäßig mit den Placebos verdient wird. Denn Placebos sind nun einmal einfache Zuckerpillen, die in der Produktion nicht einmal ein Cent pro Stück kosten - und entsprechend günstig müssen diese daher auch, wenn sie von den Krankenkassen übernommen werden sollen, angeboten werden.

Weder Pharmaunternehmen, noch irgendwelche Schwurbler, sollten hier die Möglichkeit erhalten, mit Placebos groß Kasse zu machen, denn die üblichen Argumente der Pharma-Industrie, warum Medikamente so teuer sind („Forschung und Entwicklung“) greifen hier einfach nicht, weshalb auch die Preise für „Pharma-Placebos“ absurd sind. Wenn also jemanden Globuli als Placebo besser helfen, meinetwegen - aber dann darf das Gramm Globuli nicht mehr einen Euro kosten, sondern eher einen Cent. Dann kann man meinetwegen darüber diskutieren, einige wenige homöopathische „Medikamente“ spezifisch als Placebo aufgrund der nachgewiesenen Wirksamkeit von Placebos ausnahmsweise zuzulassen und von den Kassen übernehmen zu lassen, aber wie gesagt in einem so engen Kosten-Rahmen, dass damit nicht allzu viel verdient werden kann…

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Placebo ist kein Qualitätsmerkmal eines Medikaments, sondern hängt viel von anderen Dingen wie z. B. dem Patienten ab. Ich glaube z. B. nicht, dass homöopathische Arzneimittel bei mir einen Placeboeffekt haben. Dazu kommt, dass Placebos nicht mir herkömmlichen Medikamenten gleichzusetzen sind. Placebos machen es „etwas besser“, während Medikamente Krankheiten verhindern können und bekannte Wirksamkeiten haben, die im Allgemeinen wesentlich höher sind als bei Placebos.

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Da wäre ich dann wieder dagegen. Meine Beiträge oben sollten ja keineswegs alles was den Placeboeffekt auslösen kann verteidigen sondern ich wollte lediglich anmerken, dass man den Placeboeffekt, auch als gezielt eingesetzten Teil einer Behandlung, nicht schlechtreden sollte weil man ihn in Verbindung mit Homöopathie negativ besetzt.

Es fängt ja bereits damit an, dass Placeboeffekt in Verbindung mit Wirkstoff aus der Erwartung einer tatsächlich eintretenden Wirkung heraus entsteht, während er bei Homöopathischen Medikamenten daraus besteht, dass eine Wirkung behauptet wird die es gar nicht gibt.

Meine Beispiele (Einsatz im Rahmen von Gabe von Wirkstoff in Intervallen, Gabe unter Wissen des Patienten) sind da ja ganz anders gelagert.

Das habe ich auch nirgends behauptet.

Das glaube ich tatsächlich nicht, bzw. es kommt auch auf den Kontext an. Gibt dir z.B. eine dir nahestehende Person Globuli zur Behandlung von Kopfschmerzen, kann dies durchaus auch dann Wirkung zeigen, wenn man nicht an die Wirkung der Globuli glaubt.
Ich hatte das mal mit LifeWave Plastern. Ich habe das nur wegen Kopfschmerzen aufkleben lassen, weil ich der Person nicht erklären wollte, dass ich an solch einen Humbug nicht glaube und es hat die Kopfschmerzen gelindert. Als ich nachdem die Person gegangen ist das Pflaster umgehend entfernt habe kamen die Kopfschmerzen wieder. Da ich natürlich auch weiterhin nicht an eine Wirkung irgendwelcher fragwürdiger Pflaster mit Biophotonen glaube habe ich mich zu diesem Effekt mal eingelesen und es ist keineswegs unüblich, dass ein Placeboeffekt auch dann erzielt werden kann, wenn der Person bewusst ist, dass eine Wirkung nur auf den Placeboeffekt beruht.

Das habe ich ja auch keineswegs getan.

Nochmal zusammengefasst. Mir ging es nicht darum Homöopathische Medikamente aufgrund des Placeboffekts zu verteidigen sondern darum den Placeboeffekt als solchen positiv zu behaften und den Einsatz von Placebos eben auch im Rahmen evidenzbasierter Behandlungen anders zu sehen als die Gabe von Homöopathischen Medikamenten.

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