Merz scheint halt auch zu den Leuten zu gehören, die (wie weite Teile der AfD oder eine künftige Wagenknecht-Partei) gesellschaftspolitisch gerne zurück in die 1980er Jahre wollen. Zu diesen gesellschaftspolitischen Vorstellungen scheint auch ein „zurück“ zu einer alten Erinnerungskultur zu gehören: Damals galt es in „konservativen Kreisen“ als völlig normal, NS-Funktionäre und Kriegsverbrecher zu ehren oder als Vorbilder anzuführen. Nur zwei Beispiele: Helmut Kohl legte bei Steatsbesuchen gerne mal Kränze auf Friedhöfen von Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS ab (Bitburg) und der langjährige Unions-Fraktionschef Alferd Dregger hielt gerne die „Ehre“ der deutschen Soldaten während des Krieges hoch.
Täusche ich mich, oder ist das nicht genau das falsche Versprechen, dass die AFD macht? A la „Wenn man sich nur genug anstrengt, schafft man es auch.“
Das blendet ungleiche Startchancen durch strukturelle Schieflagen komplett aus.
Jetzt muss ich einen Tod sterben.
Ich verweise hier ständig auf unsere Demokratie und die Rolle des Parlaments.
Also muss ich die Mehrheiten im Parlament anerkennen, die sich dort ergeben.
Das gilt dann auch für eine Minderheitsregierung der CDU toleriert von der AfD. Wenn die CDU das vor der Wahl ankündigt, kann man sich in seinem Wahlverhalten danach richten.
Inzwischen muss man auch fragen, welche Partei eine Minderheitsregierung der AfD unterstützt.
Die Kausa Thüringen und die Grunderwerbsteuer zeigt nur, dass CDU, FDP, AfD Wahlgeschenke beschließen und die Konsolidierung des Haushalts der Linken überlassen. Die Kompetenz solider Haushaltsführung sehen CDU, FDP und AfD offensichtlich bei dem Bündnis aus der Linken, der SPD und den Grünen, denn sonst wäre ja gleich mitbeschlossen, wo die fehlenden 50 Millionen Euro herkommen sollen.
zum Thema:
entwickelt sich da ein gesamtgesellschaftliches Problem?
Entwickelt es sich oder war es versteckt vielleicht schon da?
wenn letzteres, tragen wir dann alle rechtsradikale Anlagen in uns?
das wàre beängstigend
Nein, nicht alle, aber kann es nicht sein, dass strukturell unterschwellig rechte Ansichten weiter existiert haben und sich nun wieder zeigen?
Man darf nicht vergessen, wie sehr die Nachkriegsgesellschaft durchsetzt war. In allen Ämtern gab es weiter Nazis. Und natürlich waren auch alle Mitläufer weiter da.
In einem Podcast hab ich eine sehr gute Analyse dazu gehört, aber ich weiß gerade nicht mehr in welchem.
Hier ist ein längeres Interview mit einer Ko-Autorin der Studie, die sagt, dass rechtsradikale Einstellungen insbesonder auch bei jungen Menschen zugenommen haben.
Im Kern, so sagt sie, geht es um einen Prozess der Radikalisierung, es ist also nicht so, dass solche Einstellungen „angelegt“ sind oder „schlummern“, sondern dass sie auftauchen und wieder verschwinden können, dass Menschen sie bruchstückhaft aufgreifen oder sie sich eben verstärken und verfestigen.
ich hatte schon die Hoffnung das sich dieses nach drei Generationen erledigt hat.
Das es im deutschen, teils auch europäischem denken einen Hang zu konservativen Haltungen gibt, wùrde ich auch so sehen.
ist wohl die Hoffnung, die Vormachtstellung in der welt wie im letzten Jahrhundert konservieren zu können. wenn diese Hoffnung sich nicht erfüllt, will man die Vergangenheit mit etwas Trotz zurück.
ich denke es hat viel mit Angst vor Veränderung und neuen Herausforderungen zu tun.
wir sind zu lange in trügerischer Sicherheit gekuschelt worden, nun tut notwenige Veränderung richtig weh
Nein, hat es leider nicht.
Aber das ändert nichts daran, dass sehr rechte Einstellungen zusätzlich noch weiter zunehmen.
Mir macht diese Entwicklung und die fallenden Tabus große Sorgen.
Die Gründe sind mir tatsächlich noch rätselhaft.
- Können wir als Individuum mit „zuviel“ Freiheit und Entscheidungsspielraum nicht umgehen? Sodass uns lieber jemand sagen soll, was wir tun sollten?
- Ist es Bequemlichkeit und Egoismus? Das wir einfach nur unsere Ruhe und privaten Wohlstand wollen, ohne Herausforderungen und Probleme?
- Ist es eher Boshaftigkeit, Neid auf andere, Freude am Leid anderer?
- spielt Angst vor Fremdem, Neuen, Unbekanntem eine zentrale Rolle? was ja meist in feindseligem Verhalten evolutionsbedingt mündet.
Ich zweifle da halt stark, ob wir uns als Lebensform schon wirklich signifikant weiterentwickelt haben in den letzten 1000 Jahren.
Also menschlich, nicht technisch
Ich frage mich ein wenig, wie man bei solchen anthropologischen Kategorien („ist der Mensch jetzt im Kern gut oder böse“) eigentlich sinnvoll diskutieren soll?
Es geht doch auch sehr viel konkreter: Womit wir es m. E. zu tun haben (so beschreiben es zumindest die Autor:innen der Mitte-Studie), ist ein schleichender Prozess, in dem immer mehr Menschen das Vertrauen in etablierte Institutionen der Gesellschaft und damit auch in die Demkratie verlieren, daher offener sind für andere Deutungen, unter anderem die von Rechtsextremen, dass Demokratie und Migration an sich das wahre Problem sind. Und bei einigen verfestigt sich das zu einem geschlossen rechtsextremen Weltbild.
Diese Prozesse sind im Grunde nichts Neues, sie fanden (natürlich unter anderen Bedingungen) schon vor 100 Jahren statt, sie finden gerade auch in anderen Gesellschaften statt. Neu für Deutschland ist, dass sich dieser Prozess so stark beschleunigt hat und dass die Zahl derer, die das Vertrauen verlieren, immer größer wird (laut der Studie etwa die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland). Dementsprechend wachsen auch die anderen genannten Gruppen stark an. Das hat auch mit den Krisen der letzten Jahre und ihren Folgen zu tun bzw. mit dem, wie darüber gesprochen wurde. Genau das ist ja eigentlich hier im Thread auch Thema, deshalb verstehe ich ehrlich gesagt die große Überaschung über diese Studie jetzt nicht so ganz.
sorry, war bei mir ein kurzer Anflug von Sarkasmus. Nicht zu ernst nehmen.
aber du hast recht, aktuell basiert es auf den politischen Gegebenheiten. Frage wàre ggf, ob speziell wir Deutschen eher nach rechts tendieren oder ob das in solchen „Krisenzeiten“ ein generelles Problem ist.
Ein Blick auf Brexit, Trump, Meloni, Le Pen, PiS, Orban etc. pp. beantwortet diese Frage aus meiner Sicht eindeutig. Bleibt immer noch zu fragen, ob es bestimmte spezifische Entwicklungen und historische Kontinuitäten gibt, aber das Problem an sich ist kein „deutsches“.
Ich würde noch einen Grund ergänzen:
- Weil es uns so gut geht.
Und bevor mir nun die vielen unguten Dinge in unserem Land vorgehalten werden… überlegt mal… wem und wie vielen geht es bei uns wirklich existenzbedrohend schlecht?
Für mich schätzen viele der Menschen den Wert unserer Gesellschaftsform und unseres Lebensstandards nicht mehr, weil er so normal ist (wer von uns kennt Krieg, Mord, Hungersnöte, Diktatur, Freiheitsentzug etc. wirklich).
In Folge jammern wir auf immer höheren Niveau und suchen natürlich Probleme (wo keine sind).
„Schattenseite“ von Demokratie, Freiheit und Frieden.
Sehr treffendes Argument. Hat wohl tatsächlich mit unserer Wohlstandsbequemlichkeit und der aktuell subjektiven Angst vor Wohlstandsverlust zu tun.
Wer Angst hat, braucht Feindbilder zur Kompensation, da passen rechte Ansichten perfekt ins Bild.
So meine Vermutung
Da es einen neuen Thread zum Umgang mit der AfD gibt, werde ich diesen hier nun schließen.
Vorweg aber noch ein Hinweis auf die sehr wichtige Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Zunahme rechtsextremistischer Ansichten in der Mitte der deutschen Gesellschaft: https://www.fes.de/
Diese dürfte Antworten auf die Frage der hohen Umfragewerte der AfD geben.