Haltungen und Strategien zu Russland/Ukrainekrieg

Allein auf Glauben würde ich mich da ehrlich gesagt ungern verlassen. Vor dem 22. Februar 2022 hat auch kaum jemand geglaubt, dass Putin wirklich eine Vollinvasion der Ukraine versucht.

Das hätten viele Ukrainer sicherlich auch gerne getan. Sie hat nur leider niemand gefragt, ob sie lieber leben wollen als vor die Wahl gestellt zu werden, entweder verschleppt oder erschossen zu werden oder sich zu wehren.

Also alles war einfach schon immer so und es macht daher eigetlich keinen Unterschied. Finde ich nicht sehr überzeugend argumentiert.

Ne stimmt, es gab ja weltweit wirklich niemanden, der irgendein Problem etwa mit den Kriegseinsätzen der US-geführten Koalitionen im Irak und in Afghanistan hatte. /S

Ich weiß zwar nicht, was du mit einem „Territorialkrieg“ meinst, aber welche Staaten haben sich denn in den letzten Jahrzehnten alle so entgegen ausdrücklicher vertraglicher Zusicherungen Teile eines Nachbarlandes einverleibt und dessen Existenzrecht infrage gestellt?

Klar, was gibt es für eine bessere Strategie im Umgang mit einer imperialistischen Macht, als zu sagen „wenn ihr mit Atomwaffen droht, machen wir alles, was Ihr wollt“. /S

Das ist eine Möglichkeit, das zu interpretieren. Ich würde erst sagen, solange (ehemalige) SPD-Politiker noch das Klinkenputzen in Deutschland übernommen haben, RT einfach senden durfte und Leute wie Krone-Schmalz in den Talkshows saßen, gab es einfach keinen Bedarf. Die Spitzel hat es mit Sicherheit schon damals gegeben.
Und ich habe auch nicht gesagt, dass der Kreml gegenüber dem Westen „noch nicht“ eskaliert hat, sondern dass das, was du „Eskalation“ nennst, schon Jahre vor der Vollinvasion 2022 stattfand.

Dazu müsste man ja mal definieren, was Eskalation heißen soll. Dass Russland nicht nur 2 Wohnblöcke pro Woche beschießt, sondern 5? Das lässt sich ja leicht nachvollziehen und so einfach wie es die These von der „Eskalationsspirale“ nahelegt ist der Zusammenhang eindeutig nicht. Ich finde es schon interessant, dass du dich mit der tatsächlichen Entwicklung des Kriegsgeschehens anscheinend gar nicht beschäftigst.

Die Entscheidung der Ukraine ist ziemlich klar: Sie möchten mehr Waffen und die Erlaubnis, diese dort einzusetzen, wo es ihnen taktisch und strategisch am sinnvollsten erscheint. Daran hat sich seit Februar 2022 nicht viel geändert. Diese sehr eindeutige Position kommt aber in deiner Argumentation gar nicht vor.

1 „Gefällt mir“

Aber nicht doch. Wo kommen wir denn da hin, wenn wir einfach sagen, dass Russland einseitig eskaliert!!

Ich vermute, dass der Nutzen der strategischen Tiefe bei den Invasionen Napoleons und Hitlers russisches Volkswissen ist. Ich gehe auch davon aus, dass die NATO-Osterweiterungen und die diversen Völkerrechtsbrüche der NATO in breiten Teilen der russischen Gesellschaft ein generelles Misstrauen gegenüber der NATO etabliert haben. Und schließlich hat die innerrussische Propaganda dieses Misstrauen sicherlich gefestigt.

Putin wird weder die Oktoberrevolution noch Prigoschins Putschversuch vergessen haben. Wenn er den Krieg trotz attraktivem Angebot (bzgl. Narrativ 1) weiterführt, riskiert er einen Militärputsch oder Bürgerkrieg.

Und ich vermute, dass sie es nicht ist. Dieses Unsicherheit darf uns allerdings nicht davon abhalten, für beide Szenarien nach möglichen Lösungen zu suchen, die keinen heißen Krieg zwischen Russland und der NATO benötigt.

Das klingt so, als würdest du unterstellen, dass das „Volk“ in Russland sich eher mit der Frage beschäftigt, welche Folgen eine Invasion der NATO in Russland haben könnte. Und ich frage wieder: Auf welcher Grundlage vermutest du das? Ich würde dagegenhalten, dass die Bevölkerung eher mit der Frage beschäftigt ist, wann und wie Russland endlich wieder zu der (imperialen) Größe zurückfindet, die es ihrer Ansicht nach verdient. Und nochmal: Bezogen auf die NATO dominiert inzwischen nicht mehr „Misstrauen“, sondern die Rede vom offenen Krieg.

Sorry, aber das verstehe ich nicht. Das würde ja bedeuten, dass irgendwer gegen Putin putscht, weil er Narrativ 2 vertritt, alle anderen aber Narrativ 1. Hat aus meiner Sicht nichts mit der Realität zu tun.

Und ich frage mal wieder: Warum vermutest du das - trotz diverser Anzeichen, die in eine ganz andere Richtung weisen.

Und was wäre eine Lösung für das zweite Szenario, wenn nicht, Russland möglichst frühzeitig und möglichst deutlich ein Stopzeichen zu setzen?

@Moderation: Ich glaube es wäre angebracht, alle Posts ab „Offtopic“ (#11) in einen neuen Thread zu verschieben, z. B. mit der Überschrift „Haltungen und Strategien zu Russland/Ukrainekrieg“ - mit dem BSW haben die letzten 50 Posts wirklich nichts mehr zu tun :wink:

3 „Gefällt mir“

Ich weiß nicht, mit was sich die russische Bevölkerung beschäftigt. Sofern keine robusten Fakten geliefert werden, werde ich mich aber hüten, diese westliche Kriegspropaganda bzgl. der russischen Bevölkerung unkritisch zu übernehmen. (Was nicht bedeutet, dass es nicht sein könnte, dass die russische Bevölkerung wirklich genau das macht.)

Ich weiß es nicht. Ich bin aber dagegen mit frühzeitigen „Stopzeichen“ die Eskalationsleiter emporzusteigen.

Wenn du das nicht weißt, wie kommst du dann zu deinen Vermutungen, dass bestimmte Narrative und Einschätzungen vorherrschend sind?
Ich wüsste auch gerne, was du mit „robusten Fakten“ meinst und was mit „diese westliche Kriegspropaganda“. Klingt für mich beides maximal schwammig.
Ich beziehe mich bei meiner Argumentation u. a. auf Reden und Artikel Putins, auf Sendungen des staatlichen russischen Fernsehens, auf geleakte Strategiepapiere, auf Berichte und Einschätzungen russischer Journalisten, Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten und Wissenschaftler sowie auf solche von Menschen, die sich seit Jahren journalistisch, wissenschaftlich oder in anderer Weise mit Politik und Gesellschaft in Russland beschäftigen.

Hier zeigt sich m. E. mal wieder die Tendenz, „Eskalation“ relativ beliebig als Buzzword einzusetzen. Worin genau soll denn bei Szenario 2 diese Eskalation bestehen? Das Szenario geht ja gerade davon aus, dass Russland seine imperialistischen Bestrebungen mit allen Mitteln verfolgt, solange es dazu in der Lage ist. Die „Eskalation“ ist demnach eher gegeben, wenn Russland dazu in der Lage ist, als wenn es daran gehindert wird.
Falls eine „Eskalation“ ohnehin immer droht und in jedem Fall verhindert werden soll, ist allerdings auch die Unterscheidung zwicshen den beiden Szenarien obsolet. Dann bleibt ohnehin nur die Option, klein bei zu geben, um diese zu vermeiden.

1 „Gefällt mir“

Meiner Meinung nach ist es wichtig anzuerkennen, dass Großmächte – oder diejenigen, die sich dafür halten – sich keinem internationalen Recht vollständig unterordnen. Die USA haben Kuba damals verboten, russische Waffen zu stationieren, während sie heute ASML untersagen, ihre Maschinen an China zu verkaufen, oder den an Nordstream beteiligten Firmen mit existenzvernichtenden Sanktionen drohen. Das „none of your business“ verkennt die Realität und legt unterschiedliche Maßstäbe an.

Dieser Tage hat Julian Nida-Rümelin bei jung&naiv nochmal das Bild nachgezeichnet, dass die USA niemals eine fremde Großmacht an den eigenen Grenzen akzeptieren würde (wenn sich zB China inkl Militärbasen in Mexiko einkaufen würde).Auffällig ist, dass dieses Argument immer wieder öffentlich geäußert wird, aber selbst (insbesondere?) westliche Falken dieser Behauptung nicht widersprechen. Es wäre leicht zu sagen: „Nein, die USA hätten damit kein Problem.“ Aber nicht einmal das wird behauptet, weil sich niemand dieser Lächerlichkeit aussetzen möchte.

https://www.reuters.com/article/world/uk/trump-administration-pressed-dutch-hard-to-cancel-china-chip-equipment-sale-so-idUSKBN1Z50H4/

https://www.youtube.com/live/31HIWWGoP1I?si=RhO5uCIEWIcv4tlv&t=6291

Nur habe ich bei den USA keine Angst, dass sie die EU mit Raketen beschießen, kann das Volk dort gegen einen Angriffskrieg auf die Straße gehen und demonstrieren und der Präsident dafür abgewählt werden. Das sind ja dann doch noch sehr entscheidende Unterschiede.
Wir haben mit Kiew eine klare rote Linie definiert, die hat Russland überschritten.
Und wenn die gewählten Politiker hier diese rote Linie verteidigen, haben sie meine volle Unterstützung.

2 „Gefällt mir“

Die USA und Russland teilen die Sorge um schlagkräftige Waffensysteme in der Nähe ihrer Grenzen. Aus diesem Grund musste Kuba in der Vergangenheit von Raketenplänen Abstand nehmen, und die Ukraine sich künftig glaubhaft von einer möglichen NATO-Mitgliedschaft distanzieren. Dass wir uns selbst als harmlos betrachten und die Russen vice versa, ist doch trivial. Pispers brachte es treffend auf den Punkt, als er sagte, dass die NATO nicht nur verteidigt, was sie bereits besitzt, sondern auch das, was sie gerne hätte.

Wie soll es den geben, wenn auf der anderen Seite ein Massenmörder sitzt ohne menschlichen Anstand oder auch nur einer Spur Friedenssehnsucht. Das Problem ist Putin und Russland und sonst niemand. Daran scheitert jeder angedachte Frieden. Alle anderen Meinungen sind ganz klar Täter-Opfer-Umkehr.

Ehrliche Solidarität mit einem europäischen Land, dass Opfer eines Mörders geworden ist, ist keine extreme Position. Da finde ich das am langen Arm verhungern lassen der SPD viel extremer und Mützenich ist der Grund wieso die SPD meine Stimme nicht mehr kriegen wird und so geht es vielen Menschen.

6 „Gefällt mir“

Weil Russland ja so ein treuer Vertragspartner ist. Russland würde einen Vertrag, der staatliche Grundrechte der Ukraine beschneidet nur zur Aufrüstung nutzen und dann wieder militärisch agieren. So naiv waren schon Merkel und Steinmeier als Sie 2014 für billiges Gas die Ukraine an Russland verkauft haben. Aus der Geschichte sollte man auch mal hin und wieder lernen.

3 „Gefällt mir“

Dann können wir ja alle brav vor Putin das Knie beugen nach dieser Logik. Natürlich wird es Reaktionen auf Gegenwehr geben, aber die Alternative ist Kapitulation und ich habe persönlich keine Lust unter der Diktatur eines Mörders zu leben. Wer das möchte darf gerne in die Arme von Mütterchen Russland auswandern.

Das hätte bereits 2014 passieren müssen, nicht nur militärisch sondern auch mit einer radikalen Umstellung der Energiewirtschaft um so einen der wenigen echten russischen Hebel auszuschalten, Gas und Öl.

1 „Gefällt mir“

Damit wird der Nato ein ähnlich militärisch aggressives Verhalten wie Russland vorgeworfen. Bitte verlinke mal Belege für diese extrem heftige Behauptung aus der Geschichte der Nato, ansonsten ist das schon … Wahrheitsverdrehung.

2 „Gefällt mir“

Du kannst mir gerne Feigheit oder Übervorsicht vorwerfen, das hat mit Naivität aber nichts zu tun. Und mit „stets“ klein beigeben hat das auch nichts zu tun. Ich bin wie gesagt fine damit, dass wir die Ukraine unterstützen. Ich lehne lediglich die Maximalposition eines offenen Krieges zwischen zwei Atommächten ab.

Ich würde dir dafür aber entgegenhalten, dass du hier fast fatalistisch unterwegs bist. Es muss ja nichtmal ein echter Erstschlag sein, der zum Atomkrieg führt. Es reicht doch, wenn das agieren des Gegners fehlinterpretiert wird und man „nur“ einen vermeintlichen Gegenschlag auslöst. Und diese Missverständnisse werden ja wohl ungleich wahrscheinlicher, wenn man sich in einem heißen Krieg befindet, oder?

2 „Gefällt mir“

Welcher deutscher Politiker hat diese Position inne? Wo wird diese Position so aggressiv in den Medien vertreten, dass sie den Diskurs verzerren würde?

Das liest sich für mich eher wie eine verzerrte Darstellung die von niemanden vertreten wird. Z.B. kann man Aussagen wie: „Was gibt es derzeit zu verhandeln? Russland will nicht unterhalb von seinen Maximalforderungen anfangen zu verhandeln“ leicht zu „keine Diplomatie!“ verzerren.

Wie ist die Ukraine in diesem Fall denn geschützt, wenn Russland in 5 Jahren feststellt, dass es mal wieder Lust hat kleine Grüne Männchen in ukrainische Provinzen zu senden, Separatisten zu bewaffnen oder nach Kiew zu marschieren?

Russland steht fast ganz oben auf seiner Eskalationsleiter, kurz vor der Atomschlag-Sprosse und ruft (bzw. seine UIs) „hey, der Westen soll aufhören zu eskalieren!“ wann immer man der Ukraine marginal die Chance verbessert sich zu verteidigen. Setzt Russland seine Waffensystem ausschließlich in ukrainisch besetzten Gebieten ein?

Ja, das ist schön gesagt. Und Russland macht nicht nur da Krieg, was es besitzt (Tschetschenien) sondern auch in den Ländern, die es gerne hätte (Ukraine).

Bislang wurde noch kein NATO-Land zwangseingegliedert.

3 „Gefällt mir“

Dass Großmächte - und ich würde sogar sagen - alle Mächte, die es sich leisten können, sich nicht an Regeln halten, sofern sie nicht befürchten müssen, dass die Verletzung negative Folgen für sie hat, ist doch eine Binse. Aber was heißt das bezogen auf das Thema dieses Threads? Sollen wir jetzt sagen „Ist doch normal, was Russland macht, so sind (Möchtegern-)Großmächte halt“?
Ich vermute auch, dass die USA ziemlich aktiv werden würden, wenn China sich anschickt, Militärbasen in Mexiko zu errichten. Und wenn die USA in in Kanada einfallen würdend und behaupten, Neufundland sei schon immer Teil der USA gewesen, und in Kanada würden Englischsprechende unterdrückt - sollte man das natürlich genau so vehement verurteilen und darauf mit Sanktionen gegen die USA und einer militärischen Unterstütung Kanadas reagieren. Aber das ist an dieser Stelle erstens Whataboutism und zweitens komplett hypothetisch. Dass jemand anders vielleicht einen ähnlichen Rechtsbruch begehen könnte, ändert ja nichts an der Bewertung eines real existierenden Rechtsbruchs. Und vor allem macht es ihn kein Stück besser.

Und was die „unterschiedlichen Maßstäbe“ angeht: Das Argument macht ja nur Sinn, wenn du Wirtschaftssanktionen gegen Unternehmen, die an Nord Stream 2 beteilgt sind, mit einem Angriffskrieg gleichsetzt. Das finde ich absurd. Wenn es aber unterschiedliche Sachverhalte sind, warum sollen dann unterschiedliche Maßstäbe per se unzulässig sein?

Die Argumentation, dass Russland vor allem von der „Sorge um schlagkräftige Waffensysteme in der Nähe ihrer Grenzen“ umtrieben ist und dass dies ein zentrales Motiv für Russlands Angriffe gegen die Ukraine ist, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Russland hat mit den baltischen Staaten seit 2004 NATO-Länder quasi vor der eigenen Tür und hatte damit - wie weiter oben zitiert - damals auch kein Problem. Zudem hat Russland durch seine grandiose Politik nun mal eben über 1.3000 Kilometer direkte Grenze mit einem NATO-Staat dazubekommen. Die gesamte Oststeeküste bis auf die Oblast Kaliningrad nun NATO-Territorium. Und ein Blick auf die Karte reicht, um zu sehen, dass Finnland, Estland und Lettland näher an Moskau sind als die Ukraine.

3 „Gefällt mir“

Wenn wir schon bei saloppen Sprüchen sind: In der gegenwärtigen Situation die Ukraine nicht ausreichend unterstützen zu wollen, damit Putin nicht „eskaliert“, ist ungefähr so wie Höcke nicht zu sehr provozieren zu wollen, damit er nicht rechtsradikal wird.

4 „Gefällt mir“

Man darf auch gerne Abschreckung betreiben. Aber was ist hier dein konkreter Vorschlag?

Sie hätten fliegen können. Viele haben das ja auch getan, bevor die Ukraine angefangen hat das mit aller macht zu verhindern. Und das ist auch genau das was ich tun würde, wenn hier Krieg ausbrechen würde.

Fair enough.

Ja zum Beispiel in welchem Maße Russland zivile Infrastruktur in einem größeren Maße angreift nachdem es Verluste durch die Ukraine mit westlichen Waffen hinnehmen musste. Und ich weiß nicht wie einfach sich das empirisch untersuchen lässt. Ich verfolge die Entwicklung des Krieges natürlich, aber nicht in dem Maße, dass ich mir einbilden würde das klar sagen zu können. Wenn du sagst es gibt da keinen Zusammenhang dann kann das schon gut sein. Ich würde mich trotzdem eher auf Expert:innen verlassen.

Ich dachte ich hätte es klar genug ausgedrückt, aber ich sage es auch hier gerne nochmal: meinetwegen können wir gerne Waffen an die Ukraine liefern und ihnen auch erlauben sie so einzusetzen wie sie wollen, solange es im Einklang mit internationalem Recht ist.

1 „Gefällt mir“