Haltungen und Strategien zu Russland/Ukrainekrieg

Das finde ich schon eine sehr starke Verengung der Position. 1. Warum diese Entgegensetzung von militärischen Mitteln und Diplomatie? Das ist m. E. eher eine rhetorische Figur von Gegnern einer militärischen Unterstützung der Ukraine. Ich kennen niemanden, der Position 1 vertritt, der sich pauschal gegen Diplomatie aussprechen würde. 2. Wer vertritt denn momentan noch das Ziel „mindestens den Status quo vor 2022 wiederherzustallen“?

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Mhm….grundsätzlich wäre ein Russland als gleichberechtigter Partner wünschenswert.

Aber mit einem Russland unter Putin hätte man einen Partner ohne jegliches Vertrauen.
Zudem Putin nachweislich kein Fan von Demokratien ist. Was eine Partnerschaft schwierig macht.

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Wie realistisch das ist ist eine Sache. Ungeachtet dessen ist es ein erklärtes Ziel Russlands, und der einzige Einflussfaktor dorthin den das Land hat ist seine militärische Stärke. Der Einsatz dieser darf aber auf keinen Fall belohnt werden, wenn wir Frieden in Europa haben wollen. Wenn Russland irgendeine Partnerschaft haben will, geht das ausschließlich(!) auf friedlichem und diplomatischem Wege. Dazu ist Russland aber nicht bereit, weil ihm die in diesem Kontext angemessene Rolle zu klein ist. Die Reaktion darauf kann nur sein, Diplomatie alternativlos zu machen, indem militärische Erfolge versagt (und, soweit schon erfolgt, rückabgewickelt) werden.

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Das wäre mir neu. Und streng genommen trifft der Satz auch nicht ganz Position 2. Es kann gleichzeitig sein, dass die Ukraine nicht verliert (in Hinblick auf Gebiete) und Russland erfolgreich sein wird, falls sein primäres Ziel Zugeständnisse des Westens sind.

Es besteht die Möglichkeit, dass Putin nicht Ihre Meinung teilt. Diese „unverhandelbaren Bedingungen“ sind auch schon spätestens seit den 1990ern bekannt und sollten nun wirklich niemanden überraschen (siehe beispielsweise).

Eine Neutralität der Ukraine würde nur mit ehrlicher Parität funktionieren. Sowohl die EU wie auch Russland müssten gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Ukraine sich nicht innen- und außerpolitisch verstärkt einer Seite zuwendet. So eine Situation wäre aus russischer Sicht besser als 2021 und damit zumindest potentiell interessant für Friedensverhandlungen.

Worauf gründet sich denn der Anspruch, dass die Ukraine das nicht dürfte?

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Also wäre die korrektere Beschreibung für Position 2 eher: „Die Ukraine verliert etwas, Russland gewinnt etwas, wie das genau aussieht, müssen mir mal schauen“.

Das Narrativ, dass Putin bzw. Russland schon „seit den 1990ern“ gegen eine NATO-Osterweiterung waren, stimmt einfach nicht. Hier mal ein kurzer Blick auf 2004:

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 2. April 2004, drei Tage nach dem Beitritt der Balten, stand Putin lächelnd neben Schröder und lobte, dass sich die Beziehungen Russlands zur Nato „positiv entwickeln“. Und er fuhr fort: „Hinsichtlich der Nato-Erweiterung haben wir keine Sorgen mit Blick auf die Sicherheit der Russischen Föderation.“ Als der Nato-Generalsekretär wenig später nach Moskau kam, sagte Putin, jedes Land habe „das Recht, seine eigene Form der Sicherheit zu wählen“. Kein Wort von gebrochenen Versprechen oder einer Gefährdung Russlands. [Quelle]

Nur weil Putin nun auf einmal der Meinung ist, dass die Ukraine als souveräner Staat ihre Bündnisse nicht frei wählen darf, ändert das nichts am internationalen Recht und auch nichts an den Verträgen, die Russland abgeschlossen hat.

Heißt übersetzt: Russland würde etwas gewinnen und die Ukraine etwas verlieren. Also nach Deiner Definition ein Widerspruch sowohl zu Position 1 als auch zu Position 2.
Sollte die Ukraine gezwungen werden, angesichts einer hoffnungslosen militärischen Lage und ausbleibender Unterstützung über einen solchen Zustand zu „verhandeln“, um noch Schlimmeres zu verhindern, kann man das wohl kaum als Frieden bezeichnen.

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Nicht ganz, die Ukraine müsste nicht zwingend etwas verlieren. Siehe Folgendes:

Jeder ist „irgendwie für Diplomatie“. Hier ein Versuch Position 1 und 2 anders von einander abzugrenzen:

  • Position 1: Wir treiben durch Waffenlieferungen, Sanktionen etc. die Kosten für Russland solange weiter in die Höhe, bis Russland beschließt, dass es sich unter Berücksichtigung aller Aspekte (insbesondere auch der geostrategischen Relevanz im NATO-Russland-Konflikt) nicht mehr lohnt weiter zu kämpfen und sich zurückzieht.
  • Position 2: Wie bieten Russland etwas an, dass aus russischer Sicht mehr wert ist, als das Fortführen des Krieges (d.h. mehr als der erwartete Nutzen minus die Kosten).

Position 2 bedeutet, dass Russland „irgendwas“ dabei gewinnt bzw. die NATO „irgendwas“ dabei verliert (außer wir finden das Win-Win einer gemeinsamen Sicherheitsordnung). Das meine ich mit „Diplomatie“.

„noch“ ist hier doppeldeutig. Wer vertritt Ihrer Meinung nach was?!

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Den Vertrag würden insbesondere die Garantiemächte schließen, d.h. die EU oder NATO (bzw. ihrer Mitgliedsstaaten) und Russland würden sich verpflichten, jegliche Ersuche der Ukraine zurückzuweisen bzw. nur gemeinsam zuzulassen.

Nichtdestotrotz würde es die Stabilität erhöhen, wenn ein solcher Vertrag auch die Ukraine selbst völkerrechtlich davon abhält.

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Das ist immer noch eine Engführung, die der Bandbreite der tatsächlichen Positionen nicht gerecht wird. Da fehlt z.B. völlig die Unterscheidung zwischen jenen, die die Unterstützung im jetztigen Ausmaß für ausreichend halten und jenen, die das nicht zun. Ich komme mehr und mehr zu dem Schluss, dass die von dir vorgeschlagenen drei Schubladen einfach zu groß sind, um die Positionen zu diesem Thema sinnvoll zu erfassen.

Außerdem sehe ich nicht, welche langfristige Friedenswirkung eine wie auch immer geartete vertragliche Lösung mit Russland haben soll, bei der dieses de facto für seinen Angriffskrieg und seine diversen Vertragsbrüche belohnt wird. Und dass das für Russland eine Grundbedingung wäre, um Russland zu einer Verhandlungslösung zu bewegen, sagst du ja selber (korrigiere mich, wenn ich das missverstanden habe).

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Jein.
Bei den Themen Migration und Außenpolitik hast du natürlich Recht, beide Parteien sind eher für eine non-interventionistische „Germany First“-Politik. Bei den sozialen Themen hingegen gibt es doch deutliche Unterschiede, die AfD ist neoliberaler als die FDP, das BSW vertritt weitestgehend die Positionen der Linken.

Ein Bündnis von BSW und AfD würde ich aber in der Tat auch nicht ausschließen - letztlich habe ich das BSW in Deutschland schon öfters mit der „Fünf-Sterne-Bewegung“ in Italien verglichen, und das hat mit der „Lega Nord“ mit einer vergleichbar rechten Partei wie der Höcke-AfD koaliert. Insofern halte ich eine derartige Koalition auch in Deutschland nicht für unmöglich - leider!

Das es völkerrechtlich nicht problematisch ist mag sein, aber das wird Russland kaum interessieren, wo ja schon ihr gesamter Krieg völkerrechtswidrig ist. Es geht bei der Gewaltspirale immer nur darum die Rote Linie der anderen Partei zu überschreiten, das hat mit Recht wenig zu tun. So wäre beispielsweise der bewaffnete Widerstand der Palästinenser im illegal besetzten Westjordanland auch im Einklang mit internationalem Recht und trotzdem denke ich, dass Israel mit Gewalt regieren würde.

Tjaja, es geht immer so lange gute bis es nicht mehr gut geht. Und die Vergeltung muss ja auch nicht immer auf dem Schlachtfeld passieren wenn man sich Russland digitale Kriegsführung gegen den Westen anschaut.

Na gut, dann lass es unwahrscheinlich sein, das Risiko wäre mir trotzdem noch zu groß. Und auch eine konventioneller Krieg gegen Russland wäre meiner Meinung nach verheerend. Deswegen: Unterstützung der Ukraine gerne, aber wenn irgendwer anfängt ernsthaft in Erwägung zu ziehen NATO-Truppen in die Ukraine zu schicken geh ich dagegen auf die Straße.

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Das Ausmaß der Unterstützung sehe ich nur als Mittel zum Zweck, relevant für mich ist, welchen Zweck bzw. welches strategische Ziel damit erreicht werden soll. (Und ab welchem Mehr an Unterstützung die nächste Sproße der „Eskalationsleiter“ erklommen wird.)

Gerne dürfen die Positionen weiter aufgefächert werden. Es war ja sogar die Motivation meines ersten Beitrags, dass die Debatte nicht mehr auf eine Bipolarität der Positionen 1 und 3 verengt wird.

Das ist Realpolitik. Es wird richtig und wichtig sein, noch lange auf diese Völkerrechtsbrüche hinzuweisen. Meine Prognose ist aber, dass sie letzten Endes genauso wenig sanktioniert werden (können), wie die Völkerrechtsbrüche der USA und ihrer Verbündeten in Vietnam, Jugoslawien, Irak etc.

Ich nicht, und ich wäre als ehemaliger Wehrdienstleistender tatsächlich Reservist, der bei einer vollständigen Eskalation möglicherweise in den Krieg geschickt würde.

Ich vertrete hier mittlerweile ganz klar die Position:
Russland muss gestoppt werden, Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen. Auch nicht, wenn das bedeutet, dass wir in den Krieg einsteigen müssen. Wenn Russland diesen Krieg gewinnt, ist die Nachkriegs-Friedensordnung offiziell tot und wir werden in neues Zeitalter territorialer Kriege eintreten. Wer jetzt den Krieg gegen den klaren Aggressor Russland scheut, verschieb den Krieg nur auf einen späteren Zeitpunkt.

Hätte die NATO direkt zum Start des illegalen Angriffskrieges aggressiv reagiert und Russland ein Ultimatum gesetzt, sich zurück zu ziehen und andernfalls selbst in den Krieg einzutreten, hätte Russland vermutlich sehr schnell den Schwanz eingezogen. Leider hatten wir diesen Mut nicht, dafür müssen nun hunderttausende Menschen in der Ukraine sterben.

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Wenn weder das Recht, noch politische und militärische Kräfteverhältnisse, noch bisherige Erfahrungen bei der Einschätzung eine Rolle spielen, bleibt aber von der „Eskalationsspirale“ eigentlich nicht mehr viel übrig, außer dass es sein könnte, dass Russland irgendwann aus irgendeinem Grund mal tatsächlich total eskaliert. Und was folgt daraus? Bloß nicht „provozieren“?

Die hybride Kriegsführung gegen den Westen gibt es schon längst - ich erinnere etwa an die russische Einflussnahme bei den US-Präsidentschaftswahlen 2016 oder bei der Brexit-Abstimmung. In Deutschland war das halt vor 2022 nicht so notwendig, weil die Außen-, Wirtschafts- und Energiepolitik ja auch so prima im Sinne Russlands funktioniert hat. Aber auch hier sehe ich nicht, inwiefern ein bestimmtes Verhalten westlicher Staaten hier zu einer „Eskalation“ geführt hätten.

Man könnte natürlich auch argumentieren, dass diese klare Ablehnung strategischer Ambiguittät dem Kreml einen Vorteil verschafft, den er zur gezielten Eskalation nutzt. Aber das würde ja die schöne Theorie von der Eskalationsspirale durcheinanderbringen.

Die Zwecke unterscheiden sich aber sehr stark, sowohl bei Vertretern von Position 1 als auch bei jenen von Position 2. Das macht die Kategorisierung ja aus meiner Sicht so wenig brauchbar.

Immerhin scheinen wir uns darauf einigen zu können, dass Position 3 komplett unhaltbar ist - was ich im Zusammenhang mit dem eigentlichen Themas dieses Threads das Wichtigste finde. Beim Rest werden wir uns wohl nicht einig werden - auch ok.

Den Hinweis verstehe ich nicht. Mein Punkt ist ja nicht eine moralische Verurteilung von dem was Russland getan hat. Meine Frage ist, was sozusagen der Gewinn im Sinne von Friedenssicherung ist, wenn Russland de facto mit seinem Verhalten etwas gewinnt. Welchen Grund sollte es dann haben, in bei passender Gelegenheit nicht wieder genau so zu verfahren? Wenn das Ergebnis lediglich ist, dass Russland seinen Angriff im Moment nicht fortsetzt, ist der Preis, den die Ukraine dafür zu zahlen hätte, aus meiner Sicht zu groß.

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(Deswegen hatte ich das direkt als „Offtopic“ bezeichnet – es war nicht meine Absicht, diesen Thread zu karpern.)

Daher wird die Friedenssicherung ja auch nur funktionieren, wenn wir eine neue Sicherheitsordnung erschaffen, dessen Zerstörung durch einen weiteren Angriff für Russland nachteilig wäre.

Es gibt zwei Narrative für die russische Ukraine-Strategie:

  1. Pufferzone: Die Ukraine (und nur die Ukraine) ist die eine harte rote Linie, die unter keinen Umständen in die Einflusssphäre der geopolitischen Gegner fallen darf (siehe Brzeziński).
  2. Imperialismus: Russland will die Territorien des Zarenreichs annektieren.

Ich vermute, dass die russische Gesellschaft mehrheitlich Narrativ 1 unterstützt und eine Untermenge davon auch Narrativ 2 unterstützt. Ob die Unterstützung für Narrativ 2 signifikant ist, oder Putin damit nur einige wenige Hardliner ruhigstellen möchte, ist mir nicht bekannt.

Für unsere Strategie sollte es relevant sein, ob die russische Gesellschaft oder Elite mehrheitlich imperialistisch eingestellt ist oder nicht. Falls dem nicht so ist, könnten wir versuchen, das Narrativ 1 durch eine geeignete Sicherheitsordnung obsolet zu machen. Dann würden in Zukunft alle nicht-imperialistischen Kräfte gegen einen weiteren Krieg opponieren, da sie Gefahr laufen würden, die Pufferzone zu verlieren.

Das ist natürlich eine legitime Position, wenn man der Meinung ist, dass Russland früher oder später sowieso die NATO angreift (was ich nicht glaube) oder einem das Völkerrecht beziehungsweise die Länder, die es sich zueigen machen, so wichtig sind, dass man dafür in den Krieg ziehen möchte. Ich sehe mich bei beidem nicht, deswegen würde ich lieber leben, als für irgendeinen Nationalstaat zu sterben.

Ich würde sagen die sogenannte „Friedensordnung“ war aller-aller-aller-aller-spätestens mit dem Irakkrieg begraben, nur hat sich komischerweise niemand um all die illegalen Kriege der USA und anderer westlicher Länder geschert. Auch territoriale Kriege gab es schon lange vor Russlands Invasion, aber eben auch immer geführt oder unterstützt von westlichen Staaten. Ich finde man sollte nicht so tun, als ob hier Russland ein Tabu gebrochen hätte, was andere Staaten nicht schon seit Jahrzehnten brechen, nur weil es diesmal näher an uns dran ist und die Opfer weiß sind (der Vorwurf geht nicht an dich sondern eher an die Berichterstattung).

Das sagst du jetzt so, aber gibt es dafür auch konkrete Hinweise?

Ja oder sie hätten gesagt wenn ihr das tut fliegen die Atomraketen und dann hätten wir (hoffentlich) klein beigegeben. Es gibt schon Gründe warum es noch nie direkte kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Atommächten gab. Das lässt sich im Nachhinein glaube ich alles nicht so einfach sagen.

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Ja, mir ist es wichtig, dass kein Land einen erfolgreichen Angriffskrieg mit dem Ziel der territorialen Erweiterung führen kann. Das ist der Kern der Nachkriegsordnung. Eroberungskriege zum Landgewinn waren vor den Weltkriegen der Standard - und genau deshalb waren die Jahrhunderte vor den Weltkriegen durch diese Kriege geprägt. Ständig meinte irgend ein Land, seinen Nachbarn überfallen zu dürfen, sobald es militärisch stärker war, um dessen Land zu besetzen.

Der Konsens der Nachkriegsordnung war, dass genau das nicht mehr möglich sein soll, damit es gar keinen Anreiz für derartige Eroberungskriege mehr geben kann. Das nun aufzugeben und zu glauben, dass es dadurch nicht zu zahlreichen weiteren Kriegen kommen würde, ist naiv.

Und hier vertrittst du einen Isolationismus. Nach dem Motto: „Wir in der NATO sind sicher, was Russland mit dem Rest seiner Nachbarländer macht ist uns doch egal“. Dieser Isolationismus funktioniert langfristig nicht und wird meiner Meinung nach zwangsläufig in einem dritten Weltkrieg enden, weil Länder wie China und Russland bei einer isolationistischen NATO immer weiter auf kriegerischem Weg expandieren werden, bis die Spannungen so groß werden, dass es knallt.

Das waren alles keine expansionistischen Kriege. Es waren falsche, völkerrechtswidrige Kriege, aber keine expansionistischen. Und deine Darstellung, dass sich niemand um diese Kriege geschert hat, ist schlicht falsch. Der Widerstand gegen den Irakkrieg war sowohl inner- als auch außerhalb der USA immens. Aber es gab niemanden, der diesen Krieg hätte stoppen können - das ist das typische „Who watches the watchmen?“-Problem: Wenn die USA als damals unbestritten einzige Weltmacht einen solchen Krieg starten, wer soll sie stoppen?

Nenne mir ein Beispiel von einem Krieg nach 1945, in dem ein Staat Territorium eines anderen Staates durch Krieg gewonnen hat. Selbst die israelischen Territorialgewinne werden international - aus gutem Grund - nicht anerkannt, auch nicht von den Verbündeten Israels. Dass Trump da mit dem Feuer spielt, ist ein weiteres massives Problem. Aber dass Trump und Putin da ähnlich ticken kann uns glaube ich kaum überraschen.

Ich kann bei dieser Naivität nur den Kopf schütteln. Russland weiß genau, dass ein Atomkrieg das Ende der Welt wäre. Sollen wir Russland also jeden Angriffskrieg durchgehen lassen und stets „klein beigeben“, weil Russland mit dem Einsatz von Atomwaffen droht?!?

Sorry, aber ich sterbe lieber aufrecht stehend als vor einem Aggressor mit Atomwaffen auf die Knie zu fallen. Jedem ist klar, dass ein Atomwaffeneinsatz das Ende der Welt, wie wir sie kennen, wäre - auch dem Kreml.

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Ich glaube schon, dass Poltische und militärische Stärke eine Rolle spielt. Ich gebe dir Recht, dass Russland wahrscheinlich vieles mit sich machen lassen würde, weil es eben keine andere Wahl hat. Ich sage ja auch ganz klar nicht, dass man gar nichts machen soll um nicht zu „provozieren“, aber bestimmte Sachen (wie ein NATO-Einsatz) gehen mir persönlich zu weit, weil mir die Gefahr zu groß ist, dass es eben doch zu einer Eskalation kommt.

Naja du beantwortest dir die Frage etwas selbst. Gegen Deutschland wird erst so aggressiv vorgegangen seitdem wir der Ukraine helfen. Aber generell denke ich, dass du Recht hast: gegenüber den westlichen Unterstützer:innen hat Putin bis jetzt nicht wirklich eskaliert. Ob Russland hingegen in der Ukraine selbst eskaliert hat nachdem sie beispielsweise Ziele in Russland selbst angegriffen haben oder jetzt in Kursk einmarschiert sind weiß ich nicht - dazu habe ich mir die Empirie nicht angeschaut und weiß auch nicht ob die überhaupt existiert. So oder so wäre es ja sowieso an der Ukraine selbst zu unterscheiden, ob es ihnen das wert ist.

Wieso? Wenn Russland weiß, dass man nicht weiter an der Eskalationsspirale dreht können sie natürlich munter selbst eskalieren ja, aber damit ist nur die Spirale kaputt, nicht die Theorie dazu.

Steht das wirklich in Frage?

Russland agiert hier völlig rational. Es hat spätestens seit dem Kaukasuskrieg 2008 kontinuierlich die Grenzen ausgetestet, erst in Georgien, dann im Donbass und auf der Krim, dann in der Gesamtukraine.

Hätte die NATO hier eine strategische Ambiguität an den Tag gelegt, also spätetsten ab 2014 klar wie die USA im Hinblick auf Taiwan kommuniziert: „Wir mögen nicht verbündet sein, aber wenn Russland die Ukraine angreift behalten wir uns vor, militärisch zu intervenieren“ ist es doch sehr, sehr fraglich, ob Russland diese Grenze dann angetastet hätte.

Auch, als der Angriffskrieg gegen die Ukraine los ging, war das erste, was man aus der NATO hörte: „Unsere oberste Priorität ist es, dass es nicht zu einem Krieg zwischen zwei Atommächten kommt“, so wie @Farlos es hier auch vertritt. Damit hat man Putin einen absoluten Freifahrtschein ausgestellt, man hat quasi direkt gesagt: „Was auch immer ihr in der Ukraine macht, wir werden nicht militärisch intervenieren“.

Und genau das ermöglichte es Russland dann wieder, die Grenzen weiter zu verschieben, neue Grenzen abzutasten - z.B. durch ständige Kriegsdrohungen oder die Bezeichnung westlicher Staaten als Kriegsparteien wegen deren Waffenlieferungen oder gar den Atomdrohungen von Medwedew und co… Das baut alles auf dieser NATO-Aussage auf. Nach dem Motto: Wenn die NATO kategorisch ausschließt, in den Krieg einzutreten, verschieben wir die Grenzen, wann wir einen Kriegseintritt annehmen, weiter nach vorne. Denn wenn wir dann sagen, dass schon Waffenlieferungen oder Unterstützung bei der Ausbildung ein Kriegseintritt sei, müsste die NATO ja auch das lassen, wenn es ihr ernst damit ist, auf gar keinen Fall in den Krieg eintreten zu wollen.

Wir haben durch den Verzicht auf strategische Ambiguität Russland die absolute Diskurshoheit über alles in Bezug auf den Ukrainekrieg überlassen. Das war vermutlich der größte politische Fehler, den die NATO jemals gemacht hat.

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Vor allem wird das nur funktionieren, wenn Russland bereit ist, Teil einer Sicherheitsordnung zu sein, die auch aus Sicht der Ukraine, der baltischen Staaten, Moldaus etc. den Namen Frieden verdient. Anzeichen dafür sehe ich derzeit keine und ich habe hier manchmal das Gefühl, dass einige durch das Gehen des fünften Schritts die vorherigen vier quasi erzwingen wollen.

Worauf gründet sich denn deine Vermutung? Und wer ist „die russische Gesellschaft“ - konkret: wessen Meinung außer der von Kreml & Eliten ist hier von Belang? Die offizielle Rhetorik Putins, der Propagandisten, aber auch der „Hardliner“ hat Narrativ 1 längst verlassen und vertritt offen Narrativ 2. Da ist längst nicht mehr die Rede von „Sicherheitsinteressen“ oder einer „Pufferzone“ - sondern es wird der Krieg gegen die NATO und den Westen beschworen. Nun kann man sich natürlich hinstellen und sagen „alles nur Show, in Wirklichkeit will er was ganz anderes“ - aber für besonders plausibel halte ich das nicht.

Ich würde davon ausgehen, dass das so ist. Auf diesen Fall gehst du aber merkwürdigerweise gar nicht ein.

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