Gentechnik - Herausforderung und Risiko in der Landwirtschaft

In diesem Fall würde ich behaupten, dass es Veränderungen nur mithilfe eines disruptiven Momentes geben wird. Die alleinige Verfügbarkeit von Informationen wird vmtl nicht ausreichen. Das liegt daran, dass sich die Gesellschaft hier in einem selbstabilisierten Zustand eingerichtet hat. Ablehnung von Gentechnik über Jahrzehnte hat Strukturen in Landwirtschaft und Einzelhandel geschaffen, die damit gutes Geld verdienen. Grundsätzlich nichts verwerfliches ähnlich wie bei fossilen Strukturen die ja auch lange gesellschaftlich gewollt waren. Zumindest ist das die Konsequenz einer Marktwirtschaft. Problem ist nur, dass diese Strukturen einen signifikanten Selbsterhaltungstrieb haben, wenn man sie gerne wieder los werden möchte. Ein System aus einem Bürger, der sich mit dem Gedanken eingerichtet hat, dass Gentechnik etwas schlechtes ist und einer Industrie, die ein Interesse hat ihm genau das widerzuspiegeln, weil es gut für den Umsatz ist, ist sehr robust gegen Störungen von außen.
… (Abs. gel. Mod.)

Wenn man es genau nimmt, dann gibt es aber schon Unterschiede zwischen der Abkehr von fossilen Brennstoffen und einer Zulassung von Gentechnik.

Bei ersterem sind Veränderungen auch sehr deutlich für den Verbraucher zu spüren, auch ggf. Im Geldbeutel wenn z.B. eine neue Heizung angeschafft werden muss oder Brennstoffe teurer werden.

Bei der Gentechnik dagegen wäre am Massenmarkt kaum zu erwarten, dass große Teile der Kunden plötzlich auf Bio zurückgreifen weil gentechnisch verändertes Saatgut zugelassen wurde.

Ich rede ja auch nicht davon die Informationen im verborgenen zu lassen sondern sehe eine Talkshow in der ein konventioneller Landwirtschaftlicher mit einem Biobauer über Gentechnik diskutiert eher als eine potentielle Quelle der Desinformation. Denn der Zuseher ohne Vorbildung wird nicht unterscheiden können was wahr ist und was nicht.
Eine Diskussion zwischen Experten würde aber wohl recht schnell die meisten zum abschalten bringen.

Natürlich gehört so ein Thema auch in Nachrichten, Zeitungen etc., aber eigentlich finde ich es ja dort auch schon heute. Man kann aber niemanden zwingen die Wissensseite der Zeitung zu lesen, sich die Sendung auf welchem Sender auch immer anzusehen oder was auch immer.

Das jetzt für den Zuschauer interessant zu machen indem man es zu einem kontroversen Thema macht wird wohl eher nach hinten losgehen. Skeptiker sehen sich bestätigt und Menschen die sich noch nie Gedanken darüber gemacht haben werden unnötig mit Bedenken versorgt, die keinerlei wissenschaftlichen Hintergrund haben.

Alles genau so wie wir es bei dem Impfstoffen schon mal hatten, wo sich die Zweifel in der Bevölkerung ausgebreitet haben.

Möglich. Das wird es sicher geben, aber - analog zur Klimakrise vielleicht zu spät. Wenn klimatische Veränderungen beispielsweise dazu führen, dass in bestimmten Regionen durch Missernten die Erträge einbrechen oder bestimmte Pflanzen gar nicht mehr wachsen, wird das sicher den Ruf nach neuen Pflanzenarten beflügeln. Aber die hätte man dann eben schon vor Jahren anfangen müssen zu erforschen. Leider ist auch die Frage, ob der Hunger in ärmeren Regionen dann als Hebel groß genug ist um in vmtl immer noch gut versorgten Industrieländern etwas zu ändern.

Das ist der ganz wesentliche Unterschied. Auch wenn Energie nach der Umstellung auf Klimaneutralität im Idealfall nicht teuerer sein muss ist die Phase der Umstellung schon sehr herausfordernd.
Bei der Umstellung von konventioneller Züchtung auf Gentechnik wird es weder teurer noch risikobehafter. Es wird nur schneller. Da könnte man fairerweise anmerken, dass mehr neue Pflanzen in kürzerer Zeit natürlich ein höheres Risiko bedeuten könnten.

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Insofern schränkt das Blockieren, das wir uns jetzt leisten auch die Möglichkeiten zukünftiger Generationen ein. Wir müssen ja nicht nur dafür sorgen, dass der Klimawandel möglichst gering ausfällt, sondern auch für die heute schon unvermeidbaren Folgen vorsorgen. Mal davon abgesehen, dass neue Pflanzenarten auch CO2 einsparen [1] und damit den Kampf gegen den Klimawandel unterstützen könnten.

[1]

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Das macht das Ganze tatsächlich kompliziert. Grundsätzlich bin ich ja für größtmögliche Wahlfreiheit. Klassische biologische Landwirtschaft braucht vielleicht mehr Fläche, aber die könnte man z.B. mit drastisch weniger Fleischkonsum kompensieren. Wäre ja auch ein Weg. Nun sagen aber heute schon viele Experten, dass das entweder nicht ausreicht oder wenig realistisch in der Umsetzung ist (so verstehe ich auch den ersten offenen Brief der Wissenschaftler). Und wenn wir dieses Risiko heute schon sehen, ist es dann verantwortlich, es nicht zu mitigieren? Demnach wäre es mindestens notwendig heute an den entsprechenden Pflanzen zu forschen und sie im großen Stil auf dem Feld zu testen. Auf Fleisch verzichten können wir theoretisch relativ kurzfristig. Diese Pflanzen zu entwickeln dauert halt Jahre.

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Nur was den Flächenbedarf angeht. Was die Kosten für die Produktion angeht nicht. Oft sind ja nicht nur die Erträge niedriger sondern auch noch mehr Bodenbearbeitung nötig. Somit ist Bio auch CO2 technisch teils gar nicht mal unbedingt so gut. Und aktuell wird bei Bio ja klassischerweise mit tierischen Düngern gedüngt, was bei Reduktion von Tierbestand dann auch wieder weniger werden würde und nochmal andere Konzepte erfordert.

Die Diskussion dreht sich hier jetzt im Kreis bzw. der Inhalt der Beiträge wiederholt sich.
Da der Thread mittlerweile sehr lang ist, würde ich ihn gern schließen.

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Es wäre noch interessant zu wissen, ob sich deine Position nach der Beschäftigung mit der Materie geändert hat. Glaube das wäre sogar im Zusammenhang mit der Diskussion eine der wichtigsten Schlussfolgerungen. Davon abgesehen glaube ich tatsächlich, dass die Diskussion inzwischen nicht mehr viel Neues bringen wird und geschlossen werden könnte.

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So, ich sage jetzt mal, dass ich nach eingehender Beschäftigung mit dem Thema meine Ablehnung (mit ein paar Einschränkungen) aufgebe.

Einschränkungen:

  • Meine Akzeptanz richtet sich zunächst nur auf CRISPR/Cas. Diese Methode scheint mir in ihren Risiken kalkulierbar und erforscht.
  • Es sollten weiterhin strenge Kontrollvorgaben gelten, wie es Herr Niggli im Taz-Artikel vorschlägt.
  • Die Kennzeichnungspflicht fände ich gut, aber auch so, wie Herr Niggli vorschlägt (CRISPR/Cas statt „Gentechnik“)
  • Dass man die CRISPR/Cas-Methode einsetzt, sollte in keiner Weise beeinflussen, was wir sonst noch tun, um die Erderhitzung und der Abnahme der Biodiversität zu zu stoppen. Als Teil einer Anpassungsstrategie scheint mir CRISPR/Cas sinnvoll.
  • In Bezug auf die Ernährung der Weltbevölkerung scheint mir die Diskussion um Gentechnik euphemistisch, denn bereits jetzt gäbe es die Möglichkeit, alle Menschen zu ernähren.
  • Insoweit sind auch Rebound-Effekte ein Problem.
  • Keine Anwendung bei Tieren oder sogar Menschen - auch später nicht
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Besten Dank und aus meiner Sicht ein gutes Schlusswort. Alle diese Punkte haben wir ja bereits im Verlauf des Threads ausführlich diskutiert, sodass eine weitere Diskussion aus meiner Sicht nicht notwendig ist.

Nachtrag 08.02.:
Inzwischen ist die Änderung auch im EU-Parlament beschlossen worden:

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