Gendern ist „gut gemeint“, aber alles andere als gut gemacht.
(→) Mit „der Lehrer“ oder im Plural „die Lehrer“ sind mitnichten ausschließlich Männer gemeint. Genauer gesagt bezeichnet „der Lehrer“ gar nicht zwingend einen Menschen, denn schließlich könnte uns auch ein schlimmer Verkehrsunfall „ein Lehrer“ sein, oder eine schicksalshafte Begegnung mit einem eingebildeten Engelwesen, wenn wir am Bachlauf sitzen und die Füße ins Wasser halten. Gemeint ist mit „Lehrer“ also nicht zwingend ein männlicher Mensch, sondern das abstrakte Konzept eines Subjektes, das eine Lehrtätigkeit ausübt. Im konkreten Fall KANN das natürlich ein männlicher Mensch sein – aber eben auch ein weiblicher Mensch oder eben ein Schlüsselerlebnis oder ähnliches.
Es findet eine unzulässige Vermischung von Genus (grammatisches Geschlecht) und Sexus (biologisches Geschlecht eines Menschen) statt.
(→) Zusammengefasst: Mit „DER Vogel“ ist nicht automatisch ein männlicher Vogel gemeint, mit „DIE Person“ nicht automatisch eine Frau. Und genauso ist dann mit „DER Lehrer“ nicht automatisch ein männlicher Mensch gemeint.
(→) „Gendern“ beruht auf der Sapir-Whorf-Hypothese, die besagt, dass Sprache das Denken determiniere. Kurz gesagt: Würden wir alle geschlechtergerecht sprechen, würden wir infolgedessen auch geschlechtergerecht denken und dadurch das „unterdrückende Patriarchat“ aufbrechen.
Das kann man natürlich wissenschaftlich bis ins Tiefste hinein untersuchen. Eine Möglichkeite wäre, zu prüfen, an was Menschen so denken, wenn sie ein bestimmtes Wort hören. Gender-Verfechter behaupten, ein Mensch würde automatisch an eine Gruppe männlicher Ärzte denken, wenn er das Wort „Ärzte“ hört. Aber – ist dem so?
Ich persönlich denke da gar nicht an ein bestimmtes Geschlecht, sondern eher an ein unbestimmbares Knäuel an Personen, das eben … aus Ärzten sind. Ob Mann, Frau, schwarz oder weiß, dick oder dünn, stell’ ich mir in der Sekunde gar nicht vor.
Nun ist natürlich meine persönliche Wahrnehmung nicht als Argument zulässig, weshalb wir uns Studien anschauen, die … Moment, die gibt es ja gar nicht!
Wie sollte es auch? Man vergleiche die Sätze „Ein Lehrer ging die Strasse entlang“, „Ein Lehrer verdient ganz gutes Geld“, „Hans und Maria sind Lehrer“ und „Alle neu eingestellten Lehrer sind Frauen“. Jeder Leser wird bemerken, dass die Wortform „Lehrer“ von Fall zu Fall unterschiedliche Assoziationen auslöst. Doch Assoziationsstudien, die derart differenziert vorgehen, gibt es nicht. Die Befürworter des Genderns bewegen sich also auf dünnem „ich kann mir vorstellen“-Eis.
Was wir auch tun können, um uns wissenschaftlich anzunähern ist, dass wir Sprachen untersuchen, die von Haus aus geschlechtergerecht daherkommen, da sie kein grammatisches Geschlecht („genus“) kennen.
Wenn es nach Gender-Befürwortern geht, müssten die Gesellschaften, die diese Sprache sprechen, deutliche Hinweise darauf geben, dass dort alles anders läuft als bei uns in Deutschland, wo man eben nicht „geschlechtergerecht“ spricht.
Wir haben hier etwa das Türkische oder das Persische; und sowohl die Türkei oder der Iran sind meiner bescheidenen Einschätzung nach nicht gerade Vorzeigemodelle in Sachen Geschlechtergleichstellung.
Auch das Ungarische kennt kein Genus, das Finnische nicht, das Chinesische nicht. Das afrikanische Supyire kennt fünf Genera, das australische Ngan’gityemerri sogar fünfzehn. Trotzdem haben wir in allen diesen Ländern und Staatsgebieten keine signifikant geringere Geschlechterdiskriminierung, die es rechtfertigen würden, dass wir unsere Sprache verändern.
Wer gendert, tut also real nichts für den Diskriminierungsabbau – und das sollte jedem bewusst sein.
(→) Immer wieder wird angeführt wird das Argument: „Aber Sprache entwickelt sich doch!“ – ja, das ist richtig. Aber nicht so, wie es Gender-Befürworter darstellen.
Sprache entwickelt sich organisch und „von unten“ unter den Sprechenden. Aus diesem Grund sprechen wir heute von „chillen“ oder benutzen generell Anglizismen, die es vor 50 oder 60 Jahren so noch nicht bei uns gegeben hätte.
Beim Gendern jedoch handelt es sich um etwas völlig anderes; hier wird nichts organisch entwickelt, sondern es gibt eine Institution, die bestimmt, wie jetzt etwas zu sein hat – und das geht so nicht (es kann höchstens mit propagandistischen Mitteln versucht werden, etwa wie es im Dritten Reich geschehen ist, aber letztendlich bestimmen die Sprechenden, wie sie sprechen, und kein Amt, kein Staat, keine Regierung und keine Gruppe an Soziologiestundenten).
Auch hier könnte man sagen: „Aber das gab es doch bei der Rechtschreibreform auch!“
Diesen Einwurf leistet @marco:
Ja, das stimmt, das ist aber ein großer Unterschied, denn damals hat die Rechtschreibreform einzelne Vokabeln angeglichen und nicht die gesamte Grammatik verändert. Eine Grammatik ist, auch das können wir mal eben klären, das Grundkonstrukt, man könnte sagen, die „mathematische Gleichung“ hinter einer Sprache. Sie lässt sich nicht einfach so verbiegen bzw. nur, wenn man erhebliche Verwerfungen hinsichtlich der Disziplinen der Pragmatik, Semantik, Phonetik und Phonologie in Kauf nimmt. Und das ist bei dem Nutzen (nämlich: keiner) wohl nichts, was der Gender-Befürworter ernsthaft wollen kann.
(→) Wo wir gerade dabei sind: Sprache verändert sich, ja, aber stets unter ökonomischen Gesichtspunkten. Sie „verkompliziert“ sich nicht (wie es beim Gendern der Fall ist), sondern sie wird einfacher.
Gut deutlich wird das, wenn man sich anschaut, wie Menschen sprechen; es gab zum Beispiel eine Sendung „Maischberger“, Mitte 2019, in der ein Vertreter einer linken Gewerkschaft anfangs immer brav „die Mieterinnen und Mieter“ gesagt hat … im weiteren Verlauf aber zu „die Mieter“ wechselte. Es ist einfach nicht wirtschaftlich, Doppelnennungen zu vollziehen.
(→) Dazu passt eben dann auch der nächste Punkt: „Gendern“ ist ein politischer Vorgang. Man kann nicht gendern, ohne der anderen Person damit seine politische Haltung aufzubürden. Und wie das mit Politik so ist: Sie spaltet. Jedes Gendersternchen ist also geeignet dazu, dem Leser die eigene (linkspolitische) Ideologie ins Gesicht zu schreien.
(→) Besonders beide ausgeschriebene Formen, wie etwa in „Zuschauerinnen und Zuschauer“, bilden ein äußerst unglückliches „Sprachmenge/Aussage“-Verhältnis ab, das in der Linguistik ebenfalls untersucht wird. Das ist einer der Gründe, warum bei den meisten Deutschen eine innere Dissonanz entsteht, wenn sie derartige Konstrukte hören.
(→) Konsequentes Gendern würde zu absurden Bildungen führen, etwa die „Bürger_Innenmeister*innen“ oder ähnliche. Das kann niemand wollen, dem die deutsche Sprache am Herzen liegt.
(→) Das Gendern wird nicht konsequent vollzogen, sondern nur dann, wenn es der eigenen Agenda dienlich ist. Während von „Chef*innen“ oder „Professor_innen“ die Rede ist, bleibt es allzu häufig gern bei Bezeichnungen wie „Rassisten“, „Verbrecher“ oder „Mörder“, statt auch hier zu gendern.
(→) Viele Konstruktionen, die im Zuge des Gender-Überfalls gebildet werden, sind sachlich falsch. „Studenten“ etwa sind „Studenten“ und keine „Studierende“, da ein „Studierender“ nur so lange ein „Studierender“ ist, wie er gerade „studiert“. Wenn er im nächsten Augenblick mit seinem Freund spricht, ist er ein „Sprechender“.
Wie absurd das ist, kann man sich daran vor Augen führen, dass es irgendwann auch heißen könnte: „Die Einwohnenden der Stadt Köln“ oder „der Fahrende der Bundeskanzlerin“.
Zuletzt noch ein Argument: Viele Menschen, die Gender-Verfechter mit dem Sternchen „sichtbar machen“ wollen, sind genervt. Genervt darüber, dass man sie ständig in die Öffentlichkeit zerrt und Sonderregelungen fordert oder sogar, dass die schöne deutsche Sprache verschandelt wird. Ob sich jemand „sichtbar“ fühlt oder nicht, ist eine Sache des eigenen Selbstwertgefühls, was nicht die Mehrheitsgesellschaft für einen lösen kann.
Die meisten Menschen, das zeigen Umfragen Jahr für Jahr, halten Gendern für überflüssig und wollen es nicht. Es spaltet und verhunzt mit Sternchen und Unterstrichen den Lesefluss.
Ich habe hier viele Argumente geliefert und verbleibe mit einem Appell: Bitte unterlasst es. Ich weiß, dass ihr beide eher weit links steht und es nicht unterlassen werdet; aber dann habt wenigstens immer im Hinterkopf, dass ihr sachlich FALSCHE Wörter anwendet, wenn ihr von „die Zuschauerinnen“ sprecht und eine gemischte Gruppe meint. Wenn ihr denkt, aus einer politischen Ideologie heraus weiter die Sprache falsch benutzen zu müssen … nun, dann macht das halt weiter.