Friedrich Merz nimmt Kooperation mit AfD in Kauf

Friedrich Merz und die CDU wollen in der nächsten Woche im Bundestag Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik einbringen. Er nimmt dabei explizit Mehrheiten unter Unterstützung der AfD in Kauf. Mehrere Medien berichten, bspw. hier:

Merz behauptet nach wie vor, es gäbe keine Zusammenarbeit mit der AfD und erst recht keine Koalition. Nach den letzten Tagen und erst recht nach diesem Vorstoß erscheint mir das aber, pardon my french, eine feuchten Kehricht wert zu sein. Was soll so ein Vorstoß anderes sein, als ein Aufreißen der Tore für eine zukünftige Zusammenarbeit, ggf. sogar Koaltion mit der AfD?

Ich bin gerade einigermaßen fassungslos, unabhänig davon wie realistisch die Durchsetzung seiner Forderungen tatsächlich ist. Überseh ich hier was? Ich würde mich nur zu gern der Hoffnung hingeben, dass uns keine österreichischen Verhältnisse ins Haus stehen

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Betrachte sein aktuelles Verhalten als Trumpismus und Aktionismus im Wahlkampf. „Es kommt niemand rein, der keine gültigen Einreisepapiere hat“. Das wäre das Aus des Rechts auf Asyl und das wird nicht gehen. Egal, was er erstmal beschließt. Jetzt Stimmen der AFD dafür in Kauf zu nehmen ist komplett falsch. Ich denke er spielt noch darauf, jetzt vor der Wahl so viel AFD wie möglich zu zeigen, um nach der Wahl Machtverhältnisse zu haben, um eben nicht mit der AFD zusammen gehen zu müssen (auch, wenn Teile der AFD inhaltlich dann schon enthalten sind). Das ist aus meiner Sicht das Kalkül. Wenn die Mehrheitsverhältnisse nicht reichen, wird es lautere Stimmen der Union für AFD Verhandlungen geben denke ich. Bis dahin bleibt es abzuwarten. Sofern er Koalitionsverhandlungen mit AFD starten möchte, braucht es wieder Massendemos.

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Tja, jetzt haben wir ihn plötzlich doch, den Migrations-Wahlkampf, von dem alle vorher gesagt haben, dass man ihn vermeiden sollte, weil er nur die AfD stärkt.

Merz macht derweil nur die AfD noch stärker, indem er deren Positionen übernimmt und damit salonfähig macht. Also auch ganz abgesehen davon, dass jeder Jurist bei Merz’ Forderungen mit den Augen rollt, weil sie offensichtlich rechtlich nicht umsetzbar sind, ist es auch politisch betrachtet fatal, was wir hier sehen.

Merz könnte vermutlich in der Tat keine Koalitionsverhandlungen mit der AfD starten, dazu hat er das zu sehr ausgeschlossen. Es würde eher wie in Österreich laufen: „Merz hat nur gesagt, dass es mit ihm keine Koalition mit der AfD geben wird…“

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Volle Zustimmung. Ich hoffe auch, dass ich irgendwas übersehe, aber gerade bin ich einfach nur schockiert. Es wirkt wie eine undurchdachte Kurzschlussreaktion eines fragilen männlichen Egos, dessen Beliebtheitswerte in den Umfragen der letzten Wochen nach unten gingen. Die Tür zur AfD zu öffnen wegen eines Vorschlags, der rassistisch, europarechtswidrig und auch faktisch nicht umsetzbar wäre (Wie sollen 3800 km Grenze komplett geschützt werden? Mauer bauen?) und der absolut nichts zur Lösung von real existierenden Problemen beitragen würde. Ohne Worte. Und am 23.02. wird die AfD die strahlende Siegerin sein, dank dieser grandiosen Wahlkampfhilfe und dann werden alle auf „schockiert“ tun und man müsse „die Sorgen der Menschen jetzt wirklich ernst nehmen“-Blabla und dann werden noch unmenschlichere Forderungen aufgestellt und umgesetzt. Ich frage mich wirklich, wo das noch hinführen soll.

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Sofern es nicht für Schwarz Gelb oder Schwarz Rot oder gar Schwarz Grün reicht könnte das Drehbuch sein

  • Koalitionsverhandlungen in einer 3er Konstellation starten
  • keine Kompromisse finden
  • Währenddessen werden immer wieder Stimmen aus der Union laut, die jetzt schon offen für Kooperation mit AFD werben
  • „Für stabile Machtverhältnisse brauchen wir jetzt doch Verhandlungen mit AFD“. Auch mit Merz
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Ich stimme denjenigen Kommentaren zu, die hier eine Trump-Imitation vermuten.

Was ich faszinierend finde, sind Visualisierungen der Wahlprognosen und habe dazu noch recht ungeordnete Gedanken.
Hier eine von der online Version der Zeit:

Dass es eine gewisse Korellation zwischen der AfD- und der Unions-Kurve gibt, scheint mir - widersprecht mir da gerne - offensichtlich.
Die Forschung sagt seit Jahren, dass eine Verschiebung von Narrativen nach rechts in erster Linie die rechtsextremen stärkt. Die Prognosen scheinen das nochmal schön zu illustrieren. Was die CDU verliert, gewinnt die AfD.

Nun denke ich mir ja, dass das auch den Konservativen auffallen muss. Trotzdem schlagen sie immer weiter in die AfD-Schneise.
Da stellt sich mir ja schon die Frage, und das ist naturlich Spekulation, ob die Union sehr wohl bemerkt, dass sie sich verennen, den Fehler aber nach so viel Zeit nicht eingestehen können, und nun einen gesichtswahrenden, schrittweisen Gang auf die AfD zu vorbereiten.

Was würde ihnen mehr schaden: Schritt für Schritt mit den rechtsextremen kooperieren, oder zugeben, dass der Versuch die rechten rechts überholen zu wollen, gescheitert ist?

Ab einem gewissen Grad an rechter Rhetorik wäre es für SPD und Grüne zumindest fatal, sich darauf einzulassen und es mitzutragen.

EDIT: Typos

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Das klingt dann ja doch verdächtig nach Österreich. Klar, vor kurzem noch hat er ein Nein zur Koalition mit der AfD mit seiner Person verbunden, aber wie angedeutet: ich habe aktuell exakt 0 Vertrauen in das Wort von Friedrich Merz

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Sie haben sich verrannt und jetzt wissen sie nicht mehr wie sie wieder auf den Weg zurückkommen.

Was waren eigentlich die Probleme im Zusammenhang mit dem Attentaten:
#der Flüchtling konnte nicht zurückgeführt werden, weil das aufnahmeland es verweigert hat
#der Flüchtling hat psychologische Betreuung gebraucht
#der Flüchtling war bekannt, die Behörden haben nur nicht zusammengefunden

Auf alles könnte man eine politische Antwort geben, meist sind diese aber nicht schnell umzusetzen. Daher der Reflex „Grenzen zu“. Als Christlicher in einer konservativen Partei hätte man schon früher deutlich dagegen vorgehen müssen.
Zur Einordnung, ich bin eher links anzusiedeln finde aber dass ein gewisses Maß an Ordnung in der Flüchtlingspolitik unnötig ist. Hierzu zählt für mich eindeutig auch die Rückführung von Flüchtlingen in das Erstaufnahmeland. Grenzen zu ist jedoch Populismus.

Weiterhin geht für mich jeder Maßstab im Zusammenhang mit Attentaten verloren. Die Reaktionen stehen in keinem Verhältnis mehr zu dem Schrecken der Tat. Politik darf aus meiner Sicht nicht auf tagesaktuelle Geschehnisse in einer Hektik reagieren, die unser Leben auf Jahre hinaus verändern wird. Wir sind im Jahr 2021 ca. 150 Menschen gestorben, weil der Unfall aufgrund von Alkoholeinfluss verursacht wurde. Da sind in einem Jahr dreimal mehr persönliche Tragödien, wo eine Person aufgrund des Alkoholkonsums eines Anderen getötet wurde als bei allen Attentaten von 2015 bis heute in Deutschland. Wenn wir irgendwo eine groß angelegte Kampagne gegen den Genuss von Alkohol im Straßenverkehr - ich nicht. Und das zeigt für mich, dass die Realitäten in der politischen Blase nicht deckungsgleich mit der Realität ist.

März surft jetzt auf der Welle des Populismus und der Ablehnung gegen Flüchtlinge. Was ihm das bringen soll kann ich nicht nachvollziehen.

Das mag sein, aber wenn man sich anschaut von welcher Seite die Empörungswelle medial getragen wird, könnte der gegenwind für Verhandlungen mit der AFD für Merz relativ gering ausfallen. Eher könnte ich mir vorstellen, dass Springer & Co diesen Schritt feiern werden.

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Wenn die Leute in der Wahlkabine stehen, werden sich viele daran erinnern, dass sie eigentlich keine rechte Politik wollen. Insofern beobachte ich das alles mit ungläubiger Faszination. Wenn Merz einen Antrag zur Abstimmung gibt, ohne sich der Mehrheit jenseits der AFD versichert zu haben, gibt es sicher Beifall von der rechten Seite, vor allem schürt er aber Ängste beim Durchschnittsbürger. Wenn er so weiter macht, wird es doch noch eine spannende Abstimmung geben.

Jetzt mal wieder ganz doof gefragt:

Sollte die CDU sich trotz aller Beteuerungen zur Brandmauer nach der Wahl für eine Koalition mit der AfD entscheiden, um eine absolute Mehrheit zu bekommen….

  1. findet man in der Migrationsdebatte sicher eine gemeinsame Linie, aber in anderen Programmpunkten der Parteien? Gibt es da tatsächlich genug Schnittmengen?

  2. welche Ministerposten würde eine CDU an die AfD abtreten, mit welchen diese auch zufrieden wäre?

  3. welche Hebel hätte die AfD um ihre extremen Forderungen durchzusetzen? Passt sie sich (erstmal) an die CDU an um salonfähig zu werden? Oder wird es eher streitbar wie in der Ampel?

Mal rein fiktiv….

Die Eskalation von Merz zeigt hauptsächlich zwei Dinge

  1. Die Brandmauer, die er bis vor wenigen Wochen noch hochgehalten hat, war offensichtlich nicht seine Überzeugung sondern eine „taktische Erwägung“.

  2. Der Typ ist einfach zu impulsiv um ein guter Kanzler zu sein, selbst unabhängig von den Inhalten.

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Merz ist wohl kaum zu bändigen und CDUler sind beunruhigt.

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Paywall??

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Ja, jetzt.
Steht aber noch auf Marc Raschkes Story auf Instagram.
Das oben war aber meine Zusammenfassung.

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Finde wie immer die Einschätzung von Robin Alexander sehr interessant:

Merz bringt seine fünf Punkte zur Migration in den Bundestag ein. Deren Kern ist die Zurückweisung an den Grenzen auch bei Bitte um Asyl. Eine Bewertung:

  1. Hat die Union ihre Position zur AfD verändert? Ja. Vorher hieß es: Nach Ampel-Aus werden bis zur Bundestagswahl keine "Zufalls"mehrheiten mit AfD gesucht oder auch nur in Kauf genommen. Jetzt doch. Begründung: Morde von Aschaffenburg ändern Erwartung der Bevölkerung.
  1. Fällt damit die Brandmauer? Nein. Es gab keine Absprache mit der AfD. Die Union stellt nur ihre Position zur Abstimmung. Präzedenzfall dafür ist eine Senkung der Grunderwerbsteuer in Thüringen im Jahr 2023. Damals brachte Mario Voigt aus der Opposition diese klassische CDU-Position u.a. mit AfD-Stimmen durch.
  1. Risiko für die Union? Enorm. Vor allem das Argument, eine Stimme für die AfD sei verschwendet und stärke nur Rot-Grün, wird entwertet, wenn mit AfD-Stimmen Unionsanträge ins Ziel gebracht werden.
  1. Ist das klug? Merz hatte mit der überraschenden Idee, die Zurückweisungen mit der „Richtlinienkompetenz am ersten Tag“ zu verbinden, das Momentum in der Debatte schon gewonnen. Scholz und Weidel fiel dazu am Donnerstag nicht ein. Für die nun anbrechende Brandmauer-Debatte ist die Konkurrenz von beiden Seiten besser aufgestellt.

Quelle: x.com

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Alle Bedenken, die ich hatte, habe ich auch jetzt noch. Geändert hat sich nur, dass ich jetzt etwas anderes mache, als ich vorher gesagt habe

Stocker über seine Verhandlungen mit der FPÖ

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In den Tagesthemen erklärte Ines Sayram, bei der ARD Rechtsexpertin und Journalistin, den Move von Merz so, dass er damit vor allem Grüne und SPD unter Druck setzen möchte.

So fordert er von beiden ein Einlenken bei Zurückweisungen an den Grenzen, die diese aber konsequent mit Verweis auf die EU-Rechtslage und mögliche Verstimmung der Nachbarn ablehnen. Sayram argumentiert, dass Merz dieses Risiko anscheinend als beherrschbar ansieht und in der EU Fakten schaffen möchte, mit denen er die Verhandlungen dort in eine Richtung beeinflussen wolle. In die Karten spielen ihm die sehr langsamen juristischen Prozesse in der EU.

Außerdem sende Merz damit an die EU ein Signal das ausdrücke, dass auch Deutschland mittlerweile für einen Kurswechsel in der Migrationsfrage bereit sei. Tatsächlich kann auch ich mir das gut vorstellen. Viele EU-Staaten würden schon lange gern die Maßnahmen verschärfen, aber Deutschland wird als mauernd und Migranten anziehend wahrgenommen.

Sayram stand den Plänen Merz’ offensichtlich sehr kritisch gegenüber. Das Risiko für die Brandmauer ist groß. Dennoch hat sie an keiner Stelle den Eindruck geteilt, dass Merz damit den Schulterschluss zur AfD suche. Vermutlich betreibt er ein übles Glücksspiel.

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Korrelation ja, aber Kausalität kann man aus den Plots nicht ablesen. Die Geburtenzahlen korrelieren bekanntlich auch mit der Zahl der Störche:

Ernsthaft, was man (abseits von Big Data - und selbst dort reicht Korrelation gelegentlich nicht aus) betrachten muss ist die Kausalität, keine Korrelation.

Schauen wir uns die Daten an.

  • Die Union ist um 1,7 % gefallen.
  • Die Grünen um 2,8 % gestiegen.
  • Das BSW um 3,1 % gefallen.
  • Die AfD ist um 2,6 % gestiegen.

Eine ebenso valide Erklärung wäre folgendes: Das BSW hat eine wesentlich größere politische Nähe zur AfD als die CDU. Der AfD Zuwachs kann daher mindestens genauso wahrscheinlich von unzufriedenen BSWlern stammen. Und der Unionsabfall könnte von enttäuschten ökologisch-konservativen Wählern stammen, die von der Anti-Grün Stimmung in der Union enttäuscht sind. Natürlich ist das super simplifiziert und tatsächlich ist die Wählerwanderung viel komplexer.

Oder falls es doch Wähler der Union sind, die zur AfD migrieren, wäre auch möglich, dass es ohne die Rechtsverschiebung der Union noch viel mehr Stimmen bei der AfD sind. Schließlich sind wir in einer wirtschaftlichen Abschwungphase und internationaler Bedrohung und da tendieren viele Gesellschaften dazu Migration eher abzulehnen.

Keine Ahnung was wirklich kausal richtig ist. Man kann es aus diesen Plots auf jeden Fall nicht schließen. Ohne wissenschaftlich fundierte Untersuchung mit Interviews und Co. wirst du die Kausalität nur schwer ableiten können. Dafür gibt es zuviele Störgrößen. Daher rate ich von solchen unbrauchbaren Argumentationen ab.

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Warum sollte es hier anders laufen, als beim Brexit oder bei Trump?

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Unsere Geschichte macht uns hier besonders.
Für viele Rentner ist es aber seit ihrer ersten Wahl normal, entweder rot oder schwarz zu wählen. Wenn schwarz nun offen mit der AFD flirtet und das auch in ihrer Tageszeitung auf der ersten Seite steht, wird das bei der größten Wählergruppe bleibenden Eindruck hinterlassen.
Vielleicht bin ich aber auch zu optimistisch.

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