Ich bin der Meinung, dass Philip und Ulf bei dieser Diskussion auf einen typischen Fall von Framing reinfallen.
Das Argument „Grundrechte sind keine Privilegien“ verschiebt das zugrundeliegende Gefühl von Ungerechtigkeit. Das sogenannte „Impf-Privileg“ hat dadurch langsam echt das Zeug zum Unwort des Jahres…
Es geht nicht darum, dass die GRUNDRECHTE die man zurückbekommen soll ein Privileg sind, nein, die IMPFUNG an sich ist das Privileg. Sie wird (aus guten Gründen, aber dennoch:). willkürlich nach Alter und persönlichem Risiko entschieden. Und @philipbanse und @vieuxrenard sprechen davon, dass es ALLEN zugute kommen würde wenn die Geimpften wieder Freiheiten bekommen.
Aber es sind die bis jetzt UNGEIMPFTEN, die dann die Öffnungen tragen sollen. Kellner, Köche, Spüler, Schauspieler, Studenten in Nebenjobs…
Wenn man vorhat die große Öffnung für Geimpfte (wegen Grundrechte und so… schon klar…) zu machen, dann muss man sich erstmal um die Infrastruktur kümmern! Diese Menschen tragen nämlich dann das Risiko.
Und das Argument, dass der Lockdown allen GLEICH zugute gekommen ist, ist billig. Wenn das Risiko zu versterben tatsächlich „nur“ so groß gewesen wäre wie bei den unter 65-jährigen hätte die Gesellschaft zum Schutz der dann Gefährdeten niemals einen solchen Lockdown gemacht - mit den unfassbar existentiellen Einschnitten für viele. Vermutlich wäre das für die Betroffenen schlimmer gewesen. Aber ich lasse mir als 47-jährigem, ohne Risikofaktoren der von der Gesellschaft VÖLLIG FALLENGELASSEN WURDE nicht erzählen, dass das doch auch für mich war!!! Das verhöhnt die Menschen, die tatsächlich bereit waren ihre wirtschaftliche Existenz für andere zu ruinieren und NICHT mit irgendwelchen Leerdenkern auf die Straße gegangen sind. Ihr habt uns allen viel sozialen Frieden zu verdanken. Das ist vielen glaube ich nicht klar. Das wird nicht gesehen, das ist unsichtbar.
Vermutlich wird es auch deshalb nicht gesehen, weil es vermutlich kaum einen Unterschied gemacht hat. Die Pandemie-Bekämpfung war ja trotzdem nahe am worst-case.
Ich hoffe wirklich sehr, dass ich auch mal mit weniger emotionaler Beteiligung kommentieren kann…
Also: Wenn Öffnung, dann muss die Priorisierung sich umdrehen. Erst die Impfen, die diese Öffnung tragen sollen. Wäre eh schon lange dran gewesen, dass die Kassiererin im Supermarkt geimpft wird und nicht der Psychologe oder der Steuerberater. Das sind die Dinge, die die Menschen auf die Palme bringen.