Freiheiten für Geimpfte

Interessante Ausführungen - danke für den Link! Von einzelnen kann man tatsächlich keine selbstauferlegten Einschränkungen über das vernünftige Maß hinaus verlangen und das macht auch wenig Sinn - absolut richtig.

Aber auch er übersieht einen ganz entscheidenen Faktor: Wenn das Ansteckungsrisiko sehr niedrig wäre (niedrige Inzidenz), würden wir alle unsere Freiheitsrechte zurückbekommen. Das können wir durch Impfungen oder wirksame Kontaktbeschränkung erreichen. In letzterem Fall würden Freiheitsrechtsausübungen für alle realisierbar sein - das ist gleichzeitig effizient, gerecht und ein durchaus gangbarer politischer Weg. Es geht temporär auch ohne Impfung.

Alternativlos ist die Debatte zur Rückgabe von Freiheitsrechten nur aufgrund der vorhergehenden und derzeitigen politischen Entscheidungen (starke Eingriffe ins Privatleben vs. fast keine Eingriffe in die Arbeitswelt). Dass Maßnahmen hier in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen hatten wir schon diskutiert und unsere derzeitige Situation ist ein Produkt dieser Politik.

Ich finde, es ist für unsere Demokratie wichtig das als Solches zu diskutieren, ohne dass es als Neid abgetan wird und auch ohne dass Ungeimpfte den Frust an bereits Geimpften abladen.

3 „Gefällt mir“

Dieses Argument lässt zum einen Long Covid außer Acht. Zum anderen könnte man mit dem Argument die Einschränkungen für Jüngere sofort aufheben.

1 „Gefällt mir“

Hier nochmal der aktuelle Stand der Studien dazu, ob und wie (lange) die Immunität bzw. Infektiosität von Genesenen und Geimpften anhält.

Leider hinter einer Paywall.

Noch etwas anderes: Die Schnelltests für Jederman scheinen deutlich ungenauer zu sein als angenommen. Mehr dazu hier:

Effektiv sind sie wohl nur bei hoher Viruslast. Ansonsten ist die Erkennungsquote wohl eher so 60%. Wenn dem so ist wäre ein „Freitesten“ mit solchen Selbsttests wie aktuell bei einigen Dienstleistungen erforderlich wohl sehr sinnlos.

Siehe dazu diesen Thread:

https://talk.lagedernation.org/t/schnelltests-entdecken-eine-infektioesitaet-nur-an-fuenf-von-acht-tagen/7115?u=trq

Nach meinem Erkenntnisstand liegt die Erkennungsquote für Infektiösität eher bei 80%. In den ersten 2-3 Tagen (niedriger) Infektiösität vor Auftreten von Symptomen 40-60%, in den folgenden Tagen sehr hoch.

Wenn man 100%ige Sicherheit haben will, reichen die Tests nicht als Zulassungsvoraussetzungen zum Zutritt in Restaurants etc., sondern nur für Screening in Schule, Arbeitsplatz, etc.

Wenn (v.a. bei niedriger Inzidenz) es uns reicht, dass 80% der Infizierten „herausgefiltert“ werden, dann auch als „Passport“

Nein, dies Argument schätzt das Risiko von Long Covid nur nicht so ein, dass eine schwere Erkrankung wahrscheinlich ist. Die Forschungslage dazu ist ja noch recht dürftig, aber nach allem was ich weiß, haben bei milden Covid-Verläufen 10-20% Beeinträchtigungen, die länger als 4 Wochen anhalten. Davon sind allerdings die wenigsten schwer und die wenigsten länger als 3 Monate. Das ist nicht nichts, und ich will das auch auf keinen Fall verharmlosen, aber es geht ja um die Risikoeinschätzung, also letztlich um die Frage, ob dieses Risiko genau so starke Einschränkungen rechtfertigt, wie z.b. eine 20%ige Wahrscheinlichkeit, auf der Intensivstation zu landen. Das sollte m. E. zumindest diskutiert werden. Ich habe aber in der Debatte oft den Eindruck, als würde der vage und pauschale Hinweis auf Long Covid quasi als Platzhalter dafür benutzt, dass das eigentliche Risiko schwerer Covid-Erkrankungen immer seltener wird ohne dass eine erneute Abwägung unterschiedlicher Risiken stattfindet.
Daraus folgt auch, dass man sicherlich auch über mehr Öffnungen für jüngere, nicht Geimpfte wird nachdenken müssen. Alles und sofort ist sicher kein schlauer weg, aber sämtliche Rücknahmen von Einschränkungen per se von einer Impfung abhängig zu machen, halte ich definitiv für den falschen Weg.

2 „Gefällt mir“

Easy

Die Hauptaussage des Artikels ist, dass sowohl zweifach Geimpfte als auch Genesene trotzdem noch die AHA-L-Regeln beachten sollten, da die individuelle Immunantwort unterschiedlich ausfallen kann.

In jedem Fall aber handelt es sich bei den Angaben zum Immunschutz nur um Durchschnittswerte: „Sowohl die Immunantwort auf eine Infektion als auch die auf die Impfung ist individuell sehr unterschiedlich“, sagt Christine Falk, Professorin an der Medizinischen Hochschule Hannover und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Es gebe Menschen, die stark reagieren, und solche, die eher wenig Immunschutz aufbauen. Auch sei die Länge der Immunantwort individuell. "Die Impfung wirkt insgesamt sehr, sehr gut. Aber für den Einzelnen gilt trotzdem nicht mit Sicherheit, dass er geschützt ist, wenn er zwei Klebchen im Impfpass hat." Falk rät Geimpften deshalb, weiterhin vorsichtig zu sein, solange noch so viele Menschen ungeimpft und potenzielle Virusträger sind.

Ähnliches gilt für das Umfeld von Geimpften und Genesenen. Denn auch wenn sich diese Menschen sehr viel seltener infizieren als Ungeimpfte und Menschen ohne vorherige Sars-CoV-2-Infektion, so kommt es doch vor. Die Ansteckungsgefahr für die Angehörigen hängt somit davon ab, wie gut die Geimpften und Genesenen das Virus individuell bekämpfen. Allerdings dürfte das Risiko für die Umgebung in den allermeisten Fällen zumindest niedrig sein. Einer Studie aus Israel zufolge ist die Viruslast im Rachen von Personen 12 bis 28 Tage nach der ersten Impfung mit dem Biontech-Vakzin um den Faktor vier geringer als bei ungeimpften Personen, wenn sie sich trotz Impfung infiziert haben. Für die Umgebung von Genesenen gibt es keine konkreten Daten.

Unter diesem Gesichtspunkt ist es jedenfalls grob fahrlässig, dass nun die Möglichkeit besteht, den Impfabstand bei AZ auf vier Wochen zu verkürzen, was ja definitiv eine schlechtere Immunantwort nach sich zieht. Es ist zu erwarten, dass dies hauptsächlich von Menschen genutzt wird, die so schnell wie möglich in den Genuss der Freiheiten für Geimpfte kommen möchten (Stichwort Sommerurlaub) und für die der Schutzaspekt der Impfung zweitrangig ist.

Für den Großteil meines Familien- und Freundeskreises (die meisten sind aufgrund der Arbeit im sozialen/medizinischen Bereich bereits zweitgeimpft) bedeuten die beschlossen Freiheiten so gut wie keinen Unterschied. Ihr Verhalten hat sich nicht im geringsten geändert. Auf größere Treffen wird verzichtet, es werden weiterhin Schnelltests bei der Arbeit und bei Bedarf PCR-Tests (kostenlos in Bayern) gemacht. Der einzige Unterschied ist, dass alle diese Menschen nicht mehr so große Angst vor einer schweren Erkrankung haben müssen. An Sommerurlaub oder Cafébesuche denkt gerade niemand von ihnen.

Meine Schwester ist in einer Behinderteneinrichtung für die Testungen zuständig und es gab in den letzten Wochen vermehrt positive Schnelltests (sprich Infektion mit hoher Viruslast im Rachenbereich) von bereits seit Anfang März doppelt Geimpften. Diese positiven Tests wurden auch durch PCR bestätigt. Die Verläufe waren jeweils sehr schwach, Ansteckungsgefar bestand jedoch trotzdem.

2 „Gefällt mir“

Ich vollziehe die in der Sendung gemachte Argumentation voll nach. Wo ich aber anfange Bauchschmerzen zu bekommen ist, wenn jetzt große Firmen anfangen, ihre Mitarbeiter vor allen anderen zu impfen. Das hat schon was von Sonderrechten für Leute mit einer Corporate Citizenship wie aus einer Cyberpunk-Dystopie.

1 „Gefällt mir“

Danke, ich finde es gut wenn verschiedene Ansätze zur Analyse/Erklärung der Problematik erkundet werden. Ich habe mir das Video angeschaut, finde den Sprecher sympathisch und die Erklärung zur Nullpunktverschiebung äußerst eingängig. Die Spieltheorie funktioniert sehr gut mit dem Homo Ökonomikus, tut sich aber sehr schwer wenn Gruppendynamiken mit psychologischen Effekten im Spiel sind (vgl Öffentliche Güter Spiel in der Wikipedia). Angenommen die Behauptung des Wirtschaftswissenschaftlers hinter dem Begriff Solidarität verberge sich immer Neid stimmte, dann würde das Modell passen und man hätte eine Position gefunden aus der man Gegenstimmen mit gutem Gewissen als unmoralisch (und nicht weiter beachtenswert) abstempeln könnte. Da wir in der zweiten Spielrunde sind dürfte der Begriff Solidarität auch in der bisherigen Spielgeschichte nicht auftauchen und die Ergebnisse der ersten Spielrunde (die mit massiven Verhaltensänderungen endete) müssten durch Eigennutzmaximierung erklärbar sein…

Ich denke für diese Problemstellung (Das höchste Gut „Freiheitsrrechte“ darf wieder ausgelebt werden, das führt aber seltsamerweise nicht zu allgemeinem Jubelgeschrei, was ist da denn da bloß los?) ist neu, ohne existierende Präzedenszfälle. Und sie ist kompliziert. Ich denke es ist gefährlich sich da auf eine (zugegebenermaßen plausible) juristisch-ökonomische Erklärung zu versteifen und daraus Maßnahmen abzuleiten, ohne mit weiteren Mitteln (ich denke da an Sozial-/Moralpsychologie und Ethik) genauer hinzuhorchen. Die Annahmen könnten falsch sein, die Folgen wären ungewiss und Niemand weiß wieviele Runden wir noch vor uns haben.
Und vielleicht sollte so ein Gut wie „sozialer Frieden“ als Spieleinsatz berücksichtigt werden.

1 „Gefällt mir“

Quelle jew.: Kurzauswertung Welle 42 | COSMO

Zum Stigma:

Bei einer experimentellen Untersuchung des Phänomens „Impfneid“ konnte nicht nachgewiesen werden, dass junge (24 Jahre alte) geimpfte Personen stigmatisiert oder moralisch abgewertet würden. Wer meint, die Grundsätze der Impfpriorisierung genau zu kennen, steht Geimpften etwas positiver gegenüber. […]

  • In den Medien wird das Thema Impfneid stark thematisiert, möglicherweise wird es stärker betont, als es tatsächlich vorkommt.

Zu absichtlichem Sich-Anstecken:

Es zeigte sich nicht, dass sich die ungeimpften Befragten absichtlich anstecken wollen, sich schnellstmöglich um eine Impfung bemühen oder die Priorisierung abschaffen wollen, wenn mehr Rechte und Freiheiten für vollständig Geimpfte oder Genesene gelten.


Zur Priorisierung:

Die Zustimmung zur Aufhebung der Impfpriorisierung ist unter bereits geimpften und noch nicht geimpften Personen etwa gleich (58% und 61%). Einer Aufhebung stimmt eher zu, wer eine höhere Impfbereitschaft hat, selbst zu einer Priorisierungsgruppe gehört oder die Maßnahmen ablehnt. Für eine Beibehaltung votiert eher, wer mehr Vertrauen in die Regierung hat und selbst eher zugunsten von Personen mit hohem Risiko auf einen Termin warten würde.

2 „Gefällt mir“

Zumindest zu dem zweiten Punkt kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen das es in meinem Umfeld anders aussieht. Da ist der Chef geimpft. Da ist die Sekretärin geimpft weil sie ja im Sommer in den Urlaub möchte. Da sind Beamte geimpft weil ja gerade der Flug auf die Malediven so günstig ist. Keiner hohe Priorität aber alle gute Kontakte. Und die eigenen Eltern ü60 bekommen nirgends was.

Das Gefühl das da was falsch läuft kommt nicht aus der Theorie, sondern in unserem Fall aus der Praxis. Und wenn man dann überall hört wer schon geimpft ist, wird einem suggeriert man müsse sich nur mehr Anstrengen was einfach nicht stimmt!

Im Bekanntenkreis gibt es nun die die aufgeben und sagen dann warte ich auf die Herdenimmunität und mach hier gar nix mehr. Die welche sich einfach an nix mehr halten oder kreativ werden. Nach 22 Uhr darf ich nicht mehr raus? Na dann penn ich auf der Couch. Kontrolliert wird eh nicht. Und jene die an der Situation verzweifeln… Klar ist das gesetzlich bestimmt alles so richtig aber es hilft halt wenigen und vergisst die vielen andere. Priorisierung aufheben, First in first Out ohne vordrängeln und dann ab x Prozent öffnen und allen eine gleiche Chance geben. Das wäre vielleicht nicht schlauer im Sinne des Schutzes einzelner aber gefühlt fairer für alle.

3 „Gefällt mir“

Nun, dein Bus zur Schule wird demnächst voller werden wenn es ohne Hürden wieder möglich wird zum Shoppen zu fahren. Abstand halten wird schwieriger und du infiziert dich mit Covid bei einem anderen ungeimpften. Ohne die Lockerung kannst du gesund bleiben, das wäre dein Vorteil.

Pandemie nicht verstanden, Populismus-Radar läuft auf Hochtouren → „Gehe zurück auf Los“
Sachsens Regierungschef will Freiheiten [sic!] auch für Erstgeimpfte

Ich weiß ich bin ein bisschen ‚late to the party‘, aber in der letzten Folge fiel mir etwas besonders auf, über das ich auch ab und an mit Leuten um mich herum diskutiere: Geimpfte und Genesene als immun zu bezeichnen.
Es wurde hier auch schon im ein oder anderen Beitrag erwähnt, dass ja beide nicht 100%ig geschützt sind und auch nicht 100%ig andere schützen. Die Zahlen, die im aktuellen NDR-Podcast erwähnt wurden, waren zwar total vielversprechend (bez. Ansteckungsgefahr im eigenen Haushalt nach erster Biontech-Impfung), aber eben nicht absolut. Mir fällt das eben genau deshalb auf, weil viele Leute mir erzählen, sie seien jetzt ja geimpft und daher ist alles total ungefährlich. Und natürlich ist es schön, wenn andere Leute ein wirklich niedriges Risiko haben, an dieser Krankheit zu sterben, aber für mich ist es eben noch nicht so weit. Ich möchte einfach nur noch mal bewusst machen, dass Antikörper auch nur eine weitere weitere Scheibe Käse sind mit wirklich sehr kleinen Löchern - aber mit Löchern.

Und um kurz meinen persönlichen Teil zum Thema Freiheiten darzustellen: Meinetwegen dürfen gerne schon wieder Einschränkungen für diese Menschen aufgehoben werden.
Ich bin noch nicht geimpft, in BaWü dürfte ich ab heute beim Hausarzt - aber ich warte noch ein bisschen, weil ich denke, ich kann mich gut selbst schützen - ich kann 100% Home Office machen, habe keine Kinder aber andere Menschen im Haushalt für sozialen Kontakt. Mir hilft es mehr, wenn jetzt erst mal alle die geimpft werden, die ähnlich ‚gesund‘ sind wie ich, aber sich weniger einschränken können. Und wenn es die gerne beschrienen „Drängler“ sind, dann ist mir das auch Recht. Ob jemand es nicht abwarten kann aus eigenem Antrieb oder weil sein Chef ihn zwingt - jeder Geimpfte bringt mich weiter in Sicherheit. Ich hole meine Impfung auch wenn die Inzidenz auf 10 ist.

2 „Gefällt mir“