Fehlende Diskriminierungssensibilität

Lieber Philip, lieber Ulf,
erst einmal möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Euch zu bedanken. Ich bin langjährige Hörerin Eures Podcasts, und bin die meiste Zeit sehr angetan, wie Ihr die aktuellen Themen aufdröselt und Argumente Schritt für Schritt prüft!

Mir ist beim Hören schon öfter aufgefallen, dass Ihr bei Themen, die Diskriminierung thematisieren, mehrfach nicht sehr diskriminierungssensibel sprecht und ich habe das Gefühl, auch in Teilen die Perspektiven nicht versteht - das kann ich allerdings jetzt nur vermuten. Nach den letzten zwei Folgen (LdN 415, 416) habe ich mich einmal mehr gefragt, inwieweit Ihr schon einmal an einem Antidiskriminierungstraining teilgenommen habt für verschiedene Bereiche: Sexismus, Ableismus, Rassismus, also bspw. im Bereich Rassismus an einem Allyship-, Antirassismustraining. Aktuell schaue ich mit Sorge auf Euren für mich aus Unwissenheit entstehenden Umgang mit diskriminierungssensiblen Themen.

Da ich Eure Arbeit sonst für sehr gut recherchiert halte, wundert und erschreckt es mich manchmal umso mehr, mit welcher ja, ich würde es nennen, Naivität, Unsensibiliät Ihr teilweise an Diskriminierungsthemen rangeht. Gerne hätte ich Euch auch die Lagenummern der anderen Folgen, bei denen es mir aufgefallen ist, genannt, weil ich Feedback am liebsten konkret gebe, habe da gerade aber leider keinen Überblick mehr.

Ich wünsche mir, dass Ihr - nicht vor dem Mikrofon - sondern erstmal vor allem für Euch persönlich Erfahrungen in diesem Bereich, sei es durch Workshops, Bücher oder eben Interviews mit Aktivist:innen in dem jeweiligen Bereich und auch mit Betroffenen ganz für Euch persönlich sammelt bzw. vertieft und vielleicht sogar einzelne Podcast-Folgen mit einem:einer Anti-Sexismus-, -Rassismus-, -Ableismus-Trainer:in nachbesprecht.

Um das Klarzustellen: Mein Wunsch ist nicht, dass Ihr einfach so Eure Meinung ändert, sondern dass Ihr Euch mit der Perspektive von Diskriminierung betroffener Menschen auseinandersetzt und besser versteht und sich das in der Haltung, dem Wording in Euren Gesprächen wiederfinden lässt (bspw: Verwendung des Wortes „Missverständnis“ im Kontext von vorgeworfener (aktuell nicht nachgewiesener) sexualisierter Gewalt gegen Frauen*). Ich habe das Gefühl, da ist im Podcast ein großer blinder Fleck, was ich sehr bedauere.

Auf Dauer denke ich, wäre es sicher auch einmal angebracht, zum Thema Sexismus, Rassismus, Ableismus Interviewpartner:innen einzuladen, sofern es ein aktuell relevantes Thema in dieser Richtung gibt.

Eben weil ich Euren Podcast sonst für so gut halte, liegt es mir sehr am Herzen, dass der Podcast nicht an Glaubwürdigkeit verliert, indem Ihr auf diesen Gebieten in meinen Augen deutlich unter Euren Möglichkeiten bleibt. Das fängt bereits bei der Sprache an.

Ich danke Euch für Eure Arbeit, insbesondere in dieser Zeit, in der Demokratiearbeit, wie Ihr sie leistet, in meinen Augen wichtiger ist denn je!

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Sehr oft wird von Tätern so ein „Missverständnis“ vorgeschoben, um sexualisierte Gewalt zu verschleiern. Das ist dann enorm verletztend und oft genug auch traumatisierend. Deswegen muss man auch aus meiner Sicht mit größter Vorsicht prüfen, was da als „Missverständnis“ deklariert wird.
Allerdings gibt es ja auch Missverständnisse. Es wäre seltsam, wenn es allein in diesem Bereich, über den wir hier diskutieren, keine Missverständnisse gäbe.

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@fuerdiedemokratie Liebe Lea, Deinen Beitrag empfinde ich als irritierend. Denn Du erhebst hier öffentlich im Forum, für jeden zu lesen, (statt z.B. in einer Mail) einen wichtigen und gravierenden Vorwurf, allerdings nur sehr pauschal und generell, ohne spezifisch und konkret zu werden.

Ein „geht doch mal zu einem Diskriminierungs-Sensibilitäts-Training“ ist da wenig hilfreich.

Ich jedenfalls (der sicherlich in einigen von Dir genannten Bereichen blinde Flecken habe) kann Deinen Vorwurf nicht nachvollziehen (obwohl mir der Terminus „Missverständnis“ auch nicht sonderlich positiv aufgefallen ist) und ich fürchte, die Hosts werden das auch nicht können.

Dabei will ich die Hosts gar nicht in Schutz nehmen - wie gesagt: Ich bin Boomer und mir fehlen da sicherlich die von Dir vorgeschlagenen Sensibilitäts-Trainings. Die 3 Likes, Du Du sofort bekommen hast, deuten darauf hin, dass Du vielleicht sogar einen wichtigen Punkt getroffen hast.

Leider können das aber andere, deren vielleicht ebenfalls die notwendige Sensibilität fehlt, nicht nachvollziehen …

Tja, und genau das hättest Du aber tun sollen: Wer so gravierende Kritik übt und das mit Wertschätzung begründet, sollte sich die Zeit nehmen und die letzten 5 Folgen nochmal durchhören …

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Das ist so. Auf der anderen Seite kenne ich solche „Missverständnisse“ aus eigener Erfahrung und aus dem näheren Umfeld. Eine Schülerin kommt in Tränen aufgelöst zur Abteilungsleitung, weil sie von ihrem Lehrer grade als „cunt“ beschimpft worden sei. Im Unterricht, vor allen anderen! Thema der Stunde war wohl ein bekannter deutscher Philosoph. Mir wurde schon von einem Schüler unterstellt, ich hätte eine Affäre mit einem Siebtklässler, deswegen würde ich den seltener ermahnen und in den Trainingsraum schicken. Als ich noch nicht lange gearbeitet habe, habe ich gegenüber einer Schülerin, die bei einer Frage nicht locker lassen wollte, durchaus anerkennend gemeint mal die Redewendung verwendet, sie sei ja „wie ein Hund mit einem Knochen“, nicht wissend, dass „Du Hund“ eine Standardbeleidigung an der Schule war und sie nun das Gefühl hatte, vor allen anderen von ihrer Lehrkraft beleidigt und bloßgestellt worden zu sein. Als ich an einer Schule relativ neu war, haben wir die Coronatests noch als Rachenabstrich direkt neben dem Lehrerzimmer gemacht. Als ich danach etwas würgen musste, hat eine Runde älterer Kolleginnen laut lachend gemeint „das wird mit etwas Übung besser!“. War für mich nicht weiter schlimm, aber die kannten mich nicht lange und ich sie auch nicht. Jemand anderes, erst recht mit getauschter Geschlechterverteilung hätte das aber mit einigem Grund ziemlich unangenehm oder grenzüberschreitend finden können, denke ich. Das sind - bezogen auf knapp 10 Jahre Arbeit nicht viele Vorkommnisse, aber das sind natürlich auch nur die, die geklärt werden konnten. Die Sachen, die Schüler:innen oder Kolleg:innen schweigend erdulden, weil sie denken, dass sie darüber mit niemandem reden können oder dass sie vielleicht eine Situation nur falsch gedeutet haben etc. und mit sich nachhause nehmen, kennt ja niemand.
Genau dafür, hier einen möglichst geschützten Gesprächsraum zu bieten, auszusieben und zu prüfen, sind Ombudsstellen doch sehr geeignet. Denn Missverständnis oder nicht, der Schock und die Verletzung sind ja erstmal real und deswegen sollten die auch ernst genommen werden und berechtigt oder nicht, erstmal versorgt werden. Ohne das Risiko, sich rechtfertigen, später eine Anzeige zurückziehen zu müssen, oder gar öffentlich als Lügner oder schlimmeres beschimpft zu werden. Und dann eben abklopfen, was eigentlich vorgefallen ist und zu beraten, was sinnvolle nächste Schritte sein können. Genau die Unterscheidung zwischen Missverständnissen, tatsächlicher Übergriffe, oder Warnzeichen (die wenigsten Täter starten ja mit einer Vergewaltigung, auch deswegen ist die Aufmerksamkeit und Dokumentation bei kleinen, fast harmlos scheinenden Grenzüberschreitungen sehr wichtig, damit auffällt, wenn sich solche Fälle häufen oder steigern) oder eher anders gelagertem Problem (ich achte bspw. sehr viel mehr auf die Verwendung von flapsigen Formulierungen, wenn ich eine Lerngruppe noch nicht gut kenne und die mich auch noch nicht einschätzen können).
Und so hatte ich eigentlich auch die LdN an der Stelle mit dem Hinweis auf mögliche „Missverständnisse“ auch verstanden.

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Ich finde diese fehlende Konkretheit auch schwierig, da aber in den letzten Wochen schon so viel zu dem Thema kam, dass es gar nicht mehr möglich war, differenziert darauf zu reagieren (Stichwort Hydra) – zumal sehr viele Schreibende Vorwürfe wiederholt haben, die davor schon hier im Forum diskutiert worden waren, ohne jedoch auf die vorgebrachten Gegenargumente einzugehen –, habe ich das einzig Konkrete herausgegriffen und mir Gedanken darüber gemacht. Das schien mir am konstruktivsten zu sein. Ich hoffe, dass der/die eine oder andere aufgrund dieses konkreten Beispiels auch einen eigenen blinden Fleck erkennt.

Vielleicht könnte man einfach die Diskussion auf eine Meta-Ebene heben und über das generelle Problem diskutieren. Ich nehme „LdN“ mal aus dem Threadthema raus.

Viele behaupten, es würde mit der Sensibilität übertrieben. Teilweise wird in Bundesländern Staatsbediensteten verboten zu gendern.

Andere verweisen darauf, dass marginalisierte Gruppen noch immer (auch sprachlich) diskriminiert werden. Dass es wichtig ist, den begonnenen Prozess der Aufmerksamkeit fortzusetzen.

Wie achtsam sollte man mit Sprache sein? Wie achtsam kann man im Alltag mit Sprache sein? Wie achtsam sollten öffentliche Personen mit Sprache sein?

Sprache ist ein machtvolles Instrument. Sie bewirkt nicht nur Änderung von Gefühlen/Haltungen, sondern auch von Aktionen. Teilweise wird sie sogar absichtlich so eingesetzt. (Siehe AfD)

Das „Sollte“ steht für mich persönlich außer Frage. Wie ist es mit „können“ und was ist mit dem „Wie“?

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Ich denke, für öffentliche Formate, Reden etc. sollte gelten, dass man sich bemüht (macht die LdN bspw. beim gendern) und erkennbar versucht, angemessen und fair über und mit Leuten zu kommunizieren. Sobald mehr als 10 Leute im Raum sind, macht man es immer für irgendwen falsch.
Genau richtig für die Betroffenen kann man das nur im Einzelfall regeln.
Man kann immer nur versuchen, so aufzutreten, dass einem Menschen, die eine Aussage verletzend oder unangemssen oder unerwünscht fanden, das sagen, weil sie hoffen können, ernstgenommen und berücksichtigt zu werden. Ansonsten sind die wegfallenden sprachlichen Barrieren und die wachsende Offenheit für Versuche, mehr Rücksicht auf verschiedene Menschen zu nehmen positiv, weil sie solche Neuverhandlungen etablierter Sprachnormen überhaupt erst ermöglichen, würde ich sagen.

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Erstmal ist mein Eindruck, dass Ulf und Philipp sehr wohl um eine sensible, differenzierte Wortwahl bemüht sind und sicher auch Feedback annehmen und prüfen, was ggf. noch besser werden könnte.

Das Problem (für mich persönlich) ist aber auch eine gewisse Form von Sensibilitätsperfektionismus, mit dem selbst tolerante und wohlmeinende Personen überfordert sind. Ich möchte auch ohne Sprachseminar an einer Dislussion teilnehmen dürfen :wink:

Auch diese Überforderung mag eine Ursache für die These aus rechten Kreisen sein: „Man darf ja gar nichts mehr sagen“ (sprich: man macht es falsch, egal wie).

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Ich finde immer, dass eigentlich das Gegenteil wahr ist. Progressive Menschen dürfen kaum noch für ihre Überzeugungen stehen. Siehe Repressionen in Bayern (auch sprachlich)

Die Leute, die immer betonen, nichts mehr sagen zu dürfen, möchten nur, dass ihnen niemand widerspricht. Aber etwas sagen dürfen, bedeutet nicht, es unwidersprochen sagen zu dürfen. Das ist halt Demokratie. Freiheit. Toleranz.

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Also ich hab gerade nach Ableismus gesucht, da och den Begriff noch gar nicht kannte.

Ich muss sagen, dass was ich bei Wikipedia da gelesen habe, stellt mich vor ein unlösbares Problem:
"Ableismus kann sich durch Nicht-Thematisierung der Behinderung zeigen wie durch Überbetonung der Behinderung, durch Abwertung und Ausgrenzung wegen abweichender Körperlichkeit wie durch paternalistische Fürsorge. "

Wenn ich also eine Einschränkung thematisiere, weil zum Beispiel diese Einschränkung eine gewisse Arbeitsaufgabe unmöglich macht, diskriminiere ich diese Person.
Wenn ich es nicht thematisiere diskriminiere ich diese Person aber auch.

Sorry aber dann diskriminiere ich diese Person halt und mache mich des Ableismus schuldig, weill es unmöglich ist der Sache aus dem Weg zu gehen.

Ist eine solche Forderung und Definition wirklich zielführend?

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Naja, letztlich geht es bei der Diskussion um die beiden Extreme.

Beispiel:
Jemand mit einem Rollstuhl hat ein Problem, eine Rampe hochzukommen.

Das einfach komplett zu ignorieren wäre falsch.
Ihm Hilfe aufzuzwingen (z.B. ihn ohne zu fragen zu schieben oder nach Ablehnung auf ihn einreden, sich helfen zu lassen) wäre auch falsch.
Richtig wäre wohl, ihm schlicht freundlich anzubieten, zu helfen.

Aber ich verstehe dein Problem - es ist ein Minenfeld. Man kann sehr schnell Fehler machen. Dennoch ist es sinnvoll, daran zu arbeiten, dass die Gesellschaft weniger ableistisch wird.

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Danke für die anschaulichen Beispiele. Ich habe auch ähnlich gelagerte Erfahrungen und ich bin davon überzeugt, dass jede*r auch schon sowas erlebt hat.

Aber offenbar hat dieses Wort „Missverständnis“ in dem gegebenen Kontext bei vielen ausschließlich die Missverständnis-Ausreden ins Gedächtnis gerufen, statt zu einer Reflexion zu führen, ob es vielleicht auch tatsächliche Missverständnisse geben könnte in dem Kontext (was m.E. gar nicht anders sein kann, weil Kommunikation immer ein großes Potenzial an Missverständnissen mit sich bringt) und Philip und Ulf eben diese tatsächlichen Missverständnisse gemeint haben könnten.

Wenn man aber von vornherein davon ausgeht, dass es in dem Kontext keine Missverständnisse geben kann, ist das riskant – auch für die vermeintlichen oder tatsächlichen Opfer. @JohanneSAC , du hast die Schutzfunktion so eines Vorfilterns sehr gut zusammengefasst:

Ich kenne genau dieses behutsame Vorgehen im geschützten Gesprächsraum, mit dem Abklopfen usw. von zuständigen Stellen.

.
Für die gesamte Diskussion unter dem Strich gilt:
Wenn man nicht von vornherein davon ausgeht, dass Philip und Ulf genau so sind wie „alle anderen alten weißen Cis-Männer*“ („alt“ nur wegen des Topos), bekommen die Aussagen in ihrem ursprünglichen Kontext eine andere Bedeutung als die vielfach reingelesene. Ein Beispiel ist das mit den Missverständnissen. Ein anderes ist das mit dem „glauben“, worüber auch schon viel diskutiert wurde. Es geht um folgende Stelle im Podcast:

Philip: „Hier wird empathisch mir zugehört und hier gibt es eine kooperative und konstruktive, einfühlsame Art, der Wahrheit näher zu kommen. Das, finde ich, wäre der Mehrwert solcher Ombudsstellen. Aber es kann nicht sein, dass man sagt: Du kommst, wir glauben dir.“ (LdN416 0:56:07)

Ulf: „Wenn diese Berichte/Vorwürfe/Schilderungen irgendwelche Konsequenzen haben sollen, die eben über so ein empathisches Eingangsgespräch hinausgehen, dann können sie nicht mehr einseitig eine Beschuldigung als wahr unterstellen, ne? Dann muss man auf der nächsten Stufe schon ein bisschen genauer hinschauen.“ (LdN416 0:56:34–52)

Wenn man sich das ganze im Zusammenhang anhört, kommt aus meiner Sicht folgende Interpretation heraus:

  1. Erst wird die Beschwerde aufgenommen und mit dem/der Hilfesuchenden aufgearbeitet.
  2. Bevor Maßnahmen ergriffen werden, muss sich der Verdacht erhärtet haben.

Viele haben aber den Satz „Aber es kann nicht sein, dass man sagt: Du kommst, wir glauben dir“ gehört, den Rest ignoriert, und daraus geschlossen, dass Philip und Ulf die Ombudsstelle zu einer Art Folterkammer werden lassen wollen. Aber tatsächlich entspricht dieses Vorgehen, wie schon an anderer Stelle bemerkt, dem Usus gut aufgestellter Ombudsstellen und Gleichstellungsbeauftragten-Stellen.

Die hohe Anzahl an Vorwürfen zeigt aus meiner Sicht, wie viel Unrecht Frauen erfahren haben (und noch immer erfahren). Die Vorwürfe beschreiben unsere Realität, unsere Geschichte, unsere Kultur, unsere Baustellen. Aber kaum etwas kann ich in den Podcastfolgen 415 und 416 tatsächlich erkennen. Aus meiner Sicht ist viel Projektion dabei.

Es schadet nicht, wenn man auch Texte nach dem Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“ liest: Wie würden wir den Wortlaut der Podcastfolgen interpretieren, wenn Philip und Ulf keine „alten weißen Cis-Männer*“ wären? – Ich bin davon überzeugt, dass vieles anders interpretiert worden wäre und kein Shitstorm entstanden wäre.

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Interessantes Buch dazu:

Wäre Frauke Rostalski (ua Mitlgied des deutschen Erhikrates) vielleicht mal eine gute Interview-Partnerin?

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Vielleicht kannst du der Sache näherkommen durch die folgende Formulierung: Es geht beim Ableismus darum, dass Menschen reduziert werden auf eine Eigenschaft. Diese Reduktion auf eine Behinderung kann sich dann unterschiedlich äußern. Sie kann dazu führen, dass man diese Menschen ausblendet (sie werden nicht für voll genommen, „zählen“ nicht), sie kann aber auch dazu führen, dass man alles andere, was zu ihrer Persönlichkeit gehört, ignoriert.

Ich habe eine blinde Freundin. Wir reden oft über die Folgen von Blindheit, wir reden aber auch ganz viel über alles andere (z.B. die LdN). Es ist nicht kompliziert, sondern absolut bereichernd – wie jede Freundschaft, die diesen Namen verdient. Ich empfinde es auch nicht als Minenfeld, @Daniel_K , aber das mag in weniger konkreten Kontexten anders sein. Z.B. gibt es im Gehörlosen-Umfeld zum Teil auch die Ansicht, dass nur Gehörlose sich als Gebärdendolmetscher*innen betätigen sollten (Thema kulturelle Aneignung). Sobald es um Gruppen geht, wird alles komplexer.

Also, mich triggern Sprüche wie „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ oder „so was darf man heuzutage ja nicht mehr sagen“ auch immer, auch „Meinungsdiktatur“, „Kulturkampf“ oder „Cancel Culture“. Die kommen oft aus der konservativen Ecke, die für mich durch den (oftmals gar nicht komischen) „Komiker“ Dieter Nuhr repräsentiert wird oder durch Rechtsextreme (auch wenn ich vermeide, beide in einen Topf zu werfen).

Gleichzeitig habe ich zunehmen „Angst“, irgendjemandem unbewusst „auf den Schlips zu treten“, weil die Sozialisierung, die die jüngere Generation (wie meine Söhne oder meine Schwiegertochter) durchlaufen hat, naturgemäß an mir vorbeigegangen ist und ich nicht an Sensibilisierungstrainings teilgenommen habe.

Ganz ehrlich: Mich nervt das zunehmend! Muss ich als SilverAger/Boomer, der bewusst versucht, differenziert zu sprechen und längst zig Begriffe, die früher üblich waren, aus seinem Vokabular gebannt hat, wirklich an „Sensibilisierungstrainings“ teilnehmen, um zu vermeiden, dass sich Menschen, die mir zuhören, nicht sofort wegen irgendetwas getriggert fühlen? Ja, ich empfinde die Gespräche mit Menschen, die ich nicht gut kenne, zunehmend als „Minenfeld“. Übertreiben wir es nicht wirklich ein bisschen? Muss ich wirklich auf Gruppen, die einen kleinen einstelligen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung ausmachen, Rücksicht nehmen - auch wenn ich sie mangels Begegnung und Kontakt noch gar nicht auf dem Radar habe? Welche Gruppen gibt es denn noch, die sich auf den Schlips getreten fühlen könnten, deren Existenz mir gar nicht bewusst ist?

Das hat nichts damit zu tun, dass man mir nicht widersprechen soll. Sondern, ich will nicht in die „ach so einer wieder“-Schublade gesteckt werden. Erstens gehöre ich nur ganz selten da rein und zweitens hört der Mensch, nach dem sie/er mich in diese Schublade gesteckt hat, mir erfahrungsgemäß auch gar nicht mehr offen zu.

Genau richtig. Lass mich das mal umformulieren: Es schadet nicht, wenn beim Zuhören das Prinzip beherzigt: „Ich unterstelle erst einmal, dass der andere es gut mir mir meint“.

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Ich glaube, das trifft es in diesem Fall nicht ganz. Die meisten Kritiker*innen sind ja davon ausgegangen, dass die beiden es ja eigentlich gut meinen, aber als „alte weiße Cis-Männer*“ ohne Feminismus-Schulung es einfach nicht besser können.

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Wo genau ist denn dann das Problem? Ich fürchte, ohne dass wir konkret werden, ist mir nicht klar, ob / wo von den Hosts objektiv eine klare Grenzüberschreitung oder eine Verletzung stattgefunden hat. Solange ich das nicht verstehe, bleibt die Möglichkeit, dass eine Über-Sensibilität verlangt wird, weil Zuhörer über-sensibel sind. Darauf kann man Rücksicht nehmen - dann sind wir im Mienenfeld-Land. Oder man tut es nicht und lebt damit, in die „ach so einer wieder“-Schublade gesteckt zu werden.

Am Besten wäre es, emphatisch zurück zu fragen, worin genau die Grenzüberschreitung / die Verletzung lag. Dann kann man für sich entscheiden: „O.K., verstehe ich. Darauf will ich zukünfig Rücksicht nehmen“. Oder: „Sorry, das geht mir doch etwas weit. Ich fürchte, Du wirst damit leben müssen“.

Wie gesagt: Dazu müsste die Kritik aber konkret sein.

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Ja, das finde ich schon. (Durch direkte oder indirekte Rückmeldungen haben wir sie ja auf dem Radar.) Gerade wir Älteren haben ja damit reichlich Erfahrung, dass alle voneinander lernen können. Man muss nicht alles übernehmen, aber es ist sinnvoll und wohltuend, sich aufgrund von Rückmeldungen – selbst von winzigen Minderheiten – zu hinterfragen. Und es hält jung :slight_smile:. Ich finde, es schadet niemandem zu überlegen, ob er jemandem mit dem, was er sagt und wie er es sagt, auf den Schlips tritt. Das geht auch ohne „Sensibilisierungstraining“, glaube ich; offener Austausch mit jüngeren Leuten ist auch heilsam. (Ebenso finde ich auch Gespräche mit sehr alten Menschen oft als erhellend.)
Es gibt sicher auch Übertreibungen, klar, aber deswegen sollten wir uns den Rückmeldungen nicht prinzipiell verschließen.

Was die zitierten Sprüche, „Meinungsdiktatur“ etc. betrifft, bin ich ganz bei euch, @Margarete und @TilRq .

@fuerdiedemokratie Ich kann verstehen, dass du dir insgesamt mehr Sensibilität wünscht, insb. in Formaten, die du magst.

Wenn ich mich in die Lage von Ulf und Philip hineinversetze, finde ich es jedoch unfair, wenn pauschal fehlende Sensibilität vorgeworfen wird. Insbesondere darf niemandem die eigene Identität vorgeworfen werden. Das ist bei der Diskussion in der Causa Gelbhaar jedoch teilweise geschehen (Vorwurf: weiße Cis-Männer zu sein). Aber an der Identität lässt sich nichts ändern. Und darum geht es bei Nichtdiskriminierung: niemand darf eine Benachteiligung aufgrund von Umständen erleiden, die er/sie/they sich nicht ausgesucht hat. Man kann lediglich Aussagen, Taten und Haltungen kritisieren. Und man kann verlangen (?)/ sich wünschen, dass Menschen ihre eigenen Identitäten reflektieren. Inwieweit das Philip und Ulf tun, wissen wir jedoch nicht; die Unterstellung, unreflektiert zu sein, ist dann jedoch ungerecht.

Vorschlag: künftig als diskriminierend empfundene Aussagen mit Angabe der Nummer der Folge und Zeit hier posten und sagen, weshalb die Aussage für problematisch erachtet wird.

Natürlich können die Hosts sich mit Menschen mit besonderer Expertise beraten (vielleicht sogar einen Feedbackmechanismus etablieren) und diese Prozesse transparent machen. Vielleicht/ wahrscheinlich passiert das aber bereits auch schon. In jedem Fall bin ich auf die weiteren Entwicklungen gespannt und sicher, dass Philip und Ulf ihre Herangehensweise kreativ weiterhin hinterfragen.

LG moustique

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Könnte die Unterscheidung, die im Podcast gemacht wurde (eher im Nebensatz) zwischen „glauben“ und „ernst nehmen“ hier helfen? Es wird ja vielfach als Problem berichtet, dass Frauen zB auf männlich besetzten Polizeistellen nicht wirklich mit ihrem Anliegen durchdringen. Ist es nicht diese Gewissheit, sprich das „ernst nehmen“ und damit das Vertrauen, in guten Händen zu sein, der eigentliche Vorteil der Ombudsstellen (mit dem Aufgeben des Prinzips der Unschuldsvermutung tue ich mich da aber nach wie vor schwer).