FDP Vorschlag Aktienrente

Das ist eine sehr simplifizierte Betrachtung des Geschehens am Aktienmarkt, die den entscheidenden Punkt auslässt: woher nimmst du die Schwellenwerte? Das ist der Punkt, an dem die diversen Strategien zur Bewertung von Firmen zum Tragen kommen, und genau da wird es interessant. Der Aktienmarkt ist nämlich nichts anderes als eine gigantische Bewertungsmaschine, die Kraft kollektiven Wissens aller beteiligten Akteure konstant Firmen bewertet und Kapital allokiert, und zwar idealerweise dorthin, wo es am meisten Nutzen bringt (gemessen über den Proxy „Gewinn“). Dass dabei Leute Gewinne und Verluste machen, gehört dazu: wer frühzeitig in Unternehmen investiert hat, die sich später als erfolgreich herausstellen, wird belohnt, wer das Gegenteil getan hat, bestraft. Das ist genau, wie die Incentives verteilt sein sollten, wenn das über allem stehende Ziel die Maximierung der Produktivität auf Basis des vorhandenen Kapitals ist.

Nein, die sind wichtiger Bestandteil des Systems. Leerverkäufe korrigieren ein Stück weit das Problem, dass es immer einfacher ist, eine Aktie zu kaufen (respektive das Unternehmen positiv zu bewerten) als eine zu verkaufen (respektive eine negative Bewertung hinterlassen). Der Pool an möglichen Verkäufern ohne leerverkäufe wäre begrenzt auf diejenigen, die überhaupt eine der fraglichen Aktien besitzen, während der Pool möglicher Käufer alle Akteure umfasst, denn man braucht nur Geld, und das kann man sich im Zweifel auch leihen. Um zu vermeiden, dass sich daraus ein Bias hin zu positiven Bewertungen ergibt - Unternehmen also unverhältnismäßig hoch bewertet werden, weil das Bewertungssystem das positive Bewerten zugänglicher macht als das negative Bewerten - muss man auch das Gegenteil zulassen, nämlich sich Aktien zu leihen und die zu Geld zu machen, und nicht nur Geld, das man zu Aktien macht. Und das nennt man dann einen Leerverkauf (einen gedeckten wohlgemerkt; es gab früher noch ungedeckte, bei denen man die Aktie nicht mal leihen musste, die haben sich aber zu Recht als problematisch herausgestellt und konsequenterweise wurden sie verboten).

Leerverkäufe vermeiden also letztlich Kursexzesse. Das Problem damit ist nur: es gibt praktisch nie perfekte Systeme, und so ist’s auch am Aktienmarkt. In einigen Corner-Cases erzeugen Leerverkäufe genau das Phänomen, das sie vermeiden sollen. Und da wir nur von diesen Exzessen erfahren und die ganzen vermiedenen oder gedämpften nicht bemerken, kann man dem Fehlschluss unterliegen, Leerverkäufe wären problematischer, als sie sind. Das ist ein klassischer Fall des Präventionsparadoxons.

Aktien sind wie oben beschrieben kein Roulette.

Außerdem wage ich die These anzuzweifeln, dass da plötzlich so viel mehr Geld reinkommen würde. Man kann nicht einfach so eine kapitalbildende Rente an Stelle der Umlagenrente setzen, denn irgendwer muss die laufenden Rentenansprüche bedienen, während Kapital für künftige Rentner angespart wird. Ein solcher Umstieg wäre ein über mehrere Jahrzehnte laufendes Generationenprojekt mit sehr sanftem Einstieg und nur gemächlicher Steigerung der Kapitalquote.

Das ist schlicht falsch.

Aktien sind keine Crypto-Stablecoins! Wenn du eine Aktie kaufst, wird das Geld doch nicht für die Dauer deines Besitzes auf irgendein Konto geparkt. Das bekommt entweder der frühere Inhaber oder der Emittent bei neu ausgegebenen Aktien. Es hat also entweder ein anderer Aktionär oder ein Unternehmen sofort genau so viel mehr Geld auf dem Konto, wie du bezahlt hast. Und derjenige kann das sofort wieder zum Kauf von Gütern verwenden, so er denn möchte.

Ähm, nein. Du kannst an die Rentner nur maximal das früher mal investierte Kapital wieder auszahlen - plus alle in Zwischenzeit darauf angefallenen Kurs- und Dividendengewinne natürlich.

Stimmt. Die Amis haben sowas ähnliches schon. Und der norwegische Ölfonds ist auch bekannt. Die Saudis machen ähnliches.

Man könnte fast auf den Gedanken kommen, dass die letzten, die einsteigen, die Dummen sind…

Wie schon ein paar Postings zuvor gesagt halte ich die Grundannahme, dass wirtschaftliches Wachstum immer in „höher, schneller, weiter und größer“ resultiert bzw. darauf beruhen muss, für fehlerhaft. Case in point: schau mal das kleine quadratische Gerät an, auf dem du diesen Beitrag vermutlich gerade liest, und vergleiche dessen Größe mit deinem Desktop-PC (solltest du überhaupt noch einen haben).

Wer in diesem Punkt Recht hat, wird letztlich die Zeit zeigen müssen.

Aber doch bitte erst, nachdem man seine Mechanismen verstanden hat.

Die Umlagenrente hat das Problem (nach wie vielen Jahrzehnten nun? 6? 7?) auch nicht gelöst, deren Höhe orientiert sich bekanntlich an dem, was man mal eingezahlt hat.

Nein, sollte sie in der Tat nicht. Genau wie künftige Rentenansprüche in der Umlagenrente.

Ja, zum Beispiel durch eine graduelle Einführung eines kapitalbildenden Teils neben dem umlagefinanzierten Teil…Moment, worum dreht sich die Diskussion gerade nochmal genau?

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Dass die Zahl der Gesellschaften, die für Bildung der Rente in Frage kommen wird, begrenzt ist und somit auch die Anzahl der Aktien die gezeichnet werden können.

Das Geld fehlt bei der „Binnennachfrage“.

Wenn Löhne aus Aktienkapital finanziert werden müssen läuft in der Firma aber was schief. Löhne werden aus der Vermarktung von Produkten bezahlt (falsches Buchungskonto).

Ansonsten siehe vorigen Punkt.

Alles, die Produkte und Dienstleistungen der Aktiengesellschaften werden letztendlich konsumiert. Somit ist das Angebot und bewerben z.B. von SUVs bezeichnend für das „System höher, schneller, weiter und größer“.

Ganz einfach: Menschen mögen Erweiterungen ihrer Möglichkeiten und ihres Komforts, und Einschränkungen lehnen sie ab. Du musst schon enorme, direkte und unmittelbare Bedrohungen für Leib und Leben auffahren, um sie in der Breite zur Akzeptanz des Gegenteils - und sei es sogar nur zeitweise - zu bringen. Beispiel: die Corona-Pandemie. Oder alternativ kannst du die Staatsform ändern und eine Gewaltdiktatur aufziehen, ist auch eine Option. Funktioniert dann nach demselben Muster, nur dass du die Gefahr absichtlich schaffst. Aber dann erschöpft es sich schnell mit den Optionen.

Letztere Option ist keine Option, ich hoffe, da sind wir uns einig. Worin wir uns vermutlich auch einig sind ist, dass der Klimawandel das Potenzial hat, sich langfristig zu einer deutlich größeren Bedrohung auch für unser individuelles Leben zu entwickeln als die Corona-Pandemie. Aber verglichen mit der Pandemie eskaliert die Situation was den Klimawandel angeht quasi in glazialem Tempo. Das ruft das Phänomen des langsam totgekochten Froschs auf den Plan: wenn die Gefahr für das Individuum (besonders in unseren Breitengraden hier) wirklich akut ist, ist es viel zu spät, noch irgendwas auszurichten. Und bis dahin ist die Bereitschaft, erhebliche Einschnitte in Kauf zu nehmen, in der Breite halt nicht da.

Daher ist die einzige realistische Option, aus dem Problem „herauszuwachsen“, indem man die Effizienz, mit der die begrenzten Ressourcen zu unserem Nutzen verwertet werden, auf globaler Skala erhöht und somit keine oder zumindest kaum Einbußen in Kauf nehmen muss - und Letztere idealerweise ausgleichen kann durch neue Errungenschaften mit praktischem Nutzen in anderen Bereichen. Das gilt umso mehr, als dass die Hebel, mit denen wirklich ein Unterschied in Sachen Klima gemacht werden kann, die ganz großen sind - also die, welche auf der politischen Bühne gestellt werden. Und damit da dran richtig und rechtzeitig gezogen wird, ist gesellschaftliche Akzeptanz der Folgen des Ziehens dieser Hebel absolut essenziell, womit sich argumentativ der Kreis schließt.

Hier scheinen mir ein paar Missverständnisse vorzuliegen, aber auch ein paar valide Punkte. Ich kommentiere im Einzelnen:

Der Gegenwert besteht in der effizienten Kapitalbereitstellung für Unternehmen, die am Kapitalmarkt notieren bzw. Investitions- und Verkaufsmöglichkeiten zu einem möglichst fairen (aber natürlich nicht perfekten) Wert für alle Investoren. Ohne einen liquiden Markt wäre das kaum möglich. Das automatische und rein algorithmisch arbeitende High Speed-Trader ggf. nicht unproblematisch sind und möglicherweise volkswirtschaftlich mehr schaden als nutzen, stimmt aber auch.

Das ist einfach Quatsch. Das Geld wird investiert und zirkuliert in der Volkswirtschaft.

Das ist sicher richtig und auch ein Problem. Es ist aber m.E. nicht klar, was das für Unternehmensfinanzierung und den Aktienmarkt heißt. Es heißt sicherlich, dass man nicht in solche Unternehmen investieren sollte. Auch, das es kein unbegrenztes Wachstum der Rendite für alle geben kann und, dass es offensichtlich eine Verteilungsthema gibt. Es heißt aber nicht, dass der Aktienmarkt nicht ein gutes Instrument für Investments bzw. Altersvorsorge wäre.

Das ist eine Frage der Konstruktion einer solidarisch zu konzipierenden Rente, kein Problem von Aktien.

Ja.Hartz 4 gehört sowieso stark reformiert.

Davon reden wir doch hier. Nur stößt die Umlage halt an Grenzen, die hier schon gefühlt 100 Mal erwähnt wurden. Welche anderen Lösungen sehen denn (außer einer reinen Steuerfinanzierung)?

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Das ist kein Problem. Wir brauchen ja auch nur eine endliche Anzahl.

Das Geld fehlt dann bei der Binnennachfrage, wenn die Hersteller der Maschinen oder die Zulieferer der Firma oder die Dienstleister alle im Ausland sitzen. Meintest du das?

Eine Möglichkeit wäre z.B. dass die Beiträge (wie es ursprünglich gedacht war) solidarisch von ALLEN gezahlt würden. Da gibt es zu viele Ausnahmen.

Bevor Du Belege von andern forderst, solltest Du erst mal wissenschaftliche Belege für Deine Behauptungen liefern

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Ja, das wäre ein Ansatz. Dabei müsste man dann gleich das Problem mitlösen, dass die Rente für Selbständige unattraktiv ist, weil kein Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge trägt.
Den Effekt müsste man natürlich noch quantifizieren. So viele Selbständige gibt es ja gar nicht in Deutschland. Bzw. sie sind teilweise noch über andere Versorgungswerke versichert (KSK, Ärztliches Vw.)

Ist dieses „Die Hälfte zahlt das Arbeitgeby“ nicht einfach ein Rechentrick? Schließlich muss doch, je nach Perspektive, das Geld zu 100% aus der Tasche des Arbeitgebys kommen bzw. zu 100% vom Arbeitnehmy erwirtschaftet werden. Und das wäre doch bei einem Selbstständigen nicht anders, nur dass halt da AG und AN identisch sind.

Jein. Viele Selbständige verdienen halt nicht genug, um sich dies leisten zu können. Bisher ignoriert die Politik dies bzw. drängt Menschen aus der Selbständigkeit in „Normalarbeitsverhältnisse“.

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Verstehe. Aber heißt das, dass diejenigen, die es sich nicht leisten können, am Ende ohne Altersversorgung da stehen?

Gut möglich. Es gibt übrigens auch keine Riester-Zulagen, sondern nur die steuerbegünstigte Rürup-Rente. Muss man sich aber auch leisten können…

Das klingt ziemlich genau nach dem, wie ich mir einen FDP-Vorschlag zur Rentenversicherung vorstelle…

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Nein, wenn ich z.B. 100€ im Monat in private Rentenabsicherung stecke oder spare kann ich sie nicht ausgeben und verkonsumieren. Wenn ich sie verkonsumiere führe ich das Geld direkt wieder dem (Binnen)Markt zu.
Ich scheine mich unglücklich ausgedrückt zu haben, dass das verkehrt verstanden wurde.

Ok. Das ist aber auch so, wenn ich das Geld gar nicht erst bekomme, weil es an die DRV geht.
Und ja, natürlich geht das dann an Rentenbezieher, die es ausgeben. Aber Rentenbezieher gibt es auch bei der Aktienrente.

Auch wenn die Finanz- und Realwirtschaft nicht mehr 1:1 zusammenhängt gibt es trotzdem eine zusammenhängende Basis.

In Deutschland haben wir die Wachstumsverpflichtung der Wirtschaft gesetzlich festgeschrieben. Auch andere Länder streben Wachstum an ob gesetzlich fixiert oder nicht.

Daher ja die Finanzmärkte haben Schwankungen die nichts mehr mit der Realwirtschaftlichen Situation der Wirtschaft zu tun haben, dennoch wird es auch an der Börse auf Lange Zeit immer aufwärts gehen weil die Wirtschaftsbasis in einem Wachstumszwang festhängt. Gesamtwirtschaftlich! Sollte sich dieser Punkt mal ändern wäre die Situation nicht mehr so kalkulierbar. Die Zeiträume der Einbrüche und Anstiege in der Kurzzeitbilanz kann natürlich völlig unterschiedlich sein. Das kann auch mal Jahre überdauern!

Also dem würde ich widersprechen! Wer wem welche Wertpapiere abkauft und dadurch welche Generation in der Rente finanziert ist völlig wahllos. Das würde auch implizieren das jeder der in Rente geht nicht mehr am Finanzmarkt tätig wäre. Das hat mit der Realität nichts zu tun.

Das mit dem ewigen Wachstum das enden muss ist gern Zitiert aber kommt am Ende darauf an wie wir dieses Wachstum messen. Nehmen wir an wir realisieren endlich das die Wertschöpfung, die aktuell unserer Wachstumsmessung zu Grunde liegt, anders gemessen werden muss bzw. menschliche Tätigkeit in allen Bereichen (also auch nicht wirtschaftlichen) mit einbezogen werden muss oder höher bewertet werden muss. Dann haben wir die Situation das zwar Ressourcenverbrauch sinkt obwohl es Wachstum gibt! Das ist immer Realtiv!

Wie meinst Du das? Wo steht das?