Ich möchte eine hier schon häufiger geführte Diskussion zum Thema Faktenchecks auf eine übergreifendere Ebene heben, da ich hierzu noch nichts gefunden habe. In diversen Threads wie auch diesem haben wir in dieser Community ausgiebig die Falschaussagen/Ungenauigkeiten von z.B. Kanzlerkandidaten beleuchtet und eingeordnet/richtiggestellt.
Ich finde das Problem allerdings viel größer als die Falschaussagen selbst, denn in einem
Live-Setting kann dennoch gelogen werden bis sich die Balken biegen und schwarze Rhetorik/Framing verwendet werden, wie es beliebt. Den Faktencheck Stunden oder Tage später schaut sich im Zweifel keiner oder viel weniger Personen an.
Ich frage mich, warum bei bedeutenden Ereignissen, wie z.B. einer Bundestagswahl und den dabei stattfindenden Kanzlerduellen und Talkrunden kein Live-Faktencheck stattfindet. Lügen oder falsche Behauptungen müssen sofort richtiggestellt werden, diese später wieder einzufangen ist quasi unmöglich. Es geht auch nicht darum, das nur mit einer Bauchbinde zu regeln, sondern aktiv durch Moderatoren anzusprechen, dass das einfach nicht wahr ist. Mir ist bewusst, dass das ein enormer technischer und logistischer Aufwand ist, aber wenn nicht für eine Wahl, für was denn dann und wenn nicht der ÖRR mit unfassbaren finanziellen Ressourcen, wer dann?
Mir macht es zunehmend Sorge, dass Politiker im Fernsehen mit teils extrem Falschaussagen einfach so wegkommen. Dort sitzen Moderatoren, die im Jahr viele Hunderttausend Euro verdienen, und die sind nicht im Ansatz in der Lage irgendwas einzuordnen. Lanz tut dies zumindest teilweise, aber auch sehr abhängig von der Sendung und teils driftet er dann auch in die komplett falsche Richtung und polemisiert ebenfalls selbst stark. Es kann nicht sein, dass diese faktisch und ggf. wissenschaftliche Einordnung dann erst in anderen Online- und Printmedien, oder sogar von YouTubern passieren muss, denen gerade das Fernsehen ja auch oft nachsagt, nicht seriös zu sein. Von der ganzen Problematik, dass auf Short-Content-Plattformen sowieso nur Snippets landen, die komplett aus dem Kontext gerissen sind, brauche ich ja gar nicht anfangen.
Klar ist das Problem, dass im zweifel Personen, die wissentlich Populismus betreiben und die Unwahrheit sagen, einfach nicht in solchen Formaten auftreten, weil sie wissen dass sie dort schlecht abschneiden werden. Aber ehrlicherweise muss man das dann einfach so akzeptieren, da auch Personen auftreten werden, die wissen, dass sie dort punkten können. Es würde sich meines Erachtens ein selbstregelndes System ergeben.
Was denkt ihr zu diesem Thema und wie kann man da ggf. Einfluss drauf nehmen, Politiker aktiver an Fakten und der Realität zu messen?