Faktencheck: Arbeit muss sich wieder lohnen (2)

Ich habe es auf die schnelle nicht gesehen, aber Steuern sind es nicht die 30% ausmachen. Es sind überwiegend die Sozialabgaben.

Daher ist die Diskussion über Steuersenkungen aus meiner Sicht nicht zielführend für diesen Einkommensverteilung, eher müsste man etwas an der Struktur der Sozialabgaben ändern. Dies hätte den größeren Hebel bei Geringsverdienern.

1% weniger Steuern: 250€ (7,2 auf 6,2)
1% weniger Sozialabgaben: 500€ (21 auf 20)

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Hier stimme ich absolut zu, nur treffen, wie oben schon erwähnt mehrere Effekte in diesen Lohnstufen aufeinander. Zusätzliche Soziale Leistungen, Sozialabgaben und Steuern. Senkt man die Sozialabgaben, so müssten im gleichen Schritt die zusätzlichen sozialen Leistungen sinken. D.h. die Haushaltskasse bleibt gleich.

Nein, müssen sie nicht. Warum streicht man nicht die Beitragsbemessungsgrenze.
Es gibt doch keinen logischen Grund dafür. Steuern streicht man doch auch nicht an einem bestimmten Einkommen.
(Ich weiß: private Krankenkassen, aber auch das ist ein gewolltes Konstrukt, also auch änderbar)

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Ist, dass eine Versicherung bei der man erheblich mehr einzahlt als an Leistung zu erwarten ist eben nicht mehr dem Prinzip einer Versicherung entspricht kein logischer Grund?

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Solange sie so angelegt ist wie zur Zeit, ist dies für mich kein Grund. Logisch schon, aber für die Diskussion über eine solidarische Versicherung aus meiner Sicht nicht nutzbar.

Schon jetzt zahlt jemand an der Bemessungsgrenze mehr in die GKV ein und bekommt die gleiche Leistung. Man kann also durchaus unterschiedliche Summen einzahlen, es ist politischer Gestaltungsraum bis wohin man dies möchte und an wann die dicht in die PKV freigegeben wird.

Ich erinnere mich noch gut an die Idee der „Kopfpauschale“. Dort wurde dies ja diskutiert. Gleiches Geld für gleiche Leistung. Begründung der Ablehnung damals u.a.: dann zahlt der Manager das gleiche wie der Krankenpfleger, das geht ja gar nicht.

Rente ist etwas anders gelagert, weil dort die Leistung sich an den Einzahlungen orientiert.

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Es ist doch bereits heute eine solidarische Versicherung weil der Beitrag von der eigenen Leistungsfähigkeit abhängt.

Jetzt kann man natürlich über all die Relationen diskutieren.

Edit:
Dabei muss aber weiterhin im Blick bleiben, dass auch heute schon Menschen mit höherem Einkommen erheblich mehr zahlen als Geringverdiener.

Da ja aktuell die Beiträge für Bürgergeldempfänger vom Jobcenter bezahlt werden, wäre im Falle von weniger Langzeitarbeitslosen durch gute Förderung UND mehr Anreize zu arbeiten (höheres Netto) Geld frei, welches man zur Quersubventionierung und somit Senkung der Beiträge für niedrige Einkommen nutzen könnte.

„Die Erhöhung bzw. Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze im Rahmen einer neu zu schaffenden Bürgerversicherung ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur nach wie vor sehr umstritten. Insgesamt betrachtet, wird eine „maßvolle“ Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze von den meisten Autoren für zulässig gehalten, hingegen eine erhebliche Anhebung oder der Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze von einigen Autoren als verfassungswidrig eingestuft.“

Ich habe mich in den letzten Jahren sehr viel mit dem Thema auseinandergesetzt. Gerade kürzlich durfte ich eine Arbeit zum Thema „Megatrend New Work“ durchführen und bin dort auf erschreckende Resultate gestossen:

Quelle

Demgegenüber hat der inflationsbereinigte Lohn in DE sogar abgenommen.

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[Quelle](Grafiken: Die Lohnentwicklung seit 2000 - DER SPIEGEL)

Arbeit lohnt sich nicht mehr, weil man am Ende des Monats aufgrund gestiegener Mieten und Konsumentenpreise real immer weniger übrig hat. Hinzu kommt, dass die Gehaltsentwicklung in DE in keiner Weise derjenigen der Arbeitsproduktivität entspricht. Das war in der Vergangenheit mal anders.

Löhne und Produktivität müssen sich gleich entwickeln | Europäische Wirtschaftspolitik | bpb.de

Das Geld bei denen zu kürzen, die eigentlich ohnehin am Existenzminimum knuspern (die Preise steigen für Bürgergeldempfänger im Verhältnis zum Einkommen drastisch stärker an).


Quelle = Statista

Wünschen würde ich mir ein gesellschaftliches Korrektiv, denn auf diese Weise wird es früher oder später zu ernsthaften Problemen kommen. Ich behaupte auch, dass ein grosser Teil des Rechtsrucks der letzten Jahre durch dieses offensichtliche Missverhältnis entstanden ist.

Wohneigentum? Nicht mehr möglich. Mieten wird auch immer teurer…

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Quelle

Wir brauchen unbedingt eine Änderung, wie genau die aussehen soll? Keine Ahnung. Ich finde es jedenfalls höchst problematisch, dass in den 90ern die Preise und die Reallöhne ein deutlich besseres Verhältnis hatten als heute. Wo setzt man am besten an?

Ich glaube jedenfalls, dass die Arbeit sich wieder lohnen muss (im Sinne von: Mehr Geld für Arbeitnehmer, nicht weniger Geld für die, die kein Geld für Klopapier mehr haben, um die Monsters of Liedermaching zu zitieren).

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Warum hast du eine Kurve genommen die 2006 endet? Meines Wissens nach sind die Reallöhne doch zuletzt (vor Corona, Ukraine etc.) einige Jahre in Folge gestiegen?

Wenn ich mich jetzt nicht komplett falsch erinnere, dann wäre das schon ein sehr manipulativer Beitrag zur Diskussion.

Vor allem, da auf der Grafik vorher auch die realen (!) Arbeitnehmereinkommen dargestellt sind, und die steigen.

Die Antwort auf @pbf85 Frage erkennt man hier natürlich sofort. Weil 2000-2006 der einzige längere Zeitraum ist, indem die Geschichte vom realen Lohnrückgang einigermaßen zutrifft. (Ich gucke hier einfach nur auf die Grafik. Ich habe keine Quellen oder Stichproben etc. geprüft.)

Sorry, das war tatsächlich mein Fehler auf die Schnelle - sorry dafür und vielen Dank für die Korrektur.

Hier eine Grafik vom Statistischen Bundesamt für den Zeitraum danach. Entscheidend ist mir, dass die Arbeitsproduktivität und die Reallohnentwicklung in keiner Weise kongruent ist. Wenn ich das korrekt interpretiere sind sämtliche Reallohnzuwächse der letzten 10 Jahre seit 2020 weggebrochen.


Quelle

Übrigens noch ein spannender Nachtrag hierzu: es ist nicht so, dass man das Geld nicht hätte, wie oft suggeriert wird. Die Kohle geht halt jetzt an die, die sie eigentlich schon haben:


Quelle

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Ist das nicht aber in einem sich verändernden Umfeld nicht naheliegend? Viele hier produzierten Produkte können mittlerweile in einer Vielzahl an Ländern in quasi gleicher Qualität hergestellt werden. Während man früher weitestgehend mit anderen Hochlohnländern konkurriert hat ist heute die Konkurrenz vielfältiger und mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.

Natürlich ist das nachvollziehbar - ändert aber halt nichts am sozialen Zündstoff, der dahinter steckt. Meine These ist ja wie oben beschrieben:

Ich hatte in meinem ersten Kommentar einen Artikel der Gesellschaft für politische Bildung angehängt, welche die Verbindung zwischen Reallohn- und Arbeitsproduktivitätsentwiclkung nahelegt. Mir ist schon klar, dass diese einfachen Modelle, die früher mal wichtig waren, heute nicht mehr zählen, weil wir eine ganz andere Form von Gesellschaft und Wirtschaft haben als vor 30 Jahren. Und eine Lösung habe ich auch nicht, was ich aber sagen kann ist, dass diese Entwicklung in DE meines Erachtens für viele Probleme mitverantwortlich ist.

Wenn VW halt lieber ich Tschechien produziert, weil dort die Löhne billliger sind, schütten die logischerweise mehr Dividende aus - das bringt aber halt am Ende wieder die Henne-Ei Frage mit sich: machen wir weiter so und fahren die Volkswirtschaft vor die Wand oder gibt es nochmal ein gesellschaftlihces Korrektiv jedweder Coleur dazu?

Ich sagte ja bereits, dass ich die Antwort auf das Problem nicht kenne, ich kann nur sagen: so wird’s mittelfristig krachen.

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Warum sollte eine Firma, die eine tschechische Tochtergesellschaft gekauft hat nicht auch in Tschechien weiter produzieren? Ist ein Tschechischer Arbeitsplatz weniger wert als ein Deutscher?

Die Löhne in Tschechien sind in den letzten Jahren übrigens auch deutlich gestiegen, der Vorteil daher geschrumpft. Und gerade die großen Automobilkonzerne hatten zeitweise massiv Probleme Stellen in Deutschland überhaupt zu besetzten. Und wenn wir jetzt einfach mal überlegen, dass alle deutschen Konzerne alle Arbeitsplätze nach Deutschland verlegen sollten, müssten dann nicht auch alle Ausländischen Firmen die Arbeitsplätze die aktuell in Deutschland sind ihr Herkunftsland verlegen?

Das Thema Standorte ist aber ohnehin zu komplex weil da Punkte wie Tochterfirmen, Fachkräftemangel, Marktzugang (USA, China), etc. zu berücksichtigen sind.

Aber Konkurrenz heißt ja nicht nur, dass VW überall auf der Welt ein Werk eröffnen kann, sondern auch, dass es die Möglichkeit gibt Produkte aus dem Ausland von dortigen Firmen zu importieren. Außer bei Dienstleistungen hat man daher unabhängig vom Profitstreben der jeweiligen Konzerne eine Konkurrenzsituation.

Ein weiterer Punkt, der hier in den Grafiken zu wenig auftaucht: der Durchschnitt ist oft ein schlechter Wert. Wenn Elon Musk – Wikipedia mit 9 Bettlern ohne Vermögen in einem Raum sitzt, hat jeder im Raum im Durchschnitt ein Vermögen von 24 Milliarden Dollar (Stand September 2023).

Viel besser, aber nicht leicht zu finden wäre der Median. 50% verdienen weniger und 50% mehr. Im obigen Beispiel mit Musk wäre der Median bei 0€. Sogar die 90% Perzentile (90% verdienen weniger, 10% mehr) wäre immer noch 0€.

Will sagen: sind bei obigen Betrachtungen auch „leitende Angestellte“ wie z.B. Vorstände mit drin? Durch den Mindestlohn ist bestimmt etwas Bewegung in die Sache gekommen, dennoch ist der Mittelwert/Durchschnitt weniger aussagekräftig.

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Solange die Unterschiede so groß sind, sind weder Durchschnitt noch Median aussagekräftig oder ausschlaggebend.

Wenn Du es genauer haben wolltest müsstest Du z.B. 10er Quantile mit den Rohdaten aufbauen, also die untersten 10% der Bevölkerung haben x Vermögen / verdienen im Durchschnitt y€ etc. , dann der Anteil von 11 - 20, 21 - 30 u.s.w. bis zu 91 - 100.

In den Randbereiche, also dem ersten und dem letzten Quantil kann es dann Sinn machen diese in Percentile zu unterteilen.

Wir neigen generell sehr stark dazu gerne die untersten x% und obersten x% als Maßstab für etwas zu nehmen, dabei kann es oftmals sinnvoll sein für eine breite Aussagekraft die obersten & untersten 3 | 5 | 10% zu kappen, da diese Extreme die restliche große Mengen stark verfälschen.

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Absatz gelöscht von Mod. wegen falscher Aussagen und fehlender Quellen.
Finde das in diesem Interview mit Thomas Mayer die aktuelle Situation in der wir uns befinden sehr gut erklärt wird. https://youtu.be/Hepp5RTh6Jk?si=4aR53AkTq07RZWj3 (ca. 15-18min)

Thomas Mayer gründete nit Frank Schäffler die fragwürdige Denkfabrik Prometheus.
Finde seine Aussagen grenzwertig.
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Mayer_%28Volkswirt%29?wprov=sfla1

Konnte jetzt eine Quelle von 2013 finden. Medianvermögen im Verhältnis zum Einkommen.
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