Fahrtauglichkeitsüberprüfung im Alter

Dieser Themenvorschlag ist wahrscheinlich einer, der eher etwas für ein Nachrichtenloch ist, als für diese Zeit aktuell, der mich aber nichtsdestotrotz schon seit längerem beschäftigt. Es geht, wie der Titel zeigt, um die medizinischen, rechtlichen und sozialen Überlegungen der Fahrtauglichkeit im Alter.

Immer wieder tauchen dazu Artikel auf, wenn Senioren vermeidbare Unfälle verursachen und vermutlich sind Interessierte bereits ganz gut über klassische Pro- und Kontra-Argumente informiert. Ich würde mich für eure Meinung und die rechtliche Begründbarkeit von z.B. medizinischen Tests mit möglicher Folge des Entzugs des Führerscheines führen.

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Ich finde das auch ein interessantes Thema, zumal es in Europa da diesbezüglich wohl eine eher gemischte Lage gibt (einige Länder haben schon Regelungen). In Deutschland scheitert es wohl mal wieder an unserem Verkehrsminister Andreas Scheuer.

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Ich finde das Thema ebenfalls spannend, würde die Diskussion aber gerne über ein „hohes Alter“ hinaus auf gesundheitliche Beeinträchtigungen jeglicher Art ausweiten (wenn sie relevant in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit sind).

Hier ein persönlicher Fall dazu:
Jemand aus meinem engen Bekanntenkreis hatte mit 50 Jahren einen schweren Autounfall. Nach vielen Monaten in deutschen Krankenhäusern, bei zig Ärzten und mit Reha etc. ist er körperlich und geistig wieder voll fit - bis auf sein Augenlicht, denn auf dem einen Auge ist er blind und bei dem anderen ist etwa das obere Drittel des Sichtfeldes schwarz. Er sollte also definitiv nicht Autofahren, den die Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten ist massiv verschlechtert.
Aber nach dem Führerschein hat nie jemand gefragt, geschweige denn, dass der entzogen wurde!

Das finde ich falsch, denn so wird entweder auf die Vernunft jedes einzelnen gesetzt oder aber oft auch die Familie/ der Freundeskreis zu sehr schwierigen Gesprächen gezwungen.

Gibt es denn für so etwas gar keine Eingriffsmöglichkeiten? ZB über die Hausärzte? Wie ist die rechtliche Grundlage?

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Definitiv dafür!

In Hamburg gibt es eine Einkaufsstraße, wo regelmäßig betagte, tendenziell eher wohlhabende Damen und Herren mit ihren SUVs in die Schaufenster krachen, weil sie nicht einmal mehr Vorwärts- und Rückwärtsgang bzw. Gas und Bremse unterscheiden können.

Unverständlicherweise bekommen die idR ihren Führerschein nach einer „Fahrtauglichkeitsprüfung“ wieder zurück, wobei man sich fragt, wie da die angebliche Fahrtauglichkeit überhaupt gemessen wird, wenn derjenige doch gerade eindrucksvoll bewiesen hat nicht mehr fahrtauglich zu sein.

Die „Lösung“ für das Problem in der Waitzstraße ist jetzt, dass auf Kosten der Steuerzahler eine Art Panzersperren installiert werden. Einfach die Richtung der Parkplätze zu drehen war auf Widerstand der örtlichen Einzelhändler gestoßen, weil dann ja genau den Kunden, die denen regelmäßig ins Fenster krachen, dadurch weniger Parkplätze zur Verfügung stünden. :roll_eyes:

Gruselig finde ich allerdings, dass diese Leute ja nicht nur in dieser einen Straße unterwegs sind – die man ja als Unter-60-jähriger sowieso eher meidet – sondern im ganzen Stadtgebiet, auf Autobahnen, wo auch immer…

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Da es schwierig abzuschätzen ist, ab welchem Alter eine Person nicht mehr fahrtüchtig ist, würde ich eher eine altersunabhängige, wiederkehrde Prüfung bevorzugen. Heißt der Führerschein ist nur 5-10 Jahre gültig, danach muss die Prüfung wiederholt werden. Auf diese Weise könnte man auch die Änderungen in der StVO abprüfen.

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Ich kenne auch „jüngere“ AutofahrerInnen, die bei einer Überprüfung sicher den Führerschein verlieren würden. Es ist zwar in Deutschland immer ein ziemlich sensibles Thema, aber Autos sind verdammt gefährlich. Ich finde es daher angebracht, wenn man hier unabhängig von gewissen Altersgrenzen mehr Kontrollen einführen würde. Ich würde es daher unterstützen, wenn alle 10-20 Jahre jeder Autofahrer zu einem Fahrtestest müssten, samt ärztlicher Tauglichkeitsuntersuchung.

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Ich habe in meiner näheren Verwandtschaft einen Fall erlebt, der hier passen könnte:

Mein Opa sollte mich mal am Nachmittag zum Arzt fahren. Er setzte sich hinten hin und fragte mich, wo jetzt das Lenkrad wäre. Auf meine Info hin setzte er sich vorne rein und versuchte mit dem Licht-Rad den Motor anzustellen.

Einige Wochen später hatte er einen kleinen Unfall auf seinem Grundstück, bei dem der Anhänger fast eine mehrere Meter hohe Mauer heruntergefallen wäre. Zum Glück ist ausser einem tiefen Kratzer nichts passiert. Dennoch, war das der Moment, in dem er sich freiwillig entschieden hat, den Führerschein abzugeben.

Das waren die ersten Demenzschübe beim meinem Opa, der sonst eigentlich noch relativ vital war zu diesem Zeitpunkt. Der geistige Verfall ging dann sehr schnell voran, so dass ein grösseres Prüfungsintervall von 5-10 Jahren vermutlich nicht erkannt hätte, wie gefährlich er für den Strassenverkehr geworden wäre (der schnelle Fortschritt kann fast nicht erfasst werden, insbesondere bei guten und schlechten Tagen).

Andererseits erlebe ich es so, dass für jüngere Autofahrerinnen immer strengere Massnahmen gelten. Jedenfalls hier in der Schweiz, in der jetzt wieder (zum x. Mal) neue, strengere Führerscheinregeln erlassen wurden. Dabei sind gerade die jüngeren Fahrerinnen in der Tendenz besser ausgebildet und durch die Nulltoleranz bei Alkohol sind die nach meinem Erleben weniger gefährdet, betrunken Schaden anzurichten, als der 75 jährige Norbert, der nach dem 4. Weisswein nach dem Kegeln noch schnell nach Hause fährt (bitte entschuldigt das plakative Beispiel).

Aber wie fühlt man sich als alter Mensch, wenn eine jahrzehntelange Selbstverständlichkeit (mein Auto bringt mich immer von A nach B) dann plötzlich wegfallen soll? Was machen Menschen (vor Allem auf auf dem Land), wenn der ÖPNV nicht genügend ausgebaut ist, dass sie ihre Termine und Erledigungen nicht ohne Auto umsetzen können oder ihre Wocheneinkäufe mit dem Bus und Tüte nasch Hause transportieren müssen?

Ich bin auf der einen Seite klar für die Einführung einer gesundheitlichen Prüfung der Fahrtüchtigkeit, ich weiss aber auch nicht, wie man das sinnvoll gestalten könnte. Auf der anderen Seite finde ich es eben auch sehr schwierig, dass man Menschen auf Grund ihrer natürlichen (Alters-)Gebrechen das „Recht“ auf Mobilität nimmt.

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Alter allein sollte kein „Recht“ auf den Führerschein geben! Wenn jetzt in diesem Moment ein 70-jähriger und ein 18-jähriger Mensch zur Prüfung antreten würden, würden für sie schließlich auch die gleichen Teststandards gelten.

Ich bin der Meinung, dass Deutschland in der Hinsicht dringend weg muss von der Denkweise „oh nein, da könnte man jemanden - vielleicht gar einem Wähler?! - auf die Füße treten, selbst wenn er/sie potenziell lebensbedrohlich für sich und andere ist, und außerdem ist Autofahren sooooo unfassbar wichtig“

Ich fand den einen Hinweis weiter oben auch super wichtig: ein Auto kann ein verdammt gefährliches Gerät sein!!

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Das ist wohl das schwierige daran, die Interessen hier gleichermaßen abzudecken.
Ich kenne selbst eine Fall (war in den 90ern), wo der damals zwar körperlich rüstige Rentner mental so stark abgebaut hat, dass an Fahrtüchtigkeit nicht mehr zu denken war.
Den Führerschein und sein Auto wollte er partout nicht aufgeben, nach vielen und langen Gesprächen war er dann aber so einsichtig, dass er seinen „Gaul“ nur noch aus der Garage auf den Hof des Grundstücks fuhr und wieder zurück - mit deutlichen Spuren an der Garage und dem Auto, aber es wurde nie jemand verletzt.
Gerade für die ältere Generation stand das Automobil für Freiheit und Unabhängigkeit, diese Sichtweise im hohen Alter zu verändern ist unglaublich schwierig.

Wie bei vielen Dingen, die bei Menschen Verzicht impliziert, kann ich mir gut vorstellen das Anreize von staatlicher Seite hier sicherlich helfen könnten, wie z.B. kostenlose Taxifahrten für Besorgungen bei freiwilliger Abgabe des Führerscheins.
Je nach Wohnlage steht einem dann beispielsweise 3 Besorgungsfahrten im Umkreis für 5km pro Monat zur Verfügung + 3 Sonderfahrten für persönliche Belange/Interessen pro Quartal in einem etwas größeren Umkreis
Natürlich sind das Kosten, aber es ist doch wichtig auch der älteren Generation im Alter die Lebensqualität zu erhalten und zugleich den Risiko im Straßenverkehr zu reduzieren.

Und wie heißt es so schön nach Gustav Heinemann „Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den Schwächsten ihrer Glieder verfährt.“

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Aus meiner Sicht ist die medizinische Lage sehr einfach und klar: der Körper baut im Laufe der Zeit ab. Das Sehvermögen ist bei den meisten ab den späten 40ern, spätestens ab 50 abbauend. Das Reaktionsvermögen baut später, aber auch messbar ab. Es ist sonnenklar, dass die Fahrtüchtigkeit abnimmt. Zwangsläufig.

Rechtlich: Autofahren ist vom Prinzip her fahrlässig. Ich steuere eine Maschine, die ich nicht in jedem Fall Kraft meiner eigenen Muskelkraft davon abhalten kann, größeren Schaden an Mitmenschen anzurichten. Ob ich autofahre und was ich dabei veranstalte ist nicht meine Privatsache, sondern betrifft andere Menschen.

Es ist also völlig naheliegend und tut auch niemandem weh, entsprechend dem körperlichen Abbau regelmäßige Fahrtüchtigkeitsprüfungen durchzuführen. Berufsmäßige Fahrer müssen das, warum soll jemand, der privat herumfährt, nicht dazu angehalten werden? Es ist nur ein Skalierungseffekt (viel/wenig fahren) kein grundsätzlicher Unterschied.

Deswegen:

  • regelmäßiger Sehtest an 50, alle 5 Jahre. Ab 70 dann alle 3 Jahre.
  • regelmäßiger Reaktionstest ab 60, alle 5 Jahre, ab 70 dann alle 3 Jahre.
  • regelmäßger Auffrischungstest zum Verständnis der Verkehrsregeln mit 60, 70, dann alle 6 Jahre.
  • sinnvolle Regeln zur Verlängerung des Führerscheins, z.B. „Sie haben 4 Wochen Zeit, sich neue Brillengläser machen zulassen, sonst ziehen wir den Schein ein.“
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@AlexS und @Justjaythings

Ich sehe da auch die größte Spannung, ich will den Leuten auch keine Mobilität „stehlen“, aber ab einer gewissen Fahruntüchtigkeit gefährdet man nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Es gibt immer wieder Berichte von Unfällen mit Fahruntüchtigen mit z.B. Fahrradfahrern, bei denen durch die fehlende Reaktionsfähigkeit Menschen langfristig geschädigt werden oder zu Tode kommen. Es käme ja auch niemand auf die Idee, Blinden Autofahren zu erlauben, um deren Recht auf Mobilität nicht einzuschrenken? Man darf bis 1 Jahr nach einem Epilepsieanfall ebenfalls kein Fahrzeug führen. Ich denke, hier will man sich politisch eher vor negativer Presse ducken…

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Ich bin auf einem Dorf mit ziemlich schlechter Busverbindung aufgewachsen, die am Wochenende quasi nicht vorhanden war. Meine Mobilität war auch ziemlich eingeschränkt. Das allein kann aber kein Grund sein, einem Teenager ein Auto zu geben, weil die Gefahr, wenn jemand nicht in der Lage ist, dieses sicher zu beherrschen, viel zu groß sind. Nicht nur für den/die AutofahrerIn selbst, sondern auch für die Insassen, andere VerkehrsteilnehmerInnen, FußgängerInnen und Tiere. Für mich kommt gegen die Gefahr das Argument, dass es emotional nicht so leicht zu verkraften ist, eine jahrzehntelange Selbstverständlichkeit zu verlieren, nicht an.

Zudem wird an der Stelle oftmals übersehen, dass nicht jeder auf dem Dorf ein Auto hat. Das ist auch immer ein Luxusgut für die Bessersituierten. Schon alleine deswegen sollte das ÖPNV ausgebaut werden und kostenlos werden. Das hätte auch den Effekt, etwas Gutes für die Umwelt zu tun.

Ich kann natürlich nachvollziehen, wie schwierig das alles für die Betroffenen ist und weiß nur zu gut, welche Einschränkungen der Mobilität das auf dem Dorf oder selbst in vielen Kleinstädten mit sich bringt. Allerdings finde ich, dass wir in zu vielen Bereichen dazu neigen, etwas emotional zu privilegieren, weil es ja schon „immer“ so gemacht wurde. Ich sehe nicht, warum es für die Gefahrprognose eines/einer AutofahrerIn relevant sein sollte, wie lange er/sie etwas bereits tun. Es ist doch nur relevant, wie gut oder schlecht er/sie es momentan und in der Zukunft tut. Immerhin stehen hier Menschenleben auf dem Spiel.

Wenn wir auch schon Emotionalität mit ins Spiel bringen, finde ich, wir sollten auch an die Menschen denken, die gerade in der emotional extrem schwierigen Situation sind, ihren Liebsten sagen zu müssen, dass sie nicht mehr fahren sollen. Ich habe im Bekanntenkreis miterlebt, welche Ängste und Schuldgefühle des bei den Betroffenen auslöst. Das sind hässliche Konflikte. Eine staatliche Anordnung durchzusetzen ist an der Stelle familienfriedenfördernder als eine persönliche Einschätzung, dass der eigene Vater nicht mehr fahrtüchtig ist. Vor allem, da das Thema Autofahren und Männlichkeit gesellschaftlich noch stark verknüpft sind. Hier werden die Betroffenen aber alleine gelassen, gleichzeitig bekommen sie aber die Verantwortung zugeschoben. Wenn ein/e RenterIn jemanden umbringt, wird ja mit dem Finger auch immer auf die „verantwortungslosen“ Kinder gezeigt, die doch die Anzeichen gesehen haben und trotzdem nichts getan haben.

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Ich möchte bezüglich der Alternativen und der vorgebrachten Idee von Taxigutscheinen und ähnlichem noch etwas anbringen:
Kein Auto zu besitzen spart auch einfach einen Haufen Geld.

Also klar finde ich, dass der ÖPNV ausgebaut werden muss, aber der Senior ist nicht automatisch am Verhungern, weil er kein Auto mehr fahren darf. Er spart ja bares Geld durch das Nicht-Besitzen und kann davon mal eine Taxifahrt zum nächsten Supermarkt unternehmen.

Und dann gibt es auch noch so tolle Dinge, wie den rollenden Supermarkt:

Wenn die Damen und Herren wissen, das zB immer Montags und Donnerstags von 1000-1300 an der Straßenecke ABC der Supermarktwagen steht, dann löst das doch schon einiges.
Hier gilt es denke ich mehr Anreize zu schaffen und potentielle Hürden für die Betreiber von Supermärkten oder ähnlichen Services abzubauen. Sprich: Anmeldung, Auflagen, Standgebühren…
Es geht sogar noch weiter: Wie wäre es, wenn sich ein paar ländliche Gemeinden zusammentun und es selber in die Hand nehmen so etwas zu organisieren?

Meiner Meinung nach wiegt der Schaden an Leib und Leben der oftmals entsteht schwerer als das vermeintliche Recht darauf komfortabel von A nach B zu kommen.

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Ich finde, deine Aufzählung wäre eine gute erste Entscheidungsgrundlage. Die genauen Altersgrenzen und Intervalle würden wohl hin- und her diskutiert und geschoben werden, aber trotzdem…

Ein Punkt fehlt aber aus meiner Sicht:

  • unabhängig vom Alter oder wie lange die Prüfung her ist, sollte ein Arzt, der eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit feststellt, dies melden können und diese Meldung sollte zu einer unabhängigen medizinischen Untersuchung der Person führen

Beispiele:
Augenarzt stellt bei 30-jähriger Person teilweise Erblindung eines Auges fest, als sie zur Anpassung des Brillenrezeptes kommt.
Hausarzt (oder anderer Arzt) diagnostiziert bei junger Person Parkinson.
Es gibt leider unzählige Erkrankungen oder Unfälle, die einen Menschen weit vor 50 Jahren (oder generell einer bestimmten Altersgrenze) zu einer Gefahr als Autofahrer*in machen können.

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Absolut, ich wollte mit meinem Beitrag keinesfalls die Gefahr, die von fahruntüchtigen Personen (jeglichen Alters) ausgeht, negieren und auch schätze ich den Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer höher an, als die Bequemlichkeit der Betroffenen.

Aber unsere Sicht (ich verallgemeinere das mal, da ich davon ausgehe wir sind hier alle in der Lage sind uns sicher um unsere Fortbewegung zu kümmern und auch eine gewisse Flexibilität an den Tag legen) wenn man noch nicht betroffen ist, ist es einfach zu sagen, der der es nicht mehr so gut kann, dann halt nicht darf.
Das ist in der Folge sicherlich richtig, aber aus meiner Sicht der falsche Weg.
Eine Mischung aus Einschränkungen nach Fahrtüchtigkeitstests wie es @marcblum vorgeschlagen hat und dazu mit Anreizen, den freiwilligen Verzicht der Betroffenen zu erleichtern.

@julem
stimme ich dir zu, das Angebot für den täglichen Bedarf wird auch auf dem Land besser, auch die klassischen Supermärkte bieten Lieferservice an - das geht alles zumindest in die richtig Richtung um die alltäglichen Besorgungen deutlich zu erleichtern.
Mein Vorschlag mit den Taxifahrten betrifft zwar auch das Thema Kosten, und ja (noch*) sind der überwiegenden Teil der Rentner finanziell gut situiert und durch die Aufgabe des eigenen KFZ spart man sich auch etwas.
Mein Vorschlag zielte aber darauf ab, den Menschen für die das Auto ein Leben lang Freiheit und Unabhängigkeit bedeutet hat (die kannst du nicht überzeugen weil sie 50€ im Monat sparen) ein Konzept anzubieten, das ihnen zumindest zum Teil eine Unabhängigkeit erhält.
Auch solltest du nicht außer Acht lassen, das man zwar viele Besorgung des alltäglichen Bedarfs in Haus bekommt, aber nicht gesellschaftliche Teilhabe.
Gerade in Zeiten der Pandemie ist das Thema soziale Nähe so relevant geworden wie nie zu vor, wie wichtig es für Menschen ist, sich zu treffen und auszutauschen.
Wenn alle Fahruntüchtigen nur noch in ihren Wohnungen sitzen und vereinsamen, ist keinem geholfen.

Schlussendlich wollen wir doch alle das selbe, weniger Verletzte und Tote im Straßenverkehr, aber auch die Wertschätzung und Unterstützung die wir wohl selbst einfordernd würden, wenn es uns dann mal selbst betrifft.
Für jeden von uns ist sicher, dass uns der Alterungsprozess früher oder später treffen wird und dann sind wir von möglichen Regelungen und Einschränkungen selbst betroffen.

*auch wenn Off-Topic, aber da Mobilität kostet ist das Thema Altersarmut nicht irrelevant.
Heute schon ist jeder 5. Renter von Altersarmut betroffen
3,1 Millionen über 65 -Fast jeder Fünfte von Altersarmut bedroht
Und so wie unser Rentensystem aufgestellt ist, wird die Situation sich nicht verbessern sondern eher noch schlechter.

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Ich möchte hier nochmal einen ganz anderen Gedanken einwerfen, der ein paar Jahre in die Zukunft blickt.

Wir sind mittlerweile im Zeitalter der selbstfahrenden Autos angekommen. Auch wenn wir hier in Deutschland davon bisher nicht viel mitbekommen (Danke an die EU für uralte und technologieaverse Regulationen), so macht sich z.B. in den USA ein Flottenanbieter nach dem nächsten breit, die komplett autonome, fahrerlose Taxis durch die Städte und über Autobahnen fahren lassen (Waymo ist da das Paradebeispiel, Tesla ist technisch vermutlich schon besser, Zoox, GMCruise, AutoX sind einige weitere).

Ich schätze es ist technisch nur noch eine Frage von 1-3 Jahren, bis dies flächendeckend angeboten werden kann (ob man rechtlich bis dahin so weit ist, ist ein anderes Thema).

Daraus ergeben sich komplett neue Dimensionen für die Mobilität. Menschen, die Autos nicht mehr sicher bewegen können (z.B. Einschränkungen durch das Alter; Verletzungen mit dauerhafter Einschränkung; …), Menschen die Autos nicht bewegen dürfen (kein Führerschein, Kinder & Jugendliche) sind mit einem Schlag so mobil wie alle anderen Leute. Das Ganze mit vielfacher Sicherheit im Vergleich zu menschlichen Fahrer:innen.

Ich glaube, dass die Verfügbarkeit dieser Technologie ein neues Mobilitätszeitalter eröffnen werden. Menschen, die bis dahin regelmäßig mit dem eigenen Auto gependelt sind werden solche Fahrzeuge nutzen. Die halbe Stunde zur Arbeit und zurück effektiver nutzen als sich in eine Blechkolonne einzureihen.

Mein Ansatz wäre daher eher so eine Art Belohnungs-Modell. Anreize für Personen schaffen, die sich im hohen Alter entscheiden den Führerschein abzugeben. Vielleicht mit einem Zuschuss für ein solches Fahrzeug? Vielleicht mit einem Zuschuss für ein Abo-Modell bei einem Flotten-Anbieter?
Sowas gibt es ja in einigen Städten schon mit einer kostenlosen ÖPNV Karte.

Und alle die nicht mit einem autonomen Fahrzeug fahren möchten müssen halt an regelmäßigen Tests teilnehmen. Natürlich gilt das dann für alle, nicht nur alte Leute. Die genannten Vorschläge von u.a @marcblum fand ich dahingehend schon echt gut, auch wenn die Zeitspannen natürlich diskutabel sind.
Ich selbst würde sofort aufs Fahren verzichten, wenn ich könnte - obwohl ich sehr gerne Fahre. Bin zwar aktuell im Homeoffice, aber die 30 min zur Arbeit (in normalen Zeiten) kann ich mir echt sparen.

Ich hatte nach meiner Ausbildung in einem Busunternehmen gearbeitet in einer bayerischen 20.000 Einwohnerstadt. Dort wurde jeder älteren Person, ich weis leider nicht mehr die Altersgrenze, ein ÖPNV Jahresticket für den Citybus geschenkt, wenn sie freiwillig den Führerschein abgegeben hat. Bezahlt hat die Stadt selbst, wir waren nur die Überbringer des Tickets. Ich glaube dass es allerdings nur für das erste Jahr nach der Abgabe gegolten hat. Aber immerhin war es ein Anreiz und nicht wenige Tickets wurden verschickt.

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Das ist zweifellos ein interessantes Thema, und isoliert betrachtet wohl die beste Lösung für alle, die nicht (mehr) Autofahren können, wenn es sich denn technisch und rechtlich umsetzten lassen würde.

Ich muss aber sagen, dass ich diesen Ansatz aus Umweltschutzgründen nicht ganz so prickelnd finde. Für mich ist ein langfristiges Ziel, so viele Autos wie nur möglich von der Straße zu bekommen. Ich bevorzuge daher eher den Ansatz, die öffentlichen Verkehrsmittel massiv auszubauen und diese am besten auch kostenlos anzubieten, sodass jeder unabhängig von seinem/ihrem Alter, der körperlicher und psychischer Verfassung und den eigenen finanziellen Möglichkeiten selbstbestimmt in ganz Deutschland mobil sein kann. Das ist natürlich aktuell noch ziemlich unrealistisch, aber man darf ja träumen :wink:

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Ich finde deinen Punkt mit den selbstfahrenden Autos spannend, auch wenn ich mich mit dem Thema selbst gar nicht auskenne.

Die Zynikerin in mir hatte leider direkt folgenden Gedanken: selbstfahrende Autos in Deutschland in wenigen Jahren?? Wir schaffen doch nicht mal flächendeckendes gutes Internet oder genügend Computer in unseren Schulen :angry:

Sorry, kein besonders wertvoller Beitrag, nur eine ehrliche spontane Reaktion…

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Ich glaube tatsächlich, dass wir da weiter denken müssen als nur „möglichst viel ÖPNV“.

Warum sehe ich das so?

  • ÖPNV ist leider extrem ineffizient. Klar, morgens von 7-9 Uhr und abends von 17-19 Uhr ist alles bummsvoll, aber den Rest der Zeit fahren die Busse/Züge/Trams/U-Bahnen mit 1-3% Auslastung durch die Gegend. Das sind extrem hohe Kosten und dazu auch Energieverschwendung.

  • Die Menschen sind schon heute nicht bereit ihren bisher erworbenen Komfort zurückzugeben. Viele wollen Individualmobilität und nicht ÖPNV. Gerade in aktuellen Zeiten verständlicher denn je.

  • Wenn wir uns vom Gedanken „Privatfahrzeug“ trennen und hin zu autonomen Flotten denken, die wie ein Uber gebucht werden können, erreichen wir eine extreme Effizienzsteigerung. Fahrzeuge stehen nicht mehr 23h am Tag herum, sondern fahren immer nach Bedarf.

  • Es spricht nichts dagegen das Ganze auch auf Busse anzuwenden. Nehmen wir einen 90 Personen Bus. Was spricht dagegen den in drei 30 Personen Busse oder sechs 15 Personen Busse aufzuteilen, die autonom Fahren? In der Rush-Hour fahren diese dann in digitaler Kolonne (Stichwort wäre Platoon), bei wenig Auslastung kommt nur einer. Wenn die Fahrgäste ihren Zielort vorher einer App mitteilen, so könnte sich das Platoon auch auf der normalen „Linie“ trennen und die Leute viel individueller transportieren. Komfortgewinn. Solche Modelle sehen wir in Städten wie Hamburg und Berlin schon heute (Volkswagen MOIA, allerdings mit Fahrer). Ich vermute sogar, dass man mit solchen Mitteln die Kosten für Fahrten mit dem ÖPNV senken kann, ergo ein kostenloses ÖPNV Angebot damit auch näher rückt.

  • Alle diejenigen, die individuell Mobil sein wollen müssen für das Fahrzeug halt mehr bezahlen. So ist es heute auch schon. ÖPNV ist billiger als Autobesitz.

Ich denke wir brauchen im Rahmen neuer Technologien ein grundlegend neues Verständnis von effizienter Mobilität, sei es individualer oder öffentlicher Natur. Busse mit lauten, stinkenden Dieselmotoren, die 80% der Zeit quasi leer fahren sind nicht die Zukunft. Auch leise, effiziente Elektrobusse oder Trams, die kaum ausgelastet sind, können meines Erachtens nicht die „Endstufe ÖPNV“ sein. Genau so kann es nicht sinnvoll sein der Oma einen 45.000€ Tesla hinzustellen, nur damit sie 2 mal pro Woche 3km autonom zum einkaufen fahren kann.

Als Inspiration mal ein Video aus den USA. Mittlerweile sieht die Welt da schon wieder ganz anders aus, das Video ist über ein Jahr alt:

Ganz abseits davon brauchen wir natürlich auch einen deutlichen Ausbau der Fahrrad- und Fußgänger-Infrastruktur. Aber das ist jetzt ein anderes Thema :wink:

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