Kurz gesagt: Ja.
Zunächst mal ist klar, dass Deutschland schon immer, aber vermutlich vermehrt Rohstoffe, Hilfsstoffe und Rohprodukte, sowie Bauteile im Ausland bestellt. Grundsätzlich gilt: Wo ein Gut produziert wird, fallen logischerweise auch die Produktionsbelastungen an. Ein gutes Beispiel dafür ist der VW Standort („Skoda“) in Mlada Boleslav in Tschechien, wo für die gesamte VW-Flotte Getriebe und andere Bauteile hergestellt werden. Die Getriebe brauchen natürlich Metalle, spezielle Komponenten wie Kupplungen etc. Diese wiederum werden häufig in anderen Nationen gefertigt, in denen diese kostengünstig hergestellt werden können (je nach Supply Chain Strategie).
Ein relevanter Kostentreiber in der Industrie sind natürlich die Löhne, die in Osteuropa und Asien deutlich niedriger sind, teilweise sogar ohne Achtung der Menschenrechte (bspw. China), was die Kosten nochmals drastisch reduziert. Nun fallen natürlich dort die entsprechenden Produktionsbelastungen wie Lärm, Luft- / Umweltverschmutzung, Flächenverdichtung etc. statt. In vielen Ländern (bleiben wir hier mal bei China oder Osteuropa) werden zudem die für Deutschland relevanten Umweltschutzgesetze umgangen. Auch, wenn China vieles dafür unternimmt, die Erneuerbaren auszubauen, haben sie einfach (noch) nicht deutsche Standards an ihre Produktionsemissionen.
Rein betriebswirtschaftlich gesehen ist es natürlich so, dass zusätzliche bauliche Massnahmen (z. B. Schadstofffilter in Kraftwerken oder Produktionsstätten) erstmal eine zusätzliche Investition bedeutet. Wenn ich in Osteuropa die gleiche Fabrik bauen kann aber eben ohne die „Premiumversion“ des Schadstofffilters haben wir natürlich Kostenvorteile. Kostenvorteile sind logischerweise gleich Wettbewerbsvorteile und werden daher rege genutzt. Vielleicht laufen teilweise deutsche Werke noch, aber viele von ihnen wurden bereits in Asien oder Osteuropa statt in Deutschland errichtet. Wir reden also nicht zwingend davon, dass man hier eine Fabrik stilllegt, um sie woanders wieder aufzubauen, sondern wir reden davon, dass hier eben keine neuen Produktionsstandorte entstehen, während der „Ostmarkt“ rasant wächst.
Es gibt ein weiteres Beispiel, dass das Thema gut zeigt: Die Textilbranche.
Zum Gerben von Leder wurden früher öfter Mal Chemikalien verwendet, die massive Umweltschäden erzeugen. Beispielsweise Chrom und Alaun. Bei uns kann man das nicht einfach ins Wasser leiten und natürlich möchte man nicht, dass Menschen von dieser Arbeit krank werden. Also hat man das Ganze nach Indien und Bangladesch ausgelagert.
Zitat aus Wikipedia:
Chromsalze dürfen in den meisten Ländern nicht in Abwässer entsorgt werden. In manchen Schwellen- und Entwicklungsländern, die eine unzureichende Umweltgesetzgebung oder eine unzureichende Umsetzung der Gesetzgebung aufweisen, werden die Abfälle verklappt. Die beiden Orte Ranippettai (Indien) und Hazaribagh (Stadtteil von Dhaka, Bangladesch) standen unter anderem deshalb auf der Liste der zehn am stärksten verseuchten Orte der Welt, die seit 2006 vom amerikanischen Blacksmith Institute herausgegeben wird.
Da sehr viele europäische Modehändler ihre Produkte dort her bekommen, kann man durchaus sagen, dass man aus Kostengründen in Kauf nimmt, dass man anderenorts Umweltschutz (und natürlich soziale Gerechtigkeit) nicht so ernst nimmt.
Gemeint ist also, dass wir wissentlich in Kauf nehmen, dass unsere Produkte im Ausland mit deutlich lascheren rechtlichen Rahmenbedingungen produziert werden. Also ja, wir exportieren Umweltverschmutzung.