EU-Zertifikatshandel

Die Anzahl der Zertifikate steht schon bis 2030 fest:


Die Sorge, die in der Lage aber auch zum Beispiel hier bei Euractiv und Agora Energiewende formuliert wird, ist das ab Anfang 2027 Emissionen aus Verkehr und Gebäudeemissionen voll auf die blauen Säulen aufgeschlagen werden, wenn ich das richtig verstehe.

Dadurch würde die Menge der Emissionen auf einmal die Zahl der Zertifikate übersteigen, was unter Marktbedingungen einen plötzlichen Sprung der Kosten für die Zertifikate zur Folge hat. Die EU hat aber diese Eventualität gedacht und ein paar Schutzmechanismen vorgesehen:

Sollten Energiepreise außergewöhnlich hoch sein, kann das ETS II bis 2028 verschoben werden, um die Bürger*innen vor zu hohen Kosten zu schützen. Außerdem wird ein neuer Preisstabilitätsmechanismus eingeführt. So werden 20 Millionen zusätzliche ETS II-Zertifikate freigegeben, wenn der Preis für ein Zertifikat über 45 EUR steigt.

Das wird aber kaum reichen, wenn die Regierungen nicht bis dahin die Emissionen des Sektors zumindest grob in Linie mit den Klimaschutzzielen bringen. Wenn ich das hier richtig lese, dann sind Gebäude und Verkehr für gut 200 Mio Tonnen CO2/Jahr verantwortlich – allein in Deutschland. Und in den letzten Jahren nehmen die Emissionen in diesen Bereichen praktisch nicht ab. Es müsste da also eine sehr schnelle Trendveränderung geben.

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Verfassungsgerichte, EU Gerichte. Wenn die nicht mehr da sind, werden wir ganz andere Probleme haben

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Vielleicht eine kleine, aber wichtige Ergänzung. Es geht um den Brennstoffemissionshandel (BEH). Dieser wird auf den Verbrauch von Brennstoffen im Bereich Verkehr und Gebäude ausgedehnt.
Das ist wichtig, weil dadurch auch Anreize für Syntetische oder Alternative Brennstoffe indirekt gefördert werden. Bsp: Bio Diesel oder Ethanol (E10), diese würde dadurch massiv günstiger gegenüber Diesel oder Benzin auf Erdölbasis. Das kann zur Folge haben, dass die Beimischung sprunghaft massiv steigt, was wiederum Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise (Pflanzenöl) haben würde.

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Regierungen verstoßen doch am laufenden Band gegen eigene Verträge/ Gesetze (u.a. Maastricht-Kriterien, Klimaschutzgesetz, Rechtsstaatlichkeit). Wenn der politische Wille nicht da ist diese Verfehlungen auch zu befolgen, sehe ich wenig Chance, dass Gerichte da großen Einfluss haben.

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Da ein Ausbau des ÖPNV/ Schienenverkehrs kurzfristig vermutlich keine Wirkung erzielen wird, müsste man m.E. eigentlich alles dafür tun, den Absatz von E-Autos (insb. bei Firmenfahrzeugen) bis 2027 zu pushen. Dann kommen auch mehr Gebrauchte in den Markt (für Privatleute) und durch den Absatzpush kommen bei den Herstellern dann hoffentlich auch Skaleneffekte zum tragen, die günstigere Preise ermöglichen.

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Absolut. Ich sehe hier auch keinen großartig anderen Weg als die Zahl der E-Autos kurzfristig massiv zu erhöhen.

Theoretisch könnte man wenn man jetzt sofort anfängt auch noch City-Maut-Konzepte und ein massiv ausgebautes Park&Ride für Großstädte planen und umsetzen, die Zeit zur Bestellung von Bussen sollte wohl noch ausreichen.

Zusätzlich könnte man in Ballungsräumen wohl auch in relativ kurzer Zeit einen nennenswerten Anteil Verkehr vom Auto auf das Fahrrad umlegen. Paris zeigt da den Weg nach vorne und das wäre sehr billig. Einfach erstmal auf mehrspurigen Straßen eine Spur für Fahrradfahrer reservieren, mittelfristig dann neue, für Fahrradfahrer attraktive Infrastruktur (baulich getrennte Wege, Vorzug an Ampeln, Geschützte Abstellmöglichkeiten, etc.) schaffen.

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Danke, das habe ich eben auch gerade mal recherchiert.
Habe den Eindruck, dass das ganze sehr komplex ist und selbst die Experten es anscheinend nicht ganz durch kicken. Es wird ja immer vor einem sehr hohen Preis ab 2027 gewarnt, was ich nicht unbedingt so herauslesen kann.

ETS2 ist ein separater Handel, der bis 2030 nicht mit dem ETS1 zusammengefasst wird. Eine Integration wird erst dann geprüft.

Hier gibt es noch weitere Eingriffs- bzw Stabilisierungsmaßnahmen. Die Stabilisierung wird durch einen Pool an Ausgleichszertifikaten erreicht, die je nach Preis und Menge hinzugefügt oder herausgenommen werden können, so dass man sich erhofft bei 45€/t zu landen bis 2030.

Meine Quelle: Basiert glaube ich auf Vorschlägen und nicht der finalen Entscheidung, aber die Mechanismen werden dort gut beschrieben.

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Ich frage mich, woher die Jahreszahlen 2037 und 2042 stammen. Die finden sich weder in dem Monitoringbericht, noch sonst wo. Zudem muss man wissen, dass sich die Staaten auf der EU-Ebene noch nicht einmal auf allgemeines Reduktionsziel von Emissionen für das Jahr 2040 geeinigt haben, geschweige denn die Ziele für den ETS 1 und 2 angepasst haben. Von daher würde mich wirklich die Quelle von Ulf und Philip interessieren.

Außerdem muss man auch wissdn, dass diese Ziele nun ja auch nicht in Stein gemeißelt sind. Wenn die Politik merkt, dass ihnen die Sache wegen hoher Preise um die Ohren fliegt, kann man die Ziele ja auch auf Kosten von mehr Emissionen schleifen.

Und im ETS 2 muss man nicht, wie von Philip und Ulf gesagt, mit hohen Preisen am Anfang rechnen, da die Kommission einen Mechanism implementiert hat, der zusätzliche Zertifikate ausgibt, um den Preis bei 45€ zu deckeln.

€45 sind natürlich ein Witz. Meines Erachtens müsste es schon einen substantiellen Anstieg geben. Zudem braucht es auch einen verlässlichen und gut kommunizierten Plan, wie die erlaubten Gesamtemmissionen pro Jahr zurückgehen/ sich die entsprechenden Endverbraucherpreise ungefähr entwickeln werden. Auf dieser Basis können dann die Menschen den für sie optimalen Zeitpunkt zum Wechsel auf klimaneutrale Substitute wählen. Am Ende ist das doch für die meisten Menschen keine moralische Entscheidung, sondern eine nüchterne Kosten-/ Nutzenbetrachtung.

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Philip und Ulf haben sich das aber nicht aus den Fingern gesaugt. Ich habe ja weiter oben auf Links zu Euractiv und Agora Energiewende verwiesen, die vor ähnlichen Szenarien warnen. Da scheint also schon irgendwas im Busch zu sein. Um mal von Agora Energiewende zu zitieren:

Aufgrund der Klimaschutzverfehlungen im Gebäude- und Verkehrsbereich, die der Projektionsbericht der Bundesregierung bis 2030 auf 200 Millionen Tonnen CO₂ beziffert, birgt die Einführung des ETS II daher das Risiko sprunghafter Preisanstiege von Treibstoff- und Heizkosten.

Und an anderer Stelle:

Der ETS II mit seiner festen CO2-Obergrenze könnte eine starke Klimaschutzwirkung haben. Doch je weniger die Emissionen bis Anfang 2027 sinken, desto höher werden die Preise im ETS II ausfallen. Ohne weitere Klimaschutzmaßnahmen könnten diese auf über 200 Euro/t CO2 springen – ein Anstieg von 38 ct/l für Benzin und rund 3 ct/kWh für Erdgas.

Und aus dem ausführlichen Bericht:

Ohne zusätzliche effektive Minderungsmaßnahmen gehen einzelne Studien von europaweiten CO2-Preisen von mehr als 200 Euro/t CO2 im Jahr 2030 aus. Im Verkehrssektor würde dies gegenüber den für 2026 auf nationaler Ebene geplanten CO2-Preisen zu einer Erhöhung des Benzinpreises um 38 Cent und einer Erhöhung des Dieselpreises um 43 Cent pro Liter führen. Im Gebäudebereich würde der Preis für Heizöl um 43 Cent pro Liter steigen, der Preis für Erdgas um 3 Cent pro Kilowattstunde. Zwar gehen andere Studien von teils deutlich niedrigeren Preisen aus (siehe Infobox auf S. 18), dennoch sollte ein sorgsam gestalteter Übergang auch auf unerwartet hohe Preise vorbereitet werden.

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Ich wollte nicht unterstellen, dass sich die beiden das aus den Fingern gesaugt haben :wink: man hätte ja nur kurz auf diesen preisdämpfenden Mechanismus eingehen können. Auch in der Agora-Studie wird dieser erwähnt, jedoch gibt es eine Unsicherheit darüber, wie stark er die Preise dadurch senken kann.

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Ja, man muss aber bedenken, dass es einige Länder ohne nationalen CO2 handelt in den Bereichen gibt, die sollen sicher nicht geschickt werden. „Nach einer Schätzung der EU-Kommission wird sich bei der vorgeschlagenen
Mengenregulierung im Jahre 2030 voraussichtlich ein Preisniveauzwischen 48€/tCO2und
80€/t CO2 ergeben. Das Preisniveau istinsbesondere davon abhängig, wie sich die weiteren
Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen des Fit-For-55 Pakets im Gebäude- und Verkehrsbereich
auswirken werden.Grundsätzlich gilt, je wirkungsvoller weitere Maßnahmenausgestaltet sind,
desto niedriger der Preis“

([quote=„Tim911, post:29, topic:24493, full:true“]
Zudem braucht es auch einen verlässlichen und gut kommunizierten Plan, wie die erlaubten Gesamtemmissionen pro Jahr zurückgehen/ sich die entsprechenden Endverbraucherpreise ungefähr entwickeln werden.
[/quote]
Die Menge der Zertifikate ist (Stabilisierungsmechanismus ausgenommen) vorgeben. Siehe Bild. Deine Förderung würde aber einem Marktmechanismus widersprechen. Entweder wie beim nationalen Emissionshandel du legst einen Preis fest, dann ist aber die Menge der gehandelten Zertifikate frei, sprich du kannst nicht sagen, ob du mit dem festgelegten Preis das Ziel 0 Emissionen erreichen wirst.
Oder du legst die Menge der Zertifikate fest (wie bei der EU), so dass du sicher sagen kannst im Jahr x gibt es keine Emission mehr. Dann ergibt sich aber der Preis über die Nachfrage. Hier ist das Problem der Prognose des Preises. Das ist ja abhängig davon, wie viele Emissionen noch gebraucht werden. Man müsste ja Vorhersagen geben, wie viel die Länder einsparen, welche Maßnahmen wie wirken etc. Da ist viel Unsicherheit drin. Deshalb kann man keinen Preis vorhersagen.

Zum sozialen Ausgleich muss man fairnesshalber sagen, dass die Einnahmen zu 25% in einen EU Sozialfond fließen sollen und der Rest auf die Länder aufgeteilt wird, die das Geld dann neu zu 100% für Klimaschutz und Ausgleich einsetzten müssen, statt bisher 50%

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Die konservative Strategie zu den Zertifikaten erinnert mich sehr an die der Republikaner in den USA:
„Der Staat funktioniert nicht! Wählt mich und ich beweise es euch!“
Da werden Bereiche kaputtgespart um sie dann später mit Verweis auf die Schlechtleistung privatisieren zu können.

Ich befürchte ein Hinhalten der nötigen Maßnahmen um dann, wenn in 2040 tatsächlich Menschen kein Heizgas mehr kaufen können, mit „Ja DAS geht ja nicht! Also können wir leider das Verbot fossiler Brennstoffe nicht durchsetzen.“ zu kommen.

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Vielleicht einmal aus Sicht der Chemie-Industrie, wo der Handel schon eingesetzt hat.
Hier wird mit Preisen von 90-95€/to ab 2026 gerechnet und zwar bis 2030.
Danach ist ein riesiger Spread in den Prognosen 75€/to - 380€/to.

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ETS1 (Industrie, Flug, Seeverehr) und ETS2 (Gebäude und Verkehr) sehen eine lineare Abnahme der Zertifikatemenge vor.

ETS1 Zielwert 2030 eine Minderung um 62% und dann eine lineare Abnahme der Zertifikatemenge um 4.4%/Jahr dann landet man im Jahr 2038/39 für 0.

ETS2 Zielwerte 2030 eine Minderung um 43% und dann jährlich 5.15% weniger, landest du bei 0% im Jahr 2043.

4 oder 5% Minderung pro Jahr ist schon heftig, wenn man bedenkt, dass die Low hanging fruits am Anfang abgeräumt werden und nach hinten raus es deutlich aufwendiger wird noch einzusparen. Zeigt nur, es braucht deutlich mehr Anstrengung, um diese Pfade einzuhalten. Keine Verzögerungs, Vor- und zurück Politik und klares auf Kurs bleiben damit Unternehmen damit planen können

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Hier ist für mich vor allem immer der Irrglaube dabei, dass sich öffentliche Daseinsvorsorge „rechnen“ muss. Wieso muss sich das Schienennetz, die Autobahn, Kitas Schulen, Krankenhäuser rechnen? Das fragen wie bei der Feuerwehr doch auch nicht. Sowas gehört in die Hand des Staates

Genau das ist ja die Strategie. Genauso mit dem Wasserstoffbedarf der auch in Verkehr und Hausheizung geschaffen wird, den dann keiner mit grünem H2 bedienen kann. Grauen Wasserstoff der fossilen Gasförderer wird’s sicher geben. Wem hat die Verzögerungs- und Abhängigkeitstaktik dann wohl geholfen.

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