EU füllt Putins Kriegskassen?

Heute in der Süddeutschen Zeitung:

Quelle: Die feige Strategie der EU bei den Sanktionen gegen Russland - Meinung - SZ.de

Darüber spricht mal wieder keiner …

Ein Thema für die Lage?

Leute wie Wagenknecht schlachten das seit Monaten genüsslich aus und haben damit natürlich einen Punkt. Beim Öl läuft’s noch etwas komplizierter, das wird erst mal aus Russland nach Indien vertickt und dann diverse Male umgeladen und umetikettiert - auch mithilfe von Reedereien aus EU-Staaten und dann hier vermarktet.

Ich finde es einigermaßen ironisch, einen ausführlichen Bericht in einer der größten überregionalen Tageszeitungen mit „darüber spricht mal wieder keiner“ zu bewerten :wink: . Aber auf jeden Fall ein Thema, das mehr Beachtung verdient.

Das lässt sich allerdings nur schwer verhindern (wenn man sich nicht mit Sekundärsanktionen auch Indien zum Feind machen will) und führt trotzdem zu einem Teilerfolg, denn natürlich sind alle Maßnahmen, um Sanktionen zu umgehen mit Kosten verbunden: Indien zahlt Russland einen Bruchteil des Geldes, den die Russen im Verkauf an EU-Staaten erzielen konnten und die zusätzlichen Kosten schmälern den Gewinn bei diesen Geschäften ebenso, wie die Menge, weil für so ein Geschäft weniger Kapazität bereit steht, als für eine Pipeline oder ähnliches.

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Nun, das Problem scheint schon lange bekannt. Ich. habe heute zum ersten Mal und nur von der SZ darüber gelesen.

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Das taucht in den Medien immer wieder auf: Putins Gasgeschäfte mit Europa | tagesschau.de. Es ist halt nicht im Fokus der Aufmerksamkeit und damit ein Dauerthema über alle großen Medien hinweg. Vielmehr kommt mal hier ein Bericht und mal da.

Laut ZDF frontal machen die das mit wenig Aufwand und laden es vor der griechischen Küste auf griechische Tanker um.
Griechenland hatte von Anfang an sich gegen die Sanktion gewehrt, da ihre Reedereien viel Geld mit Öltransporten verdienen.
Österreich bezieht weiterhin russisches Erdgas. Sie hätten zu wenig Alternativrouten, weswegen sie weiter darauf angewiesen wären.

Wer weiß wie das in Deutschland weiter gelaufen wäre, wenn nicht jemand bei der Pipeline „nachgeholfen“ hätte.

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Die Amerikaner sollen angeblich den Ukrainern den sehr nachdrücklichen Hinweis gegeben haben, nicht so sehr auf russische Raffinerien zu schiessen, da sonst der Ölpreis zu sehr steigen könnte, was in Zeiten des Wahlkampfes schlecht für die amerikanische Wirtschaft und somit für Biden wäre.

Krieg ist komplex geworden. Nur aufeinander schiessen ist nur dreckige Teil. Der schmutzige Teil bleibt Politik

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Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Amerikaner es in Ordnung fänden, wenn die Ukraine russisches Gebiet beschießen. Insofern kann ich das nicht so richtig glauben.

Die Ukraine schiesst ja mit Drohnen auf russisches Gebiet, schon länger. Belgogrod ist ja quasi dauernd unter Beschuss, aber in der Vergangenheit auch russische Ziele bis 1000km im russischen Gebiet.
Das ist also ja nicht neu

Nicht nur angeblich:
https://www.washingtonpost.com/national-security/2024/04/15/ukraine-russia-oil-refinery-attacks/

Warum sollen sie das auch nicht in Ordnung finden? Die Argumentation war ja immer nur, dass die Ukraine das nicht mit Waffen machen soll, die aus dem Westen geliefert wurden.

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Aber danke für eure Klarstellungen.

Geht. Man könnte Indien z.B. klar sagen:
So lange Indien Öl aus Russland importiert, werden Öl-Exporte Indiens sanktioniert.

Die Logik ist doch simpel: Entweder Indien ist Öl-Importeur (weil der eigene Bedarf höher ist als die eigene Förderung), dann braucht es kein Öl exportieren und darf natürlich russisches Öl einkaufen, um den eigenen Bedarf zu decken. Oder Indien ist Öl-Exporteur (weil der eigene Bedarf niedriger ist als die eigene Förderung), dann darf Indien natürlich sein Öl überall hin verkaufen, hat aber keinen Grund, Öl aus Russland zu kaufen.

Wenn Indien gleichzeitig Importeur und Exporteur sein will, muss darin eine Umgehung von Sanktionen gesehen werden, was selbst wieder sanktionsfähig ist.

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Der Leumund des Westens in der Welt wird durch verstärkte Sanktionitis nicht besser. Diese Form der Politik braucht langsam ein update. Im übrigen dürfte die Abkopplung von russischen Ressourcen ein Lippenbekenntnis sein, weil das Argument, das den Bürgern der EU weitere Preissteigerungen als unumgänglich verkauft, erst noch erfunden werden muss

Und so einen Handelskrieg starten, den der gerade sehr nationalistisch gestimmte und aggressiv Wahlkampf führende Premierminister Modi sicher mit Kusshand aufnehmen würde. Er könnte z.B. die gerade erst wieder mühselig in Gang gebrachten Freihandelsabkommenverhandlungen auszusetzen. Oder selbst ein paar Produkte identifizieren, die er lieber von woanders importiert, so lange die EU kein indisches Öl abnimmt. Indiens Handelsvolumen mit der EU beträgt 120Mrd Euro - pro Richtung.

Das ist eine valide Argumentation - Sanktionen haben immer einen Preis.

Letztlich läuft die Argumentation aber wieder darauf hinaus, dass uns die Unterstützung der Ukraine den möglichen wirtschaftlichen Schaden nicht wert ist. Es ist wieder die Frage der Gewichtung von Geld vs. Moral…

… worauf auch dieses Beispiel hinaus läuft.

Ich sage nicht, dass die Durchsetzung von Sanktionen gegen Russland einfach ist oder uns keine Nachteile beschert. Ich sage nur: Wenn wir es wirklich wollten, könnten wir es tun. Aber wie du richtig sagst wollen wir das scheinbar nicht wirklich, unsere Prioritäten sind da immer noch sehr problematisch - und das zieht sich wie ein roter Faden durch alle handelspolitischen Problemfälle.

Früher haben wir den Ausbau des Handels mit Russland und China als „Wandel durch Handel“ gerechtfertigt - das war ein praktisches Narrativ. Wir handeln mit den bösen Diktaturen und demokratisieren diese damit - yay, was für ein Win-Win. Hat leider jedoch den Reality-Check nicht bestanden.

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Damit meine ich aber nicht nur die Preise in Supermarkt und Tankstelle, sondern das politische Ansehen der EU in der Welt. Meiner Auffassung nach wird es international nicht wohlwollend aufgefasst, Sanktionen als Instrument der Politik zu benutzen. Das betrifft viele Länder, auf deren Wohlwollen und Ressourcen wir bald nicht verzichten wollen.

Wandel durch Handel hat wesentlich zum Zusammenbruch des Ostblocks vor 35 Jahren beigetragen - 7 auf einen Streich. Wie viele Regime wurden durch Sanktionen gestürzt? Iran, Kuba und Nordkorea werden seit mindestens 50 Jahren sanktioniert, ohne den geringsten Erfolg.

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War das nicht eher ein wirtschaftliches Tot-Rüsten des Ostblocks?

Und Wandel durch Handel hat jetzt bei Russland nicht wirklich funktioniert , oder?

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