Erbschaftsteuer-Reform: Seeheimer Kreis und Jusos machen Druck

DPA Meldung aus der Süddeutschen:

„Berlin

Mehrere mächtige Gruppierungen der SPD drängen flügelübergreifend auf eine Reform der Erbschaftsteuer. Sowohl der realpolitisch orientierte Seeheimer Kreis als auch die traditionell eher links orientierten Jusos haben Papiere dazu verfasst.

„Reiche und besonders Überreiche müssen endlich ihren fairen Anteil leisten. Die Wiedereinführung einer Vermögensteuer und eine Reform der Erbschaftssteuer sind dafür unverzichtbar“, heißt es im Leitantrag der Jusos für den anstehenden Bundeskongress. Die Seeheimer betonen, die aktuelle Erbschaft- und Schenkungssteuer verstärke Ungleichheit: Es gebe gezielte Privilegien für Erben großer Vermögen, durch die diese eine nahezu vollständige Steuerbefreiung bekommen könnten. „So entsteht ein System, in dem nicht nur Vermögen vererbt und verschenkt wird – sondern auch Chancenungleichheit, soziale Spaltung und wachsender Unmut“, schreiben die Seeheimer. Das sei besonders gravierend, da mittlerweile mehr als die Hälfte des Privatvermögens nicht mehr aus eigener Leistung, sondern aus geerbtem oder übertragenem Vermögen stamme.

Der Seeheimer Kreis fordern die Abschaffung oder deutliche Einschränkung von Privilegien für große Unternehmensvermögen – bei gleichzeitigem Schutz von Arbeitsplätzen etwa durch Steuerstundungen. So soll sichergestellt werden, dass niemand seine geerbte Firma verkaufen muss, nur um die Steuern zu zahlen.

Die Seeheimer wollen außerdem über einen einmaligen Lebensfreibetrag nachdenken statt der bisherigen Freibeträge pro Erbschaft. Im Endeffekt müsse die Erbschaftsteuer progressiv sein, höhere Erbschaften müssten also stärker besteuert werden als geringe. Beide Vorstöße sind zunächst als Debattenpapiere auch für die Diskussion innerhalb der schwarz-roten Koalition zu werten.

DPA“

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Beim Sozialbetrug beim Bürgergeld von wenigen hundert Menschen und einigen Dutzend Millionen € wird direkt mit pauschaler Sanktionierung ALLER gehandelt anstatt die Strafverfolgung zu stärken.

Auf der anderen Seite hat man legale Wege zur Umschiffung von Beiträgen für Superreiche geschaffen und bei der Verfolgung von Sozialbetrug bei den Superreichen (Steuerbetrug, Cum Ex, Cum cum usw.) gibts keinen vergleichbaren Aktionismus.

Spaltmaterial für die Gesellschaft. Glaube dennoch nicht, dass die Koalition dort etwas bewegt.

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Aus meiner Sicht könnten die Jusos doch von einer deutlichen Steuersenkung im Bereich von Erbschaften sprechen.

Deutliche Erhöhung der Freibeträge mit automatischer Anpassung entlang der Inflation.

Deutliche Absenkung der nominalen Sätze für Unternehmen und Modelle zur Bezahlung

Reduzierung der Ausnahmen hin zu einem gerechtem System.

Am Ende werden es mehr Einnahmen sein bei einem besseren Gefühl.

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Fänd ich beides sinnvoll, halte aber die Einführung nicht für realistisch, da der Verweis auf Omas Häuschen leider ausreicht, um jede Debatte zu beenden.

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Müsste doch bald mal jeder mitbekommen haben, dass das nicht betroffen wäre.

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Nein, denn die Befürworter sind offensichtlich zu schlecht in der Kommunikation und Erklärung. Heute weiß doch schon kaum jemand, dass bei Eigennutzung einer geerbten Immobilie praktisch immer Steuerfreiheit herrscht.

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Also lasst es uns verbreiten. :wink:

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Dazu kommt, dass die politischen Akteure, die gegen eine Erbschaftssteuer sind, sich dieses Unwissen immer wieder zunutze machen und diese Ängste mit Un- oder Halbwahrheiten schüren.

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Damit hatte ich zuletzt tatsächlich Erfolge. Ein Teil meines sozialen Umfeldes ist eher konservativ. Ich sehe diese Gruppe nur ein paar mal im Jahr, über die letzten Jahre habe ich immer mal wieder über Steuergerechtigkeit gesprochen und immer die gleichen konservativen Narrative als Gegenargumente bekommen (Omas Haus, die kleinen Betriebe, dann wandern die halt aus da haben wir dann auch nichts von). Aber dieses Jahr war Einsicht zu erkennen.

Ich glaube der Appell an die Gerechtigkeit zieht am Ende in solchen Gruppen. Zum Beispiel, dass über 50% des Vermögens in Deutschland durch erben zustande gekommen ist und kaum versteuert wurde, während die hart arbeitenden Masse mit ihren Steuern die Volkswirtschaft trägt und es kaum schafft Vermögen anzuschaffen. Oder, dass man keine Erbschaftsteuer zahlen muss wenn man diese vor dem Vererben nicht flüssig hat. Da kam jetzt endlich mal die Nachfrage wieso die Steuern nicht aus der Erbmasse gezahlt werden :sweat_smile:. Meine Antwort: „ja aber was wenn die Erbmasse eine Firma ist“, dennoch war auf der anderen Seite die Erkenntnis schnell da, dass diese Erben aber dennoch sehr reich sind und nichts gezahlt haben.

Alles in allem, kann ich anekdotisch Berichten dass es was bringt dieses Thema immer wieder zu benennen, nicht alle verstehen es so schnell wie wir.

Edit:

Was auch hilft ist vorzurechnen, was heute schon steuerfrei vererbt werden kann. Ehepaar mit drei Kindern könnte 2.400.000€ hinterlassen ohne dass eines der Kinder steuern dafür zahlen müsste. Eine Reform würde diese Freibeträge noch erhöhen.

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Den Vorschlag der Seeheimer find ich auch gut. Vielleicht wäre es eine interessante Aufgabe für die Schwarmintelligenz hier, eine 30 Sekundenerzählung zu finden. Eine, die so verfängt wie Omas Haus.

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Tatsächlich nehmen sich auch die Medien jetzt dem Thema an. Grund sind mehrere bevorstehende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.

Droht der Erbschaftsteuer ein drittes Aus? | private-banking-Magazin
Erbschaftsteuer: Drei Wohnungen = Erbschaftssteuer. 300 Wohnungen = steuerfrei. Hä? | DIE ZEIT
Erbschaftsteuer: Was eine Steuer braucht, damit wir sie gerne zahlen | DIE ZEIT

Interessant dazu eine Studie aus der Schweiz, die auch gerade über ihre Erbschaftsteuer diskutieren

Schweizer Studie: Wer erbt, arbeitet weniger - Wirtschaft - SZ.de

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„Wer arbeitet zahlt Steuern hat aber kein Vermögen. Wer für sein Vermögen nicht gearbeitet hat zahlt keine Steuern.“

Wäre in 10 Sekunden erzählt.

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Sie könnten sogar alle zehn Jahre diesen Betrag verschenken. In Summe lässt sich ohne irgendeinen Steuertrick allein über langfristiges Vorgehen (70-80 Jahre) ein riesiges Vermögen steuerfrei übertragen.

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Gelesen geht es, aber als Tagesschau O-Ton find ich es zu komplex. Dagegen gewinnt „Sie wollen Omas Haus wegnehmen“.

Hi,

ich habe mein ganzes Leben hart gearbeitet und habe auch aus meiner Sicht gut verdient. Meine Eltern waren nicht sonderlich wohlhabend, konnten mir aber ein wenig Startkapital vererben. Ich habe es auf dieser Basis und ein wenig finanzieller Bildung zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Dabei habe ich insbesondere auf übertriebenen Konsum (wie teure Reisen, schnelle überteuerte Autos, usw.) verzichtet. In meinem Umfeld gibt einige Leute, die ihren ganzen Verdient sofort immer konsumiert haben. Ich finde, dass jeder das Recht hat für sich selbst zu entscheiden, was er mit seinem Einkommen anfängt. Die einen konsumieren, die anderen sparen. Alles gut! Aber ich finde es sehr ungerecht, Lebensentwürfe unterschiedlich zu besteuern. Ich möchte einfach meinen Kindern, ein Startkapital für ihr Leben vererben oder schenken, und da möchte ich keinen übergriffigen Staat, der mir einen Teil meiner Lebensleistung wegnimmt.

Zum anderen sollte man sich mal klarmachen, dass in Deutschland gerade die privaten Investitionen deutlich zurückgehen. Auf der anderen Seite steigen aber die Staatsausgaben. Es ist hoffentlich allen klar, dass der Staat kein guter Unternehmer ist und dass viele wirtschaftsfremde Interessen Investitonsentscheidungen des Staates beeinflussen. Wenn man nun Vermögen, dass privatwirtschaftlich investiert ist, teilweise besteuert und dann der Staat dieses Vermögen investiert, kann man sich denken, wo das hinführt. Unsere Staatsquote ist einfach schon zu hoch, um noch weitere Steuern zu erheben, die wirtschaftsschädlich sind.

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Die Freibeträge sind bereits jetzt so hoch, dass das überhaupt kein Problem darstellen dürfte.

Und alle, die für eine höhere Erbschaftssteuer plädieren und für die Aufhebung der Verschonungsbedarfsprüfung, gehen im Zweifel von noch höheren Freibeträgen aus.

Du hast einfach mal kein Problem und bekommst auch keins, wenn du nicht Multimillionär bist.

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Jede Steuer und auch die Entscheidung, etwas nicht zu besteuern, bevorzugt eine bestimmten Lebensstil gegenüber einem anderen. “Steuern” sind ein Lenkungsinstrument des Staates, mit dem Bürger zu bestimmten Entscheidungen angeregt werden sollen.

Aktuell wird auf Einkünfte aus Kapital zum Beispiel weniger Steuern und Abgaben erhoben, als auf Einkünfte aus Arbeit (was Sie als fleissigen Sparer übrigens bevorteilt). Ist das “gerecht”? Nein, sicher nicht, aber es spiegelt eine politische Entscheidung wieder.

Das ist mit Verlaub gesagt ein Strohmann. Kein aktuelles politisches Konzept einer relevanten deutschen Partei würde die effektive Erbschaftssteuer für “Normal” reiche Menschen erhöhen. Es geht immer nur um hohe Millionen/Milliardenvermögen, die leicht zusätzlich besteuert werden sollen.

Wenn also das von Ihnen angestrebte “Startkapital” für Ihre Kinder bei unter 1 Mio Euro pro Nase liegt, würde ich mir keine Sorgen machen, selbst die LINKE könnten Sie weiter guten Gewissens wählen. Und wenn es mehr als 1 Mio ist, dann sind ein paar Prozent Steuern sicher keine spürbare Einschränkung (auch wenn man natürlich politisch dagegen sein kann).

Könnte es vielleicht teilweise daran liegen, dass immer weniger Menschen Geld zum investieren haben? Und dass die Menschen, die das ganze Geld sammeln, zunehmend so viel davon haben, dass sie es nicht in produktive Dinge investieren, sondern in idiotische Finanzspekulation?

Citation needed und vor allem: im Vergleich zu wem? Weniger als jedes zweite neu gegründete Unternehmen überlebt die ersten 5 Jahre. Entsprechend könnte man auch sagen: Private Unternehmer sind keine guten Unternehmer. Viele kommunale Unternehmen bestehen dagegen über Jahrzehnte und sind dabei wirtschaftlich leistungsfähig. Viele essentielle Dienstleistungen lassen sich sogar nur effizient und effektiv vom Staat durchführen (Verwaltung natürlicher Monopole, Gesundheitssystem, etc.).

Ja hoffentlich! Für die wirtschaftsnahen Interessen ist ja die Wirtschaft verantwortlich.

Aber mal ernsthaft: Ein kommunales Straßennetz oder ein öffentliches Bildungssystem zu errichten und zu unterhalten ist nicht “wirtschaftlich” im engeren Sinne. Kein Unternehmen wäre so dämlich, sich diese Aufgabe anzulachen. Aber wir brauchen gleichzeitig beides, damit wir irgendeine Wirtschaftsaktivität oberhalb der Subsistenzlandwirtschaft im Land haben können.

Ja, ich kann mir einiges ausdenken: Ein Internet-Glasfasernetz, dass jeden Haushalt (und jedes Unternehmen) in Deutschland erreicht. Oder ein Bildungssystem, dass nicht jedes Jahr schlechtere Ergebnisse produziert. Vielleicht auch ein Energiesystem, dass vom Gas und Öl ausländischer Autokraten unabhängig ist. Toll wäre auch ein öffentlicher Wohnungsbau, der das Leben in großen Städten für die Mehrheit der Bürger wieder erschwinglich macht. Oder auch Investitionen in Grundlagenforschung, die private Innovation erst möglich macht.

Vorsicht! Die “Staatsquote” umfasst auch alle Ausgaben der Gesetzlichen Sozialversicherung, also Rente, Gesundheit, etc. Wer eine “niedrigere Staatsquote” fordert, der schuldet meiner Ansicht nach immer eine Aussage wo er denn gerne sparen würde. Einfach nur nebulös Einsparungen zu fordern ohne sich ehrlich zu machen, wer dann am Ende draufzahlt (oder früher stirbt) ist unseriös.

Warum sind Erbschaftssteuern denn wirtschaftsschädlich? Das Gegenteil ist der Fall. Vererbte Millionen/Milliardenvermögen sind in aller Regel wirtschaftlich sehr inaktiv. Sie liegen in irgendwelchen Investmentfonds oder in Unternehmen, die ihre marktbeherrschende Stellung ausnützen und kaum noch innovativ unterwegs sind.

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[quote=„ped, post:18, topic:30278, full:true“]

Jede Steuer und auch die Entscheidung, etwas nicht zu besteuern, bevorzugt eine bestimmten Lebensstil gegenüber einem anderen. “Steuern” sind ein Lenkungsinstrument des Staates, mit dem Bürger zu bestimmten Entscheidungen angeregt werden sollen.

Unser Staat benachteiligt also Menschen, die vernünftig leben und für die Nachkommen vorsorgen. Oder anders gesagt, er benachteiligt also „nachhaltigen“ Lebensstil und bevorzugt Verschwendung.

Aktuell wird auf Einkünfte aus Kapital zum Beispiel weniger Steuern und Abgaben erhoben, als auf Einkünfte aus Arbeit (was Sie als fleissigen Sparer übrigens bevorteilt). Ist das “gerecht”? Nein, sicher nicht, aber es spiegelt eine politische Entscheidung wieder.

Das stimmt beispielsweise nicht für Kapitalerträge aus Unternehmensgewinnen, da diese schon mit Körperschaftssteuer belastet sind.

Das ist mit Verlaub gesagt ein Strohmann. Kein aktuelles politisches Konzept einer relevanten deutschen Partei würde die effektive Erbschaftssteuer für “Normal” reiche Menschen erhöhen. Es geht immer nur um hohe Millionen/Milliardenvermögen, die leicht zusätzlich besteuert werden sollen.

Ich bin nicht so optimistisch. Die aktuellen Freibeträge der Erbschaftssteuer gelten seit 2009. Die Inflation seit 2009 ist ca. 40 %. Der Staat versucht immer, möglichst viel zu nehmen. Und viel kommt erst zusammen, wenn man auch die Masse besteuert.

Wenn also das von Ihnen angestrebte “Startkapital” für Ihre Kinder bei unter 1 Mio Euro pro Nase liegt, würde ich mir keine Sorgen machen, selbst die LINKE könnten Sie weiter guten Gewissens wählen. Und wenn es mehr als 1 Mio ist, dann sind ein paar Prozent Steuern sicher keine spürbare Einschränkung (auch wenn man natürlich politisch dagegen sein kann).

Könnte es vielleicht teilweise daran liegen, dass immer weniger Menschen Geld zum investieren haben? Und dass die Menschen, die das ganze Geld sammeln, zunehmend so viel davon haben, dass sie es nicht in produktive Dinge investieren, sondern in idiotische Finanzspekulation?

An dieser Stelle wird es jetzt aber populistisch. Natürlich ist die privatwirtschaftliche Investition im Durchschnitt viel effizienter als die staatliche. Sobald Menschen das Geld anderer Menschen ausgeben dürfen, wird es „ineffizient“. Natürlich gibt es auch in der Privatwirtschaft Auswüchse, aber da ist dann das Geld der Privatinvestoren weg und nicht das der Steuerzahler. Beispiele gibt es genug, und die Lebenserfahrung bestätigt es auch.

[quote=„Smudo64, post:15, topic:30278“]

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Wenn keiner konsumiert, gibt es auch nur noch rudimentär Arbeitsplätze. Es gibt also, solange unser System ist, wie es ist, gute Gründe Konsum zu fördern.

Du du bezahlst?
Ansonsten möchte ich darauf hinweisen, dass auf

nicht nur Umsatzsteuer, sondern auf das dafür erwirtschaftete Geld Einkommensteuer und auf den Konsum dann auch Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer anfällt.

Freibeträge sind seit 2009 nicht erhöht worden. Das ist sowieso schon eine versteckte und undemokratische ( weil das Parlament übergangen wurde) Steuererhöhung. Wenn der Staat so handelt, wird er unglaubwürdig und beschädigt die Demokratie.