Energiewende: CO2 Einsparung im Wohnungsbau

Beim Hören von LdN275 Ende der KfW Förderung war ich doch sehr überrascht wie sehr Eure Einschätzung zum KfW55 Standard von meiner Lebensrealität abweicht.
2019 sind wir dann in einen Neubau gezogen, der zum Glück „nur“ den KfW70 Standard erfüllt. Es ist also scheinbar zumindest in Baden-Württemberg nicht so, dass man KfW55 bauen müsste. Zum Glück, denn das treibt auch nur die Kosten in die Höhe.

Meine Erfahrung zeigt auch, dass hier extrem was im Argen liegt. Denn obwohl die Häuser so extrem gedämmt sind verbrauchen sie dennoch so viel Energie wie ältere bauten. Vielleicht weil die neuen Häuser mit permanent laufenden Lüftungsanlagen versehen sind?

Ich merke es entsprechend an unseren Heizkosten. Ich habe schon in Altbauten, 70er Jahre Bauten und KfW55 sowie 70 gewohnt. Vom Wohnklimer her muss ich sagen war der Altbau der beste und KfW55 ist schon sehr unangenehm. Vor allem im Sommer. Kurioserweise waren die Heizkosten pro Quadratmeter gerechnet in allen Wohnungen etwa gleich.

Im Bausektor gibt es Klimatechnisch noch viel zu tun. Meiner Erfahrung nach ist Wäremeisolation+Lüftung nicht der Königsweg, aber etwas besseres ist den Bauingenieuren scheinbar noch nicht eingefallen.

Wie sehen es die Hörer der Lage? Teilt Ihr auch die Erfahrung, dass die stark gedämmten Häuser trotzdem nicht weniger Energie verbrauchen?

Heizkosten sind das eine. Aber wie schaut es denn mit dem Energieverbrauch aus?

Das ist doch trivial. Wärme verlässt ein Gebäude durch die Hülle oder über Luftaustausch. Soll der Wärmeverlust minimiert werden, gibt es genau diese zwei Ansatzpunkte.

Keine Ahnung, ich habe nicht von allen Wohnung die entsprechenden Abrechnungen. Einer meiner Vermieter hat sich geweigert diese zu teilen.

Wäre sowieso nicht zielführend, da ich nur eine Stichprobe mit Bauchgefühl bin. Vielmehr müssten schlaue Leute auswerten, ob der Energieverbrauch in Deutschland im Bau- und Wohnsektor in den letzten Jahren gesunken ist. Wenn nicht, dann bestätigt es mein Bauchgefühl.

Aber vielleicht ist das Minimieren des Wärmeverlustes nicht sinnvoll, wenn man danach mithilfe einer Zwangsbelüftung die Wärme ausbläst?

Vielleicht wäre es dann stattdessen besser, neue Häuser ressourcenschonend mit dem 70er Jahre Standard zu bauen und anschließend mit Strom aus regenerativen Energien zu beheizen?

KfW 70 ist halt einfach nicht so wahnsinnig effizient, wurde in der Lage ja schön erläutert.

Meine Erfahrung ist übrigens genau gegensätzlich, um das mal als Gegenmeinung da zu lassen: Habe in Altbauten Bj. 1895/1910 mit verschieden neuen Fenstern, Haus Bj. 60er saniert 1994 und jetzt gerade Bj. 2006 gewohnt und meine Schwiegereltern wohnen Bj. 2010 mit Lüftung. Je neuer, desto besseres Wohnklima, und das mit Lüftung ist ganzjährig am angenehmsten.

Gegen das „Bauchgefühl“:

und

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Also ehrlich, das ist einfachste Physik, dass durch gedämmte Wände weniger Wärme flöten geht. Tatsächlich sinkt der Verbrauch quasi nicht in den letzten Jahren, das liegt aber daran, dass zu wenig saniert wird, während Wohnfläche insgesamt und Innentemperaturen steigen. An einzelnen Häusern kann man sehr gut tausendfach das bestätigt sehen, was man mit Physik und Thermodynamik auch ausrechen kann.

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Lüftungsanlagen im Wohnungsbau haben in der Regel Wärmerückgewinnung. Die Energie ist also nicht gänzlich verloren, sondern wird teilweise auf die einströmende Luft übertragen.

Und Lüften muss man so oder so. In Altbauten geschieht das halt oft „versteckt“ dadurch, dass Fenster und Türen nicht dicht sind. Und in Gebäuden mit neuen Fenstern, aber ohne Lüftungsanlage, sind in der Regel ein paar Fenster dauerhaft gekippt, damit die Bewohner nicht einen Koller kriegen.

Wir werden dafür nicht genug Strom bereitstellen können. Das ist ja die Crux an der Energiewende - neben der Speicherproblematik. Allein die Wohngebäude verbrauchen aktuell für Raumwärme und Warmwasser ungefähr soviel Energie wie die gesamte deutsche Stromproduktion bereitstellt.

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Ich finde diese Absolutheit in der Diskussion schwierig. Für ganz ganz viele Wohnbauten ist es ein Klacks die Strommenge bilanziell dort zu erzeugen die benötigt wird. Das gilt sowieso für jedes EFH und es gibt auch genügend Wohnanlagen bei denen man das schon gemacht hat. Dabei wird praktisch nur ein winziger Bruchteil der Potenziale benötigt. Eine verschwindende Menge an Dächern ist mit PV ausgerüstet. Fassaden-PV gibt es praktisch nicht. Einfahrten, Rad- und Fusswege sind alle ohne PV. Nicht eine Autobahn ist überdacht.

Die Stromerzeugung durch PV und der Heizbedarf weisen aus naheliegenden Gründen eine negative Korrelation auf. So hat z. B. unsere 10 kWp Anlage im letzten Dezember ganze 100 kWh geerntet (gegenüber mehr als dem Zehnfachen im Juli). Dank Wärmepumpe, Dämmung auf Stand KfW40 sowie Lüftung mit Wärmerückgewinnung hätte das bei uns immerhin für eine Woche Heizung im Dezember gereicht. Wer in einem Altbau wohnt, der käme damit bei 18° Raumtemperatur vielleicht über zwei, drei Tage.

Für den Heizbedarf ist PV daher nahezu nutzlos. Da müsste man den Umweg über Speicherung in Form von Wasserstoff mit anschließender Verbrennung gehen. Aus den ~500 TWh Heizbedarf, die der Wohngebäudebestand aktuell hat, werden dann wenigstens 1000 TWh Strombedarf zur Erzeugung des Wasserstoffs. Das sind gigantische Energiemengen.

Bringt man die Gebäude stattdessen auf den heutigen Standard, dann liegen Heizbedarf und Warmwasserverbrauch ungefähr gleichauf (kann man als Daumenregel nutzen → wer für Warmwasser ungefähr soviel zahlt wie für die Heizung, der wohnt in einem Gebäude, das ganz OK ist). Die 500 TWh, die heute zum Heizen gebraucht werden, würden dann auf 100 TWh schrumpfen. Das wiederum ist eine Energiemenge, die schon eher handhabbar ist.

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Das ist genau was ich meine. Wir brauchen ein paar Dämm- Platten Und ein bisschen Steuerungstechnik. Die Herausforderung liegen also jedenfalls nicht in der Technik. Und das ist doch das eigentlich schön, wir müssen es nur wollen.
Und wenn ich dein Solarteur besser beraten hätte, dann würdest du mit einer doppelt so großen PV Anlage schon mal zwei Wochen schaffen.

Eine Anlage mit 20 kWp wird auf das typischen EFH nur schwer draufpassen. Und im Sommer produziert sie gewaltige Überschüsse, von denen unklar ist, wohin damit (zumindest falls bald jedes Haus so eine Anlage hat).

Alles wird aber einfacher, wenn man zunächst einmal dafür sorgt, dass der Energiebedarf möglichst klein ist.

Da müsste ein Dach schon sehr ungünstig zugeschnitten sein. Voll packen ist dein Beitrag zur Energiewende. Damit tust du was gegen die Dunkelflaute und speist im Sommer den Stromsee zu Erzeugung von Wasserstoff. Das wirtschaftliche Optimum liegt natürlich woanders.

Zum Thema lieber energieeffizient Sanieren, als neu bauen, scheint mir ein Punkt noch überhaupt nicht bedacht worden zu sein: die Heizungsanlagen.
Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt für eine Doppelhaushälfte?
Ich habe im letzten Jahr selbst einen Altbau (50er) energieeffizient saniert. Gerne hätte ich den Gaskessel gegen eine alternative Heizungsanlage ausgetauscht, es gibt aber nichts, was sinnig funktioniert. Die Leistung einer Wärmepumpe reicht nur im Rahmen eines passiv Hauses, einen sanierten Altbau bekommt die Anlage nicht warm. Aus einem Altbau ein passiv Haus zu machen, geht aber nicht.
Auch von der Pelletheizung wurde mir abgeraten. Mal davon abgesehen, dass ich bei den eng stehenden Häusern in unserer Siedlung Probleme mit einer Kaminzulassung bekommen hätte. Am Ende blieb mir nur eine Brennwerttherme. Ich hab also nach wie vor Gas. Auch wenn ich viel wenig heizen muss als vorher, müssten wir eigentlich von den fossilen Brennstoffen wegkommen. Aber wie? Das wird leider niergendwo thematisiert und sollte dringend mal aufgegriffen werden.

Wieviel Leistung darf’s denn sein? Begrenzt ist die ja an sich nur durch den Stromanschluss. Ich bezweifle aber, dass deine Doppelhaushälfte eine Heizlast von 20 kW oder mehr hat.

Wenn du nun eine moderne Heizung hast, kannst du dir ja mal da die Heizkurve anschauen. Und dann gleich mal schauen, dass du Niveau und vor allem Steigung soweit senkst, dass deine Vorlauftemperatur maximal bei um die 45 Grad liegt. Wenn deine Bude damit dann im Winter noch warm wird, wärst du auch mit einer Wärmepumpe ganz gut hingekommen.

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Teilweise wird es schon thematisiert :slight_smile:
Möglich wären u.a.: Fernwärme, Nahwärme mit dezentralen BHKWs*, Biogas (obwohl das im BHKW glaube ich effizienter genutzt werden kann, als in einzelnen Gasthermen), synthetisches Methan.

Hier hat ein kleines Dorf sich ein Nahwärmenetz geschaffen:
*Wann ist das Heizen mit Holz klima- und umweltfreundlich? | UNKRAUT | BR - YouTube

Naja, das PASSIV-Haus braucht per Definition gar keine wassergeführte Heizung. Grundsätzlich kann man den Heizbedarf bei der Sanierung (Dämmung) soweit senken, dass die Wärmepumpe sinnvoll ist. Passiv-Standard ist dafür aber nicht nötig.

Damit man sich nicht die Finger wund schreibt:

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LdN höre ich schon sehr lange. Im Forum bin ich aber neu. Ich grüße Euch.

Ich wollte darauf hinweisen, dass der Bereich KfW 40-Förderung ebenso eingestellt wurde, obwohl das gar nicht absehbar war. Die Einstellung des 55er Programms wurde lediglich 1 Woche früher umgesetzt als ohnehin bekannt war.
Jetzt kommt es darauf an, wie die Förderbedingungen im 40er Bereich neu aufgelegt werden. Das soll zumindest kurzfristig der Fall sein. Nun, was in der Politik kurzfristig ist, das kann man jetzt mal beobachten.

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Genau! Der Punkt kam in der Sendung etwas kurz. Uns trifft das so:
Unser kleines Dorf plant gerade einen Kindergarten. Die Planung sieht KfW 40 vor, der Bau soll in diesem Jahr fertig sein, der Antrag sollte in den nächsten Tagen gestellt werden. Wir können nicht warten, der Bedarf drängt uns schon den übernächsten Kindergarten zu bauen. Fällt die Förderung weg, kostet das 300.000 € mehr aus dem Gemeindehaushalt - Bürgermeister und Konservative haben schon erklärt: Dann sparen wir halt beim Klimaschutz. Die nächste Ratssitzung wird spannend.

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Förderungen gibt mE nicht rückwirkend. Es sorgte demnach noch kein Auftrag zum Bau erteilt sein.
Außerdem wird das KfW40 Programm ganz sicher neu ausgestaltet, so dass die Anforderungen neu betrachtet und eingepreist werden müssen.
Die 300 T€ werdet ihr ja nicht einsparen können.
Besser noch warten. Da wird schnell was kommen müssen.

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Das stimmt wirklich nicht. Ein Passivhaus braucht keine Wärmepumpe, wurde ja schon geschrieben. Und natürlich kann man Wärmepumpen in sanierte Altbauten einbauen! Das sieht man tausendfach auch an 50er-Jahre-Doppelhaushälften! Abgesehen davon, dass Wärmepumpen heutzutage auch „normale“ Heizungstemperaturen liefern können (was man aber nicht unbedingt will, weil teuer), muss man halt das Gebäude ordentlich dämmen, dann geht es auch mit niedrigen Temperaturen.

Auch das stimmt nicht. Ist zwar nicht immer einfach, aber das Passivhaus-Institut hat da im EnerPHit-Programm schon einige Beweise für geliefert.

Warum?
Also ganz im Ernst, ich befürchte, wer auch immer dich da beraten hat, hatte keine Ahnung oder Eigeninteressen im Gasheizungseinbau.