Einmarsch in die Ukraine - Gesicherte Erkenntnisse oder mediale Erzählung?

Eine Anmerkung noch zu den Zahlenangaben im Dezember und Januar, also 100000 Soldaten im Grenzgebiet. Mal ab davon, dass es zum Teil nur das Hinterland war. Es ist eher unwahrscheinlich, dass diese Angaben gestimmt haben.

Wenn man zum Beispiel nochmal auf das Satellitenbild von Jelnja schaut, eine der größeren Konzentrationen von Einheiten, waren dort Fahrzeuge geparkt und zwar über Monate. Hier ist zum Vergleich ein weiter Ausschnitt von Jelnja vom 1. November 2021, der schon damals große Teile des Fahrzeugsparks zeigt, (gleiche Quelle wie für das Bild im verlinkten Beitrag, das Unternehmen Maxar, aus diesem Artikel):

Die zugehörigen Besatzungen geschweige denn die gesamten unterstützenden Kräfte werden nicht ein bis zwei Monate in einem Zelt irgendwo auf dem Gelände Däumchen gedreht haben. Diese Soldaten wurden gezählt, weil man ihre Einheit dort verortet hat, und die zugehörige Personenstärke gezählt hat. Vor Ort war vermutlich nur ein Bruchteil davon, Wachsoldaten, vielleicht Wartungstechniker usw. Aber erst wenn die Fahrzeuge in Einsatz kommen, werden auch alle Soldaten tatsächlich verlegt.

Ich nehme an, wenn man in den Jahren zurück geht und ähnliche Quellen hätte, würde man ein ähnliches Bild finden. Erst wird Material in die Region verlegt. Dann reisen die Soldaten zu den Übungen an. Die Vorstellung, dass dort direkt an der Grenze russische Soldaten zwei, drei Monate in Lagern unter Spannung eines möglichen Einsatzes gehalten wurden, galt als deutliches Zeichen für einen Einmarsch, weil sich das nicht durchhalten lässt. Diese Vorstellung hat denke ich eher nicht gestimmt.

Klar, man kann entweder das offensichtliche annehmen (Russland marschiert Truppen auf um wie damals auf der Krim ukrainisches Territorium zu erobern oder zumindest eine Ausdehnung der mit seiner Hilfe errichteten „Volksrepubliken“ zu erreichen) oder man raunt von Dingen wie „militärisch-industrieller Komplex“, CIA, Wall Street und schlechten Umfragewerten für die Biden-Regierung als Grund für die aktuelle Krise. Jeder wie er mag…

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Das habe ich alles nicht als Gründe angegeben, aber wie Sie sagen, jeder wie er mag.

Ich würde sagen, dieses Thema hat einen ganz guten Fokus, man muss sich nicht überall in den gleichen allgemeinen Diskussionen ergehen.

Insofern eine einmalige Antwort:

Naja, vielleicht weil ich die Berufung auf Werte nicht für ein überzeugendes Argument halte. Denn wie gesagt, aus meiner Sicht ist die Zuordnung von Werten zu staatlichem Handeln eine Postrationalisierung. Und wenn in der Analyse die Motive und Handlungen westlicher Länder jenseits dieser Selbsterzählung betrachtet werden, kommen sie gefühlt offenbar nicht mehr so gut weg. Und aus einem binären Verständnis heraus kann wiederum das nur der Gegenseite zuarbeiten.

Aber ich muss doch darauf hinweisen, dass man mit diesem Fokus auf Werte und der starken Identifikation mit einer der drei Seiten in diesem Konflikt, dann auch dazu tendiert zu hören, was man hören will.

Ich sprach vom Militärisch-Industriellen Komplex in den USA und in Russland:

Angriffspunkt ist ein neutraler Begriff, genauso Investition. Dementsprechend muss man „in böser Absicht“ dazusetzen, obwohl ich an der Stelle keine Bewertung abgebe. Das ist rein beschreibend.

Folgendes nehme ich auch noch hinzu, ich denke ich bin gemeint, weil ich von Sanktionen als zweischneidig sprach:

Auch hier, gehört, was man hören wollte: Dass sich Sanktionen auf den Westen ebenfalls negativ auswirken können, ist zwar offensichtlich, aber habe ich nicht gesagt. Insofern kann man da dann auch keine Drohung hinein interpretieren. Stattdessen sprach ich von einem inhärenten Zielkonflikt in der Maßnahme selbst:

Das führt dann zur Zuschreibungen von Positionen, die nicht vertreten werden:

Oder zur Unfähigkeit aufgezeigte Perspektiven zu integrieren:

In diesem Fall:

Diesen Fokus auf den Wunsch der Ukraine beizutreten, würde ich wirklich als NATO talking point bezeichnen, weil man sich damit komplett aus der Veranwortung nimmt. Die Länder wollen aufgenommen werden, also bleibt der NATO nichts anderes übrig als sie aufzunehmen. Nun, wie schonmal gesagt, das ist dann halt das Ergebnis.

Weiß nicht, worauf sich das bezieht.

Also wäre schön, wenn man diese allgemeine Diskussion NATO/Westen-versus-Russland in ein anderes Thema verlagern könnte.